hell graublauem Mantel und weißen, schwarzspitzigen Schwingen, sonst weiß, mit braunem Auge, rotem Augenring und lackrotem
Schnabel und Füßen, im Winterkleid ohne die dunkle Kopffärbung, brütet zwischen dem 30. und 60.° nördl.
Br. an allen Binnengewässern Europas, Asiens und Amerikas, verweilt bei uns vom März bis Oktober und November, besucht
das Meer nur im Winter, ist bei uns sehr zurückgedrängt und erscheint fast nur noch auf dem Zug.
Sie nährt sich hauptsächlich
von Kerbtieren und kleinen Fischen, brütet im Mai gesellig auf Schilf- und Binsenbüscheln im flachen Wasser, im Morast oder
im Sumpf und legt 4-5 Eier. In der Gefangenschaft ist sie allerliebst. Über die Familie der Möwen s. Schwimmvögel.
(Brenncylinder, Brennkegel), kleiner, ungefähr 4 cm hoher und an seiner Basis 1,3 cm dicker, aus irgend einem ohne
Flamme mit Leichtigkeit brennenden Stoff angefertigter Kegel oder Cylinder, welcher zum Zweck energischer Ableitung auf der Haut
verbrannt wird.
Die Moxen kamen aus dem Orient durch Prosper Alpino nach Europa, sind jetzt aber fast außer
Gebrauch.
Joseph, Verfertiger mathematischer Instrumente zu London, 1665 Hydrograph des Königs Karl II., beschäftigte sich
vorzugsweise mit dem Stempelschnitt für Schriftgießer und etablierte 1659 eine Schriftgießerei. Er gab zuerst in England
den Typen mathematische Proportionen (Regulae trium ordinum litterarum typographicarum) und schrieb zuerst
über die Typographie in ihrer ganzen Ausdehnung.
Von seinem äußerst selten gewordenen Werk »Mechanic exercices, or the doctrine
of handy works« ist der 2. Teil (1686) ganz der Buchdruckerkunst gewidmet.
(spr. mōja), Pedro de, span. Maler, geb. 1610 zu Granada, war anfangs Schüler von Juan del Castillo
in Sevilla (1584-1640), trat in Kriegsdienste und kam mit der Armee nach Flandern, ging dann 1641 nach London, wo er sich kurze
Zeit nach van Dyck bildete, kehrte nach dessen Tod in die Heimat zurück und war hier in Sevilla, zuletzt
in Granada thätig, wo er 1666 starb. Man schreibt ihm eine Madonna mit dem Kind in den Wolken schwebend und mit einem knieenden
Bischof in der Kathedrale zu Granada und sechs Darstellungen aus dem Leben Josephs (Madrid, Pradomuseum) zu. Er soll den Stil van
Dycks in Spanien verbreitet haben. Sein bedeutendster Schüler war Juan de Sevilla Romero (1627-95).
(spr. mŏajöwr-grángd), Gemeinde im deutschen Bezirk Lothringen, Kreis Diedenhofen, an der Orne, an der
Industriebahn Hayingen-Moyeuvre-Grande und einem Zweig der Linie Conflans-Briey der Französischen Ostbahn, hat bedeutende Eisenwerke mit 4 Hoch- und
mehreren Puddelöfen, Ketten-, Nägel- und Stiftefabrikation und (1885) 5013 meist kath.
Einwohner.
Hauptstadt des Departements Loreto in Peru, am schiffbaren Rio Mayo (Nebenfluß des Huallaga), 860 m ü. M.,
mit Fabriken für grobe Baumwollzeuge und Strohhüte und (1876) 7103 Einw.
Dorf im preuß. Regierungsbezirk Liegnitz, Landkreis Görlitz, an den Linien Kohlfurt-Görlitz
und Görlitz-Lauban der Preußischen Staatsbahn, hat (1885) 820 Einw.
und ist bekannt durch das siegreiche Gefecht der Österreicher unter Nádasdy gegen die Preußen unter Winterfeld
Bezeichnung der christlichen Einwohner Spaniens, welche unter
die Herrschaft der Araber kamen, aber in einigen Städten (Toledo, Leon etc.) ungestört ihren Gottesdienst halten durften. Diverse
Städte behielten auch nach. Vertreibung der Mauren ihre alte Liturgie (s. Officium gothicum) bei; doch war dieselbe schon 1285 sehr
verändert und erlitt weitere Modifikationen in der vom Erzbischof von Toledo, Fr. von Jimenez, veranstalteten
Ausgabe als »Missale mixtum secundum regulam beati Isidori dictum Mozarabicum« (1500, 1502). Noch jetzt wird in mehreren Kirchen
des Erzbistums Toledo nach dieser Liturgie der Gottesdienst abgehalten.
Johannes Chrysostomus Wolfgang Gottlieb, gewöhnlich Wolfgang Amade genannt, Komponist, geb. zu Salzburg,
wo sein Vater Leopold (geb. zu Augsburg, gest. als Unterdirektor der erzbischöflichen
Kapelle angestellt war, zeigte auffallend frühzeitig Spuren eines außerordentlichen musikalischen Talents und erhielt alsbald
von seinem Vater die sorgfältigste Ausbildung. Bereits im sechsten Jahr komponierte er kleine Stücke auf dem Klavier und war
im Spiel selbst so weit vorgeschritten, daß der Vater sich entschloß, mit dem Wunderknaben und dessen
fünf Jahre älterer, gleichfalls Klavier spielender Schwester Maria Anna, 1762 eine Kunstreise zu machen.
Der erste Ausflug ging nach München, wo der kleine Virtuose beispiellosen Beifall erntete. Die zweite Reise unternahm die Familie
im Herbst d. J. nach Wien, wo ihr einflußreiche Gönner Zutritt bei Hofe verschafften. Kaiser Franz I. überschüttete
den Knaben mit Gunstbezeigungen. Als man ihm in Wien eine Geige schenkte, versuchte er sich auch im Violinspiel und machte hierin
ebenfalls ungemeine Fortschritte. Von 1763 bis 1766 unternahm die Familie die erste größere Kunstreise, durch Bayern,
die Rheinprovinzen, die Niederlande und Frankreich, wo sich der achtjährige Mozart in der königlichen Kapelle zu Versailles vor
dem König und dem ganzen Hof auf der Orgel hören ließ und zu Paris seine ersten Kompositionen, Sonaten fürs Klavier, veröffentlichte.
Von Frankreich aus begab sich die Familie 1764 nach England. Mozarts Virtuosität war in dieser Zeit schon
so bedeutend, daß er Sachen von Händel und Bach vom Blatt spielte; ja, als er zu London vor dem König spielte, legte man ihm
einen bloßen Baß vor, und er erfand hierzu augenblicklich eine passende Melodie. Während seines Aufenthalts in England komponierte
er sechs Klaviersonaten, welche in London gestochen und der Königin gewidmet wurden (vgl. C. F. Pohl, Haydn
und Mozart in London, Wien 1867). Den Sommer des nächsten Jahrs verlebte die Familie in Flandern, Brabant und Holland.
Hier mit seiner Schwester durch die Blattern mehrere Monate lang an das Krankenbett gefesselt, schrieb Mozart wiederum
sechs Klaviersonaten, welche er später dem Prinzen von Nassau-Weilburg widmete. 1766 kehrte die Familie über Paris und Lyon
durch die Schweiz und Schwaben nach Salzburg zurück, wo Mozart während der beiden folgenden Jahre seine Kompositionsstudien mit
Eifer fortsetzte und seinen Geschmack namentlich an den Werken Emanuel Bachs, Hasses und Händels sowie der
ältern Italiener bildete. Auf einer dann folgenden abermaligen Kunstreise nach Wien komponierte er im Auftrag des Kaisers Joseph II.
seine erste komische Oper: »La finte semplice« (1776), die jedoch nicht zur Aufführung
gelangte.
mehr
Bemerkenswert ist noch aus dieser Zeit ein Tedeum, welches der junge Künstler zur Einweihung einer Kirche komponierte und persönlich
dirigierte, sowie die zu Wien im Haus des musikliebenden Schuldirektors Mesmer aufgeführte Operette »Bastien und Bastienne«. 1769 ward
er zum Konzertmeister am salzburgischen Hof ernannt. Anfang 1770 unternahm er mit seinem Vater eine Reise
nach Italien, wo er in Bologna, Rom und Neapel neue Triumphe feierte und in Rom eine glänzende Probe seines musikalischen Gedächtnisses
ablegte, indem er das »Miserere« von Allegri nach einmaliger Anhörung am Mittwoch der Karwoche niederschrieb. In Mailand, wo
er gegen Ende Oktober 1770 anlangte, komponierte er die Oper »Mitridate«, welche schon 26. Dez. unter seiner
Leitung über die Bühne ging und 20mal hintereinander aufgeführt wurde.
Weiter schrieb er für Mailand das Festspiel »Ascanio in Alba« (1771) und kehrte dann, nachdem er noch Venedig und Verona besucht
und die bedeutendsten Auszeichnungen, wie den päpstlichen Orden des goldenen Sporns, denselben, dessen
Besitz Gluck veranlaßt, sich »Ritter« zu nennen, und die Diplome der philharmonischen Akademien von Bologna und Verona, erhalten
hatte, nach Salzburg zurück. Hier komponierte er zur Einführung des neuen Erzbischofs von Salzburg 1772 Metastasios Azione
teatrale »Il sogno di Scipione« und begab sich im folgenden Jahr abermals
nach Mailand, wo seine Oper »Lucio Silla« zur Aufführung kam.
Wieder nach Salzburg zurückgekehrt, vollendete er hier 1774 die komische Oper »La finta giardiniera« und die Festoper »Il
re pastore«, denen sich im Lauf der folgenden Jahre noch verschiedene Kirchenkompositionen, die Musik zum Drama »Thamos« und
die Operette »Zaide« anschlossen. Inzwischen hatte
ihm der Mangel an künstlerischer Anregung und die geringschätzige Behandlung des Erzbischofs den Aufenthalt in Salzburg verleidet,
und er begab sich 1777 wieder auf Reisen, doch blieben seine Anstrengungen, in München, in Mannheim als Musiklehrer der fürstlichen
Kinder oder in Paris eine Anstellung zu erhalten, erfolglos, und enttäuscht kehrte er im Januar 1779 nach
Salzburg zurück.
Bald darauf zum Hof- und Domorganisten ernannt, wurde ihm auch die Freude zu teil, eine Oper für München schreiben zu dürfen;
es war der 1781 dort aufgeführte »Idomeneo«, mit welcher Oper Mozart zum erstenmal von den Wegen der italienischen Oper abwich
und, im Anschluß an die französische Glucks, eine neue selbständige Richtung verfolgte. Noch in demselben
Jahr zwang ihn die Rücksichtslosigkeit seines Fürsten, der ihn auf einer Reise nach Wien wie den letzten seiner Domestiken
behandelte, seine Salzburger Stellung aufzugeben, und er siedelte nach Wien über, wo er sich im nächsten Jahr
mit Konstanze Weber, einer Schwester seiner ersten Jugendliebe, der Sängerin Aloysia Weber, später verehelichten Lange, vermählte.
Hier entstand, angeregt durch die von Joseph II. begründete nationale Opernbühne Mozarts erste deutsche Oper: »Belmonte und
Konstanze, oder die Entführung aus dem Serail«, die zwar bei ihrer Aufführung 1783 vielen Beifall fand, vom
Kaiser jedoch nicht mit Unrecht als »zu schön für die Ohren der Zeitgenossen« bezeichnet wurde und dem Künstler keine weitern
Aufträge für die genannte Bühne einbrachte. Nicht viel mehr Glück machten seine 1786 aufgeführten Opern: »Der Schauspieldirektor«
und »Figaros Hochzeit«, und selbst sein Meisterwerk »Don Juan«, obwohl bei seiner ersten Aufführung 1787 in
Prag mit Jubel aufgenommen, hatte in Wien geraume
Zeit gegen die Intrigen der italienischen Sänger und die Gleichgültigkeit
des Publikums zu kämpfen, bis es seinem vollen Wert nach erkannt wurde. Im folgenden Jahr entstanden außer andern Instrumentalsachen
seine drei Meistersymphonien in Es dur, G moll und C dur (mit der Fuge). Im Dezember 1789 folgte das italienische
komische Singspiel »Così fan tutte«, das, zuerst aufgeführt, trotz
des schlechten Textes außerordentlich gefiel. In jene Zeit fällt Mozarts Reise über Leipzig und Dresden nach Berlin.
Der König Friedrich Wilhelm II. von Preußen bot ihm die Stelle eines Kapellmeisters mit einem Jahrgehalt
von 3000 Thlr. an; aber Mozart, wiewohl er zu Wien mit dem Titel eines kaiserlichen Kammerkomponisten eine Besoldung von nur 800 Gulden
bezog, antwortete ihm: »Kann ich meinen guten Kaiser verlassen?«. Letzterer eröffnete dem Künstler nach seiner Rückkehr zwar
die Aussicht, daß in Zukunft auf ihn Bedacht genommen werden solle; aber das bald darauf erfolgte Ableben
Josephs II. vernichtete jede Hoffnung Mozarts auf eine Verbesserung seiner Lage. 1791 komponierte er für seinen in Schulden
geratenen Freund Schikaneder die Oper »Die Zauberflöte«, für die Krönungsfeierlichkeiten des Kaisers Leopold II. die Oper »La
clemenza di Tito« und sein »Requiem«, letzteres für die verstorbene Gräfin Walsegg, deren Gemahl es
bei Mozart bestellt hatte und nach dessen Tod unvollendet abholen ließ (vollendet ward es von Süssmayer, Mozarts Freund und Schüler).
Es war des Künstlers letzte Arbeit.
Noch in seinen Phantasien mit dieser Komposition beschäftigt, starb Mozart im 36. Jahr seines Lebens.
Ein halbes Jahrhundert später, ward ihm zu Salzburg eine Erzstatue (von Schwanthaler) errichtet, und seit kurzem
bezeichnet auch ein allegorisches Denkmal seine (mutmaßliche) Grabstätte auf dem Wiener Friedhof St. Marx. Von den vorhandenen
Porträten Mozarts sind das von Tischbein 1789 in Mainz gemalte und ein aus früherer Zeit stammendes, in
Buchsbaum geschnittenes Medaillon von Posch hervorzuheben. Letzteres befindet sich nebst einem Gesamtbild der Familie Mozart
(1780 von della Croce gemalt) im Mozarteum zu Salzburg, einer 1842 zur Pflege der Musik gestifteten Anstalt, die zugleich die
Dokumente des Mozartschen Familienarchivs und interessante Reliquien des Meisters bewahrt. - Der Witwe Mozarts
bewilligte Kaiser Leopold II. eine Pension von 260 Gulden. Sie verheiratete sich 1809 mit dem dänischen Etatsrat v. Nissen (dem
Biographen Mozarts, s. unten), ward 1826 zum zweitenmal Witwe und starb in Salzburg.
Mozarts Charakter als Mensch war von einer fast sprichwörtlich gewordenen Gutherzigkeit und Naivität.
Hilfreich gegen alle Welt, neidlos gegenüber seinen vom Glück begünstigten Kunstgenossen, hatte er seinen eignen Vorteil
so wenig im Auge, daß er Zeit seines Lebens mit Mangel kämpfen mußte. Dabei war er von einer unglaublichen Arbeitskraft,
besonders in seinen letzten Lebensjahren. Er hat im ganzen 626 Werke hinterlassen, darunter 20 Messen
etc., 8 Litaneien und Vespern, 40 Offertorien, Hymnen und andre geistliche Gesangstücke, 17 Orgelsonaten, 10 Kantaten mit Orgelbegleitung, 23 Opern,
über 100 Arien und Lieder mit Orchester- und Klavierbegleitung, 23 Kanons für 2-12 Stimmen, 22 Klaviersonaten, über 50 andre
Klavierstücke, 45 Sonaten für Klavier und Violine, 11 Trios, Quartette etc. mit Klavier, 48 Kammermusikstücke
für Streichinstrumente, 49 Symphonien, gegen
mehr
100 kleinere Werke für Orchester und 55 Konzerte. Eine solche Fruchtbarkeit in einem so kurzen Leben, von welchem die Reisen
zwei Drittel in Anspruch genommen, ist um so bewunderungswürdiger, als auch übrigens durch seine Kapellmeisterpflichten
und Lektionen so vielfach vom Komponieren abgezogen wurde, daß er meist nur die frühen Morgenstunden
oder die Nacht dazu verwenden konnte.
Mozart hat sich, wie wir sahen, in allen Gattungen der musikalischen Komposition bethätigt und überall Ausgezeichnetes geleistet.
Am größten aber und wahrhaft epochemachend ist seine Bedeutung auf dem Gebiet der Oper, die durch ihn vermöge der reichen
Innerlichkeit, welche einen Grundzug seines Wesens bildete, eine Stufe der Vollendung erreichte, auf welcher
sie sowohl die der Italiener als auch die durch Gluck veredelte große Oper der Franzosen hinter sich zurückließ.
Das erste Werk, in welchem seine kunsthistorische Bedeutung als dramatischer Komponist offenbar wird, ist der »Idomeneo«.
Die vor diesem entstandenen, oben genannten Opern und Festspiele, selbst die in Hinsicht auf Instrumentation
und dramatischen Ausdruck reifere »Finta giardiniera«, sind durchaus in den herkömmlichen
Formen gehalten und haben weder an sich noch für uns eine höhere Bedeutung, wiewohl die in ihnen sich offenbarende musikalische
Gestaltungskraft stets zu bewundern bleibt.
Auch »Idomeneo« (»Idomeneo,
re di Creta ossia Ilia e Idamante«) steht im ganzen noch auf dem Boden der altitalienischen Opera seria, wie
schon die große Zahl der Arien andeutet sowie der Umstand, daß die Rolle des Idamante einem Kastraten bestimmt war. Aber trotz
aller der bloßen Gesangsvirtuosität gemachten Zugeständnisse und neben der in der Behandlung der Recitative
ersichtlichen Nachahmung der Gluckschen Muster tritt Mozarts Genius in den großartigen Chören und noch mehr in der für jene
Zeit unerhört kühnen und durch feinste Charakteristik ausgezeichneten Instrumentierung bereits mächtig hervor.
Erscheint Mozart in dieser wie auch in seinen beiden letzten italienischen Opern, »Così fan tutte« und »Titus«, noch vielfach
von italienischen Vorbildern abhängig, so sehen wir ihn in allen seinen übrigen dramatischen Schöpfungen durchaus neue
Gebiete erobern und mit jeder folgenden ein Muster der Gattung aufstellen. Die »Entführung aus dem Serail«, welche zunächst
folgt, ist größernteils in der Weise und nach dem Maß des damaligen Singspiels angelegt, aber bedeutsam
durch vielfach reichere Ausführung, treffende Charakteristik und Innigkeit des Ausdrucks, an welcher vielleicht die gehobene
Stimmung des Komponisten, welcher eben damals glücklicher Bräutigam war, einigen Anteil gehabt hat.
Zugleich aber stellte Mozart gerade hier der Schilderung zarter und treuer Liebesgefühle die heiterste Laune und (im Osmin) eine
von ihm selbst kaum wieder erreichte Komik entgegen, welche mit der Sentimentalität der Hauptfiguren aufs
glücklichste kontrastiert. Noch bewunderungswürdiger erscheint er in seiner nächsten Oper, der nach Beaumarchais' gleichnamigem
Lustspiel von Da Ponte bearbeiteten »Hochzeit des Figaro« (»Le nozze di Figaro«). Die schwierige Aufgabe, den eleganten Konversationsstil
des französischen Lustspiels in die natürliche Sprache des Gefühls zu übersetzen, hat Mozart hier wie spielend
bewältigt. Er vermochte die kalte Ironie und Satire und selbst die stellenweise nackte Frivolität der Dichtung durch die naive
Anmut seiner Musik zu verdecken und die Unsittlichkeit des Stoffes aufzuheben, indem er als Grundmotiv des unaufhörlichen Intrigenspiels
die echte Liebe darstellte,
die er mit durchdringender Herzenskenntnis in allen denkbaren Beziehungen
schildert und wie im Feuer der Leidenschaft erprobt aus allen Verwickelungen siegreich hervorgehen läßt.
Die höchste Stufe aber erreicht Mozart mit seinem »Don Juan« (»Il dissoluto punito, o il Don Giovanni«). Indem er hier die Lieblichkeit
und Anmut der italienischen Melodik mit dem großartigen Pathos der Gluckschen französischen Oper, den Fluß
und die wirkungsvolle Behandlung des vokalen Teils mit einem bis dahin unbekannten Reichtum und Glanz des Orchesters vereint,
indem er ferner die Charaktere, sowohl die tragischen als die komischen, unter steter Mitwirkung der Instrumente mit höchster
Schärfe und vollendeter Naturwahrheit zeichnet und diese wichtigste Aufgabe des dramatischen Komponisten
selbst dann keinen Augenblick vernachlässigt, wenn er, seinem spezifisch musikalischen Genius folgend, die wunderbarsten kontrapunktischen
Gebilde gestaltet, hat er ein musikalisch-dramatisches Meisterwerk geschaffen, welches alles vor seiner Zeit auf diesem Gebiet
Entstandene hinter sich zurückließ und der deutschen Tonkunst einen entscheidenden Sieg über die fremdländische
errang.
»Für alle Situationen und Erscheinungen«, sagt v. Dommer (»Geschichte der Musik«, S. 552),
»von den Schrecken der Geisterwelt
und den drohenden Verkündigungen des Gerichts bis zu den wonnevollen Schauern der Sommernacht, weiß er seine Farbentöne auf
das wunderbar treffendste zu stimmen. Und in welchen Regionen des Tragischen und Leidenschaftlichen oder
des Komischen und Anmutigen, des grauenvoll Dämonischen oder der lichten Seelenheiterkeit er sich auch bewegen möge: die
Grenzlinie des Schönen und Naturgemäßen hat er niemals überschritten; sein feines und unfehlbares Kunstgefühl ließ sich
gar nicht nahekommen, was die Wahrheit und Reinheit seiner Gestaltungen irgendwie hätte trüben können.
Solchen eminenten Gaben gegenüber kann man aber schließlich um so weniger den Wunsch unterdrücken, ihr glücklicher Besitzer
möge häufiger dem Edlen und Erhabenen sich zugewendet haben. In dieser Beziehung stand er nicht über seiner Zeit; ein Zuchtmeister
und Sittenlehrer, wie es Händel und Gluck gewesen, konnte er ihr nicht werden. Er starb zu jung, um erkannt
zu haben, daß die Kunst nicht bloß durch ihre Vollkommenheit in sich auf Zeitgenossen und Nachkommen wirken soll, sondern
auch durch die Größe und Hoheit ihrer Ideale und der darin verkörperten Lebensanschauungen. Die Texte der bedeutendsten Opern
Mozarts sind zum großen Teil trivial und frivol; selbst der 'Don Juan', rein kunstmäßig eins der größten
Meisterwerke, welche jemals geschrieben sind, hat den ausschweifenden Wüstling zum Helden, der, wenn wir ihn als Personifikation
der den sinnlichen Lüsten anheimgefallenen und durch sie vernichteten sittlichen Schwäche fassen, zwar eine furchtbare Wahrheit
und Bedeutung gewinnt, als Objekt der Kunstdarstellung aber wenigstens des Genius eines Mozart bedarf, um nicht
widerwärtig zu werden.« Dieselbe Leichtlebigkeit, um nicht zu sagen derselbe Leichtsinn der ethischen Seite seiner
Kunst gegenüber erklärt es, daß Mozart nach Vollendung des »Don Juan« seine schöpferische Kraft auf Stoffe verwenden konnte wie
die geistlose Opera buffa des Da Ponte: »Così fan tutte, ossia la scuola degli amanti«, wie Metastasios
frostige Galaoper »La clemenza di Tito«, an denen die Hand selbst des größten Meisters erlahmen mußte, oder wie die dem Geschmack
eines vorstädtischen Theaterpublikums huldigende Zauberposse Schikaneders: »Die Zauberflöte«. Aber gerade im
mehr
letztern Fall sollte sich sein Genie glänzender bewähren als je zuvor, denn durch den Adel seiner Kunst wußte er das seichte
Machwerk des Dichters aus der Sphäre des Gemeinen und Hausbackenen in die des Ideals zu erheben. Die »Zauberflöte« ist es,
um mit Jahn zu reden, durch welche Mozart seiner Nation das Heiligtum der deutschen Kunst erschlossen hat; unmittelbar
und allgemein drang diese Oper ins Volk ein, wie wohl nie vorher ein musikalisches Kunstwerk, um bis heute ihren Platz auf
der deutschen Bühne zu behaupten.
Als ein Kind seiner Zeit erscheint auch in den meisten seiner Kirchenkompositionen. Die kraftlose Religiosität
der sogen. Aufklärungsepoche einerseits, die bereits im 17. Jahrh.
begonnene, zu seiner Zeit vollendete Überflutung der Kirchenmusik durch die dramatische anderseits bestimmten auch sein Schaffen
auf diesem Gebiet, und wiewohl seine zahlreichen Vespern, Litaneien, Motetten, Hymnen, Kantaten und Messen, das Oratorium »La Betulia
liberata«, vor allem das »Requiem« von seiner tonkünstlerischen Meisterschaft vollgültiges Zeugnis ablegen,
so ist ihnen doch beim Mangel eines spezifisch kirchlichen Geistes eine epochemachende Bedeutung, wie sie den Werken Bachs und
Händels zukommt, nicht beizulegen.
Auch auf dem Gebiet des Liedes konnte er nicht bahnbrechend wirken, weil die lyrische Dichtkunst seiner Zeit noch zu unentwickelt
war, um ihm den nötigen Spielraum für seine Kunst zu gewähren; doch zeigt seine Komposition des Goetheschen
»Veilchen« deutlich genug, was er als Liederkomponist geschaffen haben würde, wenn ihm ein solcher Schatz lyrischer Dichtungen
zur Verfügung gewesen wäre, wie ihn einige Jahrzehnte nach seinem Tod Franz Schubert vorfand. Dagegen leistete Mozart wiederum
das Höchste auf dem Felde der reinen Instrumentalmusik.
Zwar hat er die Formen derselben, wie er sie aus den Händen Emanuel Bachs und J. Haydns empfangen, nicht wesentlich verändert
oder erweitert; auch war es ihm nicht beschieden, die absolute Musik über die Sphäre des geist- und sinnvollen Tonspiels
hinaus zu jener Höhe zu erheben, auf welcher sie, wie bei Beethoven, zum Ausdruck eines bestimmten dichterischen
Gedankens befähigt war. Gleichwohl war die Förderung, welche die Instrumentalmusik hinsichts ihrer innern Entwickelung Mozart verdankt,
eine so bedeutende, daß nicht nur Beethoven als sein Schüler gelten kann, sondern auch Haydn, auf dessen spätere
Arbeiten die seinigen einen rückwirkenden Einfluß ausübten, wie Haydns nach Mozarts Tod komponierte Symphonien deutlich beweisen.
Die Meisterschaft, mit welcher er das Orchester zum ausdrucksvollen Organ seiner künstlerischen Stimmungen machte, bewährt
sich namentlich in seinen schon erwähnten drei Symphonien: Es dur, G moll und C dur, in denen er, wie R.
Wagner (»Gesammelte Schriften«, Bd. 3) sagt, »seinen
Instrumenten den sehnsuchtsvollen Atem der menschlichen Stimme einhauchte, der sein Genius mit weit vorwaltender Liebe sich zuneigte.
Den unversiegbaren Strom reicher Harmonie leitete er in das Herz der Melodie, gleichsam in rastloser Sorge, ihr, der nur von
Instrumenten vorgetragenen, ersatzweise die Gefühlstiefe und Inbrunst zu geben, wie sie der natürlichen
menschlichen Stimme als unerschöpflichem Quell des Ausdrucks im Innersten des Herzens zu Grunde liegt.« Die gleichen Vorzüge
zeigen seine Streichquartette, unter denen die sechs J. Haydn gewidmeten obenan stehen, sowie, wenn auch nur in beschränktem
Maß, seine zahlreichen kleinern
Orchesterwerke: Kassationen, Serenaden, Divertimenti für Saiten- und Blasinstrumente.
Von unvergänglichem Wert sind endlich noch Mozarts Arbeiten für Soloinstrumente, besonders die für das Klavier. Schon im
Jünglingsalter stand er als Virtuose auf drei Instrumenten, dem Klavier, der Orgel und der Violine, den größten Meistern seiner
Zeit ebenbürtig da; später aber widmete er sich vorwiegend dem Klavier, und seine Lehrthätigkeit nicht
minder als seine Kompositionen für dies Instrument bildeten den Ausgangspunkt für die nach seinem Tod unter der Führung seines
Schülers Hummel weltberühmt gewordene Wiener Klavierschule. - Eine vollständige, kritisch durchgesehene Ausgabe der Werke Mozarts
haben seit 1876 Breitkopf u. Härtel in Leipzig in Angriff genommen. Ein »Chronologisch-thematisches Verzeichnis
sämtlicher Tonwerke Mozarts« lieferte v. Köchel (Leipz. 1862). Mozarts Leben beschrieben Niemtschek (Prag 1798), Nissen (Leipz.
1828), Ulibischew (Mosk. 1843; deutsch, 2. Aufl., Stuttg.
1859, 4 Bde.), Holmes (Lond. 1815, neue Ausg. 1845),
O. Jahn (das Hauptwerk über Mozart, Leipz. 1856-59, 4 Bde.; 2. Aufl.
1867, 2 Bde.), Nohl (2. Aufl., das. 1877) und Meinardus (Berl. 1882). Nohl gab auch die Briefe Mozarts (2.
Aufl., Leipz. 1877) und »Mozart nach
den Schilderungen seiner Zeitgenossen« (Leipz. 1879) heraus.
Mozarts Schwester Maria Anna, geb. war ebenfalls ein musikalisches Talent, trat auf den Kunstreisen der Familie
1762-66 als Klaviervirtuosin auf, lebte dann bei ihrer Mutter in Salzburg und verheiratete sich 1784 mit dem Freiherrn Johann
Baptist v. Sonnenberg. Nach dessen Tod (1801) kehrte sie nach Salzburg zurück, wo sie, seit 1820 erblindet, starb.
Mozarts ältester Sohn, Karl, geb. 1784, starb 1859 in Mailand als Steuerbeamter. Sein zweiter Sohn, Wolfgang
Amadeus, geb. zu Wien und von Neukomm und Albrechtsberger in der Musik gebildet, trat im 14. Jahr zum erstenmal als
Virtuose und Komponist auf, ging dann 1808 nach Galizien, wo er als Privatlehrer auf dem Land, seit 1823 zu Lemberg wirkte,
gründete daselbst 1826 einen Cäcilienverein und übernahm später die Kapellmeisterstelle am dortigen Theater. Er starb in
Karlsbad. Seine Kompositionen (zwei Klavierkonzerte, ein Streichquartett, Sonaten, Variationen etc.) sind nicht von Bedeutung.