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Funde des Gräberfeldes von La Certosa und des größern Teils der zu Marzobotto aufgedeckten Gräber als der etruskischen Kultur zugehörig bezeichnet, wofür insbesondere der Bleigehalt der diesen Gräbern entnommenen Bronzen spricht. Die verbrannten Gebeine sind zu Marzobotto bisweilen in jenen cylinderförmigen, gerippten Bronzecisten beigesetzt, welche nach Helbig griechischen Ursprungs sind. Bemalte Vasen [* 2] und Statuetten, Bronzespiegel, Grabstelen mit etruskischen Inschriften sowie Bronzeklumpen von bestimmter Form (aes rude), die während jenes Abschnitts der Metallzeit [* 3] vielfach als Geld benutzt wurden, eiserne Schwerter, [* 4] Dolche und Lanzenspitzen, Werkzeuge [* 5] von Eisen [* 6] und Bronze, [* 7] Fibeln [* 8] von Gold, [* 9] Silber und Bronze und ganz bestimmter Form (La Certosa-Fibel) wurden ebenfalls in den beiden letzterwähnten Fundstätten angetroffen.
Das in Marzobotto und La Certosa vertretene etruskische Element unterscheidet sich in mancher Hinsicht von demjenigen des südlich vom Apennin gelegenen Etrurien und wird daher von Undset als nordetruskische Kulturgruppe von der »rein etruskischen« unterschieden. Die Ausgrabungen von Este beweisen, daß die zuerst nördlich von den Alpen [* 10] entdeckte und hier weitverbreitete Eisen-Bronzekultur, die man nach ihrem ersten Hauptfundplatz als Hallstattkultur (Tafel I) bezeichnet, zweifelsohne vom Süden und Osten her in jene nördlichern Verbreitungsgebiete vorgedrungen ist.
Letztere, die man auch als die ältere Metallkultur Mitteleuropas bezeichnet, gehört, obwohl in den spätzeitlichen Fundgegenständen sich mit ihr berührend, doch nicht zu der spezifisch etruskischen Kultur und ebensowenig der klassisch-griechischen oder römischen. Diesen jüngern und weiter fortgeschrittenen Kulturkreisen gegenüber zeigt sie vielmehr einen weit altertümlichen archaistischen Charakter. Sie verbreitet sich durch die Alpenländer, das Donaugebiet, das südliche und südwestliche Böhmen, [* 11] Teile von Mähren und Schlesien, [* 12] Südwestdeutschland mit Württemberg, [* 13] Baden [* 14] und Bayern [* 15] sowie durch einen großen Teil Frankreichs bis an die Pyrenäen.
Auch sind die Balkanländer, Oberitalien [* 16] und die Schweiz [* 17] (in letzterm Land weist die Bronzekultur der westschweizerischen Pfahlbauten [* 18] Anklänge an die Hallstattperiode auf; vgl. Pfahlbauten) von ihrem Einfluß nicht unberührt geblieben. Die Hallstätter Funde, ca. 6000 verschiedene Objekte von Bronze, Eisen, Gold, Gagat, Bernstein, [* 19] Thon und Elfenbein, welche aus 993 Gräbern mit meist unverbrannten Leichen zu Tage gefördert und von v. Sacken beschrieben wurden, beweisen, daß während dieses Kulturstadiums, welches nach Undset gegen 500 v. Chr. seinen Höhepunkt erreicht hat und von Tischler in eine ältere und jüngere Hallstattperiode eingeteilt wird, die Metallurgie bereits eine relativ hohe Entwickelungsstufe erreicht hatte, und daß die Völker Mitteleuropas damals eine entschiedene Vorliebe für Pracht und Luxus an den Tag legten.
Die Schwerter aus Bronze, vorherrschend aus Eisen hergestellt, besitzen breite, schwere Klingen mit schräg abgeschnittenen Spitzen. Die Handgriffe schließen ab in großen Knaufen, und unterhalb des Griffes bemerkt man an der Klinge seitliche Einschnitte. Auch Dolche sind häufig, die Klinge fast immer von Eisen, die Griffe von Bronze, ebenso Messer [* 20] mit breiter geschweifter Klinge. Unter den Schmucksachen [* 21] fallen prächtige bronzene Gürtelbleche auf, die mit getriebenen Ornamenten verziert sind, und denen spitze Haken zum Verschluß dienen.
Ferner finden sich hängende Ketten mit Klappenblechen (Tafel I), Armringe, teils hohl aus zusammengebogenem Bronzeblech gebildet, teils massiv gegossen; als Motiv dient häufig eine Schnur mit aufgereihten Perlen oder Kugeln. Unter den Hallstätter Fibeln sind Spiralfibeln (Tafel I) und Bügelfibeln vorherrschend. Bronzegefäße wurden zahlreich und von mannigfacher Form ausgehoben, nämlich ein- oder zweihenkelige Eimer (situlae, Tafel I), quergerippte cylindrische Cisten, Vasen, tassenförmige Gefäße, Schalen (Tafel I), flache Schüsseln u. dgl. Die Thongefäße von verschiedenster Form zeigen eingeritzte Linien, Kreise, [* 22] Dreiecke oder farbige Streifen und Bänder, wobei die schwarze und rote Farbe vorherrscht. Neben der Verzierung durch geometrische Motive finden sich auch Menschen- und Tierfiguren (insbesondere Pferde [* 23] und Vögel) [* 24] roh gezeichnet und als Zierstreifen in Reihen gebracht; Pflanzenmotive dagegen fehlen. - Als Träger [* 25] der Hallstätter Metallkultur werden die in prähistorischer Zeit in den Alpenländern und den nördlich angrenzenden Gebieten ansässigen Kelten betrachtet; jedoch beweist schon die weite Verbreitung dieser Kultur, daß eine ganze Anzahl von Völkern an derselben teilgenommen hat.
Auch erscheint diese Kultur nicht als eine einheitliche, sondern als das Resultat verschiedenartiger Einwirkungen. Besonders rein hat man sie in den Urnenhügeln von Watsch und St. Margareten (Krain) [* 26] angetroffen. Eine zu Watsch ausgegrabene Situla und ein ebendaselbst aufgefundenes Gürtelblech eröffnen uns durch die auf denselben dargestellten Szenen einen Einblick in das Leben und Treiben der Bevölkerung [* 27] Mitteleuropas zur Zeit der Hallstattperiode. Zu letzterer Kulturepoche sind auch die in den schwäbischen Fürstenhügeln Belremise und Kleinaspergle gefundenen Altertümer zu rechnen. In der Byciskalahöhle (Mähren) wurden vollständige Werkstätten der Eisen- und Bronzekultur der besagten Epoche aufgedeckt. Neben andern Objekten wurden daselbst ein Zepter, zwei eigentümliche Lendengehänge sowie mehrere Arm- und Haarspangen (sämtliche Gegenstände aus Bronze hergestellt) aufgefunden.
Während in der ältern Metallkultur Mitteleuropas, repräsentiert durch die Hallstattfunde, mit dem Gebrauch des Eisens derjenige der Bronze parallel läuft, wird der spätere Abschnitt der mitteleuropäischen Metallkultur, wo die Waffen [* 28] aus Eisen, Schmuckgegenstände aus Bronze hergestellt werden, durch die zu La Tène gemachten Funde gekennzeichnet. Diese berühmte Fundstätte, bei dem Dorf Marin am Nordufer des Neuenburger Sees gelegen, wurde zuerst als ein Pfahlbau betrachtet; doch hat Groß nachgewiesen, daß sie von jeher auf trocknem Land lag und einen militärischen Beobachtungsposten darstellt, woraus sich das fast gänzliche Fehlen von Werkzeugen und Geräten für Ackerbau und Haushalt erklärt. Im Gegensatz zu den Hallstattobjekten zeichnen sich die Waffen und Geräte von La Tène (Tafel II) im allgemeinen aus durch Abrundung und kräftige Profilierung.
Die Schwerter (zweischneidige, dünne, gerade Eisenklingen von bis zu 1,75 m Länge, Tafel II) sind meisterhaft gearbeitet und tragen zum Teil Marken, die wohl als Fabrikstempel aufzufassen sind. Die sich verschmälernde, etwa 10 cm lange Angel endet in einem rundlichen oder breiten Knopf. Statt der Parierstange ist ein glockenförmig geschwungener Bügel zwischen Angel und Klinge aufgelötet. Die Griffbekleidung ist nicht erhalten und mag von Holz [* 29] oder Horn gewesen sein. Die Schwertscheiden sind fast sämtlich aus Eisenblech hergestellt. Die Lanzenspitzen sind lanzettförmig mit starker Mittelrippe, hier und da an den Seiten etwas ausgeschnitten (Tafel II). ¶
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Die Krieger von La Tène schützten sich mit hölzernen Schilden; man hat eigentümliche Schildbuckel gefunden: gebogene Eisenplatten, welche mit Nägeln in der Mittellinie des Schildes befestigt waren (Tafel II). Die Helme [* 31] bestanden offenbar aus Leder, auf welches Bronzescheiben aufgesetzt waren. Auch fand man Trensen und andre Teile von Pferdegeschirren sowie Bruchstücke von Wagen. Die zu Tage geförderten Kesselhaken unterscheiden sich kaum von den noch heutzutage benutzten, während die Kessel selbst aus einer dünnen, gehämmerten Bronzeplatte, an welche sich oben ein breites, am Rand umgebogenes Eisenblechband anschließt, hergestellt sind.
Von Schmuckgegenständen fand man außer charakteristischen Fibeln (Tafel II) nur wenig, dagegen ist die Metallkultur durch Gürtelhaken (Tafel II) von besonderer Form, welche häufig Tierköpfe zur Darstellung bringen, Ringe mit Buckeln oder mit petschaftförmigen oder schalenförmigen Endknöpfen, Armringe von gelbem oder blauem Glas, [* 32] fein gearbeitete Bronzeketten, deren Ringe durch besondere Zwischenglieder verbunden sind etc., charakterisiert. Der Ornamentstil besteht in eigentümlich geschlängelten Linien, in denen das Triquetrum [* 33] (Bild der mit Ausläufern in Form von drei laufenden Beinen versehenen Sonnenscheibe) [* 34] und die Spirale vorherrschen. Vielfach finden sich unter den Ornamenten Schmelzinkrustierungen (Email). Von edlen Metallen zeigt sich besonders Silber verarbeitet. Unter den Bronzegefäßen sind die Schnabelkannen mit hochragenden Ausgüssen bemerkenswert.
Während die Hallstattgruppe in Deutschland [* 35] hauptsächlich im Donauthal liegt, schließen sich die Metallfunde des Rheinthals vorzugsweise der La Tène-Kultur an. Auch scheint sich diese in einem Gürtel [* 36] durch das mittlere Deutschland bis nach Böhmen hinzuziehen und von da abwärts durch das westliche Ungarn [* 37] bis nach Oberitalien, so daß sie das von der ältern Kulturgruppe eingenommene Gebiet in einem Bogen [* 38] umspannt. Weiterhin zieht die La Tène-Kultur in einem zweiten Gürtel durch das östliche und nördliche Frankreich bis an die Nordsee und hinüber nach den britischen Inseln.
In der Schweiz und im südöstlichen Frankreich lassen sich beide Kulturen nachweisen. Norddeutschland hat die ersten Eisensachen durch den Einfluß der Hallstattkultur und die mit dieser zusammenhängenden südlichern Kulturgruppen empfangen. Zu einer eigentlichen Eisenzeit wurde durch sie indessen nur im Osten der Grund gelegt, und im übrigen scheint der Einfluß der Hallstattgruppe die neue Zeit nur anzubahnen; die Begründung der Eisenzeit in Norddeutschland sowie überhaupt in Nordeuropa ist der La Tène-Kultur zu danken.
Der Anfangspunkt der La Tène-Kultur in den mitteleuropäischen Gebieten läßt sich zur Zeit noch nicht mit Sicherheit feststellen. Die vorrömische Eisenzeit Norddeutschlands umfaßt aber nach Undset die beiden letzten Jahrhunderte v. Chr., und sowohl in Mittel- als in Nordeuropa wurden die besagten Kulturen durch die römische Metallkultur verdrängt. Während man früher Funde der mitteleuropäischen Metallzeit sehr allgemein als keltische Altertümer bezeichnete, hat man in neuester Zeit erkannt, daß an vielem, was man früher den Kelten zuschrieb, andre arische Stämme ebenfalls beteiligt waren.
Anderseits steht fest, daß die Kelten an der Pflege und Verbreitung der Hallstattkultur Anteil hatten und vorzugsweise die Träger der La Tène-Kultur gewesen sind. Gewisse Ornamente [* 39] der La Tène-Gruppe, wie z. B. die eingegrabenen Ringe und Wellenlinien, die Dreiecke, die phantastischen Tiere, deren Kiefer, Schwanz, Hörner und Füße in Pflanzensprosse auslaufen, stellen ein in der keltischen Ornamentik häufig zu findendes Motiv dar. Auch sind die häufig mit La Tène-Altertümern sich findenden »Regenbogenschüsselchen« von keltischen Völkern in Gallien, Britannien und den Alpenländern geprägte Münzen: [* 40] Daß keltische und gallische Altertümer in ihrer Stilform mit den Altertümern vom La Tène-Typus im großen und ganzen übereinstimmen, beweisen die in den Festungsgräben der Stadt Alesia (wo Vercingetorix im Entscheidungskampf gegen Cäsar unterlag) aufgefundenen nichtrömischen Waffen sowie die Fundgegenstände aus der Tiefenau, einem Blachfeld unweit Bern, [* 41] wo über 100 Schwerter, Lanzen, Panzerhemden, zerbrochene Streitwagen, [* 42] Schmuck, Münzen u. dgl. ausgegraben wurden.
Die zwischen den ausgegrabenen Wohnstätten von Bibracte aufgefundenen Werkstätten gehörten wahrscheinlich gallischen Goldschmieden an, und unter den auf dem Hradischt bei Stradonic (Böhmen) gemachten Funden lassen die den Schmiedearbeiten von Bronze und Eisen zugesellten Münzen sowie die daselbst aufgefundenen Darstellungen des Wildschweins (der Eber hatte bei den Kelten eine besondere symbolische Bedeutung) erkennen, daß die besagten Schmiedearbeiten von Kelten herrühren. Daß zwischen den gallischen Altertümern und denjenigen der La Tène-Kultur ein wesentlicher Unterschied nicht besteht, ergibt sich unter anderm auch daraus, daß gewisse Gräber des Grabfeldes von Marzobotto, welche mit Sicherheit den in Oberitalien eingefallenen Galliern zuzuschreiben sind, durch die Grabbeigaben den La Tène-Funden entsprechen.
Die eigenartige Metallkultur, welche sich während der Völkerwanderung und unmittelbar nach derselben auf deutschem Boden entwickelte, und deren charakteristische Fundstücke in den fränkisch-alemannischen Reihengräbern der merowingischen Zeit zusammen mit Langschädeln angetroffen werden, entstand im wesentlichen wohl auf der Basis der römischen Provinzialkultur und benutzte zu Waffen von Metallen ausschließlich Eisen. Unter letztern nimmt neben Schleuder, [* 43] Bogen, mit eisernen Spitzen von verschiedener Form versehenen Pfeilen und dem Kolben (keulenartiger Kampfstock) das Wurfbeil (Franziska) und die Streitaxt oder Hiltbarte (Tafel II) eine hervorragende Stelle ein.
Ferner bestand die Bewaffnung der fränkisch-alemannischen Völker der besagten Epoche in dem Kampfmesser oder Sax (Tafel II), von dem drei Arten, nämlich: der kleinere Sax, der Langsax und der Scramasax, unterschieden werden. Letzterer ist ein einschneidiges Kurzschwert und ist schon zu Beginn der Epoche in Gebrauch gewesen, während das 81 bis 97 cm lange, 4½-6 cm breite, stählerne Langschwert (Spatha), im wesentlichen eine Nachbildung des römischen Langschwerts, erst durch allmähliche Verdrängung des Sax in allgemeinen Gebrauch kommt.
Eine sehr mannigfaltig gestaltete Zierde des Schwerts bilden das Mundstück und das Ortband der hölzernen Scheide. Von den Schilden der merowingischen Zeit haben sich, da dieselben ebenfalls aus Holz bestanden, nur die Eisennägel und die eisernen Schildbuckel erhalten, welch letztere den Buckeln des römischen Schildes genau nachgebildet sind. Die Form des Helms entspricht im allgemeinen der phrygischen Mütze des Altertums; derselbe besteht in der Regel aus vier gekreuzten Metallspangen, welche mit Leder oder mit einer von Hornplatten überzogenen Filzschicht bedeckt sind. Die prähistorische Metallkultur Großbritanniens und die angelsächsischen ¶