früher jemand, der ein
Handwerk zunftmäßig betrieb
(Handwerksmeister); um Meister zu werden, mußte der Nachweis
der Befähigung durch Anfertigung einer Probearbeit (Meisterstück) geliefert werden. Die deutsche
Gewerbeordnung
hat den von der ehemaligen
Zunft ausgeübten Prüfungszwang beseitigt. Eine solche
Prüfung ist nur in bestimmten Ausnahmefällen
(vgl.
Gewerbegesetzgebung, S. 293) im öffentlichen
Interesse vorgeschrieben. Zwar können die neuen
Innungen (s. d.) durch
Statut die Meisterprüfung unter ihre Aufnahmebedingungen stellen.
Doch ist diese
Prüfung keine allgemein obligatorische, da der
Eintritt in eine
Innung nicht
Bedingung für
die Befugnis zum
Gewerbebetrieb ist. Solange die
Innungen nicht obligatorisch sind, könnte die Meisterprüfung mittelbar und
thatsächlich nur dadurch zu einer allgemeinen werden, daß den
Innungen weitergehende
Rechte verliehen werden, welche den
außerhalb der
Innung stehenden Gewerbtreibenden den Wettbewerb erschweren oder unmöglich machen.
Einmal bezeichnet man damit
Künstler der ältesten Zeit, von denen man nur den Vornamen weiß (Meister
Wilhelm).
Dann braucht
man es von Künstlern, deren
Namen uns entweder ganz unbekannt, oder nur in einem
Monogramm
erhalten sind, und die man nach ihren Hauptwerken bezeichnet, so: der Meister der Lyversbergschen
Passion, kölnischer
Maler um
1463-80, der Meister vom
Tode Mariä, kölnischer Meister um 1515-30, der Meister der Hirscherschen Sammlung (jetzt als
BernhardStrigel [s. d.]
ermittelt);
von den Kupferstechern: der
E. S. von 1466, der Meister mit den Bandrollen, der Meister mit dem
Würfel,
italienischer
Stecher um 1520-40, etc. Im weitern
Sinn nennt man Meister jeden
Künstler, welcher es zu hervorragender Bedeutung
gebracht hat. S. auch
Kleinmeister.
die aus dem mittelalterlichen Minnegesang in
Deutschland
[* 8] hervorgegangene
Lyrik, welche im 14., 15. und 16. Jahrh.
und zwar fast ausschließlich in
den
Kreisen des Handwerkerstands eifrig gepflegt wurde. Die immer höher
gesteigerte Künstlichkeit der Minnepoesie machte ein förmliches Erlernen ihrer formellen
Regeln notwendig, und als die höfischen
und ritterlichen
Kreise
[* 9] die Übung der
Dichtkunst aufgaben und diese mehr und mehr in der bürgerlichen
Sphäre heimisch wurde,
ward hier die handwerksmäßige Behandlung der
Poesie, die regelrechte Verskünstelei, in noch bei weitem
höherm
Maß herrschend als bei den letzten Vertretern der höfischen Minnedichtung.
Die Vereinigungen der
»Liebhaber des deutschen Meistergesangs«, wie sich die Genossen nannten, bildeten
in sich fest gegliederte
Körperschaften, die in aufsteigender
Linie die
Stufen der
Schüler, Schulfreunde,
Sänger, Dichter und
Meister
umfaßten. Strengen
Regeln unterlag die
Kunst des
Gesanges; eine Art
Gesetzbuch, worin dieselben aufgestellt waren, hieß die
Tabulatur. Das
Lied selbst führte den
NamenBar oder
Gesetz, die
Melodie wurde
Ton oder
Weise genannt. Zu den überliefertenTönen
älterer
Sänger wurden fortwährend neue erfunden, und nur wer eine neue
Weise erfunden und fehlerfrei vorgetragen hatte,
erfreute sich der Ernennung zum
Meister.
Alle Meisterlieder wurden singend, jedoch ohne Musikbegleitung vorgetragen, daher die ältern
Formen des
Leichs und Spruchs
allmählich vor den sangbareren des
Liedes schwanden. Die Übungen hießen das »Schulesingen«,
sie fanden auf dem
Rathaus, an
Sonntagen in der
Kirche statt; drei große »Festschulen« wurden zu
Ostern,
Pfingsten und
Weihnachten
abgehalten, hierbei aber nur biblische
Stoffe gewählt, während bei minder feierlichen Gelegenheiten auch Gegenstände weltlicher
Art, wohl auch in ehrbar scherzhafter
Weise, hier und da in Dichterwettkämpfen, behandelt werden durften.
Den Vorsitz der
Schule hatte das sogen. Gemerk, bestehend aus dem
Büchsenmeister
(Kassierer), Schlüsselmeister (Verwalter),
Werkmeister und Kronmeister.
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mehr
In den festlich geschmückten Kirchen oder Rathaussälen begann vor zahlreicher Zuhörerschaft das Schulesingen. Die Meister
bestiegen der Reihe nach den Singestuhl; den Singenden wurde von den drei Merkern scharf aufgepaßt, ob sie sich kein »Versingen«,
d. h. keinen Verstoß gegen die Regeln der Tabulatur, zu schulden kommen ließen. Solche Fehler konnten
begangen werden durch Abweichungen von der strengen Verslehre, durch sprachliche Inkorrektheiten (wobei die BibelübersetzungLuthers maßgebendes Vorbild war), durch Verstöße gegen die hergebrachte Sitte etc. Wer »versungen« hatte, mußte den Stuhl
verlassen, während derjenige, der »in der Kunst glatt« war, von dem Kronmeister gekrönt wurde, wobei der erste Preis, der
sogen. Davidsgewinner, in einem silbernen Gehänge mit einer Schaumünze, auf der König David, die Harfe spielend, abgebildet
war, der zweite Preis in einem Kranz von seidenen Blumen bestand.
Beide Auszeichnungen wurden jedoch nur für den einen Tag des Schulesingens verteilt. Zahllos waren die aus dreiteiligen Strophen
gebildeten Töne, die zum Teil nach ihren Erfindern, zum Teil aber auch mit frei gewählten, unglaublich
wundersamen und meist überaus lächerlichen Namen bezeichnet wurden. So gab es einen Marners Hofton, einen Hofton des Tannhäusers,
den roten TonPeterZwingers, den Blütenton Frauenlobs, den abgeschiedenen Ton Lienhard Nunnenbecks, eine HansSachsens Spruchweis
etc., daneben eine Gestreiftsafranblümleinweis, eine Fettdachsweis, Vielfraßweis,
Cliusposaunenweis, Offenehelmweis, geblümte Paradiesweis, Schwarztintenweis u. a. Es versteht
sich von selbst, daß der Meistergesang seiner ganzen Entstehung und Übung nach nicht dazu angethan war, wirkliche
Poesie ins Leben zu rufen.
Schon daß die Erfindung neuer Töne, und was damit zusammenhing, neuer Strophenformen eine Hauptsache bei der
Kunst des Meistersingens war, brachte Überkünstelung, mühseliges Reimezusammenschweißen, gänzliches Vorwalten formeller
Handwerksmäßigkeit mit sich. Durchgängig ist den Meisterliedern lehrhaft hausbackenes Wesen eigentümlich, Fabeln und Gleichnisse
bieten sich als beliebteste Stoffe. Um neue Verse zu bilden, häufte man Vers auf Vers zu abenteuerlicher Unförmlichkeit der
Strophengebäude; kurz, ein ästhetischer Gehalt ist im M. so gut wie gar nicht vorhanden.
Um so erfreulicher ist die kulturhistorische Seite dieser merkwürdigen Erscheinung der deutschen Geistesgeschichte. Ein Kind
des kräftig aufblühenden Städtewesens, trägt der Meistergesang in seinen Übungen und Erzeugnissen durchweg die
Merkmale ehrsam bürgerlicher Tüchtigkeit, Sittenstrenge und frommer Anhänglichkeit an das von den Vätern
Überlieferte. Mitten in einem sittlich versunkenen Zeitalter erhebt sich in ihm ein zwar poesieloses, künstlerisch dürftiges,
aber von wackerstem, treuherzig biederm Sinn erfülltes Streben nach edlem geistigen Thun. Es ist dabei charakteristisch, daß
die Pfleger des Meistersingens zumeist der neuen reformatorischen Kirchenlehre zugethan waren.
Das geistige Leben des Meistergesangs hat sogar das Reformationszeitalter nicht überdauert, wenn auch
einzelne Schulen ihre Thätigkeit still und treu bis tief ins 18. Jahrh. und später fortgesetzt
haben, wie denn z. B. in Ulm noch 1830 zwölf alte Singmeister vorhanden waren, von denen die vier zuletzt Übriggebliebenen
den alten Meistergesang feierlich beschlossen und ihr Inventar dem Ulmer Liederkranz vermacht haben. Unter den ältern
Meistersingern galten für besonders kunstfertig: Heinrich von Müglin, Muskatblüt, MichaelBehaim,
HansRosenplüt, HansFolz, HansSachs und Adam Puschmann.