Infolgedessen sah er sich genötigt, vom
Ministerium zurückzutreten. Martignac hielt sich nun 1830 in der Deputiertenkammer
zur
Opposition und war unter denen, welche die
Adresse der 221 unterstützten. Dennoch trat er nach der
Julirevolution in der
Kammer als Verteidiger des
CharaktersKarls X. auf und führte mit edler Freimütigkeit in dem
Prozeß gegen
die Exminister die
VerteidigungPolignacs. Er starb Nach seinem
Tod erschien von ihm: »Essai historique sur la révolution
d'Espagne et sur
Intervention de 1823« (Par. 1832, 3 Bde.).
Vgl.
Daudet, Le
[* 2] ministère de
Mons.
[* 3] de Martignac (Par. 1875).
(spr. -tinji, deutsch
Martinach), drei schweizer. Ortschaften des Unterwallis, an der Mündung der Drance
und an der Simplonbahn
(Linie Bouveret-Brieg): Martigny la
Ville (475 m ü. M.), im Thalgrund (dem gegenüber das Dorf La Bathiaz
liegt), mit 1525 Einw., Martigny le
Bourg (1303 Einw.), bergan gelegen, und
Martigny-Combe (1589 Einw.) auf dem linken
Ufer der Drance. Ein Seitenthal führt über Forclaz und den
Col deBalme (2204 m) ins
Chamonix-, während die Drance selbst
nach den Oberstufen des Aostathals leitet. In seinem
Namen bewahrt Martigny die
Erinnerung an den Sendboten
Martinus (4. Jahrh.),
nach dem der keltische
Ort Octodurus (57v. Chr. von den
Römern besetzt) jetzt genannt wird.
(spr. -tinji),JosephAlexandre, Archäolog, geb. zu Sauverny
(Ain), erhielt 1832 die
Priesterweihe
und wurde 1849
Erzpriester von
Bâgé le
Châtel, wo er starb. Er hat sich um die christliche
Archäologie große
Verdienste erworben und gab heraus: »Notice historique, liturgique et archéologique sur le culte de salute
Agnès dans les premiers siècles« (1847);
»De la représentation d'Orphée sur les monuments chrétiens primitifs« (1857);
»De l'usage du
Flabellum dans les liturgies antiques« (1857);
»Des anneaux chez les premiers chrétiens« (1858);
»Étude archéologique
sur l'agneau et le bon pasteur« (1860);
»Dictionnaire des antiquités chrétiennes« (2. Aufl. 1877).
5) MartinV. hieß eigentlich
OttoColonna, war schon unter
Innocenz V. 1405 Kardinaldiakon und ward auf dem
Konzil zu
Konstanz
[* 11] zum
Papst erwählt. Die vor seiner Ernennung von ihm zugesagte
Reformation der
Kirche beschränkte
er auf die Beseitigung einiger unwesentlicher
Mißbräuche und schloß mit
Deutschland,
[* 12]
Frankreich und
England Separatkonkordate,
deren
Punkte ebenfalls nicht zur Ausführung kamen. Am 19. April löste er das
Konzil auf und berief 1423 ein neues nach
Pavia,
das 1424 nach
Siena verlegt und hier auf sieben Jahre vertagt wurde. Martin redete zwar viel von Kirchenreform, stellte aber
keinen einzigen
Mißbrauch ab. Im
Kirchenstaat glückte es ihm nach Überwindung vieler Schwierigkeiten,
seine
Autorität herzustellen und die vom König
Wladislaw von
Neapel
[* 13] besetzten
FestenOstia,
Civitavecchia und
Engelsburg wieder
eingeräumt zu erhalten. Nachdem er das neue
Konzil nach Basel
[* 14] berufen, starb er
Drei Jahre später folgte er einem
Ruf als Operndirektor nach
Petersburg,
[* 19] wo er im Mai 1810 starb. Martin war neben Paesiello und
Zingarelli einer der letzten würdigen Vertreter der neapolitanischen
Schule, welche während des 18. Jahrh.
die Opernbühnen von ganz
Europa
[* 20] unumschränkt beherrschte; doch hat sich von seinen zahlreichen dramatischen und andern
Kompositionen
nichts erhalten als eine
Melodie der
oben genannten
Oper
»Cosa rara«, welche bekanntlich
Mozart zur Tafelmusik im letzten
Finale
seines
»Don Juan« verwendet hat.
demselben Jahr folgte er einem Ruf nach Heidelberg
[* 23] als Professor und Vorsitzender des Spruchkollegiums, 1815 ging er als ordentlicher
Professor und Oberappellationsgerichtsrat nach Jena.
[* 24] Später zum GeheimenJustizrat ernannt, nahm er 1842 seine Entlassung und
lebte hierauf erst zu Mügeln in Sachsen,
[* 25] von dessen Landständen er zum Mitglied des Staatsgerichtshofs
für 1846-48 erwählt wurde, sodann zu Gotha,
[* 26] wo er starb. Von seinen Schriften sind hervorzuheben: »Lehrbuch des
deutschen gemeinen bürgerlichen Prozesses« (Götting. 1800; 13. Aufl. von seinem Sohn, dem Justizamtmann Theodor Martin, Leipz.
1862);
»Lehrbuch des deutschen gemeinen Kriminalrechts« (2. Aufl., Heidelb. 1829).
Unter Mitwirkung
seines Sohns veröffentlichte er seine »Vorlesungen über die Theorie des deutschen gemeinen bürgerlichen Prozesses« (Leipz.
1855-57, 2 Bde.).
Auf dem Gebiet der physiologischen und pathologischen Lagen- und Gestaltverhältnisse des Uterus, der Beckenlehre, des Geburtsverlaufs,
der künstlichen Frühgeburt, der Erkrankungen im Wochenbett, der Transfusion etc. waren seine Arbeiten grundlegend.
Er war einer der ersten Operateure bei Krankheiten des Eierstocks. Er schrieb: »Lehrbuch der Geburtshilfe für Hebammen« (Erlang.
1854; 4. Aufl., Stuttg. 1880);
4) BonLouisHenri, franz. Geschichtschreiber, geb. zu St.-Quentin,
widmete sich zuerst dem Rechtsstudium, wandte sich aber 1830 der Litteratur zu und schrieb eine Reihe historischer Romane aus
der Zeit der Fronde. 1833 begann er in Gemeinschaft mit Lacroix eine »Histoire de France par les principaux
historiens« (Tours 1833 ff.) und sodann sein Hauptwerk, die »Histoire de France«, die zuerst in 15 Bänden erschien und erst
vom 10. Band
[* 29] ab unter dem Namen des Verfassers (Par. 1833-36). Nachdem sie rasch einen zweiten Abdruck erlebt, begann eine völlige
Umarbeitung und Erweiterung in der 3. Auflage, welche 1837-54 in 19 Bänden erschien, und von der Band 10 und 11 (die
Religionskriege) 1844, Band 14-16 (ZeitalterLudwigs XIV.) 1856 den Preis Gobert erhielten.
Für die 4. Auflage (1855-60, 17 Bde.), der eine populäre illustrierte
Ausgabe: »Histoire de France populaire« (1867-85, 7 Bde.),
folgte, erteilte das Institut 1869 Martin den großen
Preis von 20,000 Frank. Das Werk reicht bis zur Revolution; eine Fortsetzung dazu bildet die »Histoire de France moderne, depuis 1789 jusqu'à
nos jours« (2. Aufl. 1878-85, 5 Bde.),
ein Sonderabdruck aus letzterm Werk ist die »Histoire de
la Révolution française de 1789 à 1799« (1882, 2 Bde). 1848 lehrte
Martin die Geschichte an der Sorbonne; die Reaktion entfernte jedoch den republikanisch gesinnten Geschichtschreiber vom Lehrstuhl,
und in die Öffentlichkeit trat dieser erst 1870 wieder als Maire des 16. Arrondissements in Paris
[* 30] während der Belagerung und 1871 durch
seine Wahl in die Nationalversammlung. 1876 wurde er im DepartementAisne zum Senator erwählt.
Auf demselben war er Mitglied der dogmatischen Kongregation und eifriger Vorkämpfer für die Infallibilität, welche er auch
schriftstellerisch verteidigte (»Die Arbeiten des vatikanischen Konzils«, 3. Aufl., Paderborn 1873; »Vaticani
concilii documentorum collectio«). Als in Preußen
[* 38] der Kulturkampf ausbrach, den Martin mit der Diokletianischen Verfolgung verglich,
gehörte er natürlich zu den schärfsten Gegnern der Regierung und bot derselben durch Ungehorsam und dreiste Verletzung derGesetze Trotz. Wiederholt zu hohen Geldstrafen, endlich 1874 zu Festungshaft verurteilt und im Januar 1875 abgesetzt,
ward er in Wesel
[* 39] interniert, von wo er jedoch im Sommer 1875 nach Belgien
[* 40] entfloh. Hier starb er und ward in Paderborn
beigesetzt. Er schrieb ferner: »Lehrbuch der
¶