freie
Wille in Bethätigung, während z. B. für die wenig schwankende Relativzahl der Totgebornen
(Verhältnis der Totgeburten zur Zahl aller
Geburten) im
DeutschenReich im gleichen Zeitraum sich zwar eine mäßige
Tendenz
zur Minderung berechnet, welche aber nach den
Regeln der mathematischen
Statistik als zweifelhaft zu bezeichnen ist. Ebenso
kann auch die Moralstatistik auf andern Gebieten darthun, daß die
Menschen thatsächlich, wenn sie nicht gerade als
krank anzusehen sind, nach
Beweggründen handeln, daß die Willensrichtung nicht eine notwendig gegebene ist, sondern sich
ändern kann (z. B. bei einer Änderung der Strafgesetzgebung).
Die Moralstatistik kann wohl zeigen, daß äußere Umstände (Naturumgebung, gesellschaftliche Verhältnisse)
einen großen Einfluß auf Entschließungen und
Handlungen ausüben, doch vermag sie eine zwingende
Notwendigkeit für solche
Handlungen weder für den Einzelnen noch eine solche für die
Masse nachzuweisen. Das ist auch in der neuern Zeit allgemein
als
Thatsache anerkannt worden.
(Gandecken), Schuttwälle längs des Gletscherrandes oder auch (beim Zusammenfließen mehrerer
Gletscher in
einen
Gletscher) auf dem
Rücken derselben (Mittelgandecke,
Gufferlinie) sowie am Ende eines
Gletschers (Endmoränen)
und am
Grunde desselben (Grundmoränen). Die Endmoränen bleiben, wenn ein
Gletscher durch zeitweilige Wärmezunahme sich verkleinert,
unterhalb des Gletscherrandes zurück u. bezeichnen des
Gletschers frühere
Ausdehnung.
[* 4]
Die Unterscheidung der
Gandecken von andern Steinanhäufungen (Strandblocklagen, Felsstürzen) ist oft
nicht leicht, aber sehr wichtig für die
Geologie.
[* 5] Im allgemeinen ist das Fehlen von
Schichtung, von
Symptomen des
Rollens etc.
durch das
Wasser und das Vorhandensein von Ritzen, auch Schliff- oder Politurstellen an den größern
Blöcken für die
Gandecken
charakteristisch; auch bilden in der
Regel die wallartigen Anhäufungen der Endmoränen im
Thal
[* 6] eine konvex
nach abwärts gerichtete
Kurve. Vgl.
Gletscher.
Stadt in der ital.
ProvinzCosenza,
Kreis
[* 7]
Castrovillari, das antike Muranum, terrassenförmig über
dem
Coscile aufgebaut, mit verfallener Normannenburg, Weinbau,
Seiden- und Wollweberei und (1881) 8259 Einw.
Olimpia
Fulvia, eine der gelehrtesten
Frauen des 16. Jahrh., geb. 1526 zu
Ferrara,
[* 8] Tochter des Dichters Fulvio
Pellegrino Morato (gest. 1547), hielt schon in ihrem 16. Jahr gelehrte
Vorträge in
Ferrara. Seit 1548 mit dem deutschen
ArztAndreas Grundler verheiratet, folgte sie ihm nach
Schweinfurt,
[* 9] trat hier zur protestantischen
Kirche über,
geriet aber infolge der
Plünderung und
Einäscherung der Stadt durch die Reichstruppen (1554) in schwere Bedrängnisse und
hatte mit ihrem
Gatten kaum ein neues
Asyl in
Heidelberg
[* 10] gefunden, als sie daselbst starb.
Ihre zahlreichen griechischen und lateinischen Gedichte, meist religiösen
Inhalts, gab C. S.
Curio heraus
(zuerst Basel
[* 11] 1558 u. öfter); andere
Ausgaben erschienen zu
Augsburg
[* 12] 1570 und 1578. Außerdem hinterließ sie Abhandlungen über
Ciceros
»Paradoxa«, ein
»Elogium Mucii Scaevolae« (lat. u. griech.),
Dialoge, zwei
BücherBriefe u. a.
Vgl.
Wildermuth,
Olympia Morata, ein christliches Lebensbild (Stuttg. 1854);
Diesem folgte 1764 eine Sammlung vermischter Gedichte. »El poeta«, und
das ganz im französischen
Geschmack geschriebene
Trauerspiel »Lucrecia«. Dieser
Richtung blieb er auch in seinen spätern
Tragödien:
»Hormesinda« und
»Guzman el Bueno«, getreu. Der geringe
Ertrag seiner schriftstellerischen Thätigkeit
bewog ihn, 1772 zur
Advokatur überzugehen; doch ward er bald nachher zum
Professor der
Poetik ernannt.
Sein letztes und vorzüglichstes
Werk war der
»Canto épico de las naves de
Cortez destruidas« (1785),
eins der schönsten epischen Gedichte der
Spanier. Auch
sein didaktisches Gedicht »La
Diana, ó arte de la caza« enthält viele
Schönheiten, und unter seinen
kleinern Gedichten finden sich manche vortreffliche. Er starb in
Madrid. Eine
Ausgabe seiner Werke veranstaltete
sein Sohn Leandro unter dem
Titel: »Obras póstumas« (Barcel. 1821);
vollständiger erschienen sie in der »Biblioteca de autores
españoles«, Bd. 2
(Madr. 1848).
2) LeandroFernandez de, berühmter span.
Dramatiker, Sohn des vorigen, geb. wurde von seinem
Vater schon früh
in die
Dichtkunst eingeweiht, erlernte jedoch auf dessen
Wunsch bei seinem Oheim das Juwelierhandwerk, ohne dabei der
Poesie
untreu zu werden. 1779 trug er durch sein Gedicht »La toma
de
Granada«
[* 16] und drei Jahre später durch seine »Leccion poética«
das
Accessit der
Akademie davon. Durch
Jovellanos' Vermittelung erhielt er 1786 eine Sekretärstelle beim
GrafenCabarrus und
begleitete denselben nach
Paris,
[* 17] wo die Bekanntschaft mit
Goldoni ihn in dem Vorhaben bestärkte, die spanische
Bühne durch
Einführung der französischen
Regeln zu reformieren.
Nach seiner Rückkehr in sein Vaterland (1789) erhielt er durch den
MinisterFloridaBlanca eine
Präbende, welche ihn in den
Stand setzte, seinen litterarischen
Neigungen zu leben, und er widmete sich nun ganz der dramatischen
Dichtkunst.
Sein erstes
Lustspiel: »El viejo y la niña« (1790),
wurde vom
Publikum mit großem Beifall aufgenommen, von den Anhängern
des alten Nationalgeschmacks aber hart angegriffen, wofür Moratin sich durch das satirische
Lustspiel »La comedia nueva«.
¶
In der Folge sah er sich wiederholentlich verfolgt und zur Flucht genötigt, bis er sich 1822 dauernd in Paris niederließ,
wo er starb. Moratin gilt mit Recht für den bedeutendsten der neuern spanischen Dramatiker. Seine
Lustspiele zeichnen sich durch gute Erfindung, natürliche Entwickelung, Wahrheit der Charaktere und Lebhaftigkeit des Dialogs
aus, wenn es ihnen auch an Phantasie und Schwung fehlt. Auch um die Geschichte des spanischen Dramas hat
er sich durch seine »Origenes del teatro español« verdient gemacht. Die vollständigsten Ausgaben seiner »Obras« sind die von der
spanischen Akademie besorgte (Madr. 1830-31, 6 Bde.) und im 2. Bande der »Biblioteca de autores españoles« (das.
1848). Eine Auswahl seiner lyrischen Gedichte gibt Wolfs »Floresta de rimas modernas castellanas« (Par.
1837, 2 Bde.).