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des kirchlichen
Lebens. Das größte und bedeutendste Mission
sinstitut der katholischen
Kirche stellt die von
Papst
Gregor XV. 1622 gestiftete
Propaganda (s. d.) dar, womit
Urban VIII. 1627 das
Kollegium der
Propaganda verband. Dasselbe leitet das ganze Mission
swerk nach
einem festen
Plan und unter
Aufsicht und Mitwirkung des römischen
Stuhls und stellt sich namentlich die
Aufgabe, der katholischen
Kirche Glaubensboten für alle
Völker aus deren eignen
Jünglingen zu bilden.
Die Mission
sthätigkeit der
Benediktiner, Cistercienster ^[richtig:
Cistercienser],
Prämonstratenser und besonders der Bettelorden,
welche
Afrika,
[* 2]
Nord- und
Südamerika
[* 3] durchzogen, ward im 16. und 17. Jahrh. fast verdunkelt von der der
Jesuiten, die namentlich
in
Südamerika und
China
[* 4] glänzende, nicht bloß äußere Erfolge erzielten. Daneben wirkten noch andre
Kongregationen zum
Zweck der äußern Mission
, so: die
Lazaristen, die
Redemptoristen, die
Dominikaner und
Franziskaner in
Europa,
[* 5]
Asien
[* 6] und
Amerika,
[* 7] die
Kapuziner außerdem noch in
Afrika, die
Kongregation des
Oratoriums auf
Ceylon.
[* 8]
Auch
Weltgeistliche, namentlich in
Frankreich und
Italien,
[* 9] traten in eigne, mehr oder minder mönchisch
organisierte Mission
svereine zusammen;
in neuerer Zeit entstanden außerdem auch unter Laien sogen. Vereine zur Verbreitung des Glaubens, deren Mitglieder sich zu einem bestimmten Beitrag an Geld und einem täglichen Gebet für die Missionäre verpflichten;
die verbreitetsten sind: die 1805 von Coudrin gegründete, 1817 vom Papst bestätigte Picpusgenossenschaft in Paris [* 10] und der Xaverius-Verein, gegründet 1822 in Lyon [* 11] (der Erfinder der fruchtbaren Souskollekte);
die
Leopoldinen-Stiftung
in
Österreich,
[* 12] gegründet 1829 zur Unterstützung der nordamerikanischen Mission;
der Ludwigs-Mission
sverein in
Bayern;
[* 13]
der Verein der heiligen Kindheit;
der Bonifacius-Verein, gegründet vom Grafen Joseph zu Stolberg, [* 14] u. a.
In der russischen
Kirche ist der Mission
strieb besonders seit 1870 neu erwacht, was zunächst zur
Restauration
der großen
Russischen Mission
sgesellschaft führte. In der protestantischen
Kirche haben zuerst
Dissenters,
Herrnhuter, Pietisten,
Methodisten und
Baptisten das Werk begründet, während die
Kirche nur zögernd nachfolgte.
Friedrich IV. von
Dänemark
[* 15] gründete
für seine ostindischen Besitzungen die Mission
zu
Trankebar (1705), wo namentlich
Heinrich Plützschnau,
Bartholomäus
Ziegenbalg und
Christ.
Friedrich
Schwarz (gest. 1798), alle aus dem hallischen Waisenhaus hervorgegangen, wirkten. In
Grönland
arbeitete
Hans
Egede (s. d.) für die Wiederherstellung des
Christentums.
Die Brüdergemeinde sandte ihre ersten Missionäre (Dober und Nitschmann) 1732 nach St. Thomas und erweiterte in den nächstfolgenden Jahren ihre erfolgreiche Missionsthätigkeit über Grönland, Nordamerika, [* 16] Westindien, [* 17] Labrador und Kapland. Einer ihrer verdientesten Missionspatriarchen war David Zeisberger, 1808 nach 63jähriger Thätigkeit unter den Indianern Nordamerikas verstorben. In der reformierten Kirche wurde 1647 von englischen Puritanern eine Gesellschaft zur Ausbreitung des Evangeliums, in deren Dienst sich besonders John Eliot (s. d. 2) auszeichnete, 1701 in London [* 18] die »Gesellschaft zur Fortpflanzung des Evangeliums in fremden Weltteilen« (früher »zur Beförderung der christlichen Erkenntnis«),
1792 ebenda die Baptisten-Missionsgesellschaft und 1795 von Protestanten verschiedener Bekenntnisse, besonders Independenten, die große Londoner Missionsgesellschaft gegründet. Im Gegensatz zu ihr entstand 1800 zu London die kirchliche (Episkopal-) Missionsgesellschaft für die englischen außereuropäischen Besitzungen. Auch die 1804 zu London gegründete große Britische und auswärtige Bibelgesellschaft hat sehr fördernd auf das Werk der Mission eingewirkt.
Die Missionsgesellschaften mehrten sich fortan von Jahr zu Jahr, zersplitterten sich aber auch in demselben Maß unter dem Einfluß des Kirchen- und Sektengeistes. Den ersten Platz nimmt immer noch England ein; ihm reiht sich Nordamerika, dann Deutschland [* 19] an. Die beiden schottischen Kirchen sehen (seit 1824 und 1843) die Mission geradezu als Kirchensache an. Verhältnismäßig weitherzig trat die große Amerikanische Missionsgesellschaft zu Boston [* 20] seit 1810 (Board of foreign missions) auf, neben welcher aber alsbald baptistische, methodistische, bischöfliche und andre Missionsgesellschaften ins Leben traten.
In den Niederlanden findet seit 1797 ein reger Missionsbetrieb statt. In der Schweiz [* 21] entstand 1815 die Baseler Mission, deren Schule gegenwärtig die besuchteste ist, in Deutschland 1823 die Berliner, [* 22] 1828 die Rheinische Missionsgesellschaft mit dem Missionsseminar in Barmen, [* 23] 1836 die Norddeutsche, in demselben Jahr der Geßnersche Missionsverein in Berlin, [* 24] die Dresdener (Leipziger) mit streng lutherischem Charakter, 1844 der Zentralverein in Bayern, gleichfalls ausschließlich konfessionell wie auch die Hermannsburger Mission (1849) des Pastors Harms (s. d. 2). Im Gegensatz hierzu vertritt der 1884 gegründete Allgemeine evangelisch-protestantische Missionsverein eine weitherzige Richtung.
Gegenwärtig existieren im ganzen etwa 107 Missionsgesellschaften, welche jährlich etwa 31 Mill. Mk. (über viermal soviel wie die römische Kirche) aufbringen; davon sind 13 deutsche, 28 englische, 29 nordamerikanische, 11 holländische, 2 französische, je 1 dänische, norwegische, schwedische und finnländische Gesellschaft; die meisten von ihnen suchen auch im Inland religiöse Bestrebungen zu fördern, wozu Traktate, Missionspredigten und Missionsfeste dienen. Was ihre äußere Wirksamkeit betrifft, so geht das Streben der meisten protestantischen Missionsanstalten auf die Bekehrung von Individuen (Seelenrettungen), während den Katholiken vielfach zum Vorwurf gemacht wird, daß sie auf Massenbekehrungen ausgehen und ihre Missionsthätigkeit mit dem Vollzug der Taufe als beendet ansehen.
Der gegenwärtige Stand der protestantischen Missionssache erhellt zunächst aus der Missionsstatistik, welche Grundemann 1885 (auch separat erschienen) in der »Allgemeinen Missionszeitschrift« zusammengestellt hat. Nach diesen Mitteilungen sind auf 2147 Stationen 2690 Missionäre mit 23,346 Gehilfen thätig; Kommunikanten werden 600,231 gezählt, Christen überhaupt 2,024,701, Schüler 645,886. Die jährliche Gesamtausgabe ist auf 30,151,698 Mk. veranschlagt.
Von den Missionären hat England 1271, Deutschland mit der Schweiz 529, Amerika 663, Holland 61, Frankreich 32 und der Norden [* 25] (Dänemark, Norwegen, [* 26] Schweden und Finnland) 45, die englischen Kolonien 63 ausgesendet, außerdem bestehen 18 unabhängige. Für evangelische Missionszwecke versenden: England rund 17,500,000 Mk., Amerika 8,470,000 Mk., Deutschland mit der Schweiz 2,720,000 Mk., Holland 518,000 Mk., der Norden 460,000 Mk. und Frankreich 326,000 Mk. Von den Bekehrten kommen auf Asien 752,176;
hiervon fallen 229,135 auf Vorderindien, 150,649 auf Hinterindien [* 27] und den Indischen Archipel, 20,684 auf China und 25,614 auf die Türkei [* 28] und Ägypten. [* 29]
Dann folgt Afrika mit 575,994 Bekehrten und zwar 283,204 auf Madagaskar, [* 30] bez. ¶
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in Ostafrika, 124,208 in Südafrika [* 32] und 60,640 in Westafrika. Amerika wird mit 352,033 aufgeführt, wovon auf Westindien 308,260 und auf Nordamerika 43,723 fallen. Den Schluß bildet Polynesien nebst Australien [* 33] mit 280,648.
Diese Erfolge stehen nun allerdings in keinem Verhältnis zu der enormen Zahl von Arbeitskräften und Geldmitteln, die darauf verwendet werden. Insonderheit stellen das mohammedanische Asien und Amerika einen ziemlich unfruchtbaren Boden dar; sogar in Ostindien, [* 34] wo alle möglichen Missionen sich in Bekämpfung einer uralten Kulturreligion den Rang ablaufen wollen, sind die Erfolge bis jetzt noch fraglos klein. Wohlthätig hat die Mission fast überall da gewirkt, wo sie tiefer stehenden Völkern zugleich mit einer überlegenen Bildung nahen konnte, so besonders bei den Negern, Hottentoten und Kaffern.
Auf Madagaskar hat die Mission trotz mehrfacher Verfolgungen immer wieder festen Fuß gefaßt. Auf der Westküste Afrikas ist der Erfolg der englischen, amerikanischen und deutschen Missionen fortwährend im Steigen begriffen. Ebenso hat die Mission auf den nordöstlichen Inseln, besonders den Gesellschafts-, Sandwich-, Freundschafts- und Markesasinseln, namhafte Erfolge errungen. Nur dürftige Erfolge weist dagegen die Mission unter den Juden auf, welche in neuerer Zeit besonders von England aus betrieben wird.
Vgl. Henrion, Allgemeine Geschichte der Missionen (a. d. Franz., Schaffh. 1847-52, 4 Bde.);
Kalkar, Geschichte der christlichen Mission unter den Heiden (deutsch von Michelsen, Gütersl. 1879-81, 2 Bde.);
Wiggers, Geschichte der evangelischen Mission (Gotha [* 35] 1845-46, 2 Bde.);
Vormbaum, Die Missionsgeschichte in Biographien (Elberf. 1864 ff., 5 Bde.);
Burkhardt, Kleine Missionsbibliothek (2. Aufl. von Grundemann, Bielef. 1876-81, 4 Bde.);
Plitt, Geschichte der lutherischen Mission (Erlang. 1871);
Buß, Die christliche Mission, ihre prinzipielle Berechtigung und praktische Durchführung (Leid. 1876);
Christlieb, Der gegenwärtige Stand der evangelischen Heidenmission (Gütersl. 1880);
Gundert, Die evangelische Mission (2. Aufl., Kalw 1886);
Warneck, Abriß einer Geschichte der protestantischen Mission (2. Aufl., Leipz. 1883);
Grundemann, Missionsatlas (Gotha 1867-71, 72 Karten) und Kleiner Missionsatlas (Kalw 1884, 12 Karten).
Zeitschriften: »Evangelisches Missionsmagazin« (Basel, [* 36] seit 1816);
Warnecks »Allgemeine Missionszeitschrift« (Gütersl., seit 1874);
»Zeitschrift für Missionskunde etc.« (Berl., seit 1887).