und den Nachbarstämmen entscheidet eine allgemeine Volksversammlung. Als Richtschnur im sozialen Leben gelten bei den Mirediten die
Kanuni Lek Dukadschinit genannten, bereits 400 Jahre alten Gesetze, deren Verletzung durch Viehkonfiskation bestraft wird, da
Vieh bei Mangel an barem Gelde das allgemeine Tauschmittel ist. Daher gelten die auch als berüchtigte
Vieh- und Pferdediebe. Diebstahl außerhalb des eignen Gebiets ist straflos. Mord wird jedoch nicht, wie die übrigen Verbrechen,
von den Gemeindeältesten abgeurteilt, sondern die Rache dafür gehört nach der unter allen Albanesen festgewurzelten Ansicht
lediglich der beleidigten Familie, und das Verhältnis der Blutrache tritt ein, welche bei den Mirediten streng
gehandhabt wird.
Gewöhnliche Prozesse kommen vor einem Schiedsgericht zur Entscheidung; Wucher und Zinsen sind bei den Mirediten unbekannt. Ihre Beschäftigung
sind durchweg Ackerbau und Viehzucht. Fleisch wird wenig genossen, und die Nahrung des kräftigen Volkes besteht meist aus Reis,
Käse, Milch und Brot. Mais und Weizen werden eingeführt. Im südlichen Teil des Landes wird starker Weinbau
betrieben. Das Leben der oft über 100 Köpfe zählenden Familien, die meist abgeschlossen in ihren Bergen leben, verläuft patriarchalisch;
alle Mitglieder erkennen den Großvater als Oberhaupt an, der die ganze Gewalt bis zu seinem Tod führt.
Auch nach dem Tode des Vaters bleiben die Brüder beisammen, und nur solche, die Geistliche werden, treten
aus. Die Keuschheit der Frauen wird hoch geachtet. Die Tracht der ist die mittelalbanesische: langer weißer Flanellrock (Dolama),
weiße Schaffellmütze, leinene Hosen. Im breiten Gürtel stecken Pistolen und Pfeife;
Waffe ist die lange, sorgfältig gepflegte
Flinte.
Berühmt sind die Tapferkeit und Kühnheit der Mirediten, aber auch ihr Fanatismus, ihre Heftigkeit, Rachsüchtigkeit
und ihr Diebssinn. Im Krieg stehen sie auf dem Ehrenposten des rechten Flügels. Der katholischen Religion sind die Mirediten sehr ergeben,
aber nur äußerlich. Von der Moral des Christentums haben sie nur eine schwache Idee, dagegen beobachten sie sehr
streng alle Äußerlichkeiten, wie Fasten und Prozessionen. Die Wohnungen dieses Völkchens sind armselige Hütten aus Stein,
seltener aus Holz, Stroh oder Flechtwerk gebaut, und enthalten meist nur eine oder zwei Stuben ohne Möbel. Als Betten dienen Matten,
Kissen und Strohsäcke, als Tisch ein Stein. Einen Herd gibt es nicht, und der Rauch zieht aus dem Haus, wo
er kann.
(spr. mīrpŏa), Stadt im franz. Departement Ariége, Arrondissement Pamiers, am Lers, mit schöner Brücke, alter
Kirche und Resten eines Schlosses, (1881) 3022 Einw., Tuchfabrikation, Wollspinnerei,
Getreide- und Viehhandel und Collège.
(spr. -ǟs), Jules, franz. Bankier, geb. zu Bordeaux von jüdischen Eltern, ging 1842 nach Paris, wo
er sich bald an ausgedehnten gewinnreichen Finanzunternehmungen beteiligte. Um 1849 ward er Eigentümer des »Journal des chemins
de fer«, sodann des »Pays«, beteiligte sich bei einer Anleihe der Stadt Paris, gründete 1850 die »Caisse
d'actionnaires réunis« und kaufte den »Constitutionnel«. In Marseille, wo er sich sodann niederließ, kaufte er bedeutende
Ländereien und Bergwerke in Südfrankreich. 1856 schloß er mit der päpstlichen Regierung einen Vertrag über den Bau von Eisenbahnen
ab, 1857 übernahm er die spanische Anleihe von 300 Mill. Realen und gründete den spanischen Crédit mobilier. 1860 einigte
er sich auch mit
der Pforte wegen einer Staatsanleihe. Ende 1861 ward er wegen unregelmäßiger Geschäftsgebarung zu Gefängnis
verurteilt, auf eingelegte Berufung hin jedoch freigesprochen. Er starb in Villemare bei Marseille.
(spr. -bell), Stadt im franz. Departement Ain, Arrondissement Trévoux, nahe am Rhône und an der Eisenbahn Lyon-Vesoul
gelegen, mit einem alten Schloß, zahlreichen Villen, Fabriken und Werkstätten der Lyoner Seidenindustrie
und (1881) 2180 Einw.
Stadt im russ. Gouvernement Kursk, am Psiol (Nebenfluß des Dnjepr), hat (1885) 10,754 Einw. und lebhaften
Handel mit Leder, Schuhmacherwaren, Cerealien, Salz, Fischen und Teer.
Flecken im Großherzogtum Mecklenburg-Strelitz, Kreis Stargard, am gleichnamigen See, durch
den der Havelkanal führt, hat eine evang. Kirche mit der großherzoglichen Gruft, ein Schloß, ein Schullehrerseminar, ein
Amtsgericht, eine Oberförsterei, ein Dampfsägewerk und (1885) 1783 evang.
Einwohner. Mirow war seit 1227 eine Johanniterkomturei.
Hauptort des gleichnamigen Distrikts in der Division Benares der britisch-ind. Nordwestprovinzen, an der Gangesthalbahn,
mit (1881) 56,378 Einw., nach Bombay und Kalkutta der bedeutendste indische Markt für Getreide, Baumwolle
u. Farbewaren.
eine aus mehreren verschiedenen Sprachen zu ungefähr gleichen Teilen gemischte Sprache,
wovon die englische, ein Gemisch aus Angelsächsisch und normännischem Französisch, das klassische Beispiel ist. Doch erstreckt
sich, wie zuerst Max Müller gezeigt hat, eine solche Mischung fast immer nur auf den Wortschatz, nicht auf die Grammatik, daher
z. B. im Englischen der größere Teil der Wörter aus dem Französischen und Lateinischen stammt, fast alle
grammatischen Endungen aber germanisch sind, weshalb die Sprache ein ganz überwiegend germanisches Gepräge hat.
Andre Mischsprachen sind: das Pehlewi oder Mittelpersische, ein semitischer Dialekt mit starken iranischen Beimischungen, und
das Neupersische, bei welchem das umgekehrte Verhältnis stattfindet;
die Kawisprache auf der Insel Java,
eine malaiische Sprache mit sehr vielen Fremdwörtern aus dem Sanskrit;
der englische »Slang«, d. h. die dortige Gaunersprache,
die aus Englisch, Zigeunerisch, der Lingua franca des Mittelmeers und andern Bestandteilen bunt gemischt ist;
das
mehr
Singhalesische oder Elu auf der Insel Ceylon, ein Gemisch aus arischen (indogermanischen) und vielleicht drawidischen Bestandteilen
mit der Ursprache der Insel, u. a.