mehr
Außenseiten, in denen das Künstlerleben unter König Ludwig I. in Rom und [* 2] München [* 3] mit genialer Offenheit geschildert wird;
die polytechnische Hochschule, von Neureuther im Renaissancestil 1865-68 erbaut, 260 m lang, mit 138 m breitem Vorbau;
die Akademie der Künste, gleichfalls von Neureuther erbaut, in italienischer Hochrenaissance, in der Hauptfronte 229 m lang;
der Zentralbahnhof, von Graff, mit mächtiger vierteiliger Einsteighalle, die über zwei Hektar Fläche bedeckt, und einem reich ausgestatteten Königspavillon;
der Ostbahnhof (in Haidhausen);
die Schrannenhalle, ein 470 m langer, von Eisen [* 4] und Glas [* 5] umfriedeter Marktraum mit einem Mittel- und zwei Flügelbauten;
die schon außerhalb des städtischen Weichbildes gelegenen Maximilianskasernen, mit Zeughaus und Lazarett;
die Kreisirrenanstalt in der Vorstadt Au, mit ausgedehnten Gärten;
der von Zenetti erbaute Schlacht- und Viehhof am Südbahnhof, der fast 4 Hektar Fläche bedeckt.
[Öffentliche Anlagen.]
An öffentlichen Anlagen besitzt München den schon genannten Hofgarten;
den Englischen Garten, [* 6] einen 6 km langen, 2 km breiten, durch viele Vergnügungsplätze belebten Park mit künstlich angelegtem See, Wasserfällen, zahlreichen Kanälen, Wiesen und Waldflächen, künstlichen Hügeln mit Tempelchen und den Denkmälern der um die Anlagen meistverdienten Männer;
den botanischen Garten mit Palmenhaus;
die von König Max II. geschaffenen Gasteig- und Bogenhauser Anlagen am rechten Isarufer zu beiden Seiten des Maximilianeums, die köstliche Ausblicke auf die Stadt bieten;
die südwärts gelegenen Isar-Auen, in welchen die Friedenseiche steht und das Volksbad für Frauen sich befindet, und eine Anzahl von Einzelanlagen, die allmählich einen grünenden, blumenreichen Gürtel [* 7] um die innern Stadtteile schlingen. Am Fuß einer Anhöhe, auf der die Ruhmeshalle, 1843-53 von Klenze erbaut, ein Kolonnadenbau im dorischen Stil mit zwei vorspringenden Flügeln, 70 m lang und 32 m breit, 80 Büsten berühmter Männer Bayerns umschließend, den würdigen Hintergrund der von Schwanthaler modellierten Kolossalstatue der Bavaria (fast 20 m hoch, aus 64,177 kg Erz gegossen, ein Werk des Münchener Erzgießers F. v. Miller) bildet, breitet sich die Theresienwiese aus, auf welcher das berühmte Oktoberfest (Tierschau, landwirtschaftliche Ausstellung, Pferderennen und verschiedene Volksbelustigungen) abgehalten wird.
Auch die Münchener Friedhöfe gleichen blumenreichen Gartenanlagen, veredelt durch herrliche Kunstwerke in Arkadengemälden, Standbildern und Gedenktafeln. Die Stadt hat deren fünf ohne konfessionelle Scheidung, die israelitische Gemeinde einen eignen.
[Bevölkerung.]
Die Zahl der Bewohner Münchens betrug Ende 1885 in 61,044 Haushaltungen 261,981 Seelen (darunter 221,531 Katholiken, 34,763 Protestanten u. 4854 Israeliten). Die Bevölkerung [* 8] besteht nur zu 37 Proz. aus Eingebornen, zur größern Hälfte aus zugezogenen Bayern, [* 9] zu 6 Proz. aus andern Deutschen, zu 4 Proz. aus Ausländern, unter welchen die Österreicher und Ungarn [* 10] überwiegen. Es kann also weniger vom echten Münchener als vom echten Bayer gesprochen werden.
Insoweit sich noch typische Figuren des erstern finden, zeigt dieser sich bieder, trocknen Humors, schwerblütig und genußfreudig, aber auch bei schwerer Arbeit ausdauernd und kräftig, für das Fremde nicht leicht einzunehmen, auf seine Stadt und ihre Schönheiten stolz, wenn auch mit mancher großstädtischen Neuerung nicht immer sofort einverstanden. Im Hofbräuhaus, wo man sich selbst bedient, statt des Stuhls mit einem Faß, [* 11] statt des Tellers mit einem Blatt [* 12] Papier oder auch der flachen Hand [* 13] begnügt, um Stand und Würden des Nachbars unbekümmert, mit demselben rasch ein gemütliches Gespräch anknüpft, oder in den zahlreichen Lagerbierkellern (schattigen Gärten und Höfen bei den größern Brauereien im Ost- und Westende der Vorstädte), wo auch das schöne Geschlecht, das in München nicht selten seinen Namen mit Recht führt, vertreten ist, spielen sich köstliche Volksbilder ab, deren Drastik sich steigert zur Zeit des Bocks, einer im Monat Mai zum Ausschank gelangenden, besonders kräftigen Biersorte, oder des Salvators, der schon um Ostern im sogen. Zacherlbräu verabreicht wird.
[Industrie und Handel.]
Das Gewerbe (1882 wurden 22,328 Gewerbebetriebe gezählt) ist in manchen Zweigen vorzüglich vertreten, so vor allem auf dem Gebiet der Kunstindustrie, wo der Einfluß der künstlerischen Schöpfungen König Ludwigs I. und des 1851 gegründeten Kunstgewerbevereins sowie der Prachtliebe König Ludwigs II. unverkennbar von wohlthätigen Folgen war. Die Erzgießerei und Glasmalerei [* 14] stehen auf hoher Stufe. Hierher gehören auch sehr viele Etablissements für Gold-, Silber- und Juwelenschmuckarbeiten, für optische, physikalische, mathematische, chirurgische und musikalische Instrumente, für Bronze- und Zinkguß, für Leder-, Papier-, Blumen- und Tapetenfabrikation, für Seiden- und Stoffstickerei und -Wirkerei, für Waggon- und Wagenbau und -Ausrüstung, für Kunsttischlerei, Dekorationsmalerei, Steinhauerarbeiten, photographische, lithographische, xylographische und typographische Vervielfältigungen, für Herstellung von Kirchengewändern und Kirchenschmuck jeder Art. Auch das nicht oder in geringerm Maß mit den eigentlichen Kunstbestrebungen zusammenhängende Gewerbe ist reich und gut vertreten, macht sich jedoch entschieden mehr im Klein- als im Fabrikbetrieb bemerkbar. Im letztern ragen mehrere Maschinen-, Leder-, Handschuh-, Papier-, Gummiwaren-, Parfümerie-, Kerzen-, Bürsten-, Tresor-, Schirm-, Öl-, Spiritus- und Malzfabriken und ganz besonders die Bierbrauereien hervor, welche meist fabrikmäßig betrieben werden.
Ihre Zahl umfaßte Ende 1886: 39 Betriebe mit einer ungefähren Jahreserzeugung von 2¼ Mill. hl im Detailverkaufswert von mehr als 56 Mill. Mk., wovon sicherlich 1¼ Mill. hl im Wert von mehr als 30 Mill. Mk. in München selbst von Einheimischen und Fremden verzehrt werden. Der Handel Münchens ist auf manchen Gebieten bedeutend. Im Geld- und Effektenverkehr dienen die Bayrische Hypotheken- und Wechselbank, eine Reichsbankhauptstelle, eine Filiale der Königlich [* 15] Bayrischen Bank in Nürnberg, [* 16] die Bayrische Notenbank, die Bayrische Vereinsbank, die Bayrische Handelsbank, die Süddeutsche Bodenkreditbank und eine nicht unbedeutende Anzahl namhafter Privatbankhäuser dem mehr und mehr sich entwickelnden Bedürfnis.
Für den Handel mit Bodenerzeugnissen sind die großen städtischen und mehrere von Gesellschaften und Privaten betriebene Lagerhäuser, die Schranne, die Viktualienmärkte von Bedeutung. Sehr entwickelt ist der Kunsthandel, dessen Fäden alle Weltteile umspannen. Von den drei Dulten (Jahrmärkten), welche Ende Juli in der Vorstadt Haidhausen, um Ostern und Anfang Oktober in der Vorstadt Au abgehalten werden, sind die beiden letztern mit einem äußerst originellen Trödelmarkt verbunden. Von den ¶
mehr
drei Bahnhöfen (Zentral-, Ost- und Südbahnhof) laufen acht Linien aus, die einen starken Personen- und Frachtenverkehr vermitteln; ersterm dienen im Innern der Stadt die vielverzweigte Pferdebahn sowie ein- und zweispännige Droschken und Fiaker.
[Bildungsanstalten.]
Unter den wissenschaftlichen und Bildungsanstalten behaupten die beiden Akademien der Künste und der Wissenschaften sowie die Universität (Ludwig Maximilians-Hochschule) den ersten Rang. Letztere wurde 1826 von Landshut [* 18] nach München verpflanzt und zerfällt in fünf Fakultäten, indem zu den vier gewöhnlichen als fünfte eine staatswirtschaftliche hinzugekommen ist; sie zählte im Sommer 1887: 169 Professoren und Dozenten und 3400 Studierende. Zu ihren Hilfsinstituten gehören: eine sehr gut ausgestattete Bibliothek, ein physikalisches, mathematisches und pharmazeutisch-technisches Kabinett, Kupferstich- und Gemälde-, Münzen- und Medaillensammlungen, anatomische, zoologische und botanische Sammlungen, eine medizinische, chirurgische und geburtshilfliche Poliklinik.
Mit ihr stehen in Verbindung verschiedene medizinisch-klinische Anstalten, ein katholisches geistliches Seminar (Georgianum), ein historisches, mathematisch-physikalisches, homiletisches, juristisches und philologisches Seminar, die Sternwarte, [* 19] eine forstliche Versuchsanstalt, eine Hebammen- und Veterinärschule. Außerdem besitzt eine im Sommer 1887 von 612 Hörern besuchte technische Hochschule mit einer allgemeinen, einer Ingenieur-, Hochbau-, mechanisch-technischen, chemisch-technischen und landwirtschaftlichen Abteilung, 56 Professoren und Dozenten und umfassenden Attributen, 4 humanistische Gymnasien, ein Realgymnasium, eine Kriegsschule und Kriegsakademie, eine Kunstschule für die männliche sowohl als für die weibliche Jugend, eine Musikschule, eine Industrie-, eine Baugewerk-, eine Kunstgewerbe- und eine Kreisrealschule, eine Handelsschule für Knaben und eine solche für Mädchen, eine Frauenarbeitsschule, gewerbliche Fortbildungsschulen für Knaben und Feiertagsschulen für Mädchen, ein Kreislehrerinnen- und ein Arbeitslehrerinnen-Seminar, eine Turnlehrer-Bildungsanstalt, Taubstummen- und Blindeninstitut. Die Zahl der Volksschulen betrug Ende 1887: 21; sie umfaßten in 522 Klassen 29,400 Kinder.
[Kunstsammlungen.]
Den Hauptvorzug vor andern deutschen Städten besitzt München in seinen Kunstschätzen. Voran steht die Glyptothek, 1816-30 von Klenze erbaut, in ihrer baulich-künstlerischen Ausschmückung durch Bildhauer wie Schwanthaler und Maler wie Cornelius für sich schon ein Juwel, in ihren 13 Sälen aber die hervorragendsten Werke der Bildhauerkunst [* 20] von den Ägyptern und Assyrern, den Phönikern, Griechen und Römern bis zu Thorwaldsen, Rauch und ihren Schülern umfassend (s. Tafel »Bildhauerkunst IX«, [* 21] Fig. 1). Die beiden Pinakotheken zeigen in ihren gewaltigen, zum Teil mit fürstlicher Pracht ausgestatteten Räumen die Werke der Malerei aller Zeiten und Schulen, kunstsinnig geordnet, die Alte hauptsächlich um ihrer altdeutschen und niederländischen Bilder, der Werke von Rubens und des Cinquecento, der ehemals Boisseréeschen und Düsseldorfer Sammlungen und der von Cornelius in den Bogengängen in Fresken dargestellten Geschichte der Malerei wegen berühmt und besucht, gleichzeitig ein Kupferstichkabinett mit 168,000 Blättern und eine Handzeichnungensammlung von 22,000 Nummern, darunter solche von Raffael, Benvenuto Cellini, Rembrandt, Dürer und Holbein, [* 22] sowie eine 1300 Vasen [* 23] enthaltende Sammlung von unschätzbarem Wert beherbergend, die Neue nur Bilder neuerer Meister (19. Jahrh.), darunter Rottmanns enkaustisch gemalte griechische Landschaften, enthaltend.
Die naturwissenschaftlichen Sammlungen der Akademie der Wissenschaften, die Bücher- und Handschriftenschätze der Bibliothek, das Ethnographische Museum sowie die Vereinigten [* 24] Sammlungen bieten Stoff zur Belehrung und Betrachtung in Überfülle. Ganz besonders reichhaltig ist das Bayrische Nationalmuseum ausgestattet, nach den Ideen König Max' II. von Aretin angelegt, von Hefner-Alteneck und Riehl fortgeführt. Weit über 100 Freskogemälde, Szenen aus der Geschichte der Wittelsbacher darstellend, zieren die Säle.
Außerdem stehen viele Privatsammlungen dem Besuch des Einheimischen wie des Fremden offen, so die vorzügliche Gemäldesammlung des Freiherrn v. Schack (an der Brienner Straße), das Kaulbach- und das Schwanthaler-Museum etc. Im Kunstverein findet sich eine permanente Ausstellung neuer Werke lebender Meister, im Kunstgewerbeverein und in der neugeschaffenen großen Kunstgewerbehalle des vormaligen Eichthalpalais an der Theatinerstraße das Beste, was die mit der Kunst eng verbündete Industrie Münchens schafft. - Die Tonkunst wird hauptsächlich in der durch F. Lachners vieljährige Wirksamkeit zu verdientem Ruhm gelangten Musikalischen Akademie gepflegt, die in jedem Winter zwei Serien von Konzerten mit meist klassischem Programm veranstaltet, an welche sich die Quartettsoireen für Kammermusik, die Konzerte und Unterhaltungen der Gesangvereine verschiedensten Stils (unter welchen der Oratorienverein, die Liedertafel, Bürgersängerzunft und der Akademische Gesangverein die ersten Stellen einnehmen), der trefflichen Militär- und Stadtmusikkapellen anschließen.
Für weitere bildende Unterhaltung sorgt das königliche Hoftheater, welches der Oper und dem Schau- und Trauerspiel vorzugsweise gewidmet ist, während das Residenztheater unter der gleichen Leitung steht und mit demselben Personal vorzugsweise für die den Konversationston bedingenden Aufführungen bestimmt ist. Neben den Hoftheatern steht das 1865 als Aktienunternehmen gegründete, seit 1870 aber gleichfalls in den Besitz der königlichen Zivilliste übergegangene Theater [* 25] am Gärtnerplatz, welches hauptsächlich Volksschauspiele, Possen und Operetten gibt.
[Behörden.]
ist Sitz der höchsten Hof- und Staatsstellen: der sämtlichen Ministerien, des Staatsrats, des obersten Gerichtshofs, des Verwaltungsgerichtshofs, des obersten Rechnungshofs, des obersten Schulrats, der Generaldirektion der Verkehrsanstalten mit Oberbahn- und Oberpostamt, des Reichsarchivs, der General-Bergwerks- und Salinenadministration und der General-Zolladministration, der Staatsschuldentilgungskommission, der Brandversicherungskammer, des landwirtschaftlichen Generalkomitees, der Landgestütsverwaltung, der höchsten Militärstellen und Kommandos, der Justiz- und Verwaltungsbehörden des oberbayrischen Regierungsbezirks. ist ferner der Sitz aller dem bayrischen Fürstenhaus angehörigen Prinzen und ihrer Hofhaltungen, vieler Gesandtschaften und Konsulate, des aus Reichsrat und Abgeordnetenkammer bestehenden Landtags, des oberbayrischen Landrats, des Erzbischofs von München-Freising und seines Domkapitels und des protestantischen Oberkonsistoriums und hat eine ständige Garnison von drei Infanterie-, zwei Artillerieregimentern, einem Trainbataillon, einer Sanitätskompanie, ¶