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vorgeschrieben ist. Zur Bildung von Lehrern bestehen ein großherzogliches Landschullehrerseminar zu Neukloster für die großherzoglichen Domänen und das Seminar für ritterschaftliche Schullehrer zu Lübtheen. Ferner bestehen bei Schwerin [* 2] eine Idioten-, zu Neukloster eine Blinden-, zu Ludwigslust eine Taubstummenanstalt. Gymnasien sind zu Schwerin, Parchim, Güstrow, [* 3] Rostock, [* 4] Wismar, [* 5] Waren, Doberan;
selbständige Realgymnasien zu Schwerin, Güstrow, Ludwigslust, Bützow, Malchin und Rostock;
Realprogymnasien zu Grabow und Ribnitz;
endlich 5 höhere Töchterschulen.
Navigationsschulen sind in Wustrow und Rostock, Navigations-Vorbereitungsschulen zu Dänendorf und Dierhagen; Ackerbauschulen befinden sich zu Dargun und Zarrentin. Landesuniversität ist Rostock, 1419 gestiftet, mit vier Fakultäten. Eine Irrenheilanstalt ist zu Sachsenberg bei Schwerin, eine Heil- und Pfleganstalt zu Rostock. In Mecklenburg-Strelitz ergab die Volkszählung von 1885: 98,371 Seelen (1880: 100,269 Einw.), also auch hier gegen die vorige Zählung eine Abnahme der Bevölkerung [* 6] von 1898 Seelen.
Mecklenburg-Strelitz zählte 9 Städte, 2 Marktflecken, 218 Landgüter oder Höfe (darunter 83 ritterschaftliche Hauptgüter) und etwa 220 Dörfer und Gehöfte. Die herrschende Religion ist ebenfalls die evangelisch-lutherische; Andersgläubige sind wenige Reformierte, 294 Katholiken und 458 Israeliten. Man zählte 1886: 216 Landschulen, 12 Bürger- und Stadtschulen, ein Landschullehrerseminar zu Mirow, 2 höhere Töchterschulen, 3 Gymnasien (zu Neustrelitz, [* 7] Neubrandenburg [* 8] und Friedland) und 2 Realschulen (in Neustrelitz und Schönberg).
[Landwirtschaft.]
Hauptbeschäftigung der Einwohner bildet die Landwirtschaft. Von dem gesamten Areal sind in Mecklenburg-Schwerin nur 11,9, in Mecklenburg-Strelitz 20,9 Proz. nicht bebaut oder sonst landwirtschaftlich nicht benutzt; das Acker- und Gartenland umfaßt in Mecklenburg-Schwerin 57,1 Proz., die Wiesen 8,2, die Weiden 5,8 und die Waldungen 17 Proz. des Areals; in Mecklenburg Strelitz resp. 47,7, 7,1, 3,4 und 20,9 Proz. Der Ackerbau liefert Getreide [* 9] weit über den Bedarf und eine beträchtliche Quantität zur Ausfuhr. Die Hauptfrucht ist Roggen, doch wird in neuerer Zeit auch immer mehr Weizen gebaut; jener gibt auf den besten Äckern 10-, dieser 10-14-, Gerste [* 10] 8-12-, Hafer [* 11] 5-10fältigen Ertrag. Mais wird nur hier und da, Buchweizen aber häufig auf sandigem Boden, oft bis zu 20fältigem Ertrag und darüber, gebaut. In dem Zeitraum von 1878 bis 1883 wurden jährlich durchschnittlich vom Hektar in Tonnen (zu 1000 kg) geerntet:
Mecklenburg-Schwerin | Mecklenburg-Strelitz | |
---|---|---|
Roggen | 1.42 | 1.09 |
Weizen | 1.87 | 1.55 |
Gerste | 1.71 | 1.50 |
Kartoffeln | 11.42 | 11.34 |
Hafer | 1.49 | 1.28 |
Andre Produkte des Ackerbaues sind: Runkelrüben und Zuckerrüben, Raps und Rübsen (fast auf allen Gütern mit geeignetem Boden), Flachs und Hanf (in geringer Menge), Tabak [* 12] (1885-86: 330 Ton. Tabaksblätter). Der Gartenbau blüht in den Städten und in den ihnen benachbarten wohlhabendern Dörfern. An mehreren Orten sind Maulbeerbäume angepflanzt. Zur Hebung [* 13] der Landwirtschaft und mittelbar der Gewerbe bestehen der Verein kleinerer Landwirte und der Mecklenburgische Patriotische Verein, die sich in Zweigvereinen über das ganze Land verteilen, landwirtschaftliche und gewerbliche Ausstellungen veranstalten, Unterstützungen zur Förderung ihres Zwecks verleihen u. dgl. m. Was den Viehstand betrifft, so zählte man in beiden Großherzogtümern:
Mecklenburg-Schwerin | Mecklenburg-Strelitz | Zusammen | |
---|---|---|---|
Pferde | 88146 | 17280 | 105426 |
Rinder | 270088 | 41532 | 311620 |
Schafe | 939097 | 188078 | 1127175 |
Ziegen | 23534 | 8579 | 32113 |
Schweine | 225720 | 35735 | 261455 |
Die Pferde [* 14] gehören zu den kräftigsten Deutschlands; [* 15] ein Landgestüt ist zu Redesin. Die Rindviehzucht hebt sich immer mehr; Butter wird in bedeutender Menge ausgeführt. Auch die Schafzucht ist hoch entwickelt, und Mecklenburg steht in der Züchtung reichwolliger und kräftiger Merinoschafe allen andern deutschen Ländern voran. Die Wollproduktion ist bedeutend; der Umsatz auf den inländischen Wollmärkten des Großherzogtums Mecklenburg-Schwerin betrug 1886: 660,000 kg. Auch die Schweinezucht ist trefflich.
Federviehzucht wird allgemein, Bienenzucht [* 16] nur in einzelnen Gegenden betrieben. Die Fischerei [* 17] ist der vielen Gewässer wegen ein sehr bedeutender Erwerbszweig. Wildbret kommt in den ausgedehnten Waldungen noch in Menge vor, besonders Hoch- und Schwarzwild. Was die Forstkultur anlangt, so entfallen in Mecklenburg-Schwerin etwa 46,4 Proz., in Mecklenburg-Strelitz 68,9 Proz. der gesamten Waldfläche auf die Staatsforsten. Bergbau [* 18] wird nur auf Braunkohlen bei Malliß in Mecklenburg-Schwerin betrieben; hier gewinnt man auch Kochsalz zu Sülze.
Torf kommt in großer Quantität vor; ein Gipsbruch ist zu Lübtheen in Betrieb. Der Raseneisenstein, welcher sich in den feuchten Niederungen, in Sümpfen der Heidegegenden bildet, wird nur als Baustein benutzt. Im östlichen Teil von Mecklenburg-Schwerin tritt mehrfach Kreide [* 19] zu Tage, die gewöhnlich zu Kalk verbrannt wird; Wiesenkalk, Mergel, Ziegel- und Töpferthon sowie Walkererde kommen fast überall vor. Bernstein [* 20] liefern die Ostsee und der Müritzsee sowie die nahe der Ostsee gelegenen Torfmoore.
[Industrie und Handel.]
Die gewerbliche Thätigkeit ist von geringer Bedeutung. Nach der Berufszählung vom waren in Mecklenburg-Schwerin nur 23,2, in Mecklenburg-Strelitz 24,6 Proz. (die Angehörigen inbegriffen) der Bevölkerung in der Industrie, 7,76, resp. 7,92 Proz. in Handel und Verkehr thätig, während auf Land- und Forstwirtschaft, Tierzucht und Fischerei 51, resp. 49,47 Proz. entfielen. Die Industrie beschäftigte insgesamt in Mecklenburg-Schwerin 55,614 Personen (darunter 24,094 Selbständige für eigne Rechnung), in Mecklenburg-Strelitz 9794 Personen (darunter 4453 Selbständige). Es gibt Eisengießereien und Bauanstalten für landwirtschaftliche Maschinen, Wagenfabriken, Ziegeleien, Rübenzuckerfabriken (1885-86 Produktion 14,817 Ton. Rohzucker), Branntweinbrennereien, Bierbrauereien (345,300 hl Produktion); Tabaks- und Zigarren-, Strohhut-, Papier-, Wollwarenfabriken, Lohgerbereien etc. Der Handel ist lebhaft, besonders in Mecklenburg-Schwerin, dessen Lage zwischen der Ostsee und der Elbe, die durch eine nach Hamburg [* 21] und Berlin [* 22] führende Eisenbahn verbunden sind, den Verkehr ausnehmend begünstigt.
Die wichtigsten Plätze für den auswärtigen Handel sind Rostock mit Warnemünde und Wismar. Bedeutende Wollmärkte werden zu Güstrow, Wismar, Neubrandenburg und Rostock, frequente Pferdemärkte zu Altstrelitz, Rostock und Neubrandenburg abgehalten. Die Einfuhr geschieht größtenteils zur See, die Ausfuhr per Eisenbahn. Die bedeutendsten Ausfuhrartikel sind: Getreide, Mehl, [* 23] Butter, Mastvieh, Pferde, Schafe, [* 24] Schweine, [* 25] Fische, [* 26] Kartoffeln, Spiritus, [* 27] Holz, [* 28] Lein- und Rübsamen, Wolle etc.;
Haupteinfuhrartikel: Steinkohlen, Bau- und Nutzholz, Kochsalz, Eisen, [* 29] ¶
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Bausteine, Zucker, [* 31] Kaffee, Wein, Bier, Heringe, Käse, Tabak, Manufaktur- und Industrieerzeugnisse. In Mecklenburg-Strelitz besteht die Ausfuhr ebenfalls größtenteils in Natur- und landwirtschaftlichen Produkten. Mecklenburg-Schwerin besitzt gegenwärtig 1600, Mecklenburg-Strelitz 321 km Chausseen. In ersterm haben die Eisenbahnen eine Länge von 771 km, in letzterm von 181 km. Mecklenburg-Schwerin hat eine sehr ansehnliche Reederei. Nach amtlichen Angaben besaß Rostock Ende 1885: 298 Seeschiffe von 98,854 Ton. und 5 Nachprahmer und Lichter von 170 T., zusammen 303 Schiffe [* 32] von 99,024 T.;
Wismar 44 Seeschiffe von 23,397 cbm. 1886 liefen zu Warnemünde (Rostock) 986 Schiffe ein und 995 aus, während zu Wismar 467 Schiffe ein- und 470 ausliefen.
Als Förderungsmittel für Handel und Verkehr sind zu nennen: die Bank zu Rostock, die Lebensversicherungs- und Sparbank, die Bodenkreditbank zu Schwerin, welche Geldgeschäfte aller Art vermitteln, aber keine Noten ausgeben. Sparkassen gab es Ende 1886 in Mecklenburg-Schwerin 36, in Mecklenburg-Strelitz 9, zusammen mit einer Geldeinlage von über 35 Mill. Mk.
[Verfassung und Verwaltung.]
Beide Großherzogtümer haben gemeinschaftliche Landstände. Das Grundgesetz ist der Erbvergleich vom vereinbart zwischen dem Herzog von Mecklenburg-Schwerin und seinen Ständen, dem Mecklenburg-Strelitz durch die Agnitionsakte vom beitrat. In Mecklenburg-Schwerin ist gegenwärtig Regent Großherzog Friedrich Franz III. (seit in Mecklenburg-Strelitz Großherzog Friedrich Wilhelm (seit In beiden Ländern ist der Thron [* 33] nach dem Rechte der Erstgeburt und nach der Linealerbfolge im Mannesstamm erblich.
Beide großherzogliche Häuser sind durch Hausverträge von 1701 und 1755 verbunden, und es succediert im Fall des Aussterbens der einen Linie die andre. Beim Erlöschen beider Häuser geht die Thronfolge auf Preußen [* 34] über. Nach dem Hausgesetz vom tritt die Volljährigkeit des Großherzogs in beiden Ländern mit vollendetem 19. Lebensjahr ein. Beide Großherzöge bekennen sich zur evangelisch-lutherischen Kirche. Obwohl alle Staatsbürger vor dem Gesetz gleich und allen die Staatsämter auf gleiche Weise zugänglich sind, so haben doch die Rittergutsbesitzer, adlige und bürgerliche, große Real- und Personalvorrechte.
Sie besitzen das Landstandsrecht, die Jagdgerechtigkeit und oft auch das Patronatsrecht. Leibeigenschaft und Gutsunterthänigkeit sind 1824 aufgehoben worden. Die Landstände beider Großherzogtümer bilden seit 1523 eine gemeinschaftliche Körperschaft, die »Landesunion«, und bestehen aus der Ritterschaft, zu der alle Besitzer ritterschaftlicher Hauptgüter in dem Mecklenburgischen, Wendischen und Stargardschen Kreis [* 35] gehören, und der Landschaft, welche 48 landtagsfähige Städte umfaßt.
Von der Ritterschaft werden zugleich die Bauern und Hintersassen, von der Landschaft die Bürger der Städte repräsentiert. Beide Stände, Ritter und Landschaft, gliedern sich nach den Kreisen, dem Mecklenburgischen, Wendischen und Stargardschen. Außerhalb der ständischen Verfassung stehen das Fürstentum Ratzeburg und die Städte Wismar und Neustrelitz, welche daher nicht auf dem Landtag vertreten sind. Die Zahl der Gutsherren, welche gegenwärtig Mitglieder der Ritterschaft sind, beträgt im Mecklenburgischen und Wendischen Kreis 631, worunter 295 bürgerliche, im Stargardschen Kreis 49, worunter 17 bürgerliche.
An der Spitze der Ritterschaft stehen 3 Erblandmarschälle, je einer für jeden Kreis. Zur Landschaft gehören die Stadt Rostock, 20 Städte im Mecklenburgischen, 20 im Wendischen und 7 im Stargardschen Kreis. Die Ausübung des landstandschaftlichen Rechts geschieht hier durch die Magistrate und zwar durch die Bürgermeister. Jeder Gutsbesitzer hat dasselbe Stimmrecht wie jede einzelne Stadt, doch kann die Landschaft sich zu besonderer Beschlußfassung vereinigen (itio in partes).
Das Direktorium der Landschaft führen die drei Vorderstädte, Parchim für den Mecklenburgischen, Güstrow für den Wendischen und Neubrandenburg für den Stargardschen Kreis, dasjenige der Ritterschaft die 3 Landmarschälle und 8 Landräte. Die Landtage werden alljährlich im Spätherbst abwechselnd in den Städten Sternberg und Malchin auf Berufung von seiten der beiderseitigen Landesherren abgehalten. Außerhalb des Landtags vertritt ein engerer Ausschuß von 9 Mitgliedern, nämlich aus 2 Landräten, 4 landschaftlichen und 3 ritterschaftlichen Deputierten bestehend, als ein die gesamte Ritter- und Landschaft vorstellendes, permanentes Kollegium, welches zu Rostock seinen Sitz hat, die gesamten Stände, solange diese nicht versammelt sind.
Als repräsentatives Kollegium für private ritterschaftliche Angelegenheiten besteht noch ein engerer Ausschuß der Ritterschaft, ebenfalls zu Rostock. Von den Landtagen verschieden sind die sogen. Konvokations- und Deputationstage: jene sind ad hoc berufene Versammlungen der Stände eines oder des andern der beiden Staaten zur Verhandlung wichtiger und eiliger Sonderangelegenheiten;
diese werden aus von den Ständen zu Landeskonventen und gemeinsamen Angelegenheiten Deputierten gebildet, welche nach Bedürfnis zu nicht von der Landesherrschaft ausgeschriebenen Zusammenkünften, und zwar zu allgemeinen Landeskonventen und zu besondern Kreis- und Amtskonventen, zusammentreten.
Was die Gemeindeverfassung betrifft, so gibt es außer in den Städten nur noch in dem landesherrlichen Domanium Gemeinden, von denen letztere nur für innere Gemeindeangelegenheiten bestimmt sind; sonst bestehen ländliche Gemeinden bloß in kirchlicher Beziehung. In den Städten ist die Gemeindeverfassung sehr verschieden, namentlich genießen Rostock und Wismar bedeutende Vorrechte. In den Landstädten stehen 1-2 Bürgermeister und das Ratskollegium (Magistrat) an der Spitze der Verwaltung, in den Domanialgemeinden Schulzen, Schöffen und Beiräte. Zur Vertretung der Bürgerschaft wird ein Bürgerausschuß durch Wahl aus der Mitte der Bürger gebildet. Die herrschende Staatskirche ist in ganz Mecklenburg die evangelisch-lutherische; die reformierte und katholische Konfession werden in kirchlicher Beziehung nur geduldet. Die obersten kirchlichen Behörden sind der Oberkirchenrat für Mecklenburg-Schwerin und das Konsistorium für Mecklenburg-Strelitz.
Die oberste Leitung der verschiedenen Zweige der Staatsverwaltung haben im Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin vier Ministerien (für die auswärtigen Angelegenheiten, für das Innere, für die Justiz, welches zugleich die geistlichen und Schulangelegenheiten umfaßt, und für die Finanzen), die nach der Verordnung vom errichtet worden sind, und deren Vorstände das Staatsministerium bilden. Die großherzogliche Militärverwaltung gehört in das Ressort des Militärdepartements, welches unmittelbar unter dem Großherzog steht. Im Großherzogtum Mecklenburg-Strelitz ist das Staatsministerium zu Neustrelitz die höchste Behörde, repräsentiert durch einen Staatsminister. Der Geschäftskreis der Ministerien wurde in Mecklenburg-Schwerin durch die landesherrliche Verordnung vom näher bestimmt. ¶