die unmittelbare Nachkommenschaft eines
Jahrs mindestens aus 30
Stück besteht. Diese wachsen sehr schnell heran und sind bald
fortpflanzungsfähig, daher sich diese
Tiere trotz der großen Anzahl ihrer Feinde sehr stark vermehren. Sie werden durch
ihre Naschhaftigkeit, mehr aber noch dadurch lästig, daß sie wertvolle Gegenstände, namentlich
Bücher,
Naturalien etc.,
benagen. Sie fressen jede Art tierischer und vegetabilischer
Nahrung. Mehrfach ist berichtet worden, daß die Maus ihr bekanntes
Gezwitscher
(»Pfeifen«) in einer
Weise ertönen lassen kann, welche an den leisen
Gesang eines
Vogels erinnert. In
China
[* 2] soll
man singende Mäuse in Käfigen halten.
Die weißen Mäuse sind
Kakerlaken. Die Waldmaus (Maus sylvaticusL.) ist 20
cm lang, mit 11,5cm langem
Schwanz,
an der Oberseite rot gelblichgrau, auf dem
Rücken fast rostbraun, an der scharf abgesetzten Unterseite weiß; auch die
Füße
und
Zehen sind weiß. Die
Ohren sind ebenso gestaltet wie bei der Hausmaus. Die Waldmaus ist in ganzEuropa
[* 3] und
Mittelasien verbreitet, geht im
Gebirge bis 2000 m, lebt besonders an Waldrändern und in
Gärten, nährt sich von
Obst,
Nüssen, kleinen
Tieren, selbst
Vögeln, und zeichnet sich besonders durch ihre Gewandtheit im
Laufen,
Springen und Klettern aus.
Sie legt einen kleinen Wintervorrat an, hält aber keinen
Winterschlaf. Sie wirft jährlich zwei- bis
dreimal 4-6 nackte
Junge und richtet auf
Feldern, in
Gärten und Wäldern (durch Benagen junger
Bäume)
Schaden an, der aber im
ganzen nicht beträchtlich ist. Im
Winter kommt sie in die
Häuser. Die Brandmaus
(Acker- oder Erbsenmaus, Maus agrariusPall.,
s. Tafel
»Nagetiere
[* 4] II«) ist 18
cm lang, mit 8
cm langem
Schwanz, oberseits rostbraun, meist mit schwarzem
Rückenstreifen, unten scharf abgesetzt weiß; die
Ohren bedecken angedrückt nicht das
Auge.
[* 5]
Sie findet sich in Mitteleuropa, vom
Rhein bis zum westlichen
Sibirien, auf
Feldern und an Waldrändern, im
Winter in
Scheunen
und
Ställen und lebt in Erdlöchern. Sie nährt sich von
Getreide,
[* 6]
Knollen,
[* 7]
Insekten,
[* 8]
Würmern und trägt
Vorräte für den
Winter ein. Sie wirft im
Sommer drei- bis viermal 4-8
Junge. Die Zwergmaus (Maus minutusPall.) ist 6,5cm lang,
mit fast ebenso langem
Schwanz, an der Oberseite gelblich braunrot, an der scharf abgesetzten Unterseite und an denFüßen
weiß; doch kommen auch dunklere und hellere, rötlichere und bräunlichere etc. Abänderungen
vor.
Die
Ohren reichen angedrückt nicht bis ans
Auge. Sie findet sich in ganz Mitteleuropa und
Sibirien auf
Feldern, im
Schilf und
Rohr, soll jährlich zwei- bis dreimal 5-9
Junge werfen, überwintert in
Scheuern, in welche sie mit der
Frucht eingeführt wird, auch im freien
Feld unter
Feimen, größtenteils schlafend, aber ohne daß sie in Erstarrung verfällt.
Sie lebt von Getreidekörnern, Sämereien aller Art und
Kerbtieren, klettert gewandt an den
Ästen der Gebüsche und selbst
an schwachen Grashalmen empor, wobei ihr der
Schwanz als
Wickelschwanz sehr förderlich ist, und baut 0,5-1
m über der
Erde ein zierliches, kugelrundes, faustgroßes
Nest mit seitlicher Öffnung auf an der
Spitze zerschlissenen und
miteinander verflochtenen Riedgrasblättern oder frei an den
Zweigen eines
Busches, an einem Schilfstengel u. dgl. und
benutzt dasselbe zu ihrem
Wochenbett.
Vgl.
Altum,
Unsre Mäuse in ihrer forstlichen Bedeutung (Berl. 1880).
(Mauserung), bei vielen
Tieren die auf einmal erfolgende Abstoßung größerer
Mengen von veralteten Gewebsbestandteilen,
an deren
Stelle neue treten. Am auffälligsten ist dieser Vorgang bei den
Vögeln, welche periodisch ihre
Federn abwerfen
und sie durch neugebildete, manchmal anders gefärbte ersetzen (s.
Federn). Als Mauser betrachtet man ferner wohl
die
Häutungen der
Schlangen,
[* 10] das
Abwerfen der
Geweihe
[* 11] bei den
Hirschen, die Haarungen vieler
Säugetiere etc. Die
fortwährende und daher fast unmerkliche Erneuerung der
Haut,
[* 12] wie sie z. B. beim
Menschen an der sich stets abschelfernden
Oberhaut stattfindet, wird nur uneigentlich als Mauser bezeichnet. Vgl. auch
Häutung.
Wilhelm,
Techniker, geb. zu
Oberndorf am
Neckar, erlernte die Schlosserei und wurde durch
den Betrieb der
Gewehrfabrik in seinem Heimatsort frühzeitig zu
Versuchen angeregt, neue Hinterladungssysteme zu erfinden.
Mit seinem
BruderPaul konstruierte er 1863 und 1864 neue
Zündnadelgewehre, 1865 aber ein
Gewehr, welches statt der
Nadel mit
einem starken Schlagstift versehen war und sehr bald in Bezug auf Trefffähigkeit, Feuergeschwindigkeit undAbschluß
der
Gase
[* 13] recht befriedigende
Resultate lieferte.
Nach Beendigung des
Kriegs von 1866 wurde das
Zündnadelgewehr in
Württemberg
[* 14] eingeführt und damit den Gebrüdern Mauser die Aussicht
auf
Annahme ihres neuen Gewehrsystems geraubt. Sie wandten sich nach
Lüttich,
[* 15] kehrten aber 1869 nach
Oberndorf zurück und
traten in Beziehungen zu
Spandau
[* 16] zunächst durch die Umänderung des
Zündnadelgewehrs für Metallpatronen. 1871 wurde
Mauser nach
Berlin
[* 17] berufen, um den behufs Einführung eines neuen Infanteriegewehrs angeordneten Schießversuchen beizuwohnen.
Das von ihm vorgelegte
Modell bewährte sich hierbei nach jeder
Richtung, und so wurde noch in demselben Jahr das
Gewehr als
deutsche Reichswaffe gutgeheißen und seine Einführung befohlen. Um bei der massenhaften Herstellung
dieses
Gewehrs mitzuwirken, erwarben die Gebrüder Mauser die früher königliche
Fabrik zu
Oberndorf, in welcher bald 500
Arbeiter
thätig waren. In der
Folge verbesserten
sie den Schloßmechanismus des Infanteriegewehrs und konstruierten eine
Pistole, einen
Revolver
[* 18] und ein
Repetiergewehr, von denen der
Revolver im deutschen Offizierkorps bald beliebt wurde. 1881 schloß
die serbische
Regierung mit Mauser einen
Vertrag zur Lieferung von 120,000
Gewehren des modifizierten
Systems Mauser-Milanovic ab, und
infolgedessen wurde das rege
Leben der
OberndorferFabrik noch vermehrt. Das
Verdienst der Gebrüder Mauser um die Verbesserung der
deutschen Infanteriebewaffnung fand durch eine Reichsdotation
Anerkennung. Mauser starb in
Oberndorf.
An zahlreiche, meist im
Wasser stehende
Türme knüpfen sich in verschiedenen europäischen
Ländern Lokalsagen,
nach denen in
Zeiten der
Hungersnot hartherzige
Könige (Popiel in
Polen, Snio in
Dänemark),
[* 20]
Bischöfe
(Hatto in
Bingen)
[* 21] und sonstige
Gewalthaber, von
Mäusen und anderm Ungeziefer verfolgt, sich auf einen hohen, vom
Wasser isolierten
Turm
[* 22] geflüchtet hätten, aber auch dort vom Ungeziefer erreicht und gefressen worden seien. Die jetzt bekannteste Form der
Sage
vom
BischofHatto¶
mehr
(s. d.) im M. bei Bingen (s. d.) stammt erst aus dem 14. Jahrh.,
während sie zwei Jahrhunderte früher bereits vom König Popiel in Polen erzählt wurde. In einer der ältesten, von Giraldus
Cambrensis erzählten Version muß sich der von unzähligen Fröschen verfolgte Mann auf einen kahlen Baum flüchten, wo er
verhungert, und daraus schließt Liebrecht (»Zur Volkskunde«, Heilbr. 1879), daß diese weitverbreiteten
Sagen vielleicht alle von einem alten Volksgebrauch, Hungersnöte durch Aufhängen der Vornehmsten an einem kahlen Baum (Galgen)
als Opfer zu beschwichtigen, entstammen möchten.