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ohne Kommentar »zum Handgebrauch« (Lond. 1873). Weitere Publikationen Müllers aus dem Gebiet der Sanskritlitteratur sind: eine geschmackvolle deutsche Übersetzung von Kalidâsas »Meghadûta« (»Wolkenbote«); eine englische Sanskritgrammatik (von Kielhorn und Oppert ins Deutsche übersetzt, Leipz. 1868); die wichtige »History of ancient Sanskrit literature« (2. Aufl., Lond. 1860); eine Ausgabe des »Prâtiçâkhya« zum Rigweda, eines alten indischen Traktats über Lautlehre (Leipz. 1856); »On Indian logic« (Oxf. 1853); »Über Totenbestattung und Opfergebräuche« (Leipz. 1855); »On Sanskrit texts discovered in Japan« (im »Journal« der Asiatischen Gesellschaft, Lond. 1880) und andre kleinere Abhandlungen; dann eine englische Übersetzung des Rigweda, wovon aber bis jetzt nur der 1. Band unter dem Titel: »The sacred hymns of the Brahmans« (das. 1869, 16 Hymnen mit ausführlichem Kommentar enthaltend) erschienen ist. Wichtig für das Studium des Pâli und des Buddhismus ist seine als Einleitung zu »Buddhaghosha's parables« erschienene Übersetzung des »Dhammapada« (Lond. 1870). Als Sprachforscher hat sich Müller besonders durch seine »Lectures on the science of language« (Lond. 1861; neue Serie 1864; 14. Aufl. 1885; deutsch von Böttger als »Vorlesungen über die Wissenschaft der Sprache«, 2. Aufl., Leipz. 1866 u. 1870; französisch von Harris und Perrot, 1864), die überall zur Weckung und Belebung des Interesses für sprachwissenschaftliche Studien bedeutend beigetragen haben, bekannt gemacht. Mannigfachen Inhalts, doch vornehmlich auf vergleichende Mythologie, zu deren Begründern und bedeutendsten Förderern Müller gehört (schon 1858 war sein »Essay on comparative mythology« erschienen), und auf Sprachwissenschaft bezüglich sind die Aufsätze, welche er unter dem Titel: »Chips from a German workshop« (Lond. 1867-75, 4 Bde.; deutsch als »Essays«, Leipz. 1869-76, 4 Bde.) veröffentlichte. Eine Auswahl derselben erschien als »Selected essays on language, mythology and religion« (1881, 2 Bde.). Neuerdings hat Müller seine Thätigkeit vornehmlich dem Gebiet der vergleichenden Religionsgeschichte zugewendet. Eine »Einleitung in die vergleichende Religionswissenschaft« erschien 1874 (auch englisch), und »Lectures on the origin and growth of religion«, die er unter kolossalem Zudrang des Publikums 1878 in London las, schlössen sich jener an (deutsch, Straßb. 1880). Durch seine Arbeiten nach England geführt; hat Müller seit 1848 seinen bleibenden Aufenthalt in Oxford behalten. Er wurde daselbst 1850 Disputy professor der neuern Sprachen und Litteraturen, 1854 ordentlicher Professor und 1858 zum Fellow am All Soul's College ernannt (eine für Ausländer kaum erhörte Auszeichnung); 1865 erhielt er dazu eine Bibliothekarstelle an der Bodleyana, und 1869 wurde ihm der neugegründete Lehrstuhl für vergleichende Sprachkunde übertragen. Müller gehört in Oxford zu den Liberalen, welche Reformen der vielfach veralteten Universitätseinrichtungen erstreben, und ist seiner historischen Auffassung der Religion wegen von den englischen Orthodoxen vielfach angefeindet worden. Er gehört auch zu den Führern der auf Reform der englischen Orthographie zielenden Bewegung. Als während des Kriegs 1870/71 die Stimmung in England teilweise sehr erregt gegen Deutschland war, nahm er in Briefen an die »Times« (»Letters on the war«, 1871) lebhaft für die deutsche Sache Partei. Ein Aufenthalt in Straßburg, wohin er 1872 bei Gründung der Universität als Professor berufen wurde, war nur vorübergehend. 1876 wurde er von der Universität Oxford (unter Belassung der Professur) von seiner Lehrverpflichtung entbunden, um seine ganze Zeit der von ihm veranlaßten, auf Kosten der Universität unternommenen Herausgabe der »Sacred books of the East« widmen zu können. Es ist dies eine Sammlung von englischen Übersetzungen der wichtigsten Religionsbücher der Welt, insbesondere der indischen, chinesischen, persischen und arabischen, die 1879-85 in 24 Bänden erschien. Der erste Band enthält Müllers Übersetzungen einiger Upanischads (philosophischer Sanskrittexte) mit einer interessanten Einleitung. Eine zweite Serie, wieder auf 24 Bände berechnet, wurde 1886 begonnen. Außerdem hat Müller in den letzten Jahren die erste vollständige englische Übersetzung von Kants »Kritik der reinen Vernunft« (1881), das aus Vorträgen hervorgegangene Werk »What can India teach us« (1883; deutsch u. d. T.: »Indien in seiner weltgeschichtlichen Bedeutung«, Leipz. 1884), die philosophische Schrift »The science of thought« (1887) und »Biographies of words and the home of the Aryas« (1888) sowie zahlreiche Aufsätze philosophischen, philologischen und biographischen Inhalts in englischen und deutschen Zeitschriften veröffentlicht. Dem belletristischen Gebiet gehört seine anziehende Erzählung »Deutsche Liebe« an (7. Aufl., Leipz. 1885). Auch gab er »Schillers Briefwechel ^[richtig: Briefwechsel] mit Herzog Friedrich Christian von Schleswig-Holstein« (Berl. 1875) und die Denkschrift »Basedow. Von seinem Urenkel« (1877) heraus. ist Ritter des Ordens pour le mérite und eins der acht auswärtigen Mitglieder des Institut de France, das ihm bereits 1849 den Volney-Preis zuerkannte.
9) Friedrich, ausgezeichneter Sprachforscher, geb. 5. März 1834 zu Jemnik in Böhmen, studierte 1853-57 zu Wien und Göttingen Philologie, wurde 1858 an der Universitätsbibliothek, 1861 an der kaiserlichen Hofbibliothek daselbst angestellt, erhielt 1866, nachdem er sich bereits 1860 als Privatdozent habilitiert hatte, eine außerordentliche, 1869 eine ordentliche Professur für vergleichende Sprachwissenschaft und Sanskrit an der Wiener Universität und wurde noch in demselben Jahr zum Mitglied der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften ernannt. ist der Hauptvertreter der linguistischen Ethnographie. Als seine Hauptwerke sind zu bezeichnen: der »Linguistische Teil« und der »Ethnographische Teil« der »Reise der österreichischen Fregatte Novara« (Wien 1867 u. 1868), die »Allgemeine Ethnographie« (das. 1873, 2. Aufl. 1879) und der »Grundriß der Sprachwissenschaft« (das. 1876-87, Bd. 1-4, 1. Abt.). Außerdem veröffentlichte er seit 1857 in den »Sitzungsberichten der kaiserlichen Akademie« eine große Anzahl wichtiger, meist auch separat erschienener linguistischer Abhandlungen, die vorzugsweise auf die vergleichende Grammatik der iranischen Sprachen Bezug haben, und zahlreiche andre Aufsätze linguistischen und ethnographischen Inhalts in Benfeys »Orient und Occident«, in Kuhn und Schleichers »Beiträgen«, in Behms »Geographischem Jahrbuch« und in den »Mitteilungen der Anthropologischen Gesellschaft« zu Wien, deren Mitredakteur er ist.
10) Lucian, Philolog, geb. 17. März 1836 zu Merseburg, studierte 1854-60 in Berlin und Halle, privatisierte 1862-67 in Holland, besonders mit der Durchforschung der Leidener Bibliothek beschäftigt, habilitierte sich 1867 in Bonn, wurde 1870 ordentlicher Professor der lateinischen Sprache und Litteratur am historisch-philologischen Institut zu Petersburg, 1873 außerdem Professor der lateinischen und griechischen Sprache an der römisch-katholischen
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Akademie daselbst und 1878 auch Professor der lateinischen Paläographie am archäologischen Institut. Durch das Studium Bentleys und Lachmanns angeregt, hat er sich besonders um die lateinischen Dichter verdient gemacht. Es erschienen hierzu von ihm: »De re metrica poetarum latinorum praeter Plautum et Terentium libri VII« (Leipz. 1861); »Der saturnische Vers und seine Denkmäler« (das. 1885); ferner die Ausgaben von Ovids »Amores, Ars amandi, Remedia amoris« (Berl. 1861), des Horaz (Leipz. 1869, 2. Ausg. 1879; Miniaturausg. 1874; »Oden und Epoden, mit deutschen Anmerkungen«, Gieß. 1882), Catull, Tibull, Properz (das. 1870), Rutilius Namatianus (das. 1870), Lucilius (das. 1872), Phädrus (das. 1877), Publilius Optatianus Porphyrius (das. 1877); »Q. Enni reliquiae« (Petersb. 1885); »Livi Andronici et Cn. Naevi fabularum reliquiae« (Berl. 1885); endlich litterarhistorische Biographien: »Leben und Wirken des C. Lucilius« (Leipz. 1875), »Q. Horatius Flaccus« (das. 1880) und »Quintus Ennius« (Petersb. 1884). Von seinen übrigen Schriften beziehen sich die »Geschichte der klassischen Philologie in den Niederlanden« (Leipz. 1869) und »Friedrich Ritschl« (Berl. 1877, 2. Ausg. 1878) auf die Geschichte der Philologie. Für Schulzwecke sind bestimmt: »Rei metricae poetarum latinorum praeter Plautum et Terentium summarium« (Leipz. 1878); »Orthographiae et prosodiae latinae summarium« (das. 1878); »Metrik der Griechen und Römer« (2. Aufl., das. 1885).
Naturforscher.
11) Johannes, Physiolog, geb. 14. Juli 1801 zu Koblenz, studierte seit 1819 in Bonn, widmete sich seit 1823 zu Berlin besonders der Anatomie und Zoologie, habilitierte sich 1824 als Privatdozent für Physiologie und vergleichende Anatomie in Bonn und wurde 1826 außerordentlicher und 1830 ordentlicher Professor daselbst. Seine beiden ersten wichtigern Arbeiten: »Zur vergleichenden Physiologie des Gesichtssinns« (Leipz. 1826) und »Über die phantastischen Gesichtserscheinungen« (Kobl. 1826), gehören einer eigentümlichen subjektiv-philosophischen Richtung an; die erste enthält eine Fülle der wichtigsten Thatsachen über das Sehen des Menschen und der Tiere, während die zweite sich in die schwersten psychologischen Probleme vertieft. In der Folge wandte sich Müller einer objektiv physiologisch-anatomischen Richtung zu und ward zum hervorragendsten Vertreter der morphologischen Richtung in der Zoologie und zum Urheber der experimentellen Physiologie in Deutschland. Zahlreiche Untersuchungen aus dieser Periode finden sich in Fachjournalen und Sammelwerken; auch gehört hierher die Arbeit: »Über die feinere Struktur und Entwickelungsgeschichte der Drüsen« (Leipz. 1830), durch welche diese Organe für das Tierreich genauer bekannt und der alte Streit über die geschlossenen Enden der Drüsengänge entschieden wurde. Experimentell-physiologische Untersuchungen (seit 1830) führten zur sichern Begründung des Bellschen Lehrsatzes über die Verrichtungen der Wurzeln der Rückenmarksnerven, zur Feststellung der Lehre von den Reflexbewegungen, zur genauern Kenntnis der Konstitution des Bluts, der Lymphe, des Chylus etc.; auch untersuchte er die Organe und Gesetze der Stimmbildung und lieferte fundamentale Arbeiten über das Gehör. 1833 folgte er einem Ruf als Professor der Anatomie und Physiologie mach Berlin; hier vollendete er das »Handbuch der Physiologie des Menschen« (Kobl. 1833-40, 2 Bde.; Bd. 1, 4. Aufl. 1841-44), in welchem die gesamte Physiologie, die vergleichende Organologie und die gesamte Gewebelehre in mikroskopischer und chemischer Hinsicht niedergelegt sind. Durch dies Werk übte Müller den größten Einfluß auf seine Zeit, er wurde durch dasselbe der Begründer der physikalisch-chemischen Schule und schuf damit die Grundlage der ganzen neuern Physiologie. Seit 1833 lieferte er zahlreiche vergleichende und pathologisch-anatomische sowie systematisch zoologische Arbeiten: »Die vergleichende Anatomie der Myxinoiden«, durch welche der Grund zu einer vergleichenden Gewebelehre gelegt wurde; die »Beschreibung der Plagiostomen«; »Über den Bau und die Grenzen der Ganoiden und das natürliche System der Fische« (1844). Sein (unvollendetes) Werk »Über den feinern Bau der krankhaften Geschwülste« (Berl. 1838) wurde bahnbrechend für die mikroskopische Forschung in der pathologischen Anatomie. Dann aber arbeitete er fast ausschließlich auf dem Gebiet der vergleichenden Anatomie und lieferte namentlich über die niedern Tiere viele Untersuchungen. Zur Beobachtung des Lebens der Seetiere unternahm er 19 Reisen an die Ost- und Nordsee, das Adriatische und Mittelmeer. Müller gilt als der vielseitigste, fruchtbarste, genialste und glücklichste Forscher der neuern Zeit, er huldigte bis an sein Ende dem Vitalismus. Das Recht der Philosophie, selbst des Glaubens und einer positiven Religion hat er nicht bestritten, aber niemand hat mehr als er dazu beigetragen, Physik und Chemie in ihre Rechte in der Physiologie einzusetzen und die exakte Methode gegenüber den Verirrungen der Naturphilosophie, des Spiritualismus und der Orthodoxie für alle Zeiten festzustellen. Er starb 28. April 1858 in Berlin. Seit 1834 gab er das »Archiv für Anatomie, Physiologie und Wissenschaftliche Medizin« heraus. Vgl. die Gedächtnisreden von Virchow (Berl. 1858) und Du Bois-Reymond (das. 1860).
12) Johann Heinrich Jakob, Physiker, geb. 30. April 1809 zu Kassel, studierte seit 1827 in Darmstadt, Bonn und Gießen Physik, ward 1834 Lehrer in Darmstadt, 1837 in Gießen, 1844 Professor der Physik an der Universität Freiburg und starb 3. Okt. 1875 daselbst. Außer zahlreichen Abhandlungen über Elektromagnetismus, Optik und Wärmelehre schrieb er: »Lehrbuch der Physik und Meteorologie«, ursprünglich eine Bearbeitung von Pouillets »Éléments de physique« (8. Aufl. von Pfaundler, Braunschw. 1876-81, 3 Bde.; 9. Aufl. 1886 ff.); »Lehrbuch der kosmischen Physik« (4. Aufl., das. 1875); »Grundriß der Physik und Meteorologie« (13. Aufl., das. 1881) und »Mathematischer Supplementband und Auflösungen der Aufgaben« (3. Aufl., das. 1875).
13) Karl, Naturforscher, geb. 16. Dez. 1818 zu Allstedt, erlernte die Pharmazie in Berka a. d. Ilm, studierte darauf seit 1843 in Halle Naturwissenschaft, speziell Botanik, und reihte sich mit seiner »Synopsis muscorum frondosorum« (Berl. 1849-51, 2 Bde.) den hervorragendsten Bryologen an. Im Verein mit Roßmäßler und Ule gründete er 1852 eine naturwissenschaftliche Zeitschrift, »Die Natur«, welche er mit Ule und seit dessen Tod im Jahr 1876 allein herausgab, und durch welche beide einen nicht unbedeutenden Einfluß auf die populär-naturwissenschaftliche Litteratur ausübten. Müller schrieb noch: »Deutschlands Moose« (Halle 1853); »Versuch einer kosmischen Botanik« (»Buch der Pflanzenwelt«, 2. Aufl., Leipz. 1869); »Entwurf einer Entwickelungsgeschichte des Pflanzenreichs« (»Der Pflanzenstaat«, das. 1860); »Wanderungen durch die grüne Natur« (Berl. 1850; in 2. Auflage als »Das Kleid der Erde«,