den aufgefundenen Verhältniszahlen sollen die
Gesetze des »goldenen
Schnittes« zur Geltung kommen. Man berechnet in der
Regel
die
Größe der einzelnen Teile nach
Kopf- oder Nasenlängen. Die genaue Ausmessung der sämtlichen Körperteile ist Aufgabe
der
Anthropometrie, welche die Grundlage für die
Rassen- und
Völkerkunde bildet.
Vgl.
Schadow, Polyklet, oder von
den
Maßen der Menschen (3. Aufl., Berl. 1877);
Quételet, Über den Menschen und die
Entwickelung seiner Fähigkeiten (deutsch
von Riecke, Stuttg. 1838);
Die Körperlänge erreicht nach
Quételet ihr
Maximum erst im 25.-30. Jahr und nimmt vom 50. Jahr an wieder ab. Ebenso wie
die einzelnen Lebensabschnitte, haben auch das männliche und das weibliche
Geschlecht verschiedene Wachstums-
und Proportionsverhältnisse. Das erste Lebensjahr umfaßt das Säuglingsalter;
die ersten sieben Lebensjahre, d. h. die
Zeit vom Durchbruch der
Zähne
[* 5] bis zum
Wechseln derselben, werden als Kindesalter bezeichnet;
das Jugendalter
(Knaben- und Mädchenjahre)
reicht bis zur eintretenden
Mannbarkeit;
hieran reiht sich das
Jünglings- und Jungfrauenalter bis zum
vollendeten Wachstum im 24. Jahr für den Mann, im 20. Jahr für das
Weib;
von da an beginnt das Mannesalter, vom 50.-55.
Jahr an das
Greisenalter.
Das höhere
Greisenalter ist die Zeit des Welkens (Involutionsperiode), und schon in dem
Alter von
40-45
Jahren hört das
Weib auf, zeugungsfähig zu sein
(klimakterische Jahre). Das Körpergewicht des Neugebornen
beträgt meistens 3-3½ kg, das mittlere des
Mannes 63-75 kg, das des
Weibes 55-65 kg; im höhern
Alter gehen 6-7 kg durchschnittlich
wieder verloren.
Klima,
[* 6] Lebensweise etc. beeinflussen die
Lebensdauer (s.
Sterblichkeit); der
Tod an
Altersschwäche tritt in der
Regel zwischen dem 60. und 80. Jahr ein.
Vgl.
Huxley, Zeugnisse für die
Stellung des Menschen in der
Natur (deutsch von
Carus, Braunschw. 1863);
Vogt, Vorlesungen über
den Menschen
(Gieß. 1863, 2 Bde.);
Lyell, Das
Alter des Menschengeschlechts (deutsch, 2. Aufl., Leipz. 1873);
Le
[* 7]
Hon, L'homme fossil (4. Aufl.,
Brüssel 1877);
Lubbock, Die vorgeschichtliche Zeit (deutsch,
Jena
[* 8] 1874, 2 Bde.);
Darwin, Abstammung des Menschen und die geschlechtliche
Zuchtwahl (deutsch, 4. Aufl., Stuttg. 1882, 2 Bde.);
Baer, Der vorgeschichtliche Mensch (hrsg. von
Hellwald, das. 1873-74);
de
Quatrefages, Das Menschengeschlecht (deutsch, das. 1878, 2 Bde.);
Joly, Der Mensch
vor der Zeit der
Metalle (deutsch, das. 1880);
Marquis de Nadaillac, Les premiers hommes et
les temps préhistoriques (Par. 1881) und »L'Amérique
préhistorique« (das. 1883; beide Werke vereinigt deutsch von
Schlösser u.
Seler u. d. T.: »Die ersten Menschen und
die prähistorischen
Zeiten«, Stuttg. 1884);
ist mehrfach zur Herstellung von
Leder benutzt worden. In der
Zittauer Ratsbibliothek befindet sich eine
vollständige gegerbte Menschenhaut, die von einem
Räuber stammt. Sie ist weiß und fühlt sich wie derbes Handschuhleder an. Ein
Graf
von
Erbach in
Hessen
[* 9] ließ sich einst aus der
Haut
[* 10] eines Wildschützen
Hosen
[* 11] machen, und ebenso wurden früher
in
Hessen vielfach Leibriemen und Hirschfängerscheiden aus Menschenhaut vom gräflichen Forstpersonal getragen.
Im bayrischen Armeemuseum befindet sich eine Janitscharentrommel, welche mit Menschenhaut bespannt ist, und
Ziska soll angeordnet haben,
daß nach seinem
Tod seine
Haut auf eine
Trommel gezogen werde, um mit deren wildem
Klang seine
Scharen zu
begeistern. Am ausgiebigsten hat die
französische RevolutionGebrauch von Menschenhaut gemacht.
in vielen ältern Kulten gebräuchliche
Opfer lebender
Menschen. In
Ägypten
[* 12] wurden
z. B. dem
Busiris rothaarige
Menschen geopfert, in verschiedenen semitischen Kulten dem
Moloch
(Melkart) die menschliche
Erstgeburt
dargebracht, und selbst den alten indischen, griechischen und italienischen Kulten fehlte dieser grausame
Gebrauch nicht.
Mit dem Fortschreiten der Gesittung wurden diese
Opfer gemildert oder abgeschafft, so z. B. zunächst statt der Eingebornen
Kriegsgefangene und Sklaven, dann stellvertretende
Tiere und zuletzt nur noch
Puppen u. dgl. geopfert.
Auch wurden statt der
Menschen Teile von ihrem
Körper, z. B. die
Vorhaut bei den
Semiten,
Haar
[* 13] und auch wohl ein einzelner
Finger
oder eine
PortionBlut, als Lösungsmittel für das
Leben hergegeben. Der
Akt der
Ablösung wurde in besondern
Mythen (Iphigenia) verherrlicht und bestimmten Wohlthätern der Menschheit (z. B. dem
Herkules,
Perseus
[* 14] und
Numa) als
Verdienst angerechnet. Während das Menschenopfer (namentlich das eines
Kindes) als das Teuerste galt, was
man den
Göttern darbringen konnte, also immer den
Sinn des
Opfers beibehielt, gehören die ehemals sehr verbreiteten Menschenopfer am
Grab Verstorbener (s.
Manendienst,
Trauerverstümmelung und
Totenbestattung) einem andern Ideenkreis an,
obwohl sie einer ähnlichen
Ablösung unterlagen. Menschenopfer fanden in prähistorischer Zeit auch in unsern Gegenden sicher statt,
wie dies ja auch von den alten
Germanen von den alten Schriftstellern
(Tacitus) berichtet wird. Sichere
Spuren davon sind bis
jetzt in den Altertümern nur selten gefunden worden, obgleich früher viel darüber geschrieben worden
ist.Fraas fand z. B. in einer alten Ansiedelung auf dem Lochenstein in
Württemberg
[* 15] einen zertrümmerten menschlichen
Schädel
mit ungewöhnlich starken Wandungen und ein zerhacktes
Schienbein, welche in alten
Zeiten und wahrscheinlich in noch frischem
Zustand so übel hergerichtet worden waren.
[* 2] die verschiedenen durch besondere typische
Eigenschaften (Rassencharaktere)
¶
mehr
gekennzeichneten Gruppen, in welche das Menschengeschlecht zerfällt. Diese Charaktere sind vorwiegend auf den anatomischen
Bau begründet, wenn auch andre, die in der Sprache,
[* 17] den Sitten, Religionsgebräuchen etc. begründet sind, nicht außer acht
gelassen werden dürfen. Streitig ist es noch, ob man die so gebildeten Gruppen in zoologischem Sinn als ebensoviel
verschiedene Arten (Spezies) oder als Rassen, d. h. als durch Fortpflanzung typisch gewordene Varietäten einer einzigen Spezies,
anzusehen hat, eine Frage, die in engem Zusammenhang mit der Abstammung der ganzen Menschheit von einem oder mehreren Elternpaaren
steht (Monogenesis, Polygenesis; Mono-, Polygenisten die Anhänger dieser Theorien). Es läßt sich nicht leugnen, daß
innerhalb der einzelnen Pflanzen- und Tierspezies sich Varietäten von viel größerer Verschiedenheit entwickeln können (z. B.
Kohl-, Hundearten), als dies bei den einzelnen Menschenrassen der Fall ist, während gleichzeitig die Möglichkeit einer scheinbar unbegrenzten
fruchtbaren geschlechtlichen Vermischung zwischen letztern gegen die Annahme verschiedener Menschenspezies spricht.
Anderseits kennen wir aber bis jetzt keinen einzigen Fall einer Umwandlung der einen Menschenrasse in
die andre, da die nachweisbaren Veränderungen, welche man bei gewissen Rassen unter dem Einfluß eines fremden Klimas und
veränderter Lebensbedingungen beobachtet haben will, doch nie zur Bildung wirklich neuer Rassen geführt haben und daher nicht
die Bedeutung erlangen, welche man ihnen im Interesse der Transmutationstheorie beizumessen geneigt ist.
Der Mangel genau gebuchter wissenschaftlicher Beobachtungen spricht sich in dieser Beziehung auch darin aus, daß in neuester
Zeit selbst die Frage wieder lebhaft erörtert wird, ob die aus der geschlechtlichen Vermischung scharf gesonderter Rassen
(Neger, Weiße) entstandenen Mischrassen ohne weiteres fortwährendes Hinzufließen reinen Bluts im stande
sind, sich in den spätern Generationen fruchtbar fortzupflanzen, während die Thatsache, daß sich in vielen Ländern, z. B.
Südamerikas, eine zahlreiche Mischbevölkerung aus Indianern und Europäern entwickelt hat und sich unausgesetzt unter sich
fruchtbar weiter mischt, eine Bejahung obiger Frage wenigstens für gewisse Rassen nahelegt.
Von mancher Seite neigt man, zur Beseitigung der Schwierigkeiten, welche die Annahme einer gemeinsamen
Abstammung von einem Elternpaar bei der scheinbaren Wandellosigkeit der jetzt vorhandenen Rassen darzubieten scheint, der
Hypothese zu, daß die Menschenrassen jetzt zu sogen. Dauertypen geworden sind, d. h.
daß sie sich in übersehbarer Zeit in ihren wesentlichen Charakteren nicht mehr geändert haben noch
ändern, während eine größere Plastizität und Wandelbarkeit in weit zurückgelegenen Zeitläufen dadurch nicht ausgeschlossen
wird.
Anderseits sprechen auch die allmählichen Übergänge, welche von einer Rasse zur andern stattfinden, und die großen, nicht
bloß körperlichen, sondern auch geistigen Ähnlichkeiten der scheinbar verschiedensten Rassen gegen die Annahme von verschiedenen
Menschenspezies. Die Evolutionslehre, welche zur Zeit die naturwissenschaftliche Anschauung beherrscht, gibt zudem eine genügende
Erklärung, wie sich die verschiedenen Menschenrassen von einem einzigen Stamm abgezweigt haben können, zunächst wenig voneinander verschieden,
allmählich aber mit der räumlichen Ausbreitung und Absonderung immer weiter divergierend und ihre charakteristischen Merkmale
ausbildend.
Trotzdem lassen sich diese Merkmale nicht alle durch die Besonderheit der Lebensbedingungen und
klimatischen
Einflüsse, ebensowenig durch die besondere Ausbildung bestimmter Körperteile und Organsysteme infolge fortgesetzten Gebrauchs
im Sinn des Darwinismus erklären, eher vielleicht, nach Darwin, durch die geschlechtliche Zuchtwahl. Die Rassenmerkmale beruhen
teils in der Verschiedenheit des Knochen-, insonderheit des Schädelbaues, teils in der Färbung der Haut
und der Augen, in der Form und Farbe der Behaarung und in der verschiedenen Ausbildung gewisser Organe, wie z. B. des Gehirns,
wobei zu bemerken ist, daß der letztgenannte Punkt noch am meisten eingehender vergleichender Untersuchungen bedarf.
Die verschiedene Hautfarbe ist das augenfälligste Moment des Rassencharakters und wurde daher von jeher
dem Einteilungsprinzip zu Grunde gelegt. Dies spricht sich in den noch jetzt geläufigen Bezeichnungen: Weißer, Schwarzer,
Rothaut etc. aus. In enger Beziehung zu derselben stehen die besondern Eigentümlichkeiten der
Augen- und Haarfarbe. Die Hautfarbe setzt sich aus mehreren Komponenten zusammen: insonderheit der Farbe des in der
Haut kreisenden Bluts und eines in den Zellen der tiefen Schichten der Oberhaut (dem sogen. rete Malpighii) in Form feinster brauner
Körner abgelagerten Farbstoffs (Pigments);
vielleicht kommt bei der Färbung auch noch der Gallenfarbstoff in Betracht. Je
nach der Mannhaftigkeit dieser Ablagerungen erscheint die Haut entweder schwarz, braun, rot oder gelb und
endlich weißrot, indem in letzterm Fall die natürliche Farbe des Bluts, welche bei dunklerer Färbung durch das Hautpigment
verdeckt wird, durch die fast völlig pigmentfreie Haut hindurchschimmert.
Allein auch bei den weißen Rassen besteht eine
geringe Menge desselben Pigments und macht sich namentlich an gewissen Körperteilen (Brustwarze, Geschlechtsteilen,
Aftergegend etc.) durch deren dunklere Färbung geltend. Auf diese Weise entsteht eine Reihe von Hautfarben, welche sich vom
dunkelsten Schwarz durch Dunkelrot, bez. Dunkelgelbbraun, Rot, Gelb bis zum Weiß (Gelb-, Braun-, Rosigweiß) abstufen. Zur Feststellung
dieser verschiedenen Rassenfarben bedient man sich sogen. Farbentafeln (zuerst von Broca angegeben), welche eine
große Anzahl von mit Nummern versehenen Farbentönen zum Vergleich mit der zu untersuchenden Hautfarbe enthalten. Nicht nur
die Farbe, sondern auch der Drüsen- und Fettreichtum der Haut ist für die Rassenkunde von Bedeutung. So besitzen die Weiber
gewisser Völker (Hottentoten u. a.) höchst merkwürdige örtliche Anhäufungen in der Gegend der Hinterbacken
(Steatopygie). Auch die Gestalt der weiblichen Brüste und Brustwarzen gibt wichtige Rassenmerkmale.
Sehr wichtig für die Bestimmung der Rassen sind ferner die Haare.
[* 18] Hier kommen Farbe, Wuchs und Gestaltung, Verbreitung über
den Körper in Frage. Es ergeben sich daraus mannigfache Eigenheiten: in erster Linie die Färbung vom Blond, Hellbraun zum
Dunkelbraun und Schwarz (Nebenfarbe Rot), die Krümmungsverhältnisse: straff, schlicht, wellig, lockig, kraus, spiralig gerollt
(worunter man enge Spiralringe um eine Längsachse versteht). Eigentlich wolliges Haar (wie beim Schaf)
[* 19] mit Stapelbildung scheint
beim Menschen nicht vorzukommen. Je nach dem »Haarstand« ergibt sich spärliches,
dichtes, nicht gruppiertes, gruppiertes Haar. Im letztern Fall stehen immer mehrere Haare in einer Gruppe
dicht bei einander, während die Gruppen selbst durch mehr oder weniger große Zwischenräume getrennt sind. Die Verbreitung
betrifft die Ausdehnung
[* 20] des Haarkleides über den Körper, die Bartbildung etc. Die
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