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sind noch jetzt die heiligen Städte, wie Mekka mit seiner Kaaba in Arabien, Hardwar in Ostindien, als Zielpunkte großer Wallfahrten auch gleichzeitig Hauptpunkte des Marktverkehrs. Da die Messen nicht allein gemeinnützig waren, sondern auch dem Landesherrn reiche Einnahmen erbrachten, so suchte man dieselben durch verschiedene Verordnungen und Veranstaltungen, welche den Meßverkehr sicherten, erleichterten und regelten, besonders zu heben. Man setzte die Zahl der Verkaufsläden fest, damit die Verkäufer, nicht durch eine zu große Konkurrenz gedrückt, ihre Rechnung finden könnten, und bewilligte den Meßbesuchern gewisse Freiheiten (Meßfreiheiten).
Nun war in den frühern Zeiten des Mittelalters bei mangelhaften Transportanstalten, großer Unsicherheit des Verkehrs, ungenügender Rechtspflege für die Bedürfnisse des Handels noch sehr wenig gesorgt; daher mußten die an den Orten eines regen Verkehrs begründet und mit wichtigen Freiheiten ausgestattet, schnell Zentralpunkte des Handels werden. Die Regierungen verliehen den Meßplätzen gewisse Vorrechte (Meßprivilegien), die entweder bleibend oder auf die Meßzeit beschränkt waren, z. B. das Recht der Warenniederlage (Zwang zur Benutzung der städtischen Speicher gegen eine Abgabe), das Münzrecht, das Zollerhebungsrecht, das Geleit (Schutz der Reisenden gegen eine Abgabe), freien Handel während der Meßzeit (Befreiung von dem sonst geltenden Innungszwang), Veranstaltung von Lustbarkeiten aller Art, zeitweilige Gestattung sonst verbotener Spiele etc. Ferner wurden gewährt: gänzlicher oder teilweiser Erlaß von Zöllen sowie von lokalen Abgaben und Lasten, Befreiung der Handeltreibenden und ihrer Waren vom Arrest bis zum Zahltag, sicheres Geleit und die Errichtung eines eignen Meßgerichts, welches in allen zwischen den Meßbesuchern entstandenen Rechtsstreitigkeiten nach dem Meßrecht ohne die üblichen Formalitäten mit beschleunigtem Verfahren entschied.
Die Gesamtheit der die Messe betreffenden Verfügungen bildet die Meßordnung. Die Zeit der Abhaltung der Messen richtete sich nach dem Klima (Benutzbarkeit von Land- und Wasserstraßen) und nach den Produktionsverhältnissen (Ernte) des Landes. Bezüglich der Meßzeit selbst sind zu unterscheiden die für die eigentlichen Meßgeschäfte bestimmten Meßtage und die zur Abrechnung und zur Erfüllung der eingegangenen Verbindlichkeiten festgestellten Zahltage. Die größern Messen haben ihre eigentliche Meßwoche und ihre eigne Zahlwoche, letztere aber meist mit einem bestimmten Zahltag oder sogen. Skontro.
Gewöhnlich werden jedoch schon vor dem Eintritt der Meßwoche, oft in der gar nicht zur Messe gehörigen Vorwoche, die wichtigsten Geschäfte des Großhandels abgeschlossen, weil sich die Einkäufer in der Auswahl aus den Vorräten zuvorkommen wollen. Nicht alle in der laufenden Messe entstandenen Schuldverpflichtungen werden auch während der Dauer derselben erledigt, vielmehr erfolgen viele Käufe auf Kredit mit Fälligkeit der Zahlung in der nächsten oder einer der nächsten Messen. Schon frühzeitig wurden auf vielen Messen Geschäfte auf Lieferung nach Proben und mit Zahlfrist bis zur nächsten Messe abgeschlossen; ja, einige Messen, wie im 16. Jahrh. die zu Lyon, Besançon, Medina del Campo und Piacenza, nahmen vorwiegend den Charakter von Abrechnungstagen an. Zahlung und Einkassierung von Meßwechseln vereinigten sich in den Händen von wenigen Bankiers.
Infolgedessen dienten auch die Messen in ähnlicher Weise zur Ausgleichung gegenseitiger Forderungen wie die heutigen Clearinghouses. Während die Messen mit wirklicher Warenzufuhr in Ländern mit mangelhaften Transportmitteln noch heute von großer Wichtigkeit sind (wie die zu Kiachta, zu Nishnij Nowgorod), haben sie in andern mit zunehmender Entwickelung und Sicherheit des Verkehrs ihre alte Bedeutung mehr und mehr eingebüßt, oder sie behaupten sich mit Erfolg nur noch dadurch, daß sie mehr und mehr den Charakter von Gewerbeausstellungen und Musterlagern annehmen, welche Gelegenheit zu reicherer Auswahl von Neuem, zur Annahme von Bestellungen und zu Abrechnungen bieten.
Dagegen haben die Spezialmärkte mit ihrem heutigen großen Umfang vielfach den Charakter der Messen angenommen, insbesondere für solche Güter, welche, wie Vieh, Pferde, dann auch mancherlei Rohstoffe, einen persönlichen Verkehr erfordern. So ist die Leipziger Messe ein wichtiger Markt für die Rauchwaren geblieben, von denen oft in einer Messe für 6-9 Mill. Mk. umgesetzt werden. Eine hervorragende Stelle nimmt ferner die Tuchmesse in Augsburg für wollene und halbwollene Stoffe ein.
Die wichtigsten deutschen Messen sind diejenigen in Leipzig (Oster- und Michaelismesse), dann die Messen in Frankfurt a. M. (Frühjahrs- und Herbstmesse), welche aber neuerlich bedeutend gesunken sind, ferner die Messen in Frankfurt a. O. (Margareten-, Reminiscere- und Martinimesse), deren Hauptverkehr nach dem Osten (Polen, Ost- und Westpreußen, Schlesien und Pommern) gerichtet ist. Auch sie haben neuerlich an Frequenz sehr abgenommen. Dasselbe gilt von den jetzt wenig erheblichen Braunschweiger Messen (Lichtmesse und Laurentiusmesse).
Die übrigen in Deutschland noch bestehenden Messen sind nur noch als Jahrmärkte zu betrachten. Nur der »Umschlag« in Kiel mag noch eine Erwähnung verdienen, weil er zugleich eine Geldmesse für den Umsatz von Hypothekenkapitalien ist. Von den außerdeutschen Messen in Europa sind besonders wichtig: diejenigen von Basel in der Schweiz;
Pest und Debreczin in Ungarn;
Sinigaglia, Alessandria und Bergamo (Seide) im Königreich Italien;
Beaucaire, die wichtigste französische, ehemals ungleich bedeutender;
Nishnij Nowgorod, Irbit, Poltawa und Charkow in Rußland, deren Besucher zum großen Teil aus dem Innern Asiens kommen;
ferner Usundschowa und Tultscha in der Türkei.
Von den außereuropäischen Messen sind vorzüglich zu nennen: diejenigen von Tanta in Oberägypten, Kiachta im südlichen Sibirien, Mekka in Arabien und Hardwar in Hindostan. Über die Buchhändlermesse in Leipzig s. Buchhandel.
Vgl. Philippi, Beiträge zur Geschichte und Statistik der deutschen Messen (Frankf. a. O. 1857);
Hasse, Geschichte der Leipziger Messen (Leipz. 1885).