krimschen
Tataren zur
Anerkennung seiner
Oberhoheit gezwungen hatte. Es folgten langwierige
Kriege mit
Persien.
[* 2] 1480 griff Mohammed die
InselRhodos an, ward aber von den Johanniterrittern mit großem Verlust zurückgeschlagen. Hierauf machte er einen
Angriff
auf Unteritalien, und schon hatten seine
Truppen die Stadt
Otranto erobert, als er 1481 auf einem
Zuge gegen
Persien starb. Er hatte während seiner 30jährigen
Regierung 12
Reiche und mehr als 200
Städte erobert. Er erhielt daher die
Beinamen
Ghazi (Besieger der Ungläubigen) und Fatih (Eroberer). Persönlich war er durch glänzende
Eigenschaften des
Geistes
ausgezeichnet, wie er sich auch durch
Bildung und
Sinn fürKunst und
Wissenschaft vor andern orientalischen
Fürsten hervorthat; dagegen charakterisieren ihn Grausamkeit, Treulosigkeit, Verachtung aller
Gesetze und niedrige
Ausschweifungen
als orientalischen
Despoten.
3) Mohammed III., Sohn und Nachfolger
Murads III., geb. 1566, regierte von 1595 bis 1603 als ein
Tyrann, der 19
Brüder ermorden ließ
und besonders die
Christen, die zu Anfang seiner
Regierung sich gegen ihn erhoben hatten, grausam verfolgte.
Er zog 1596 gegen die Kaiserlichen nach
Ungarn
[* 3] zu
Feld und besiegte sie bei Kereztes.
4) Mohammed IV., Sohn
Ibrahims, geb. 1642, bestieg 1648 nach dessen Absetzung den
Thron
[* 4] und bewies sich, seit 1656 selbständig herrschend,
aber ganz von seiner Umgebung abhängig, als schwacher und üppiger Wollust ergebener
Regent; als seine
Waffen
[* 5] gegen Deutsche
[* 6] und
Polen unglücklich waren, ward er 1687 abgesetzt und starb 1692 im Kerker. Unter seiner
Regierung
zeichneten sich die beiden
Großwesire Mohammed und
Achmed Köprüli (s. d.) aus.
esSadock,Bei von
Tunis,
[* 7] geb. 1813, Sohn des
BeisSidi Ahsin, folgte seinem
BruderMohammed Bei, regierte anfangs verständig, machte aber bald große
Schulden, wegen deren er sein Land mit schweren
Steuern
belasten mußte, stellte sich unter türkischen
Schutz, wurde aber von den
Franzosen zur Unterwerfung
unterFrankreichs Oberherrlichkeit gezwungen und starb Ihm folgte sein
BruderSidiAli.
Religion (Mohammedanismus), die von
Mohammed stammende Religionslehre, welche von ihren
Bekennern selbst
Islam, d. h. völlige Hingebung an Gott, genannt wird, beruht auf den im
Koran enthaltenen, für
Offenbarung geltenden
Aussprüchen
des
Stifters. Der echte
Islam ist übrigens zu unterscheiden von den systematisch ausgebildeten und durch
fremde Zusätze entstellten Dogmen der spätern
Sekten.
Mohammed war kein spekulativer
Kopf, und ein förmliches
System seiner
Lehre
[* 8] läßt sich schon darum nicht aufstellen,
weil er sich nicht immer konsequent blieb.
Seine
Lehren
[* 9] sind nur zum geringen Teil original, diejenigen von Gott und seinen
Eigenschaften, vom
Satan,
von der jenseitigen Belohnung und Bestrafung, vom
Weltgericht wesentlich jüdisch; ebenso erhielt er von den
Juden fast seinen
ganzen geschichtlichen
Apparat, und selbst ein großer Teil der Rechtsbestimmungen ist den jüdischen nachgebildet.
Mohammed
hatte den
Juden seiner Zeit fast nichts vorzuwerfen, als daß sie das
nur für eine bestimmte Zeit gegebene
Gesetz für immer festhalten, daß sie infolgedessen weder
Jesus noch ihn selbst als
Propheten anerkennen wollten.
Viel weniger nahm
Mohammed vom
Christentum auf; er verwarf entschieden als abgöttisch und widersinnig
Trinität und
Christologie.
Dagegen entstammen der
Denk- und Anschauungsweise der
alten Araber viele Rechtssätze des
Islam und einige
der wichtigsten rituellen Bestimmungen, z. B. alles, was mit der Pilgerschaft zusammenhängt;
auch seine
Sittenlehre geht wesentlich von der arabischen Auffassung von
Gut und
Böse aus.
Mohammeds eigne Zuthaten sind meist
nur sekundär und bestehen mehr in bewußten oder unbewußten Modifikationen des Empfangenen als in wirklichen
Neuerungen.
Das mohammedanische
Recht stellt das kirchliche
Recht (Ibâdat) an die
Spitze; es ist zunächst
Glaubenslehre und enthält als
solche sechs Hauptsätze. Die beiden ersten sind: »Es ist nur Ein Gott (Gott ist Gott), und
Mohammed ist sein
Prophet«. Nach
Mohammed ist die
OffenbarungGottes in der
Welt eine fortschreitende, und er nimmt sechs
Stufen in derselben
an:
Adam,
Noah,
Abraham,
Moses,
Christus und
Mohammed, welcher als
Kreditiv nicht
Wunder, wie andre
Propheten, erhielt, sondern das
Schwert, um die völlige Überwindung des Unglaubens durchzusetzen. Es bedarf daher ferner keines
Propheten, er ist der letzte
und höchste derselben, daher er Chatem ul enbia
(»Siegel der
Propheten«) genannt wird.
Der dritte Hauptsatz handelt vom
Koran (s. d.), der dem Gläubigen als ein Werk
Gottes gilt und sein beständiger Begleiter
ist. Den vierten Hauptsatz bildet die
Lehre von den
Engeln, die in gute und böse, mit vielen Unterabteilungen, zerfallen.
Hier ist ein Hauptsitz des mohammedanischen
Aberglaubens. Der fünfte Hauptsatz umfaßt den
Glauben an den
unbedingten Ratschluß
Gottes. Derselbe ist wesentlich bedingt durch den Gottesbegriff und dessen alles widerstandslos beherrschende
Macht.
AlleGeschicke des
Menschen, die guten wie die widrigen, sind von vornherein bestimmt. Die praktische
Tendenz der
Lehre erhellt
aus der
Tradition, daßMohammed sie, um den gesunkenen
Mut seiner
Krieger wieder zu beleben, nach der unglücklichen
Schlacht am Ohod geoffenbart habe. Übrigens spricht sich, wo es auf praktische und moralische Vorschriften ankommt,
Mohammed im
Sinn derWillensfreiheit aus, die von spätern Auslegern als
Irade dschuzie, d. h. der winzige kleine
Wille, bezeichnet
wird.
Offenbar ist ihm dieser
Widerspruch nicht zum
Bewußtsein gekommen. Die spätern theologischen
Parteien
haben heftige Streitigkeiten darüber geführt; bei den jetzigen
Moslems herrscht jedenfalls der
Fatalismus, und damit steht
die bekannte
Stabilität der orientalischen
Kultur in engem Zusammenhang. Der sechste Hauptsatz enthält die
Lehre von den letzten
Dingen. Für die, welche im
Kampfe für den
Glauben fallen, wird der
Ausgang ihres irdischen
Lebens der sichere
Eingang in das
Paradies, wo ihrer irdische
Freuden in höchster
Potenz warten.
Zwar verwarf Mohammed die freiwilligen Bußübungen, aber dem alten Herkommen seines Volkes zuliebe blieb
der MonatRamasan in Geltung, während dessen der Moslem, solange die Sonne
[* 14] am Himmel
[* 15] steht, fasten muß. Hinsichtlich des fünften
Gebots, das die Bestimmungen über die Wallfahrten enthält, ist eine Dispensation möglich, insofern man einen Ersatzmann stellt
oder die Kosten für diesen an die Armen verteilt. Nach dem Gesetz soll jeder Moslem wenigstens einmal in
seinem Leben die Kaaba besuchen. In Wirklichkeit aber wird ein solcher Besucher (Hadschi) als Merkwürdigkeit betrachtet.
Neben diesen Geboten existiert eine große Reihe von Verboten, die sich vielfach auf die körperliche Reinheit beziehen, aber
auch das Verbot des Weintrinkens, des Glücksspiels und Lottos (nur das Schachspiel ist erlaubt), des Genusses
von Schweinefleisch und von ersticktem Vieh, des Wuchers, der Wahrsagerei und Anwendung gewisser Zauberformeln. Einen Unterschied
zwischen Staat und Kirche kannte Mohammed nicht; wie der ganze Orient den Staat sich nur als Theokratie denken kann, so regelt
auch der Koran das Staats-, Justiz-, Sanitäts-, Polizeiwesen.
Die Begriffe von Recht und Religion treten durchaus ungeschieden auf; die Juristen sind Theologen und umgekehrt. Die in den Staatsschulen
bei den Moscheen studierenden Jünglinge, welche in der Türkei
[* 16] Softas, anderswo Talebe (»Begierige«, d. h.
nach Wissen) genannt werden, reflektieren sowohl auf geistliche als auf weltliche Ämter und Würden. Der
Padischah oder Großherr zu Konstantinopel
[* 17] ist nicht bloß weltlicher Regent, sondern auch Kalif. In ersterer Beziehung vertritt
ihn der Großwesir, in letzterer, als Glaubensoberhaupt, Nachfolger und Stellvertreter des Propheten, der Großmufti, gewöhnlicher
Scheich ul Islam (»Glaubensältester«) genannt.
Ihm steht die höchste Entscheidung in Glaubenssachen zu, und unter ihm steht die ganze Gilde der Ulemas
oder der zur Kirche und Justiz gehörenden Personen. Das Recht spricht in sehr summarischer Art und ohne Möglichkeit des Appells
der Kadi, ein unbesoldeter, ebendeshalb in der Regel auch durchaus bestechlicher Beamter. Das Strafrecht selbst läßt sich auf
kein Prinzip zurückführen. Jahrelange Kerkerhaft gehört zu den unbekannten Dingen; um so grausamer sind
in den östlichen Islamländern (wie ehedem auch in der Türkei) die körperlichen Strafen.
Die Priestergenossenschaft ergänzt sich aus frei sich heranbildenden Mitgliedern. Der Eintritt in die Gemeinde geschieht durch
die
Beschneidung, die in religiöser Beziehung ganz dasselbe ist, was bei den Christen die Taufe. Sie findet
meist zwischen dem siebenten und achten Jahr statt, kann aber selbst im spätesten Alter nachgeholt werden. Auch die Ehe erhält
einen religiösen Charakter, indem der Vollzug des Ehekontrakts vor dem Imam geschieht. Der Koran hat die Vielweiberei aus den
bestehenden Sitten der Völker, für die er bestimmt war, einfach aufgenommen, aber eben dadurch in die
geheiligtsten Traditionen des Mohammedanismus für immer verwoben: einer der vielen Nachteile der theokratischen Verquickung
des Zivilrechts mit den Glaubensregeln.
Übrigens sind nur vier rechtmäßige Frauen gestattet. Das an den ursprünglichen Kaufvertrag erinnernde Kaufgeld ist jetzt
bei den seßhaften Moslems der Türkei, Persiens, Arabiens und Indiens zur bloßen Formalität geworden. Scheidungen
sind leicht und häufig. Wenn eine Sklavin dem Herrn ein Kind geboren hat, so ist dieser dadurch verbunden, sie bei sich zu
behalten; nach seinem Tod wird sie frei. Kinder folgen durchaus dem Stande der Mutter. Obgleich Mohammed selbst
ein Gegner der orientalischen Askese war, so hat diese dennoch auch im Islam Platz gegriffen. Ausgebildet hat sich ihr System
zu den drei Gelübden der Armut, der Keuschheit und des Gehorsams in den Vereinen der Derwische, und ihre höchste Anstrengung
hat sie in den Büßungen der Fakire entfaltet.
Vgl. van den Berg, De beginselen van het Mohammedaansche
recht, volgens de imâms Aboe Hanêfat en asj-Sjâfê (Batav. 1874);
Der Islam, heute über ein Siebentel des Menschengeschlechts gebietend, war ursprünglich die Religion von
Hirten und Nomaden, paßte sich aber bald jeder geistigen und moralischen Eigentümlichkeit der Einwohner von West- und Zentralasien
[* 18] an. Die schnelle Auffassung der Sinne, das wilde Spiel der glühenden Phantasie, die Gegensätze des scharfen Verstandes und der
Sehnsucht nach dem Übernatürlichen: alles findet hier gleiche Befriedigung. Die Gottesidee ist weniger
sympathisch als die christliche, aber ebenso erhaben und namentlich begreiflicher.
In der That muß als Hauptgrund des schnellen Siegs, den derIslam über so große Ländermassen davontrug, neben der durch
Fanatismus, Eroberungs- und Beutesucht gehobenen Volkskraft der Araber, neben der Größe seiner Staatsmänner und Feldherren
die damalige Verkommenheit des Christentums im Morgenland betrachtet werden. Im Gezänk über die Geheimnisse
der Dreieinigkeit und der NaturChristi war alles christliche Leben erstorben; die Parteien haßten und verfluchten einander und
waren meist willige Werkzeuge
[* 19] des elenden byzantinischen Despotismus. Da traf die Wetterwolke der jugendfrischen, begeisterten
Araber auf das morsche Gebäude; auf seinen Trümmern erhob sich ein neuer Bau.
Die Araber entwickelten sich schnell zu hoher Blüte
[* 20] und überragten bald die Europäer weit an Bildung und Wissenschaftlichkeit;
doch ebenso rasch erstarrte auch die mohammedanische Kultur wieder, sobald die Eroberungen zum Stillstand gebracht waren. Der
Mohammedanismus vermag nicht aus der religiösen Kulturentwickelung in die politische hinüber- und hinaufzuschreiten,
denn er ist noch mehr als der Katholizismus auch der Theorie nach unwandelbar; Neuerung (bida) ist dem Moslem der schwerste Frevel.
Trotzdem konnte er sich bei seiner Verbreitung über so verschiedenartige Völker dem Einfluß der von diesen aus auf ihn
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