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Bausteine, Zucker, [* 2] Kaffee, Wein, Bier, Heringe, Käse, Tabak, [* 3] Manufaktur- und Industrieerzeugnisse. In Mecklenburg-Strelitz besteht die Ausfuhr ebenfalls größtenteils in Natur- und landwirtschaftlichen Produkten. Mecklenburg-Schwerin besitzt gegenwärtig 1600, Mecklenburg-Strelitz 321 km Chausseen. In ersterm haben die Eisenbahnen eine Länge von 771 km, in letzterm von 181 km. Mecklenburg-Schwerin hat eine sehr ansehnliche Reederei. Nach amtlichen Angaben besaß Rostock [* 4] Ende 1885: 298 Seeschiffe von 98,854 Ton. und 5 Nachprahmer und Lichter von 170 T., zusammen 303 Schiffe [* 5] von 99,024 T.;
Wismar [* 6] 44 Seeschiffe von 23,397 cbm. 1886 liefen zu Warnemünde (Rostock) 986 Schiffe ein und 995 aus, während zu Wismar 467 Schiffe ein- und 470 ausliefen.
Als Förderungsmittel für Handel und Verkehr sind zu nennen: die Bank zu Rostock, die Lebensversicherungs- und Sparbank, die Bodenkreditbank zu Schwerin, [* 7] welche Geldgeschäfte aller Art vermitteln, aber keine Noten ausgeben. Sparkassen gab es Ende 1886 in Mecklenburg-Schwerin 36, in Mecklenburg-Strelitz 9, zusammen mit einer Geldeinlage von über 35 Mill. Mk.
[Verfassung und Verwaltung.]
Beide Großherzogtümer haben gemeinschaftliche Landstände. Das Grundgesetz ist der Erbvergleich vom vereinbart zwischen dem Herzog von Mecklenburg-Schwerin und seinen Ständen, dem Mecklenburg-Strelitz durch die Agnitionsakte vom beitrat. In Mecklenburg-Schwerin ist gegenwärtig Regent Großherzog Friedrich Franz III. (seit in Mecklenburg-Strelitz Großherzog Friedrich Wilhelm (seit In beiden Ländern ist der Thron [* 8] nach dem Rechte der Erstgeburt und nach der Linealerbfolge im Mannesstamm erblich.
Beide großherzogliche Häuser sind durch Hausverträge von 1701 und 1755 verbunden, und es succediert im Fall des Aussterbens der einen Linie die andre. Beim Erlöschen beider Häuser geht die Thronfolge auf Preußen [* 9] über. Nach dem Hausgesetz vom tritt die Volljährigkeit des Großherzogs in beiden Ländern mit vollendetem 19. Lebensjahr ein. Beide Großherzöge bekennen sich zur evangelisch-lutherischen Kirche. Obwohl alle Staatsbürger vor dem Gesetz gleich und allen die Staatsämter auf gleiche Weise zugänglich sind, so haben doch die Rittergutsbesitzer, adlige und bürgerliche, große Real- und Personalvorrechte.
Sie besitzen das Landstandsrecht, die Jagdgerechtigkeit und oft auch das Patronatsrecht. Leibeigenschaft und Gutsunterthänigkeit sind 1824 aufgehoben worden. Die Landstände beider Großherzogtümer bilden seit 1523 eine gemeinschaftliche Körperschaft, die »Landesunion«, und bestehen aus der Ritterschaft, zu der alle Besitzer ritterschaftlicher Hauptgüter in dem Mecklenburgischen, Wendischen und Stargardschen Kreis [* 10] gehören, und der Landschaft, welche 48 landtagsfähige Städte umfaßt.
Von der Ritterschaft werden zugleich die Bauern und Hintersassen, von der Landschaft die Bürger der Städte repräsentiert. Beide Stände, Ritter und Landschaft, gliedern sich nach den Kreisen, dem Mecklenburgischen, Wendischen und Stargardschen. Außerhalb der ständischen Verfassung stehen das Fürstentum Ratzeburg und die Städte Wismar und Neustrelitz, [* 11] welche daher nicht auf dem Landtag vertreten sind. Die Zahl der Gutsherren, welche gegenwärtig Mitglieder der Ritterschaft sind, beträgt im Mecklenburgischen und Wendischen Kreis 631, worunter 295 bürgerliche, im Stargardschen Kreis 49, worunter 17 bürgerliche.
An der Spitze der Ritterschaft stehen 3 Erblandmarschälle, je einer für jeden Kreis. Zur Landschaft gehören die Stadt Rostock, 20 Städte im Mecklenburgischen, 20 im Wendischen und 7 im Stargardschen Kreis. Die Ausübung des landstandschaftlichen Rechts geschieht hier durch die Magistrate und zwar durch die Bürgermeister. Jeder Gutsbesitzer hat dasselbe Stimmrecht wie jede einzelne Stadt, doch kann die Landschaft sich zu besonderer Beschlußfassung vereinigen (itio in partes).
Das Direktorium der Landschaft führen die drei Vorderstädte, Parchim für den Mecklenburgischen, Güstrow [* 12] für den Wendischen und Neubrandenburg [* 13] für den Stargardschen Kreis, dasjenige der Ritterschaft die 3 Landmarschälle und 8 Landräte. Die Landtage werden alljährlich im Spätherbst abwechselnd in den Städten Sternberg und Malchin auf Berufung von seiten der beiderseitigen Landesherren abgehalten. Außerhalb des Landtags vertritt ein engerer Ausschuß von 9 Mitgliedern, nämlich aus 2 Landräten, 4 landschaftlichen und 3 ritterschaftlichen Deputierten bestehend, als ein die gesamte Ritter- und Landschaft vorstellendes, permanentes Kollegium, welches zu Rostock seinen Sitz hat, die gesamten Stände, solange diese nicht versammelt sind.
Als repräsentatives Kollegium für private ritterschaftliche Angelegenheiten besteht noch ein engerer Ausschuß der Ritterschaft, ebenfalls zu Rostock. Von den Landtagen verschieden sind die sogen. Konvokations- und Deputationstage: jene sind ad hoc berufene Versammlungen der Stände eines oder des andern der beiden Staaten zur Verhandlung wichtiger und eiliger Sonderangelegenheiten;
diese werden aus von den Ständen zu Landeskonventen und gemeinsamen Angelegenheiten Deputierten gebildet, welche nach Bedürfnis zu nicht von der Landesherrschaft ausgeschriebenen Zusammenkünften, und zwar zu allgemeinen Landeskonventen und zu besondern Kreis- und Amtskonventen, zusammentreten.
Was die Gemeindeverfassung betrifft, so gibt es außer in den Städten nur noch in dem landesherrlichen Domanium Gemeinden, von denen letztere nur für innere Gemeindeangelegenheiten bestimmt sind; sonst bestehen ländliche Gemeinden bloß in kirchlicher Beziehung. In den Städten ist die Gemeindeverfassung sehr verschieden, namentlich genießen Rostock und Wismar bedeutende Vorrechte. In den Landstädten stehen 1-2 Bürgermeister und das Ratskollegium (Magistrat) an der Spitze der Verwaltung, in den Domanialgemeinden Schulzen, Schöffen und Beiräte. Zur Vertretung der Bürgerschaft wird ein Bürgerausschuß durch Wahl aus der Mitte der Bürger gebildet. Die herrschende Staatskirche ist in ganz Mecklenburg die evangelisch-lutherische; die reformierte und katholische Konfession werden in kirchlicher Beziehung nur geduldet. Die obersten kirchlichen Behörden sind der Oberkirchenrat für Mecklenburg-Schwerin und das Konsistorium für Mecklenburg-Strelitz.
Die oberste Leitung der verschiedenen Zweige der Staatsverwaltung haben im Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin vier Ministerien (für die auswärtigen Angelegenheiten, für das Innere, für die Justiz, welches zugleich die geistlichen und Schulangelegenheiten umfaßt, und für die Finanzen), die nach der Verordnung vom errichtet worden sind, und deren Vorstände das Staatsministerium bilden. Die großherzogliche Militärverwaltung gehört in das Ressort des Militärdepartements, welches unmittelbar unter dem Großherzog steht. Im Großherzogtum Mecklenburg-Strelitz ist das Staatsministerium zu Neustrelitz die höchste Behörde, repräsentiert durch einen Staatsminister. Der Geschäftskreis der Ministerien wurde in Mecklenburg-Schwerin durch die landesherrliche Verordnung vom näher bestimmt. ¶
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Rechtspflege. Mecklenburg-Schwerin besitzt ein Oberlandesgericht zu Rostock, 3 Landgerichte zu Güstrow, Rostock und Schwerin, 43 Amtsgerichte, eine Landesstrafanstalt zu Dreibergen, ein Zentralgefängnis zu Bützow; Mecklenburg-Strelitz besitzt ein Landgericht zu Neustrelitz und 9 Amtsgerichte, ein Landarbeits- und Zuchthaus in Strelitz. Das Oberlandesgericht zu Rostock ist beiden Großherzogtümern gemeinsam, ebenso die Schwurgerichtssitzungen zu Güstrow.
Über die Finanzen gelangt in beiden Großherzogtümern nichts an die Öffentlichkeit, und es besteht auch kein allgemeines Staatsbudget. Nach dem Gothaer »Statistischen Jahrbuch« sind in Mecklenburg-Schwerin drei Systeme des Finanzwesens zu unterscheiden: die landesherrliche Verwaltung mit einem (1887-88) auf 15 ⅓ Mill. Mk. geschätzten Etat, dessen Einnahmen aus den Erträgnissen der Domänen, aus der ordentlichen Kontribution und aus mit den Ständen zu besondern Zwecken vereinbarten bestimmten Zuschüssen (aus diesen Einnahmen ist die landesherrliche Verwaltung verpflichtet, den eigentlichen Regierungsaufwand, einschließlich der Matrikularbeiträge zur Reichskasse, zu bestreiten); dann der ordentliche Etat der gemeinsamen oder landesherrlich-ständischen Finanzverwaltung mit Einnahmen und Ausgaben von (1887-88) 4,209,000 Mk. (inkl. 174,000 Mk. für Schuldentilgung) und die rein ständische Finanzverwaltung, die über verhältnismäßig nur kleine Mittel zu gebieten hat.
Die Schulden des Großherzogtums Mecklenburg-Schwerin betrugen 1887 für den landesherrlichen Etat 32,895,100 Mk. (wovon für 23½ Mill. Mk. die Eisenbahnaktiengesellschaft Verzinsung und Amortisation übernommen hat), für die landesherrlich-ständischen Kassen 8,789,800 Mk., im ganzen 41 ⅔ Mill. Mk. Diesen Passiven standen jedoch der Domanialkapitalfonds mit 23,824 Mill., der Elbzollfonds mit 3 Mill., der Kriegskostenentschädigungsfonds mit 180,000 Mk. und die Kapitalien der Renterei mit 2,35 Mill., zusammen 29 ⅓ Mill. Mk., an Aktiven gegenüber. Die Matrikularbeiträge von Mecklenburg-Schwerin sind (1887-88) auf 1,871,401 Mk., von Mecklenburg-Strelitz auf 325,173 Mk. veranschlagt. - Zum deutschen Reichsheer stellen beide Großherzogtümer das Grenadierregiment Nr. 89, das Füsilierregiment Nr. 90, das Jägerbataillon Nr. 14, die Dragonerregimenter Nr. 17 und 18 und 4 Batterien des holsteinischen Feldartillerieregiments Nr. 24. Auf Mecklenburg-Strelitz speziell entfallen davon: das 2. Bataillon des Grenadierregiments Nr. 89 sowie die 6. Batterie der mecklenburgischen Abteilung Nr. 3 des holsteinischen Feldartillerieregiments Nr. 24. Infanterie und Kavallerie gehören der 17. Division und mit der Artillerie dem 9. deutschen Armeekorps an. Die Militärkonvention mit Preußen datiert bei beiden Staaten seit Dezember 1872.
[Wappen, Orden.]
Das mecklenburgische Wappen [* 15] enthält sechs Felder und einen Mittelschild; die erstern zeigen die Wappenzeichen von Mecklenburg (schwarzer, gekrönter Stierkopf mit silbernen Hörnern im goldenen Grund, s. Tafel »Wappen«),
Rostock, Fürstentum Schwerin, Ratzeburg, Stargard, [* 16] Wenden; der Mittelschild (zur einen Hälfte rot, zur andern golden) zeigt das Zeichen der Grafschaft Schwerin. Das Wappen wird von einem Stier und einem Greif [* 17] gehalten und von der Königskrone bedeckt. Die Landesfarbe ist rot, gelb und blau; die Landesflagge blau, weiß und rot, wagerecht geteilt. Als Ritterorden ward 1864 der großherzogliche Hausorden der Wendischen Krone von beiden Großherzögen und 1884 vom Großherzog von Mecklenburg-Schwerin der Greifenorden gestiftet, von denen jeder Großkreuze (mit der Krone in Erz oder in Gold), [* 18] Großkomture, Komture und Ritter umfaßt (s. Tafel »Orden«, [* 19] Fig. 6). Als Ehrenzeichen werden verliehen in Mecklenburg-Schwerin eine Medaille in Gold und Silber, eine Verdienstmedaille in Gold, Silber und Bronze [* 20] (gestiftet ein goldenes Militärdienstkreuz für Offiziere nach 25jähriger Dienstzeit, ein Dienstkreuz für Soldaten nach 10-25jähriger Dienstzeit, ein Militärverdienstkreuz für Auszeichnung im Krieg (1848 gestiftet), eine Landwehrdienstauszeichnung (1874 gestiftet); in Mecklenburg-Strelitz dieselben Militärdienstkreuze. Die Flagge s. auf Tafel »Flaggen [* 21] II«. [* 22] Die Residenzen des Großherzogs von Mecklenburg-Schwerin sind Schwerin und Ludwigslust, neben denen es noch sechs fürstliche Schlösser gibt; der Großherzog von Mecklenburg-Strelitz residiert in Neustrelitz und besitzt außerdem noch fünf Schlösser.
Vgl. Raabe, Mecklenburgische Vaterlandskunde (Wism. 1857-63, 3 Bde.);
Boll, Abriß der Mecklenburger Landeskunde (das. 1862);
Geinitz, Übersicht über die Geologie [* 23] Mecklenburgs (Güstrow 1884);
Derselbe, Die Seen, Moore und Flußläufe Mecklenburgs (das. 1886);
Derselbe, Der Boden Mecklenburgs (Stuttg. 1885);
Böhlau, Fiskus, landesherrliches und Landesvermögen in Mecklenburg (Rostock 1877);
Balck, Finanzverhältnisse in Mecklenburg. (Schwer. 1877-78, 2 Bde.);
Derselbe, Landschulwesen in Mecklenburg-Schwerin (Wism. 1880);
Büsing, Staatsrecht der Großherzogtümer Mecklenburg (in Marquardsens »Handbuch des öffentlichen Rechts«, Bd. 3, Stuttg. 1884);
Bartsch, Sagen, Märchen und Gebräuche aus Mecklenburg (Wien [* 24] 1880, 2 Bde.);
die offiziellen »Staatskalender« und die Veröffentlichungen des Statistischen Büreaus zu Schwerin (»Beiträge zur Statistik Mecklenburgs«).
Geschichte.
Zu Tacitus' Zeit wohnten im heutigen Mecklenburg Vandalen, darunter eine ihrer Völkerschaften, die Warner (vielleicht an der Warnow). Um die Mitte des 6. Jahrh. nahmen die von den ausgewanderten Vandalen verlassenen Sitze slawische Völker ein: im W. die Obotriten (ihr Hauptort war Michilenburg, dessen Wallreste beim Dorf Mecklenburg südlich von Wismar zu sehen sind), im O. Leutitier (auch Wilzen genannt), im S. Redarier. Karl d. Gr., von dem Obotritenfürsten Witzin gegen die Wilzen zu Hilfe gerufen, zwang 789 letztere zur Unterwerfung.
Wie die Wilzen, fielen auch die Obotriten im 9. Jahrh. mehrfach vom fränkischen Reich wieder ab; wenn sie auch wieder unterworfen wurden, so ist dennoch ihre Bekehrung zum Christentum damals nicht gelungen. Erst Heinrich I., der 928-931 die Slawen Mecklenburgs von neuem unterwarf, nötigte vielen die Taufe auf. Otto I. übergab dem Markgrafen Gero die Mark an der Elbe, errichtete die Bistümer Havelberg [* 25] 946 und Oldenburg [* 26] 948, welchen auch Mecklenburg zugeteilt ward, und unterwarf den Obotriten Mistiwoi noch einmal 967. Doch dieser bewog 983 die Slawen zur allgemeinen Empörung, zum Abfall vom Christentum; Herzog Gottschalk (s. Gottschalk 2) stellte dieses 1046 zwar wieder her, wurde aber 1066 ermordet, worauf sein Volk sich den alten Göttern wieder zuwandte. Sein Sohn Heinrich erkannte zwar um 1093 die Lehnshoheit der sächsischen Herzöge an, zwang aber, obwohl selbst Christ, den Seinen den neuen Glauben nicht auf. Kaiser Lothar II. verlieh 1125 das Land an den Herzog Knut Laward von Schleswig, [* 27] nach dessen Ermordung 1131 sich Pribislav Wagrien, Niklot das Obotritenland aneignete. Erst nach langwierigen Kriegen gelang es 1160 dem Herzog Heinrich dem Löwen [* 28] von Sachsen, [* 29] das Land wieder vollständig zu ¶