mehr
Charakteristik an, daß er in der Darstellung einer holländischen Wohnstube mit zwei Figuren in der Tracht des 17. Jahrh. (holländisches Genre, 1882) den besten niederländischen Genremalern gleichkam. Am meisten erinnert dieses Bild an Pieter de Hoogh und van der Meer von Delft, nur daß Meyer statt des goldigen, warmen Tons des erstern mehr einen kühlen, dämmerigen Silberton bevorzugt. Ein zweiter Schritt auf dem Gebiet der Interieurmalerei: aus dem Beghinenkloster (1883), brachte ihm auf der Münchener internationalen Kunstausstellung die große goldene Medaille ein. Auch auf diesem Bild fesseln besonders die außerordentliche Wahrheit der Charakteristik und die überaus subtile malerische Wiedergabe des kühlen Lichts. Er malte ferner: im Quartier, die Klosterschüler, die Kannegießer und seit 1883: musizierende Klosterfrauen, Rauchkollegium, die Würfler (1886, Berliner [* 2] Nationalgalerie), der Raucher. Er besitzt auch die große goldene Medaille der Berliner Ausstellung.
Politiker, Volkswirte, Reisende.
16) Joseph, Industrieller, Publizist und Verlagsbuchhändler, Gründer des »Bibliographischen Instituts«, geb. zu Gotha, [* 3] wo sein Vater das Schuhmachergeschäft betrieb, trat 1809 in einem Kolonialwarengeschäft zu Frankfurt [* 4] a. M. in die Lehre, [* 5] nach deren Beendigung er 1813 ins Vaterhaus zurückkehrte, um die merkantile Leitung des inzwischen zu einer fabrikmäßigen Ausdehnung [* 6] gediehenen väterlichen Geschäfts zu übernehmen. Da ihm jedoch dieser Wirkungskreis zu eng ward, wanderte er 1816 nach London, [* 7] wo er anfänglich in einem Handelshaus eine Stellung einnahm, bald aber dem Spekulationsgeschäft für eigne Rechnung oblag.
Nach drei Jahren einer bewegten kaufmännischen Karriere brachten ihn widrige Konjunkturen in Schulden, aus welchen ihn der Vater mit Aufopferung seines Vermögens befreite. Eine auf den Gütern der Herren v. Boyneburg von Meyer gegründete »Gewerbs- und Hilfsanstalt«, welche der dort ansässigen verarmten Weberbevölkerung neue Erwerbsquellen öffnen sollte, ging schon nach drei Jahren durch die Ungunst äußerer Umstände zu Grunde. Meyer kehrte daher nach dem Tod seines Vaters nach Gotha zurück und gab hier ein »Korrespondenzblatt für Kaufleute« heraus, das rasch Verbreitung fand und ihn auf die Bahn litterarischer Unternehmungen führte. Es folgte nun im Henningsschen Verlag zu Gotha seine Bearbeitung von Shakespeare (doch nur »Macbeth«, »Othello« und »Der Sturm« sind aus seiner Feder),
und zugleich begann er eine Übersetzung Scottscher Romane (»Waverley« und »Ivanhoe«) in einer bis dahin ungewohnt billigen Ausgabe. In eignem Verlag erschienen 1825 die englische belletristische Zeitschrift »Meyer's British Chronicle« und ein »Handbuch für Kaufleute«. Mit diesen Unternehmungen hatte Meyer dem lieferungsweisen Erscheinen größerer Werke und somit dem Subskriptionswesen, einer in Deutschland [* 8] noch unbekannten buchhändlerischen Vertriebsmethode, so erfolgreich Bahn gebrochen, daß er die Idee faßte, ein großes Verlagsgeschäft auf diesen Prinzipien zu begründen. So entstand das Bibliographische Institut, aus dessen Pressen zunächst vier verschiedene Ausgaben der ältern deutschen Klassiker in geschickter Auswahl hervorgingen und in Hunderttausenden von Exemplaren abgesetzt wurden. Im Herbst 1828 siedelte Meyer mit seinem Geschäft nach Hildburghausen [* 9] über, das fortan sein Wohnsitz blieb.
Das bewegungsvolle Jahr 1830 rief ihn, der an den öffentlichen Angelegenheiten den regsten Anteil nahm, auf das politische Gebiet. Zwar wurde das von ihm gegründete politische Blatt [* 10] »Der Volksfreund« wegen seiner freisinnigen Ansichten bald unterdrückt; aber er schuf sich sogleich ein andres Organ, welches durch die Kühnheit, Kraft [* 11] und Originalität seiner Darstellung weltbekannt geworden ist, das Bilderwerk »Universum«. Das Werk zählte in den 30er Jahren über 80,000 Abonnenten und erschien zeitweilig in zwölf Sprachen.
Zensur und Verbote schmälerten wohl den Absatz, vermochten aber nicht den Geist des Werkes mit den herrschenden Staatsmaximen in Einklang zu bringen. Von den zahlreichen Unternehmungen des Bibliographischen Instituts, die alle Meyers Wahlspruch: »Bildung macht frei!« folgten, sind zu nennen: Ausgaben der griechischen und römischen Autoren (unvollendet),
die verschiedensten Ausgaben der Bibel, [* 12] die Meyer in Millionen von Exemplaren verbreitete, der »Familientempel«, ein Andachtsbuch, die »Bibliothek der Kanzelberedsamkeit«, die neuen und erweiterten Ausgaben der deutschen Klassiker (»Familienbibliothek«, »Groschenbibliothek«, »Nationalbibliothek«),
die »Volksbibliothek für Naturkunde«, die »Geschichtsbibliothek« und das »Große Konversations-Lexikon« in 52 starken Oktavbänden mit Tausenden von Bildern und Karten. Daran schlossen sich mehrere geographische Werke, größere und kleinere Kartensammlungen und ein reichhaltiger Kunstverlag, welcher klassische Kunstwerke, durch namhafte Stecher, wie Amsler, Barth, Fr. Müller, Felsing, Lorrichon, Krüger, Neureuther, Rahl, Schuler, Wagner u. a., vervielfältigt, ebenso zum Gemeingut machen sollte, wie es Meyer mit den klassischen Schriftwerken gelungen war.
Ende der 30er Jahre, mit dem ersten Erwachen des Interesses am Eisenbahnbau [* 13] in Deutschland, erfaßte er die Idee eines »zentraldeutschen Eisenbahnnetzes«, welche auch 1837 durch Aktienzeichnung realisiert wurde, aber an der Konzessionsverweigerung einer der beteiligten Regierungen (Hannover) [* 14] scheiterte. Einmal der industriellen Thätigkeit zugewandt, strebte Meyer durch Aufdecken von Mineralschätzen im Bereich seines Heimatslandes dessen gesunkene Industrie neu zu beleben, und es gelang seiner Energie und Ausdauer, durch langwierige und kostspielige Versuche reichhaltige Steinkohlen- und Braunkohlenwerke, Eisen-, Kupfer- und Silberminen, Kobalt- und Nickelgruben etc. nachzuweisen und zu erwerben.
Übergroße Anstrengungen warfen ihn 1842 auf ein langwährendes schweres Krankenlager, von dem er nur erstand, um ein neues großartiges Unternehmen ins Leben zu rufen, das ihm von dem patriotischen Gedanken eingegeben ward, die deutsche Eisenindustrie von der damals allein mächtigen Fremdherrschaft zu emanzipieren und sein engeres Vaterland, Thüringen, zum Sitz und Ausgangspunkt dieser Industrieblüte zu machen. Reichlich vorbereitet und mit allen Faktoren zur Ausführung dieser Absicht in der Hand, [* 15] trat er 1845 mit seinem Plan der Neuhäuser Deutschen Eisenbahnschienenkompanie an die Öffentlichkeit und begann, auf patriotische Unterstützung und seinen Genius vertrauend, den Bau der Neuhäuser Eisen- und Kohlenwerke. Die Revolution von 1848 aber brachte das halbfertige Unternehmen ins Stocken. Trotz der materiellen Nachteile, die sie ihm zufügte, fand die deutsche Erhebung als einen ihrer begeistertsten Anhänger, wie er es denn war, der zuerst die Wünsche des Volkes in einer »Reformadresse« an den Landesfürsten formulierte. Die darauf folgenden Jahre der Reaktion fanden auch ihn unter den Verfolgten, und ein Preßvergehen hatte er im Gefängnis zu büßen. ¶
mehr
Damals griff er den Plan der Werraeisenbahn auf, dessen Ausführung zu dem Gedeihen oben erwähnter Pläne in engster Beziehung stand. Es gelang ihm auch, die Mittel zu seiner Ausführung zu finden, als im entscheidenden Moment der Plan selbst seinen Händen entwunden ward, um von andern ausgeführt zu werden. Schon längere Zeit schlagflußähnlichen Anfällen ausgesetzt, erlag er einem solchen Es lag in der Natur dieses weitblickenden Geistes, im Erkennen wirtschaftlicher Keime seiner Zeit um ein Menschenalter voraus zu sein; daher das augenblickliche Mißlingen der Mehrzahl seiner industriellen Unternehmungen, während im großen und ganzen seine grundlegenden Ideen von einer spätern Zeit thatsächlich zur Ausführung gebracht worden sind. Parteihaß, Mißgunst und Unverstand haben selbst den Toten mit Verunglimpfungen nicht verschont; aber seine geniale Begabung, seine unerschöpfliche Thatkraft hat niemand zu leugnen vermocht. Sein Charakter als Mensch war ohne Makel. Das umfangreiche Verlagsgeschäft wurde mit allen Geschäftszweigen von Meyers einzigem Sohn, Hermann Julius, dem Herausgeber des vorliegenden Werkes, 1874 nach Leipzig [* 17] verlegt.
17) Bernhard, Ritter von, ultramontaner Politiker, geb. zu Sursee im Kanton Luzern, [* 18] studierte erst in seiner Heimat, dann 1832-1835 in Deutschland und Frankreich Philosophie und die Rechte, wurde 1836 zweiter Staatsschreiber in Luzern [* 19] und trat in der politischen Bewegung erst als Liberaler auf, ging aber allmählich ins Jesuitenlager über. Die ultramontane Partei wählte ihn 1841 zum ersten Staatsschreiber des Kantons, den er fortan auch auf der Tagsatzung vertrat.
Mit Siegwart Müller an der Spitze der »Religionsfreunde« stehend, sprach er zwar gegen die Berufung der Jesuiten nach Luzern, war aber einer der Gründer des Sonderbundes und wurde 1847 nach Wien [* 20] gesandt, um Waffen [* 21] und Geld für denselben zu erlangen und bei Metternich die Intervention der Mächte zu betreiben. Nach Niederwerfung des Bundes 1847 flüchtete er nach Wien, 1848 nach München, [* 22] von wo er 1851 nach Österreich [* 23] berufen und Sektionsrat im Ministerium des Innern unter Bach wurde.
An den Verfassungsarbeiten des letztern und dem Konkordat hatte er einen bedeutenden Anteil und war Preßleiter. Unter Schmerling ward er in die innere Verwaltung versetzt, von Belcredi aber zum Vorstand des Präsidialbüreaus und Protokollführer der Ministerkonferenz ernannt. Er verfaßte die meisten Thronreden und Manifeste. Unter Beust ließ er sich pensionieren. Er starb Sein Sohn gab nach seinem Tod seine »Erlebnisse« (Wien 1875, 2 Bde.) heraus, deren erster Band [* 24] über den Sonderbundskrieg interessantes Material enthält.
18) Wilhelm Leutold von, preuß. Abgeordneter, gewöhnlich Meyer-Arnswalde genannt, geb. zu Berlin, [* 25] studierte in Halle, [* 26] Bonn [* 27] und Berlin Jura und Cameralia, trat dann in den Staatsdienst und wurde 1846 Landrat des Kreises Arnswalde, in dem sein Rittergut Helpe liegt. 1865 wurde er geadelt. Schon 1849 war er Mitglied der Zweiten Kammer, 1849-53 des Abgeordnetenhauses, dem er 1870-73 und dann wieder seit 1876 angehörte. Er schloß sich der konservativen Partei an, deren Grundsätze er mit Mut und Gewandtheit gerade in den Zeiten, wo die liberale Partei die Mehrheit hatte, vertrat, während er sich auch der Regierung gegenüber die Unabhängigkeit seines Urteils entschieden wahrte.
19) Alexander, Nationalökonom und Publizist, geb. zu Berlin, studierte daselbst die Rechte und widmete sich der journalistischen Laufbahn. Er war 1866-71 Sekretär [* 28] der Handelskammer in Breslau, [* 29] hierauf bis 1876 Generalsekretär des deutschen Handelstags in Berlin und dann bis 1879 Chefredakteur der »Schlesischen Presse« [* 30] in Breslau. Er lebt wieder in Berlin. Seit 1876 ist er Mitglied des preußischen Abgeordnetenhauses, seit 1881 des Reichstags, wo er anfänglich der nationalliberalen Partei, nach der Sezession der deutschen freisinnigen Partei angehörte.
20) Rudolf Hermann, volkswirtschaftl. Schriftsteller, geb. in der Provinz Brandenburg, [* 31] studierte seit 1858 in Berlin Geschichte, Nationalökonomie und Technologie, arbeitete unter H. Wageners Leitung in der konservativen Presse seit 1867 auf dem Gebiet der Sozialpolitik und trat mit Rodbertus in intime Beziehungen, dessen Briefe an ihn er herausgab (Berl. 1880-81, 2 Bde.). Seit 1870 journalistisch, zuletzt als Redakteur der »Berliner Revue«, thätig, schloß er sich später der konservativen Opposition gegen den Fürsten Bismarck an und ging, wegen Beleidigung des letztern und der Minister Camphausen und Falk in seiner Schrift »Politische Gründer und die Korruption in Deutschland« (Leipz. 1877) zu Gefängnisstrafe verurteilt, ins Ausland. Er schrieb noch: »Der Emanzipationskampf des vierten Standes« (Berl. 1872-74, 2 Bde. Bd. 1, 2. Aufl. 1882),
eine Geschichte des Sozialismus und Kommunismus in Europa; [* 32]
»Die deutschen Banken« (das. 1872-75);
»Ursachen der amerikanischen Konkurrenz« (das. 1883);
»Heimstätten- und andre Wirtschaftsgesetze der Vereinigten Staaten [* 33] von Amerika [* 34] etc.« (das. 1883);
»La crise internationale de l'industrie et de l'agriculture« (das. 1885) u. a.
21) Hans, Reisender, Enkel von Meyer 16),
geb. zu Hildburghausen, studierte Staatswissenschaften in Leipzig, Berlin und Straßburg, [* 35] wo er mit einer größern Arbeit: »Die Straßburger Goldschmiedezunft von ihrem Entstehen bis 1681« (in Schmollers »Staats- und sozialwissenschaftlichen Forschungen«, Leipz. 1881), promovierte, und trat 1884 als Teilhaber in das väterliche Verlagsgeschäft, das Bibliographische Institut in Leipzig, ein. Er hatte zuvor eine zweijährige Reise nach Indien, dem Sunda-Archipel, Ostasien, Amerika zurückgelegt und insbesondere längere Zeit zu ethnologischen Forschungen über die Igorroten [* 36] auf den Philippinen verweilt, deren Ergebnisse er in dem illustrierten Buch »Eine Weltreise« (Leipz. 1884) mitteilte. Im Dezember 1886 begab er sich nach Südafrika, [* 37] bereiste das Kapland, Transvaal, Natal und im Sommer 1887 das Gebiet der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft. Von Mombassa zog Meyer über die Landschaft Teita zum Kilima Ndscharo, den er als erster bis nahe zum Gipfel des eisbedeckten Kibo (5700 m) erstieg, dann reiste er durch die Savannen südlich vom Kilima Ndscharo zum Panganistrom und an diesem entlang bis zur Küste. Später bereiste er das Stromthal des Kingani und die Landschaft Usaramo.