Muldenblei, in solcher Form gegossenes Blei; in der Geognosie jede konkave, länglich geformte Einsenkung einer Fläche, insbesondere
einer Schichtfläche, vorausgesetzt, daß die Einsenkung nach allen Richtungen abgegrenzt ist; sonst redet man von einer Bucht
oder buchtförmigen Ablagerung. Beispiele von Mulden sind die »Hilsmulde« in Norddeutschland, die böhmische Kohlenmulde
und Braunkohlenmulde, während man die Kreideablagerung Westfalens, welche nach Westen offen, als Becken
(s. d.) bezeichnet, ebenso wie das Pariser Tertiärbecken u. a. In der Orographie (physikalischen Geographie) bezeichnet man in
gleichem Sinn als eine allerseits von ansteigendem Terrain umgrenzte längliche Senkung der Bodenoberfläche.
nächst der Elbe der bedeutendste Fluß des Königreichs Sachsen, entsteht unterhalb Kolditz
durch die Vereinigung der Zwickauer Mulde, welche bei Schöneck im sächsischen Vogtland entspringt, die Städte Zwickau, Glauchau,
Rochlitz und Kolditz berührt und bei Aue das Schwarzwasser, bei Wechselburg die Chemnitz aufnimmt, und der Freiberger Mulde, die bei
Graupen in Böhmen ihre Quelle hat, an Freiberg, Roßwein, Döbeln und Leisnig vorüberfließt und bei Roßwein
die Striegis und unweit Döbeln die Zschopau aufnimmt.
Der vereinigte Fluß geht in einem breiten Thal nordwestwärts nach Grimma, von da nach Wurzen, tritt unterhalb Wasewitz nach
Preußen über, berührt in gewundenem Lauf Eilenburg, Düben und Bitterfeld und mündet unterhalb Dessau, Roßlau gegenüber,
links in die Elbe. Die Länge des vereinigten Flusses beträgt 124, der Zwickauer Mulde 128 und der Freiberger Mulde 102 km, die Breite
an der Mündung 40 m. Die ist an vielen Stellen sehr reißend und verursacht in ihrem untern Lauf häufig bedeutende Überschwemmungen;
sie wird fast nur zum Holzflößen benutzt.
(Muldener Hütten), Fabrikort in der sächs. Kreishauptmannschaft Dresden, Amtshauptmannschaft Freiberg,
zu Hilbersdorf gehörig, an der Freiberger Mulde und der Linie Dresden-Chemnitz der Sächsischen Staatsbahn, 4 km von Freiberg,
hat die königlichen Schmelzhütten mit Goldscheideanstalt, Zink- und Arsenikhütte, Schwefelsäure-, Schrot- und Bleiwarenfabrik
und Pulvermühlen.
Gerard Johannes, Chemiker, geb. 27. Dez. 1802 zu Utrecht, studierte daselbst seit 1819 Medizin,
Naturwissenschaften und Mathematik, ließ sich 1825 als Arzt in Amsterdam nieder, ging 1826 als Lehrer der Physik bei der Batavischen
Gesellschaft nach Rotterdam und erhielt 1827 an der dortigen medizinischen Schule das Lehramt für Botanik und Chemie. 1841 folgte
er einem Ruf als Professor der Chemie nach Utrecht. Mulder hat sich um die Tierchemie große Verdienste erworben;
seine Untersuchungen über die eiweißartigen Körper (Proteinkörper) verwickelten ihn in einen heftigen Streit mit Liebig,
welcher für Mulder ungünstig endete.
Auch in der Frage der Pflanzenernährung nahm er eine der herrschenden Strömung entgegengesetzte Richtung
ein und betonte mehr als andre die Bedeutung des Humus. Er nahm 1868 seine Entlassung und war bis 1875 nur noch als Advisor
des niederländischen Kolonialministeriums thätig, dem er in dieser Eigenschaft 40 Jahre lang angehört hatte. Er starb erblindet
Ende April 1880 in Utrecht. Von seinen Werken sind hervorzuheben: »Versuch einer allgemeinen physiologischen
Chemie« (Rotterd. 1843; deutsch, Braunschw. 1844-51);
»Die Ernährung in ihrem Zusammenhang mit dem Volksgeist« (Rotterd. 1847);
»Die Chemie des Weins« (deutsch, Leipz. 1856);
»Die
Chemie des Biers« (deutsch, das. 1858);
»Die Silberprobiermethode« (deutsch, das. 1859);
»Die Chemie der Ackerkrume« (deutsch, Berl. 1861-64, 3 Bde.);
»Die Chemie der austrocknenden Öle« (das. 1867);
»De natuurkundige methode en de verspreiding der Cholera«
(Rotterd. 1866).
Mit van Hall und Vrolik redigierte er 1826-1832 die »Bijdragen tot de natuurkundige
Wetenschappen«, allein von 1832 bis 1836 und mit Wenckebach von 1836 bis 1838 das »Natuur-
en scheikundig archief«, endlich mit Miquel und Wenckebach das »Bulletin des sciences physiques et naturelles
en Neerlande«, seit 1842 allein die »Scheikundige onderzoekingen gedaan
in het laboratorium der Utrechtsche hoogeschool« und 1857-65 die »Scheikundige
verhandelingen en onderzoekingen«. Seine Selbstbiographie (»Levensschets«)
erschien nach seinem Tod (2. Aufl., Utrecht 1883).
(spr. möllgrēw), 1) Constantine John Phipps, Lord, brit. Seefahrer, geb. 30. Mai 1744, befehligte 1773 die zur
Entdeckung einer nordwestlichen Durchfahrt ausgerüstete Expedition, mußte aber beim 80.° nördl.
Br. in der Nähe von Spitzbergen umkehren, wurde 1775 Lord und Parlamentsmitglied, 1777 Kommissar der Admiralität und kommandierte
daneben im Krieg mit den nordamerikanischen Kolonien bis 1783 ein Linienschiff. Hierauf zum Geheimrat, 1784 zum
Peer ernannt, starb er auf einer Reise in Lüttich 10. Okt. 1792. Eine Beschreibung seiner Expedition enthält das »Journal of a
voyage towards the North-Pole« (Lond. 1774).
2) Henry Philip Phipps, Lord, brit. Staatsmann, Bruder des vorigen, geb. 14. Febr. 1755, widmete sich dem Seedienst
und zeichnete sich im amerikanischen Krieg aus, trat 1781 ins Unterhaus, wo er das Ministerium unterstützte, und wurde 1792 irischer
Peer, 1794 aber Baron und Mitglied des Oberhauses. 1804 wurde er Kanzler des Herzogtums Lancaster, erhielt aber nach Pitts Tod seine
Entlassung. Nach Fox' Tod gelangte er als erster Lord der Admiralität wieder ins Ministerium und zeigte sich
seit 1807 als einen der erklärtesten Gegner der Emanzipation der Katholiken. Die Expedition nach Walcheren 1809, die er persönlich
betrieb, wurde für ihn die Veranlassung zu einem heftigen Kampf mit der Opposition. 1812 ward er zum Großmeister
der Artillerie und zugleich zum Earl und Viscount of Normanby ernannt. 1818 trat er seine Würde als Großmeister zwar an den Herzog
von Wellington ab, blieb aber Mitglied des Kabinetts. Er starb 7. April 1831. Sein Sohn und Erbe war der erste Marquis of Normanby
(s. d.).
(franz. Mulhouse), Kreisstadt und wichtiger Fabrikort im deutschen Bezirk Oberelsaß, an der Ill und am Rhein-Rhônekanal,
Knotenpunkt der Eisenbahnen Straßburg-Basel, Mülhausen-Altmünsterol, Mülhausen-Banzenheim, Mülhausen-Lutterbach, der Straßenbahn Mülhausen-Wittenheim
und der Linie Müllheim-Mülhausen der Badischen Staatsbahn, 243 m ü. M., besteht aus der Altstadt, auf einer von
Armen der Ill gebildeten Insel, der Neustadt (seit 1826), südlich von jener am Rhein-Rhônekanal, und der im N. gelegenen Arbeiterstadt,
welche 1853 von Dollfus gegründet ist, aus etwa 1000 ein- und zweistöckigen, durchweg mit Gärtchen versehenen Wohnungen
besteht (s.
mehr
Arbeiterwohnungen) und mit gemeinschaftlichem Back-, Wasch- und Badehaus, mit Restauration, Bibliothek etc. versehen ist. Der
schönste Teil der Stadt liegt am Kanal. In der Nähe desselben befindet sich auch der dreieckige Börsenplatz, der Mittelpunkt
des neuen Quartiers mit seinen modernen Bauten. Die Straßen sind im allgemeinen breit und nur in der Altstadt
etwas unregelmäßig und eng. Die Stadt hat 2 evangelische und 3 kath. Kirchen (unter jenen die Stephanskirche mit einem 100 m
hohen Turm und die französisch-reform. Kirche, unter diesen die neue kath. Kirche, ebenfalls mit einem 100 m hohen Turm), eine
Synagoge, ein Rathaus (von 1551) etc. Die Zahl der Einwohner beläuft sich (1885)
mit der Garnison (ein Infanteriereg. Nr. 17 und ein Infanteriebat. Nr.
114) auf 69,759, meist Katholiken. ist eine Fabrikstadt ersten Ranges.
Den Grund zu der großartigen Industrie legten 1746 Samuel Köchlin, Joh. Jak. Schmelzer und J. ^[Johann] Heinr. Dollfus mit der Begründung
einer Fabrik für bunte Baumwollgewebe, für welche gegenwärtig in der Stadt über 16,000 und in den Dörfern
der Umgegend über 60,000 Arbeiter beschäftigt und 14 Baumwollspinnereien mit 525,000 Spindeln, 5400 mechanische Webereien,
zahlreiche Kattundruckereien etc. thätig sind. Wichtig sind ferner: eine Eisenbahnwerkstätte, Woll- u. Kammgarnspinnerei,
Eisen-, Kupfer- und Bleigießerei, zahlreiche Färbereien, Zeichner- und Walzenstecherateliers, Fabriken
für Nähgarn, Leinwand, Tuch- und Wollwaren, chemische Produkte, Näh- und Spinnmaschinen, Maschinenöl, Farben, Fayenceöfen,
Stärke, Bürsten, Zement, Senf, Seilerwaren, Herde u. Kochmaschinen, endlich Dampfsägemühlen, Bierbrauerei, Ziegelbrennerei und
Schiffbau.
Der lebhafte Handel, unterstützt durch eine Handelskammer, eine Reichsbankstelle und mehrere Bankinstitute, befaßt sich vorzugsweise
mit den Erzeugnissen der dortigen Industrie; außerdem bilden Wein, Getreide, Spezereien, Holz etc. einen
bedeutenden Handelsartikel. An Bildungs- und andern ähnlichen Anstalten befinden sich dort: ein Gymnasium, eine Gewerbeschule,
ein Lehrerinnenseminar, ein Gemälde- und Kunstmuseum, eine Mustersammlung (Industriemuseum) von Produkten aller Länder, eine
Schule für Spinnerei und Weberei etc. Die städtischen Behörden setzen sich zusammen aus einem
Bürgermeister, 2 Beigeordneten und 33 Stadträten. Sonst ist Mülhausen Sitz des Kommandos der 58. Infanteriebrigade, der Kreisdirektion,
eines Landgerichts, eines Hauptsteueramtes und dreier Oberförstereien. - Zum Landgerichtsbezirk Mülhausen gehören die elf Amtsgerichte
zu Altkirch, Dammerkirch, Hirsingen, Hüningen, Masmünster, Mülhausen, Pfirt, St. Amarin, Sentheim, Sierenz und Thann.
- Die ersten Nachrichten über Mülhausen stammen von 717, wo Adalbert, Herzog von Elsaß, an das Stephanskloster zu Straßburg verschenkte. 823 besaß
die Abtei Masmünster Mülhausen. Im 13. Jahrh. stritten die Hohenstaufen mit den Bischöfen von Straßburg um die Stadt; nachdem sie diesen 1221 durch
Schiedsspruch überwiesen war, verlieh sie Bischof Berthold I. dem Kaiser Friedrich II. als Lehen, zog sie
aber, als dieser dem Bann verfiel, ein.
Rudolf von Habsburg nahm 1261 die Stadt in Besitz und erhob sie später als König zur Reichsstadt. Das Bistum Straßburg wurde 1308 von
Heinrich VII. für seine Ansprüche entschädigt.
Später ist Mülhausen oft verpfändet worden, erlangte aber
seine Reichsfreiheit immer wieder. Vielfach hatte es im Mittelalter durch Kriege zu leiden. Seine Bürger widerstanden 1365 den
englischen Kompanien, 1375 dem Einfall Enguerrand de Coucys und 1445 den Armagnaken. Nachdem es schon 1466 ein Bündnis mit Bern
und
Solothurn
geschlossen, trat es 1515 dem Schweizerbund bei.
Die Reformation wurde in Mülhausen 1528 eingeführt. Der Westfälische Friede stellte Mülhausen in die Reihe der Schweizer Staaten; ringsherum
gewannen nun die Franzosen Terrain, die unter Turenne in der Nähe 29. Dez. 1674 die Kaiserlichen unter Bournonville besiegten. Die
Industrie ward 1746 (s. oben) begründet und hatte bereits einen hohen Aufschwung gewonnen, als, durch
die äußern Verhältnisse gezwungen, Mülhausen 1797 die Einverleibung in Frankreich nachsuchte, die 1798 stattfand.
Mit der Vollendung des Rhein-Rhônekanals (1829) und der Anlage der Eisenbahnen erfolgte eine neue Entwickelung der Stadt, die
durch die Einwanderung zahlreicher katholischer Arbeiter nach und nach ihren protestantischen Charakter
verlor, unter französischer Herrschaft sich aber stets durch republikanische Gesinnung auszeichnete. Der Anschluß an Deutschland
(1871) brachte der Stadt augenblicklichen Nachteil, der indessen gegenwärtig schon wieder ausgeglichen
sein dürfte. ist Geburtsort des Mathematikers Lambert, dem ein Denkmal auf dem Platz vor der Gewerbeschule errichtet ist. Die
Geschichte von Mülhausen beschrieben Mieg (Mülh. 1816), de Sablière
(das. 1856), Metzger (Lyon 1883).
Vgl. auch Moßmann, Cartulaire de Mulhouse (Straßb. 1883-85, 3 Bde.);
Schall, Das Arbeiterquartier von Mülhausen (2. Aufl., Berl.
1877);
Grad, Études statistiques sur l'industrie de l'Alsace, Bd. 1 (Kolmar 1879);
Herkner, Die oberelsässische Baumwollindustrie
(Straßb. 1887).