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Württemberg angekauft wurde. Jetzt gehören der
Familie Metternich
die Herrschaften
Königswart und Plaß in
Böhmen,
[* 2] die Herrschaft
Kojetein in
Mähren und die übrigen Allodialgüter, am
Rhein die
Güter
Gramme, Bornbach, Oberehe, Reinhardsstein und
Johannisberg
und am
Bodensee das
Gut Hersberg. Die namhaftesten
Glieder
[* 3] des
Geschlechts sind:
1) Franz Georg Karl, Fürst von, geb. zu Koblenz, [* 4] ward schon 1768 mit einer politischen Mission nach Wien [* 5] betraut und hier durch Kaunitz' Einfluß zum ständigen trierschen Gesandten ernannt, war 1790 Wahlbotschafter bei der Wahl und Krönung Leopolds II., 1791-94 dirigierender Minister in den Niederlanden, dann österreichischer Prinzipalkommissarius bei dem Rastatter Kongreß und, nachdem er 1803 die reichsfürstliche Würde erhalten, 1810 für seinen Sohn stellvertretender Minister des Auswärtigen. Er starb
2) Klemens Lothar Wenzel, Fürst von, österreich. Staatsmann, Sohn des vorigen, geb. zu Koblenz, machte seine Studien 1788 bis 1790 zu Straßburg [* 6] und, nachdem er im Oktober 1790 bei der Krönung Leopolds II. als Zeremonienmeister des katholischen Teils des westfälischen Grafenkollegiums fungiert, noch bis 1794 zu Mainz. [* 7] 1795 vermählte er sich mit der Gräfin Eleonore Kaunitz, einer Enkelin des großen Staatskanzlers, wodurch er ansehnlichen Güterbesitz erwarb.
Seine diplomatische Laufbahn eröffnete er 1797 beim Rastatter Friedenskongreß als Gesandter des westfälischen Grafenkollegiums. 1801 ward er kaiserlicher Gesandter am kursächsischen Hof [* 8] in Dresden [* 9] und im Winter 1803 zu Berlin, [* 10] wo er während des dritten Koalitionskriegs gegen Frankreich den Allianzvertrag zwischen Österreich, [* 11] Preußen [* 12] und Rußland unterschrieb. Seit 1806 Gesandter in Paris, [* 13] erwirkte er in dem Vertrag von Fontainebleau eine für Österreich günstige Ausführung des Preßburger Friedens.
Bei
Ausbruch des
Kriegs von 1809 wurde er von
Napoleon zurückgehalten und erst 2. Juli an die österreichischen
Vorposten ausgeliefert.
Nach der unglücklichen
Schlacht bei
Wagram
[* 14] ward er vom
Kaiser Franz erst provisorisch, bald (8. Okt.) aber
definitiv an
Stadions
Stelle mit dem
Auswärtigen
Ministerium betraut, das er über 38 Jahre unausgesetzt verwalten sollte. Man
erwartete damals nicht viel von ihm; er galt für einen Vertreter der französischen
Partei in
Österreich, war es aber nur
insofern, als er es geraten fand, sich im Einvernehmen mit
Frankreich zu halten, dadurch ein russisch-französisches
Bündnis zu verhindern und
Österreichs von diesen beiden Mächten umworbene
Stellung nach Möglichkeit für seine Vergrößerung
auszunutzen. Deutschnationale
Gefühle waren dem frivolen
Diplomaten fremd; aber gerade das erleichterte ihm seine neutrale,
vermittelnde
Haltung, namentlich nach der
Katastrophe von 1812. Unberührt von dem nationalen Aufschwung des
Jahrs
1813, hielt er nach dem mißlungenen Frühjahrsfeldzug der Alliierten seine Zeit gekommen, um die
Kraft
[* 15]
Österreichs in die
Wagschale zu werfen und einen für dieses günstigen
Frieden zwischen den geschwächten Gegnern zu vermitteln. Nachdem nach
einer Zusammenkunft Metternichs
mit dem
Kaiser
Alexander I. zu
Opotschna an der schlesisch-böhmischen
Grenze Anfang
Juni 1813 die Verbündeten die Vermittelung
Österreichs angenommen hatten, begab sich Metternich
nach
Dresden zu
Napoleon I., mit
dem er 28. Juni die
denkwürdige Unterredung hatte, in der
Napoleon
Österreich und Metternich
mit Schmähungen überhäufte, und aus der Metternich erkannte,
daß
Napoleon in seinem verblendeten Übermut selbst die österreichischen Friedensbedingungen, die ihm
das französische Kaiserreich ohne
Illyrien,
Italien
[* 16] und den
Rheinbund ließen, nicht annehmen würde. Mit meisterhaftem
Geschick
erreichte er es aber, daß die Verbündeten, um
Österreich zu gewinnen, ihm die weitgehendsten Zugeständnisse machten und
er selbst, als
Österreich 11. Aug. an
Frankreich den
Krieg erklärte und sich in der
Quadrupelallianz 9. Sept. den
Alliierten anschloß, die einflußreichste
Rolle im
Rate der letztern spielen konnte. In der Absicht,
Frankreich nicht völlig
zu
Baden
[* 17] zu werfen, vor allem aber
Preußen nicht zu mächtig werden zu lassen, durchkreuzte er durch den
Vertrag von
Ried 8. Okt. mit
Bayern
[* 18]
Preußens
[* 19] deutsche
Politik und hinderte durch immer erneute Anknüpfung von Friedensverhandlungen
stets die energische Ausbeutung der von
Preußen und Rußland errungenen kriegerischen Erfolge. Er behielt durch seine Geschicklichkeit
immer die
Fäden der
Politik in der
Hand
[* 20] und verschaffte
Österreich einen im
Vergleich zu seinen Leistungen übermäßigen Einfluß
auf die
Dinge.
Daher hatte Metternich
seine
Erhebung in den erblichen Fürstenstand und die
Schenkung
des
Johannisbergs um
Kaiser Franz wohlverdient.
Ihm wurden von den Verbündeten die
Verhandlungen mit dem
Grafen von
Artois
übertragen, die er, nachdem der
Graf in
Nancy
[* 21] eingetroffen
war, von
Dijon
[* 22] aus leitete. Im
Namen der verbündeten Mächte unterzeichnete Metternich
in
Paris die mit
Napoleon
I. zu
Fontainebleau getroffene Übereinkunft sowie den
Frieden vom 30. Mai. Darauf begab er sich mit den
Ministern
Preußens und
Rußlands nach
England, wo er von der
Oxforder
Universität die Doktorwürde empfing und 29. Juni eine neue
Quadrupelallianz abschloß,
und führte auf dem
Wiener Kongreß den Vorsitz.
Hier übte er inmitten der sich bekämpfenden und durchkreuzenden Interessen einen herrschenden Einfluß aus, verschaffte Österreich nicht nur eine bedeutende Vergrößerung und eine abgerundete Grenze, sondern auch die Herrschaft über das zerstückelte Italien und das durch die Errichtung des Deutschen Bundes mehr gelähmte als gekräftigte Deutschland [* 23] und begründete das auf dynastischen Interessen beruhende europäische Staatensystem, welches aufrecht zu erhalten fortan sein Streben war.
Dabei versäumte er nicht, seinen Privatvorteil wahrzunehmen, und erhielt von fremden Mächten reiche
Geschenke, von Rußland
eine
Pension sowie nach der zweiten Vertreibung
Napoleons und dem
Abschluß des zweiten
Pariser
Friedens, den Metternich
unterzeichnete,
große Belohnungen von den wieder eingesetzten
Fürsten. Der König beider
Sizilien
[* 24] ernannte Metternich
1818 zum
Herzog von Portella
mit einer
Dotation von 60,000 Ducati sowie der König von
Spanien
[* 25] 1826 zum
Granden erster
Klasse mit dem
Titel eines
Herzogs. Am
Monarchenkongreß zu
Aachen
[* 26] nahm als österreichischer
Bevollmächtigter teil, und 1819 präsidierte er
dem
Kongreß zu
Karlsbad.
Ebenso war er bei dem deutschen Ministerkongreß zu Wien und bei den Kongressen zu Troppau [* 27] 1820, zu Laibach [* 28] 1821 und zu Verona [* 29] 1822 im Interesse der österreichischen Reaktionspolitik ganz besonders thätig. Es gelang ihm auch, unterstützt von so gewandten Federn wie der von Gentz, seinen Grundsatz, »daß es den Fürsten allein zustehe, die Geschicke der Völker zu leiten, und daß die Fürsten für ihre Handlungen niemand außer Gott verantwortlich seien«, zur Annahme zu bringen und die Mächte zur solidarischen Unterdrückung aller Völkerbewegungen zu ¶
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vereinigen. Freilich dauerte diese Einigkeit nicht lange, und Metternich
selbst konnte nicht hindern, daß Rußland
den griechischen Aufstand unterstützte und die Türkei
[* 31] zur Abtretung Griechenlands zwang, in Frankreich das legitime Königtum
gestürzt und das neu geschaffene Königreich der Niederlande
[* 32] wieder zerrissen wurde. Nur in Deutschland und Italien behauptete
er seine Macht, welche er zur Unterdrückung aller freien Bewegung, zur Lähmung alles geistigen Aufschwungs
benutzte.
Dasselbe System befolgte er auch in Österreich, wo er 1821 zum Haus-, Hof- und Staatskanzler ernannt worden war und 1826 mit
dem Vorsitz der Ministerkonferenzen für die innern Angelegenheiten die oberste Leitung des gesamten Staatswesens erhalten
hatte. Auch nach dem Tode des Kaisers Franz I. (1835) blieb Metternich
im Besitz aller seiner Ämter und seines Einflusses auf die auswärtige
Politik, während die Leitung der innern auf die Staatskonferenz überging, in der Erzherzog Ludwig und Kolowrat die Mehrheit
hatten.
Daher ist auch nicht für die Unterlassung aller Reformen verantwortlich zu machen. Aber der ganze Haß
des über seine kläglichen politischen Verhältnisse und die gegen die Freiheit des Denkens und Glaubens gerichteten Gewaltthaten
erbitterten deutschen und österreichischen Volks wendete sich gegen Metternich
, den man als die verkörperte Reaktion, als den Geist
der Finsternis und Tyrannei ansah, während er doch nur aus Genußsucht und Bequemlichkeit seine Herrschaft
in Ruhe ausüben wollte.
Die Bewegung von 1848 richtete sich daher vor allem gegen Metternich. Er ward durch den Wiener Aufstand vom 13. März gezwungen, seine Entlassung zu nehmen, und vermochte sich kaum vor der Erbitterung des Volks zu retten. Er wandte sich über Holland nach England, siedelte im November 1849 nach Brüssel [* 33] über, bezog im Juni 1851 den Johannisberg im Rheingau [* 34] und kehrte im September nach Wien zurück. Ohne öffentlichen Anteil an der Politik zu nehmen, diente er seitdem doch dem Kaiserhaus mit seinem Rat; er starb nachdem er noch den Beginn des italienischen Kriegs erlebt. Er wurde in der Familiengruft zu Plaß in Böhmen beigesetzt. Er war vermählt zuerst seit 1795 mit der Gräfin Eleonore von Kaunitz (gest. 1825), dann seit 1827 mit der Freiin von Leykam, die zur Gräfin von Beilstein erhoben wurde (gest. 1829), seit 1831 mit der Gräfin Melanie Zichy-Ferraris (gest. 1854) und hinterließ drei Söhne und drei Töchter. Seine Memoiren erschienen zuerst französisch (1879), dann deutsch (»Aus Metternichs nachgelassenen Papieren«, Wien 1880-84, 8 Bde.), von seinem Sohn (s. Metternich 3) und Klinckowström herausgegeben.
Vgl. Binder, Fürst Klemens v. M. und sein Zeitalter (Ludwigsb. 1836);
Groß-Hoffinger, Fürst und das österreichische Staatssystem (Leipz. 1846, 2 Bde.);
Schmidt-Weißenfels, Fürst Metternich, Geschichte seines Lebens und seiner Zeit (Prag [* 35] 1860, 2 Bde.);
Beer im »Neuen Plutarch«, Bd. 5 (Leipz. 1877).
3) Richard, Fürst von, ältester Sohn des vorigen aus seiner zweiten Ehe, geb. betrat ebenfalls die diplomatische Laufbahn, zunächst als Attaché in Paris und London, [* 36] 1855 als Legationssekretär bei der Gesandtschaft in Paris, ward im April 1856 zum außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister Österreichs an den sächsischen Höfen ernannt, während des italienischen Kriegs von 1859 nach Verona berufen, um beim Kaiser das Referat über die auswärtigen Angelegenheiten zu übernehmen, und ging im Dezember 1859 als Botschafter nach Paris, wo er und seine Gemahlin, Gräfin Pauline Sándor (geb. die Tochter seiner Stiefschwester, sich dem kaiserlichen Hof eng anschlossen und bei den Festlichkeiten desselben eine Rolle spielten. Die Fürstin, eine Freundin der Kaiserin Eugenie, nicht ohne Geist und Phantasie, machte sich durch ihre Teilnahme an den frivolen Exzentrizitäten der vornehmen Damen bekannt, während Metternich allzusehr Schleppträger der Napoleonischen Politik war. Mit dem Sturz des Kaiserreichs 1870 endete daher auch seine politische Laufbahn. Er lebt jetzt in Wien.