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drei Bahnhöfen (Zentral-, Ost- und Südbahnhof) laufen acht Linien aus, die einen starken Personen- und Frachtenverkehr vermitteln; ersterm dienen im Innern der Stadt die vielverzweigte Pferdebahn sowie ein- und zweispännige Droschken und Fiaker.
[Bildungsanstalten.]
Unter den wissenschaftlichen und Bildungsanstalten behaupten die beiden
Akademien der
Künste und der
Wissenschaften sowie die
Universität
(Ludwig Maximilians-Hochschule) den ersten
Rang.
Letztere wurde 1826 von
Landshut
[* 2] nach München
[* 3] verpflanzt und zerfällt in fünf
Fakultäten, indem zu den vier gewöhnlichen als fünfte eine staatswirtschaftliche
hinzugekommen ist; sie zählte im
Sommer 1887: 169
Professoren und
Dozenten und 3400 Studierende. Zu ihren Hilfsinstituten gehören:
eine sehr gut ausgestattete
Bibliothek, ein physikalisches, mathematisches und pharmazeutisch-technisches
Kabinett, Kupferstich- und Gemälde-,
Münzen- und Medaillensammlungen, anatomische, zoologische und botanische Sammlungen,
eine medizinische, chirurgische und geburtshilfliche
Poliklinik.
Mit ihr stehen in Verbindung verschiedene medizinisch-klinische Anstalten, ein katholisches geistliches Seminar (Georgianum), ein historisches, mathematisch-physikalisches, homiletisches, juristisches und philologisches Seminar, die Sternwarte, [* 4] eine forstliche Versuchsanstalt, eine Hebammen- und Veterinärschule. Außerdem besitzt eine im Sommer 1887 von 612 Hörern besuchte technische Hochschule mit einer allgemeinen, einer Ingenieur-, Hochbau-, mechanisch-technischen, chemisch-technischen und landwirtschaftlichen Abteilung, 56 Professoren und Dozenten und umfassenden Attributen, 4 humanistische Gymnasien, ein Realgymnasium, eine Kriegsschule und Kriegsakademie, eine Kunstschule für die männliche sowohl als für die weibliche Jugend, eine Musikschule, eine Industrie-, eine Baugewerk-, eine Kunstgewerbe- und eine Kreisrealschule, eine Handelsschule für Knaben und eine solche für Mädchen, eine Frauenarbeitsschule, gewerbliche Fortbildungsschulen für Knaben und Feiertagsschulen für Mädchen, ein Kreislehrerinnen- und ein Arbeitslehrerinnen-Seminar, eine Turnlehrer-Bildungsanstalt, Taubstummen- und Blindeninstitut. Die Zahl der Volksschulen betrug Ende 1887: 21; sie umfaßten in 522 Klassen 29,400 Kinder.
[Kunstsammlungen.]
Den Hauptvorzug vor andern deutschen
Städten besitzt München
in seinen Kunstschätzen. Voran steht die
Glyptothek,
1816-30 von
Klenze erbaut, in ihrer baulich-künstlerischen Ausschmückung durch Bildhauer wie
Schwanthaler und
Maler wie
Cornelius
für sich schon ein
Juwel, in ihren 13
Sälen aber die hervorragendsten Werke der
Bildhauerkunst
[* 5] von den
Ägyptern und Assyrern, den Phönikern, Griechen und
Römern bis zu
Thorwaldsen,
Rauch und ihren
Schülern umfassend (s. Tafel
»Bildhauerkunst IX«,
[* 6] Fig. 1). Die beiden
Pinakotheken zeigen in ihren gewaltigen, zum Teil mit fürstlicher Pracht ausgestatteten
Räumen die Werke der
Malerei aller
Zeiten und
Schulen, kunstsinnig geordnet, die
Alte hauptsächlich um ihrer
altdeutschen und niederländischen
Bilder, der Werke von
Rubens und des
Cinquecento, der ehemals Boisseréeschen und
Düsseldorfer
Sammlungen und der von
Cornelius in den Bogengängen in Fresken dargestellten Geschichte der
Malerei wegen berühmt und besucht,
gleichzeitig ein Kupferstichkabinett mit 168,000 Blättern und eine Handzeichnungensammlung von 22,000
Nummern, darunter solche von
Raffael,
Benvenuto Cellini,
Rembrandt,
Dürer und
Holbein,
[* 7] sowie eine 1300
Vasen
[* 8]
enthaltende Sammlung
von unschätzbarem Wert beherbergend, die
Neue nur
Bilder neuerer
Meister (19. Jahrh.), darunter
Rottmanns enkaustisch gemalte
griechische
Landschaften, enthaltend.
Die naturwissenschaftlichen Sammlungen der Akademie der Wissenschaften, die Bücher- und Handschriftenschätze der Bibliothek, das Ethnographische Museum sowie die Vereinigten [* 9] Sammlungen bieten Stoff zur Belehrung und Betrachtung in Überfülle. Ganz besonders reichhaltig ist das Bayrische Nationalmuseum ausgestattet, nach den Ideen König Max' II. von Aretin angelegt, von Hefner-Alteneck und Riehl fortgeführt. Weit über 100 Freskogemälde, Szenen aus der Geschichte der Wittelsbacher darstellend, zieren die Säle.
Außerdem stehen viele Privatsammlungen dem Besuch des Einheimischen wie des Fremden offen, so die vorzügliche Gemäldesammlung des Freiherrn v. Schack (an der Brienner Straße), das Kaulbach- und das Schwanthaler-Museum etc. Im Kunstverein findet sich eine permanente Ausstellung neuer Werke lebender Meister, im Kunstgewerbeverein und in der neugeschaffenen großen Kunstgewerbehalle des vormaligen Eichthalpalais an der Theatinerstraße das Beste, was die mit der Kunst eng verbündete Industrie Münchens schafft. - Die Tonkunst wird hauptsächlich in der durch F. Lachners vieljährige Wirksamkeit zu verdientem Ruhm gelangten Musikalischen Akademie gepflegt, die in jedem Winter zwei Serien von Konzerten mit meist klassischem Programm veranstaltet, an welche sich die Quartettsoireen für Kammermusik, die Konzerte und Unterhaltungen der Gesangvereine verschiedensten Stils (unter welchen der Oratorienverein, die Liedertafel, Bürgersängerzunft und der Akademische Gesangverein die ersten Stellen einnehmen), der trefflichen Militär- und Stadtmusikkapellen anschließen.
Für weitere bildende Unterhaltung sorgt das königliche Hoftheater, welches der Oper und dem Schau- und Trauerspiel vorzugsweise gewidmet ist, während das Residenztheater unter der gleichen Leitung steht und mit demselben Personal vorzugsweise für die den Konversationston bedingenden Aufführungen bestimmt ist. Neben den Hoftheatern steht das 1865 als Aktienunternehmen gegründete, seit 1870 aber gleichfalls in den Besitz der königlichen Zivilliste übergegangene Theater [* 10] am Gärtnerplatz, welches hauptsächlich Volksschauspiele, Possen und Operetten gibt.
[Behörden.]
ist Sitz der höchsten Hof- und Staatsstellen: der sämtlichen Ministerien, des Staatsrats, des obersten Gerichtshofs, des Verwaltungsgerichtshofs, des obersten Rechnungshofs, des obersten Schulrats, der Generaldirektion der Verkehrsanstalten mit Oberbahn- und Oberpostamt, des Reichsarchivs, der General-Bergwerks- und Salinenadministration und der General-Zolladministration, der Staatsschuldentilgungskommission, der Brandversicherungskammer, des landwirtschaftlichen Generalkomitees, der Landgestütsverwaltung, der höchsten Militärstellen und Kommandos, der Justiz- und Verwaltungsbehörden des oberbayrischen Regierungsbezirks. ist ferner der Sitz aller dem bayrischen Fürstenhaus angehörigen Prinzen und ihrer Hofhaltungen, vieler Gesandtschaften und Konsulate, des aus Reichsrat und Abgeordnetenkammer bestehenden Landtags, des oberbayrischen Landrats, des Erzbischofs von München-Freising und seines Domkapitels und des protestantischen Oberkonsistoriums und hat eine ständige Garnison von drei Infanterie-, zwei Artillerieregimentern, einem Trainbataillon, einer Sanitätskompanie, ¶
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mehreren Eskadrons leichter und schwerer Reiterei und der königlichen Leibgarde der Hartschiere. Gehört so auch ein großer Teil seiner Einwohnerschaft (15 Proz.) dem Beamten-, Militär-, Künstler- und Gelehrtenstand an, so bildet den Kern derselben doch die Bürgerschaft in ihren verschiedenen Verzweigungen (mehr als 60 Proz.). Sehr stark ist aber auch (mit mehr als 10 Proz. der Gesamtbevölkerung) das Element der Berufslosen (Rentner, Pensionisten und Witwen) vertreten. - Die Umgebung Münchens (s. das Kärtchen S. 874) enthält an der Südseite die reizendsten Partien mit seltener Flora, die der Mischung des Berglandes mit der Ebene entspricht und überallhin die lohnendsten Ausflüge bietet (nach Nymphenburg, wohin eine Dampftrambahn führt, Starnberg, Bruck, Tölz, Rosenheim, Miesbach, Tegernsee, Ammersee etc.).
[Geschichte.]
Der Name Munichen kommt zuerst in den Klosterannalen von Tegernsee von 1102 bis 1154 vor, doch ist der Mönch erst im 13. Jahrh. in das Stadtwappen gekommen. Herzog Heinrich der Löwe erhob die Villa Munichen 1158 zu einer Münzstätte und zur Hauptniederlage für das von Reichenhall und Hallein kommende Salz. [* 12] 1164 hatte es schon Mauern und bürgerliche Verfassung; doch erst die Herzöge aus dem Haus Wittelsbach residierten zuweilen da, und Ludwig der Strenge nahm 1255 in der neuerbauten Ludwigsburg [* 13] bleibend seine Residenz. 1254 wurde die innere Stadt mit Ringmauern, Wällen und Gräben umgeben, und vier Thore vermittelten ihre Verbindung mit den Vorstädten, bis diese mit in den Umfang der innern Stadt gezogen wurden, welche seit 1301 eine neue Umfassungsmauer erhielt.
Kaiser Ludwig der Bayer gab der alten Stadt nach dem furchtbaren Brand von 1327 den Umfang und die Gestalt,
welche sie bis zu Anfang des 19. Jahrh. im wesentlichen bewahrt hat. Die Stadt erweiterte
sich bis zu dem Isar-, Sendlinger, Karls- und Schwabinger Thor, und auch die äußere Stadt ward mit Mauern und Gräben umgeben.
Albrecht V. gründete die Bibliothek, die Gemäldegalerie, die Schatzkammer, den Antikensaal und das Münzkabinett.
Durch Wilhelm V. (1579-96) wurden die Jesuiten nach München
gezogen und ihnen ein großes Kollegium und eine prächtige Kirche (jetzt
Michaelshofkirche) gebaut; unweit davon führte dieser Fürst seine neue Burg (die jetzige Maxburg) auf.
Kurfürst Maximilian I. (1597-1651) erbaute sich eine neue prachtvolle Residenz (die gegenwärtige Alte)
und ließ das Zeughaus und das Josephs- oder Herzogsspital aufführen. Denkmäler in Marmor und Erz erhoben sich an allen Orten,
und vor allen war es der geniale Peter de Witte, genannt Candid, ein Schüler des Florentiners Vasari, der in des Kurfürsten umfassende
Pläne mit Geschick und Geist einging. Zugleich erhielt München
damals neue Befestigungen, vorzüglich gegen Gustav
Adolf, der aber siegreich daselbst einzog.
Unter Ferdinand Maria (1651-79) wurden die Theatinerkirche und das benachbarte Schloß Nymphenburg gebaut. Alle wissenschaftlichen
und Kunstsammlungen erhielten in diesem Zeitraum bedeutenden Zuwachs, namentlich letztere durch die in und Schleißheim vereinigten
Gemäldegalerien. Mit Maximilian II. Emanuel (1679-1726) gewann der Einfluß des französischen Geschmacks
das Übergewicht. 1705 und 1742 ward München
von den Österreichern besetzt. Für die Wissenschaft ward unter der Regierung des
Kurfürsten Maximilian III. Joseph (1745-77) durch Gründung neuer Schulen und vor allem der Akademie der Wissenschaften (1759)
eine neue Zeit heraufgeführt.
Unter Karl Theodor (1778-99) erweiterte sich die Stadt, welche damals 35,000 Einw. zählte, nach allen
Seiten hin. Die Festungswerke aus der Zeit des Dreißigjährigen Kriegs wurden seit 1791 geschleift, und an der Stelle der
geebneten Wälle erhoben sich neue Straßen. 1801 erhielt der erste Protestant das Bürgerrecht. 1806 ward München
königliche
Residenz. König Maximilian I. begann seit 1814 das noch immer sehr enge und düstere München
zu einer geräumigen und heitern
Königsstadt umzuschaffen. 1818 bekam es eine neue Gemeindeverfassung, 1826 die Universität, welche von Landshut nach München
verlegt
wurde.
Sein eigentümliches Gepräge erhielt München aber durch Ludwig I. und Maximilian II., welche die prachtvollen Bauten begannen und die reichen Kunstsammlungen gründeten, die München zu einer der schönsten Städte Deutschlands [* 14] erhoben haben. 1854 fand in eine große Kunst- und Industrieausstellung statt, die jedoch durch die gleichzeitig die Stadt heimsuchende Cholera sehr beeinträchtigt ward, 1876 eine große deutsche Kunstgewerbeausstellung. Während die Schöpfungen der Könige zunächst nur das Äußere der Stadt umwandelten, die Einwohner aber lange noch als beschränkt und der klerikalen Herrschaft unterthan galten, vollzog sich allmählich unter dem Einfluß der wissenschaftlichen und Kunstinstitute sowie des durch die Eisenbahnen hervorgerufenen großen Verkehrs auch ein geistiger Umschwung in München, das bei den entscheidenden Ereignissen der neuesten Zeit in kirchlicher wie politischer Beziehung in überraschender Weise seine freiheitliche und deutsch-nationale Gesinnung bekundet hat.
Vgl. Burgholzer, Stadtgeschichte von München (Münch. 1796, 2 Bde.);
Söltl, München mit seinen Umgebungen, vorzüglich in geschichtlicher Beziehung (das. 1854);
Reber, Technischer Führer durch München (das. 1876);
Maillinger, Bilderchronik von München (das. 1876, 3 Bde.);
Prantl, Geschichte der Ludwig Maximilians-Universität (das. 1872, 2 Bde.);
Regnet, München in guter alter Zeit, kulturgeschichtlich geschildert (das. 1878);
Grandaur, Chronik des königlichen Hof- und Nationaltheaters in München (das. 1878);