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4) Karl Otfried, berühmter Altertumsforscher, geb. 8. Aug. 1797 zu Brieg, daselbst vorgebildet, studierte seit 1814 in Breslau (unter Schneider und Heindorf) und Berlin (unter Böckh), wurde 1818 Lehrer am Magdalenum in Breslau, 1819 außerordentlicher Professor der Archäologie und Direktor des philologischen Seminars in Göttingen, 1823 ordentlicher Professor, 1832 Hofrat, 1835 Professor der Beredsamkeit, unternahm im Spätsommer 1839 eine Reise nach Italien und Griechenland, erkrankte inmitten anstrengender Untersuchungen zu Delphi und starb 1. Aug. 1840 in Athen. Die dortige Universität errichtete ihm ein Grabdenkmal auf dem Hügel Kolonos. Der genialste Schüler Böckhs, erstrebte auch er eine umfassende Kenntnis des Altertums, insbesondere auch das Kunstgebiet in den Bereich seiner Forschung ziehend. Als tüchtiger Geschichtsforscher bewährte er sich nach seinem Erstlingswerk: »Aegineticorum liber« (Berl. 1817), in seinen »Geschichten hellenischer Stämme und Städte« (Bd. 1: »Orchomenos und die Minyer«, Bd. 2: »Die Dorier«, Bresl. 1820-24; 2. Aufl. von Schneidewin, 1844), die er später durch »Über die Wohnsitze, Abstammung und ältere Geschichte des makedonischen Volkes« (Berl. 1825) und »Die Etrusker« (Bresl. 1828, 2 Bde.; 2. Aufl. von Deecke, Stuttg. 1877-78) erweiterte. Bahnbrechend wirkten auch seine »Prolegomena zu einer wissenschaftlichen Mythologie« (Götting. 1825), welche die Entstehung der Mythen einzelnen Lokalitäten zusprechen. Auf dem Gebiet der Kunstgeschichte lieferte er das erste systematische »Handbuch der Archäologie der Kunst« (Bresl. 1830; 3. Aufl. von Welcker, 1848; zuletzt Stuttg. 1878), dem er die von Österley gezeichneten »Denkmäler der alten Kunst« (Götting. 1832 ff.; neu bearbeitet von Wieseler, 1854-1856, 2 Bde.) folgen ließ. Als scharfsinniger Kritiker und Grammatiker bekundete sich Müller durch seine Rezension von Varros »De lingua latina« (Leipz. 1833) und Festus' »De verborum significatione« (das. 1839). Seine Ausgabe von Äschylos' »Eumeniden« (griech. u. deutsch, Götting. 1833; Anhänge 1834 bis 1835) verwickelte ihn in eine litterarische Fehde mit G. Hermann und dessen Schwiegersohn Fritzsche. Von englischen Gelehrten veranlaßt, schrieb er endlich seine »History of the literature of ancient Greece« (Bd. 1, Lond. 1840), von welcher nach der Handschrift des Verfassers sein Bruder Eduard eine deutsche Ausgabe besorgte: »Geschichte der griechischen Litteratur bis auf das Zeitalter Alexanders« (Bresl. 1841, 2 Bde.; 4. Aufl. von Heitz, Stuttg. 1882-84). Seine »Kleinen deutschen Schriften«, herausgegeben von seinem Bruder Eduard, erschienen in 2 Bänden (Bresl. 1847), seine »Kunstarchäologischen Werke« in 5 Bänden (Berl. 1872-73) und sein Briefwechsel mit A. Böckh in Leipzig 1883. Vgl. Lücke, Erinnerungen an Otfr. Müller (Götting. 1841); F. Ranke, K. O. Müller, ein Lebensbild (Berl. 1870). -
Sein Bruder Eduard Müller, geb. 12. Nov. 1804 zu Brieg, seit 1853 Direktor des Gymnasiums zu Liegnitz, machte sich durch eine »Geschichte der Theorie der Kunst bei den Alten« (Bresl. 1834-1837, 2 Bde.) und die Tragödie »Simson und Delila« (das. 1853) bekannt. Er trat 1867 in den Ruhestand und starb 30. Nov. 1875 in Liegnitz.
5) Julius, namhafter deutscher Theolog, geb. 10. April 1801 zu Brieg, studierte anfangs Jurisprudenz, dann Theologie; 1825 wurde er Pfarrer zu Schönbrunn bei Strehlen, 1831 zweiter Universitätsprediger in Göttingen, wo er zugleich über praktische Exegese und Pädagogik Vorlesungen hielt und 1834 eine außerordentliche Professur der Theologie erhielt. Als ordentlicher Professor ging er 1835 nach Marburg, 1839 nach Halle. Seinen Ruf als Dogmatiker begründete er durch sein Hauptwerk: »Die christliche Lehre von der Sünde« (Bresl. 1839; 6. Aufl. 1878, 2 Bde.). 1846 nahm er an der evangelischen Landessynode zu Berlin als Vertreter der evangelischen Bekenntnisunion teil und veröffentlichte hierauf: »Die erste Generalsynode der evangelischen Landeskirche Preußens« (Berl. 1847) und »Die evangelische Union, ihr Wesen und göttliches Recht« (das. 1854); »Dogmatische Abhandlungen« (Brem. 1870, 2 Bde.). Er gab mit Nitzsch u. a. die »Deutsche Zeitschrift für christliche Wissenschaft und christliches Leben« (1850 bis 1861) heraus und starb 27. Sept. 1878 in Halle. Vgl. Kähler, Julius Müller (Halle 1878); Schultze, Dr. theol. J. Müller (Brem. 1879).
6) Wilhelm Konrad Hermann, Germanist, geb. 27. Mai 1812 zu Holzminden, habilitierte sich 1841 in Göttingen für altdeutsche Sprache und Litteratur und ward 1845 zum Professor ernannt. Er veröffentlichte: »Geschichte und System der altdeutschen Religion« (Götting. 1844), eine Ausgabe des Heinrich von Müglin (das. 1848), »Niedersächsische Sagen und Märchen« (mit Schambach, das. 1855), »Mythologie der deutschen Heldensage« (Heilbr. 1886) und bearbeitete mit Zarncke (nach Beneckes Vorarbeiten) das »Mittelhochdeutsche Wörterbuch« (Leipz. 1854-67, 4 Bde.).
7) Wilhelm, deutscher Geschichtschreiber, geb. 2. Dez. 1820 zu Giengen in Württemberg, studierte zu Tübingen Theologie und Philologie, ward 1847 Lehrer der alten Sprachen und Geschichte an der Kantonschule in Trogen (Appenzell), 1851 Oberlehrer an der Lateinschule in Weinsberg, 1865 Professor am Gymnasium in Tübingen und trat 1884 in den Ruhestand. Er schrieb: »Politische Geschichte der neuesten Zeit 1816-67« (Stuttg. 1867, 3. Aufl. 1875); »Illustrierte Geschichte des deutsch-französischen Kriegs« (das. 1873); »Der russisch-türkische Krieg von 1877 bis 1878« (das. 1878); »Historische Frauen« (2. Aufl., Berl. 1885); »Kaiser Wilhelm« (3. Aufl., das. 1877; 1888); »Generalfeldmarschall Graf Moltke« (2. Aufl., Stuttg. 1879); »Deutsche Geschichte« (das. 1880); »Fürst Bismarck« (das. 1881; 1885); »Europäische Geschichte und Politik 1871-81« (das. 1882). Seit 1867 gibt er ein Jahrbuch unter dem Titel: »Politische Geschichte der Gegenwart« heraus; auch bearbeitete er »Beckers Weltgeschichte« neu (Stuttg. 1884, 12 Bde.).
8) Friedrich Max, berühmter Orientalist, Sprachforscher und Schriftsteller, Sohn von Müller 20), geb. 6. Dez. 1823 zu Dessau, besuchte die dortige Schule und das Leipziger Nikolaigymnasium und trieb nachher in Leipzig philologische, besonders Sanskritstudien (unter Brockhaus), als deren erste Frucht 1844 eine deutsche Übersetzung der indischen Fabelsammlung »Hitopadeça« erschien. In demselben Jahr ging er nach Berlin, 1845 nach Paris, wo Burnouf Müllers Augenmerk auf den Rigweda richtete. Um die von Rosen begonnene Ausgabe dieses ältesten Sanskritwerks fortzusetzen, ging Müller 1846 nach England, wo ihm einige Jahre später durch Vermittelung des preußischen Gesandten Bunsen von den Direktoren der Ostindischen Kompanie der Auftrag erteilt wurde, den ganzen Rigweda mit dem ausführlichen Kommentar des Sayana herauszugeben. Diese Ausgabe, die Max Müllers Namen zu einem überall gefeierten machte, erschien in 6 großen Quartbänden 1849-75, daraus das erste der 10 Bücher des Rigweda ohne Kommentar »zum Gebrauch für Vorlesungen« (Leipz. 1869), später auch der ganze Rigweda
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ohne Kommentar »zum Handgebrauch« (Lond. 1873). Weitere Publikationen Müllers aus dem Gebiet der Sanskritlitteratur sind: eine geschmackvolle deutsche Übersetzung von Kalidâsas »Meghadûta« (»Wolkenbote«); eine englische Sanskritgrammatik (von Kielhorn und Oppert ins Deutsche übersetzt, Leipz. 1868); die wichtige »History of ancient Sanskrit literature« (2. Aufl., Lond. 1860); eine Ausgabe des »Prâtiçâkhya« zum Rigweda, eines alten indischen Traktats über Lautlehre (Leipz. 1856); »On Indian logic« (Oxf. 1853); »Über Totenbestattung und Opfergebräuche« (Leipz. 1855); »On Sanskrit texts discovered in Japan« (im »Journal« der Asiatischen Gesellschaft, Lond. 1880) und andre kleinere Abhandlungen; dann eine englische Übersetzung des Rigweda, wovon aber bis jetzt nur der 1. Band unter dem Titel: »The sacred hymns of the Brahmans« (das. 1869, 16 Hymnen mit ausführlichem Kommentar enthaltend) erschienen ist. Wichtig für das Studium des Pâli und des Buddhismus ist seine als Einleitung zu »Buddhaghosha's parables« erschienene Übersetzung des »Dhammapada« (Lond. 1870). Als Sprachforscher hat sich Müller besonders durch seine »Lectures on the science of language« (Lond. 1861; neue Serie 1864; 14. Aufl. 1885; deutsch von Böttger als »Vorlesungen über die Wissenschaft der Sprache«, 2. Aufl., Leipz. 1866 u. 1870; französisch von Harris und Perrot, 1864), die überall zur Weckung und Belebung des Interesses für sprachwissenschaftliche Studien bedeutend beigetragen haben, bekannt gemacht. Mannigfachen Inhalts, doch vornehmlich auf vergleichende Mythologie, zu deren Begründern und bedeutendsten Förderern Müller gehört (schon 1858 war sein »Essay on comparative mythology« erschienen), und auf Sprachwissenschaft bezüglich sind die Aufsätze, welche er unter dem Titel: »Chips from a German workshop« (Lond. 1867-75, 4 Bde.; deutsch als »Essays«, Leipz. 1869-76, 4 Bde.) veröffentlichte. Eine Auswahl derselben erschien als »Selected essays on language, mythology and religion« (1881, 2 Bde.). Neuerdings hat Müller seine Thätigkeit vornehmlich dem Gebiet der vergleichenden Religionsgeschichte zugewendet. Eine »Einleitung in die vergleichende Religionswissenschaft« erschien 1874 (auch englisch), und »Lectures on the origin and growth of religion«, die er unter kolossalem Zudrang des Publikums 1878 in London las, schlössen sich jener an (deutsch, Straßb. 1880). Durch seine Arbeiten nach England geführt; hat Müller seit 1848 seinen bleibenden Aufenthalt in Oxford behalten. Er wurde daselbst 1850 Disputy professor der neuern Sprachen und Litteraturen, 1854 ordentlicher Professor und 1858 zum Fellow am All Soul's College ernannt (eine für Ausländer kaum erhörte Auszeichnung); 1865 erhielt er dazu eine Bibliothekarstelle an der Bodleyana, und 1869 wurde ihm der neugegründete Lehrstuhl für vergleichende Sprachkunde übertragen. Müller gehört in Oxford zu den Liberalen, welche Reformen der vielfach veralteten Universitätseinrichtungen erstreben, und ist seiner historischen Auffassung der Religion wegen von den englischen Orthodoxen vielfach angefeindet worden. Er gehört auch zu den Führern der auf Reform der englischen Orthographie zielenden Bewegung. Als während des Kriegs 1870/71 die Stimmung in England teilweise sehr erregt gegen Deutschland war, nahm er in Briefen an die »Times« (»Letters on the war«, 1871) lebhaft für die deutsche Sache Partei. Ein Aufenthalt in Straßburg, wohin er 1872 bei Gründung der Universität als Professor berufen wurde, war nur vorübergehend. 1876 wurde er von der Universität Oxford (unter Belassung der Professur) von seiner Lehrverpflichtung entbunden, um seine ganze Zeit der von ihm veranlaßten, auf Kosten der Universität unternommenen Herausgabe der »Sacred books of the East« widmen zu können. Es ist dies eine Sammlung von englischen Übersetzungen der wichtigsten Religionsbücher der Welt, insbesondere der indischen, chinesischen, persischen und arabischen, die 1879-85 in 24 Bänden erschien. Der erste Band enthält Müllers Übersetzungen einiger Upanischads (philosophischer Sanskrittexte) mit einer interessanten Einleitung. Eine zweite Serie, wieder auf 24 Bände berechnet, wurde 1886 begonnen. Außerdem hat Müller in den letzten Jahren die erste vollständige englische Übersetzung von Kants »Kritik der reinen Vernunft« (1881), das aus Vorträgen hervorgegangene Werk »What can India teach us« (1883; deutsch u. d. T.: »Indien in seiner weltgeschichtlichen Bedeutung«, Leipz. 1884), die philosophische Schrift »The science of thought« (1887) und »Biographies of words and the home of the Aryas« (1888) sowie zahlreiche Aufsätze philosophischen, philologischen und biographischen Inhalts in englischen und deutschen Zeitschriften veröffentlicht. Dem belletristischen Gebiet gehört seine anziehende Erzählung »Deutsche Liebe« an (7. Aufl., Leipz. 1885). Auch gab er »Schillers Briefwechel ^[richtig: Briefwechsel] mit Herzog Friedrich Christian von Schleswig-Holstein« (Berl. 1875) und die Denkschrift »Basedow. Von seinem Urenkel« (1877) heraus. ist Ritter des Ordens pour le mérite und eins der acht auswärtigen Mitglieder des Institut de France, das ihm bereits 1849 den Volney-Preis zuerkannte.
9) Friedrich, ausgezeichneter Sprachforscher, geb. 5. März 1834 zu Jemnik in Böhmen, studierte 1853-57 zu Wien und Göttingen Philologie, wurde 1858 an der Universitätsbibliothek, 1861 an der kaiserlichen Hofbibliothek daselbst angestellt, erhielt 1866, nachdem er sich bereits 1860 als Privatdozent habilitiert hatte, eine außerordentliche, 1869 eine ordentliche Professur für vergleichende Sprachwissenschaft und Sanskrit an der Wiener Universität und wurde noch in demselben Jahr zum Mitglied der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften ernannt. ist der Hauptvertreter der linguistischen Ethnographie. Als seine Hauptwerke sind zu bezeichnen: der »Linguistische Teil« und der »Ethnographische Teil« der »Reise der österreichischen Fregatte Novara« (Wien 1867 u. 1868), die »Allgemeine Ethnographie« (das. 1873, 2. Aufl. 1879) und der »Grundriß der Sprachwissenschaft« (das. 1876-87, Bd. 1-4, 1. Abt.). Außerdem veröffentlichte er seit 1857 in den »Sitzungsberichten der kaiserlichen Akademie« eine große Anzahl wichtiger, meist auch separat erschienener linguistischer Abhandlungen, die vorzugsweise auf die vergleichende Grammatik der iranischen Sprachen Bezug haben, und zahlreiche andre Aufsätze linguistischen und ethnographischen Inhalts in Benfeys »Orient und Occident«, in Kuhn und Schleichers »Beiträgen«, in Behms »Geographischem Jahrbuch« und in den »Mitteilungen der Anthropologischen Gesellschaft« zu Wien, deren Mitredakteur er ist.
10) Lucian, Philolog, geb. 17. März 1836 zu Merseburg, studierte 1854-60 in Berlin und Halle, privatisierte 1862-67 in Holland, besonders mit der Durchforschung der Leidener Bibliothek beschäftigt, habilitierte sich 1867 in Bonn, wurde 1870 ordentlicher Professor der lateinischen Sprache und Litteratur am historisch-philologischen Institut zu Petersburg, 1873 außerdem Professor der lateinischen und griechischen Sprache an der römisch-katholischen