1) Christoph Wilhelm, Philolog, geb. zu Weißensee, studierte in Göttingen, ward hier 1785 außerordentlicher, 1794 ordentlicher
Professor der Philosophie und Kustos der Universitätsbibliothek, 1809 an Heynes Stelle Professor der Beredsamkeit, trat 1833 in
den Ruhestand und starb Seine vorzüglichste Arbeit ist die Ausgabe der Oden und Epoden des Horaz
(Leipz. 1800-1801, 2 Bde.). Außerdem
gab er den Homerischen Hymnus auf Ceres (Leipz. 1787), die »Scriptores erotici graeci« (Zweibrück. 1792-94, 4 Bde.),
Heliodors
»Aethiopica« (das. 1799, 2 Bde.)
und mit Tychsen und Heeren die »Bibliothek der alten Litteratur und Kunst« (Götting. 1786-91) heraus.
2) Eilhard, Chemiker, geb. zu Neuende bei Jever, widmete sich seit 1811 in Heidelberg, Paris und
Göttingen dem Studium der Geschichte, Philologie und der orientalischen Sprachen, daneben auch dem der Naturwissenschaften und
der Medizin, seit 1818 aber zu Berlin ausschließlich dem der Chemie. Damals machte er die große und wichtige
Entdeckung des Isomorphismus, welche für Chemie und Mineralogie gleich wichtig wurde. Von Berzelius veranlaßt, setzte er seine
Studien zu Stockholm fort und beschäftigte sich hier besonders mit der künstlichen Darstellung von Mineralien. 1821 zum Professor
der Chemie an der Universität in Berlin berufen, entdeckte er hier den Dimorphismus, und seine Verbesserungen
an dem Reflexionsgoniometer setzten ihn in den Stand, die ungleiche Veränderung der Winkel an den Kristallen durch Wärme zu
beobachten. Die Untersuchungen über die Verbindungen des Benzins und über die Ätherbildung führten ihn zur Aufstellung der
Kontakttheorie. Er starb in Berlin. Sein Hauptwerk ist das »Lehrbuch der Chemie« (Berl. 1829-35, 2 Bde.; 4. Aufl.
1840-1848). Nach seinem Tod erschien noch: »Die vulkanischen Erscheinungen in der Eifel und über die Metamorphie der Gesteine
durch erhöhte Temperatur« (Berl. 1865).
Vgl. Rose, Eilhard Mitscherlich (Berl. 1864).
3) Karl Gustav, Pharmakolog, Bruder des vorigen, geb. zu Jever, habilitierte sich 1834 an der Universität
zu Berlin, wurde 1842 Professor der Arzneimittellehre und starb daselbst. Er schrieb: »Lehrbuch
der Arzneimittellehre« (Berl. 1847-61, 3 Bde.).
(Süden), diejenige der vier Weltgegenden, wo die Sonne und die meisten übrigen Gestirne, von der nördlichen
Halbkugel der Erde aus betrachtet, ihre größte Höhe erreichen. oder Mittagszeit nennt man denjenigen Moment, in welchem der
Mittelpunkt der Sonne in den Meridian eines Ortes eintritt und also die Sonne für diesen Ort kulminiert (s. Kulmination). Man nennt
diesen Mittag bestimmter den wahren Mittag Da aber die Sonne nicht ganz gleichförmig unter den Fixsternen nach O. rückt, so ist die
Zwischenzeit zwischen zwei wahren Mittagen oder der wahre Sonnentag nicht beständig gleich groß.
Man denkt sich daher eine sogen. mittlere Sonne, die in derselben Zeit wie die wahre ihren (scheinbaren) Umlauf unter den Fixsternen
vollendet, sich aber gleichförmig und auf dem Äquator bewegt, und nennt mittlern Mittag die Kulminationszeit dieser mittlern
Sonne. Die Zwischenzeit zwischen zwei mittlern Mittagen heißt der mittlere Sonnentag und bildet die Grundlage
der mittlern oder bürgerlichen Zeit (vgl. Zeit). Der Unterschied zwischen wahrem und mittlerm
Mittag heißt Zeitgleichung (s. d.). Mittagsfläche heißt die Ebene des Meridians, Mittagshöhe die Höhe eines Sterns im Meridian,
Mittagslinie die Durchschnittslinie der Mittagsfläche mit der Ebene des Horizonts, Mittagspunkt oder Südpunkt
der Durchschnittspunkt des Meridians mit dem Horizont, über welchem die Sonne im M. steht.
in der Arithmetik ein Wert, der zwischen andern Werten liegt. Man unterscheidet das arithmetische
Mittel beliebig vieler Zahlen, d. h. die Summe dieser Zahlen, dividiert durch ihre Anzahl; das geometrische oder die mittlere Proportionale
zweier Zahlen, d. h. die Quadratwurzel aus dem Produkt derselben; das harmonische Mittel zweier Zahlen, d. h. das doppelte Produkt
derselben, dividiert durch ihre Summe. Das geometrische Mittel zweier Zahlen ist wieder das geometrische aus
dem harmonischen und dem arithmetischen Mittel derselben; denn es ist 2ab/(a+b) das harmonische, (a+b)/2 das arithmetische
und √(ab) das geometrische aus a und b, und die Quadratwurzel aus den beiden ersten Zahlen gibt wieder √(ab). Das harmonische
ist der kleinste, das arithmetische der größte der drei Mittelwerte zwischen zwei Zahlen. - Mittel im philosophischen
Sinn, s. Zweck.
(lat. Medium aevum, franz. Moyen-âge, engl. Middle-age), der große
Zeitraum der Geschichte, welcher zwischen dem klassischen Altertum und der neuern Zeit liegt, und dessen
Dauer vom Untergang des weströmischen Reichs (476) oder schon vom Beginn der Völkerwanderung (375) an bis zur Entdeckung von
Amerika (1492), wohl auch bis zum Beginn der deutschen Reformation (1517) angenommen wird. Der Name ist als die
Bezeichnung einer Übergangsperiode von der antiken Welt mit ihrer großartigen geistigen Kultur und der Schöpfung des römischen
Weltreichs zu der modernen Kultur und dem jetzigen Staatensystem aufzufassen.
Als allgemeines geschichtliches Merkmal des Mittelalters tritt uns zunächst die beginnende Entwickelung der Germanen und Slawen
in Europa und der morgenländischen Völkerstämme in Asien und Afrika auf den Trümmern der römischen
Macht vor Augen, dort unter dem Geleit des Christentums, hier des Islam, die an die Stelle des untergehenden Heidentums treten.
Die Geschichte der Menschheit erweitert ihren Schauplatz nach Norden und Osten, verlegt aber zugleich ihren Schwerpunkt, indem
nach wechselvollen Kämpfen schließlich der Orient dem religiös-kriegerischen Despotismus der Osmanen erlag,
welcher alles geistige und materielle Leben ertötete, während im Westen, im Abendland, unter dem Einfluß des Christentums
und der erwachenden antiken Kultur aus der romanisierten alten Bevölkerung und den frischen Kernvölkern der Germanen neue
Nationen sich bildeten und eine neue Bildung erwuchs. Dies Eintreten der Germanen in die Geschichte und
die Verschmelzung ihres Volkstums mit den vorgefundenen Formen des Lebens zu neuen
mehr
Schöpfungen nimmt vorzugsweise unser Interesse in Anspruch. In den einzelnen Perioden des Mittelalters treten verschiedene eigentümliche
Richtungen hervor. Die erste Periode, von dem Umsturz des weströmischen Reichs bis zur Teilung der fränkischen Monarchie (843),
zeigt uns noch den gewaltigen Kampf zwischen den alten römischen und den neuen germanischen Elementen des
Lebens, aber auch bereits die Anfänge des mittelalterlichen Staatswesens. Die zwei größten Bildungen, welche hieraus hervorgegangen,
sind das Kaisertum mit dem damit zusammenhängenden Lehnswesen und das Papsttum mit seiner vielgegliederten, mächtigen Hierarchie.
Beide Bildungen gingen von der Idee politischer und kirchlicher Einheit aus. Die bald folgenden Übergriffe der Hierarchie in
das Gebiet des Staats führten aber zu langen, heftigen Kämpfen zwischen Kaisertum und Papsttum, welche den ganzen zweiten
Zeitraum (bis gegen das Ende des 13. Jahrh.) ausfüllen. In diese zweite Periode fallen die bedeutendsten Gestaltungen des
mittelalterlichen Lebens. Aus der Umgestaltung des Heerwesens bildete sich das Ritterwesen, dessen Blüte in
die Zeit der Kreuzzüge, eine der eigentümlichsten Erscheinungen des Mittelalters, fällt.
Schiffahrt und Handel erhielten durch die Kreuzzüge neuen Aufschwung. Der Reichtum, welcher dadurch in die Städte floß, erhöhte
das Selbstgefühl der Bürger, und während dieselben den Bedrückungen der Ritter entgegentraten, erwachte in ihnen, zuerst
in den lombardischen, das Streben nach größerer Freiheit und Selbständigkeit. So trat in den Städten
ein bedeutsames Element neben die feudalistische Aristokratie, und es entstand ein gewisses Gleichgewicht der Gewalt und der
Macht zwischen Königtum, Aristokratie und Volk, welch letzteres indes fast ausschließlich durch die Städte repräsentiert
wurde.
In den letztern herrschte aber ebenfalls noch das aristokratische Element vor, und nur sehr allmählich
errangen sich die Zünfte eine Stimme in den städtischen Angelegenheiten. Es entstanden Städtebündnisse (Hansa), Landfriedensgesetze
und Femgerichte. Mit der fortschreitenden Bildung des Zeitalters begann auch die Kultur der Nationalsprachen, und namentlich
wandte sich das Rittertum der Poesie und dem Gesang (Troubadoure, Minnesänger) zu. Zugleich entstand eine
neue bildende Kunst; namentlich war es die Baukunst, welche am Ausgang dieses Zeitraums in ihrer schönsten Blüte stand.
Die geistige Thätigkeit auf den Gebieten der Religion, Geschichte, Philosophie (Scholastik) der Naturkunde und Mathematik war
auf die Geistlichkeit, namentlich einige Mönchsorden, beschränkt. Alle freiern Regungen unter dem Volk
wurden dagegen von der Hierarchie unterdrückt (Inquisition). In der dritten Periode, bis zu Ende des 15. oder zu Anfang des 16. Jahrh.,
bildeten sich die Nationen als selbständige Individualitäten und ständische Staatsformen zu höherer und allgemeiner Freiheit
aus, und es begann, wie in Frankreich, über den Gegensatz zwischen Aristokratie und Ständen das autokratische
Königtum sich zu erheben. Im allgemeinen sank der überwiegende Einfluß der feudalistischen Aristokratie, und der Bürgerstand
trat in den Vordergrund.
Aus den alten Gewohnheitsrechten entstanden allmählich geschriebene Gesetzbücher, wie der Sachsenspiegel und der Schwabenspiegel,
und mit dem Eindringen des römischen Rechts bildete sich ein ganz neuer Rechtszustand heraus. Die Entdeckung
und immer allgemeiner sich verbreitende Anwendung des Schießpulvers, die Erfindung der
Buchdruckerkunst und die Entdeckung von
Amerika und des Seewegs nach Ostindien trugen wesentlich zu diesen Umwandlungen bei. In der Kirche aber riefen die schreienden
Mißbräuche eine immer mächtiger werdende Opposition hervor, welche endlich in der Reformation ihren Gipfelpunkt
fand, mit der die Neuzeit und die aus der Verschmelzung des Christentums mit dem Wesen der nordischen Völker und den Resten
der alten Bildung hervorgegangene moderne Kultur beginnt. Das griechische Kaisertum kennt kein Mittelalter in dem angegebenen Sinn; im
Orient läßt sich der Zeitraum bis zum Sturz des Kalifats und dem Aufkommen der Osmanen nur entfernt damit
vergleichen.
Selbständige Darstellungen der Geschichte des Mittelalters schrieben unter andern Rühs (Berl. 1816), Rehm
(Marb. 1820-34, 3 Bde.), Tillier (2.
Aufl., Frankf. 1833), Leo (Halle 1830, 2 Bde., und in Bd. 2 seiner
»Universalgeschichte«, 3. Aufl., das.
1851), Kortüm (Bern
1836, 2 Bde.),
H. Rückert (Stuttg. 1853),
Aßmann (2. Aufl., Braunschw. 1875-80, 2 Bde.),
H. Prutz (Berl. 1885 ff.).
Vgl. Chevalier, Repertoire des sources historiques du moyen-âge, Teil 1: »Bio-Bibliographie«
(Par. 1877-83, 4 Bde.);
Osterley ^[richtig: Oesterley], Historisch-geographisches Wörterbuch des deutschen Mittelalters (Gotha
1883);
Ebert, Allgemeine Geschichte der Litteratur im M. (Leipz. 1874-87, 3 Bde.);
Reuter, Geschichte der religiösen Aufklärung im M. (Berl. 1875-77, 2 Bde.);
v. Eicken, Geschichte und System der mittelalterlichen Weltanschauung (Stuttg. 1887);
»Archiv für Litteratur und Kirchengeschichte
des Mittelalters« (hrsg. von Denifle und Ehrle, das. 1885 ff.).