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Lebensweise geschieden, umfaßt den größern Teil Chinas, Tibets, Birmas und Siams. Peschel bezeichnet die Hinterindien [* 2] bewohnenden Völker dieser Gruppe als Malaiochinesen, ein jedenfalls dem Ausdruck Indochinesen vorzuziehendes Wort.
C. Die Malaien. Sie bilden einen Hauptbestandteil der Bevölkerung [* 3] von den Philippinen, der Halbinsel Malakka, Sumatra, Java, den Sundainseln, Celebes und Borneo; nach Formosa, Ceylon [* 4] und Madagaskar [* 5] versprengt. In ihren Charakteren schließen sie sich durchaus den mongolischen Stämmen an.
D. Die (braunen) Polynesier (Malaiopolynesier, Maori Neuseelands, Kanaken), d. h. alle jene Völker, welche die Inselgruppen des Stillen Ozeans bewohnen, soweit sie nicht von Melanesiern eingenommen sind. Sie haben sich augenscheinlich frühzeitig vom malaiischen Hauptstamm geschieden und mehr oder weniger mit melanesischem Blut gemischt. Die typischen mongolischen Charaktere dieser oft schönen Rasse treten sehr zurück; stellenweise nähern sie sich in ihrer Erscheinung den Kaukasiern, obgleich eine Vermischung mit den letztern nicht nachweisbar ist.
E. Die ursprüngliche amerikanische Rasse. Sie bewohnte ganz Amerika [* 6] mit Ausnahme des von den Eskimo eingenommenen nordöstlichen Teils und zeichnet sich, trotz der verschiedensten klimatischen Lebensverhältnisse, durch eine merkwürdige Übereinstimmung der somatischen Charaktere aus. Ebenso haben die zahllosen Sprachen Amerikas (man hat bis 1200 derselben unterschieden) sämtlich eine nur ihnen zukommende Eigentümlichkeit: sie sind polysynthetisch (einverleibende, W. v. Humboldt), d. h. es läßt sich ein verwickelter Gedanke in ein einziges Wort zusammenfassen. Von der typischen mongolischen Rasse weichen gewisse amerikanische Stämme freilich bedeutend ab, namentlich durch die Nasenbildung (Adlernase), die fliehende Stirn und die entwickelten Augenbrauenbogen, während bei andern die große Ähnlichkeit [* 7] mit den Mongolen in den wichtigsten Merkmalen äußerst schlagend hervortritt. Somit erscheint es kaum gerechtfertigt, einen besondern amerikanischen Typus aufzustellen.
III. Der kaukasische Typus.
Derselbe umfaßt zwei getrennte Gruppen, welche Huxley als »Xanthochrooi« (Hellfarbene, bez. Blonde) und »Melanochrooi« (Schwarzfarbene, bez. Brünette) bezeichnete. Trotz der großen Verschiedenheit ihrer Hautfarbe, der Haare [* 8] und Augen stimmen alle hierher gehörigen Völker so außerordentlich überein, daß man sie zu einem Typus rechnen muß. Beide Gruppen haben sich vielfach innig gemischt, und aus dem wechselnden Mischungsverhältnis unter sich und mit allophylen Elementen (Mongolen, Äthiopiern) erklären sich die großen Unterschiede der Völker.
A. Xanthochrooi (von xánthos, »blond«, chrós, »Hautfarbe«),
der blonde Typus mit hellem Haar, [* 9] blauen Augen, heller Hautfarbe, bewohnt hauptsächlich Nordeuropa, Skandinavien, Schottland, Norddeutschland, breitet sich aber, vielfach gemischt mit dem zweiten, über das übrige Europa [* 10] bis nach Nordafrika und Afghanistan [* 11] aus. Im ganzen würde sich also diese Gruppe mit der der Germanen (und Slawen?) decken. Aus Mischungen mit Mongoloiden entstanden die Lappen, Finnen und deren Abkömmlinge.
B. Melanochrooi (mélas, »schwarz, dunkel«),
der schwarzhaarige, dunkeläugige Typus mit einer Hautfarbe, die fast alle Schattierungen bis zum wirklichen Schwarz aufweisen kann. Sie umfassen die Mehrzahl der Bewohner Südeuropas, Nordafrikas, Südwestasiens und zerfallen in drei Familien:
1) Hamiten, nordafrikanische Völker, wie Berber (mit den Guanchen, d. h. den Ureinwohnern der Kanarischen Inseln), Altägypter (mit ihren Nachkommen, den Kopten [* 12] und Fellahs, d. h. der Bauernbevölkerung am untern Nil), Ostafrikaner (Bedschavölker, Galla, Somal, mit meist starker äthiopischer Beimischung).
2) Semiten, in Vorderasien und Teilen Ostafrikas. Dazu gehörten die alten Chaldäer, Hebräer, Kanaaniter (Phöniker), Assyrer und Babylonier. Eine südliche Gruppe bilden die Ismaeliten (Araber) und die Abessinier (?). Viele nubische Stämme, die jetzt arabisch reden, schreiben sich deshalb fälschlich, statt einer hamitischen, eine semitische Abstammung zu. 3) Arier (im engern Sinn), d. h. die Inder, die alten Eranier, die Meder, Perser, Afghanen, Belutschen, Kurden, Armenier, Osseten.
Man kann diese Völker auch als den asiatischen Stamm der sogen. Indogermanen bezeichnen. Die Arier sind zu Beginn des 2. Jahrtausends v. Chr. vom Nordwesten her in Indien eingewandert und haben die drawidische Urbevölkerung zurückgedrängt und unterjocht. Die heutigen Inder sind ein Produkt der Rassenmischung mit diesen Elementen. Den Ariern in dieser engern Begrenzung, d. h. als brünette Indogermanen, würden sich zudem noch alle jene südeuropäischen Völker zuzählen lassen, die man als Thrakoillyrier, Gräkoitaliker etc. bezeichnet (europäische Indogermanen).
Flower rechnet, abweichend von den meisten übrigen Ethnologen, auch die Drawida, d. h. die schwarzhäutigen, sonst aber vielfach in Gesichtsbildung, Behaarungsform etc. den Kaukasiern ähnelnden Urstämme Vorderindiens, zu den Melanochrooi, ebenso die Weda auf Ceylon, wahrscheinlich die Aino Japans und die Miaotse, d. h. die roh gebliebenen Urbewohner der hoch gelegenen Teile Südchinas (noch fraglich!). In Südindien sollen die Drawida sich mit den Negrito gemischt und auch den Australiern ihren von den Melanesiern abweichenden Typus verliehen haben, eine bisher nicht beweisbare Hypothese.
Es läßt sich nicht leugnen, daß diese scharfe Sonderung der Flowerschen Kaukasier in Hell- und Dunkelhäutige insofern unbequem ist, als sie die große indogermanische Familie auseinander reißt, trotzdem ihre Sprache [* 13] so bestimmt auf einen gemeinsamen Ursprung hinweist. Die von Peschel gegebene Einteilung der Indoeuropäer, als der dritten Gruppe der »mittelländischen Rasse« neben den Hamiten und Semiten, in asiatische (Eranier, Inder etc.) und europäische Arier verdient daher den Vorzug.
Letztere zerfallen dann wieder in Nordeuropäer (Germanen, Lettoslawen, Kelten [?]) und Südeuropäer (Altgriechen, Italiker, Thrakoillyrier mit ihren Nachkommen, den heutigen Albanesen, etc.). Unbestimmt bleibt immerhin noch die Stellung einzelner Völker, wie die der alten Iberer, deren Reste die heutigen Basken sind, der alten Etrusker und Rätier, der Ligurer. Daß ein blonder und ein brünetter Stamm, die Kollmann geradezu als Rassen bezeichnet, in wechselnder Menge gemischt, die heutigen Völker Europas zusammensetzt, ist sicher, wenn auch vorerst nur für einen beschränkten Teil Mitteleuropas durch Zahlen bewiesen.
Die in Deutschland [* 14] auf Anregung R. Virchows durchgeführte statistische Erhebung der Haar-, Augen- und Hautfarbe von 6,758,827 Schulkindern ergab, daß die rein Blonden in ganz Norddeutschland am stärksten vertreten sind (43,35-33,56 Proz.), während sie nach S. und W. progressiv abnehmen (Mitteldeutschland 32,50-25,29 Proz., Süddeutschland 24,46-18,44 Proz.). Der brünette Typus ist in Norddeutschland mit 6,95-11,17 Proz., in Mitteldeutschland mit ¶
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12,6-14,74, in Süddeutschland mit 15,37-25,21 Proz. vertreten. Entsprechende Erhebungen haben in der Schweiz, [* 16] in Belgien [* 17] und Österreich [* 18] stattgefunden. Auch die Slawen scheinen, gleich den Germanen, ursprünglich blond gewesen und erst durch Aufnahme fremder Volkselemente gebräunt worden zu sein. Nehmen wir dazu, daß die alten Kelten in somatischer Beziehung den blonden Germanen als durchaus ähnlich beschrieben werden, während die jetzigen als Kelten bezeichneten Völker überwiegend brünett sind, so würde sich daraus die Berechtigung der Annahme ergeben, daß Urgermanen, -Slawen und -Kelten sämtlich dem blonden, also im Sinn Huxleys dem xanthochroen Typus angehörten und bei ihrer Einwanderung in Europa auf fremde, brünette Rassen stießen. Durch Mischung mit denselben hat sich dann der blonde Typus mehr oder weniger verwischt und ist aufgesogen worden.
[Litteratur.]
Virey, Histoire naturelle du genre humain (2. Ausg., Brüssel [* 19] 1834);
Prichard, Researches into the physical history of mankind (3. Aufl., Lond. 1851, 5 Bde.; deutsch von R. Wagner u. Will, Leipz. 1840-48, 4 Bde.);
Kriegk, Die Völkerstämme und ihre Zweige (5. Aufl., Frankf. 1882);
Knox, The races of men (2. Aufl., Lond. 1862);
Waitz-Gerland, Anthropologie der Naturvölker etc. (Leipz. 1859-72, 6 Bde.);
Perty, Grundzüge der Ethnographie [* 20] (das. 1859);
Derselbe, Die Anthropologie etc., Bd. 2 (das. 1874);
Bastian, Das Beständige in den Menschenrassen (Berl. 1868);
Fr. Müller, Allgemeine Ethnographie (2. Aufl., Wien [* 21] 1879);
Peschel, Völkerkunde (6. Aufl., Leipz. 1885);
v. Martius, Zur Ethnographie Amerikas (das. 1867);
H. Bancroft, The native races of the Pacific States of North America (New York 1875, 5 Bde.);
Fritsch, Die Eingebornen Südafrikas (Bresl. 1873);
Hartmann, Die Nigritier (Berl. 1876, Bd. 1);
Topinard, Elements d'anthropologie générale (Par. 1885);
Derselbe, L'anthropologie (deutsch, Leipz. 1886);
Flower, Address delivered at the anniversary meeting etc., January 27. 1885 (»On the classification of the varieties of the human species«);
Kuhl, Die Anfänge des Menschengeschlechts und sein einheitlicher Ursprung (Mainz [* 22] 1876, 2 Bde.);
Quatrefages, Das Menschengeschlecht (deutsch, Leipz. 1878, 2 Bde.);
Featherman, Social history of the races of man kind (Lond. 1884 ff.);
Ratzel, Völkerkunde (Leipz. 1886-88, 3 Bde.), und die im Artikel »Anthropologie« angeführten Zeitschriften.