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immer drohendern Charakter annahmen, verhehlte sie nicht, daß sie im Adel eine Stütze des Throns erblicke und alles aufzubieten gedenke, dieselbe aufrecht zu erhalten. Sie galt daher für die Vertreterin der Reaktion. Ihre Gegenwart beim Gastmahl der Gardes du Korps in Versailles [* 2] gab neuen Stoff zur Verleumdung; man beschuldigte sie der Beleidigung der Nation, und Mirabeau wollte sie schon jetzt in der Nationalversammlung anklagen. Bei dem Sturm auf Versailles 5. Okt. war es eigentlich auf das Leben der Königin, die man Madame Veto nannte, abgesehen. Am folgenden Morgen verlangte der tobende Pöbel, sie zu sehen.
Sie trat auf den Balkon heraus mit dem Dauphin auf dem Arm. Ihre Ruhe imponierte dem Haufen so, daß er applaudierte, und die Königin kehrte unversehrt zurück. Als sie mit dem König nach den Tuilerien übergesiedelt war, suchte sie denselben zu entschlossener Thätigkeit anzuspornen und knüpfte mit Mirabeau u. a. Unterhandlungen an, um die konstitutionelle Monarchie zu retten. Aber vergeblich bemühte sie sich, Vertrauen zu gewinnen. Es gelang ihr nie, populär zu werden.
Der verunglückte Fluchtversuch verschlimmerte die Lage sehr, doch zeigte die Königin bei dem Verhör darüber eine hohe Sündhaftigkeit. Als die Tuilerien erstürmt wurden, wo sie inmitten der Insulten des Pöbels eine majestätische Ruhe und Würde bewahrte, flüchtete sie mit dem König in den Saal der Nationalversammlung und wurde von da in den Temple in förmliche Gefangenschaft abgeführt. Im Dezember wurde sie vom König getrennt; anfangs durften sie noch zusammen essen, später untersagte man auch dies und verstattete ihr nur noch am Tag vor der Hinrichtung des Königs eine Zusammenkunft mit ihrem Gemahl. Am 3. Juli trennte man sie auch trotz heftiger Gegenwehr von ihrem Sohn (Ludwig XVII.), und 1. Aug. wurde sie aus dem Temple nach dem Gefängnis der Conciergerie gebracht, wo sie nichts als ein schlechtes Feldbett, einen Lehnstuhl von Stroh und einen kleinen Tisch vorfand.
Die Königin war in kurzer Zeit alt geworden und ihr Haar [* 3] gebleicht. Am 14. Okt. wurde sie vor das Blutgericht gestellt. Die Anklageakte beschuldigte sie, mit dem Ausland konspiriert und den Bürgerkrieg angestiftet zu haben. Maria Antoinette beantwortete alle Fragen mit großer Genauigkeit und Besonnenheit. Da klagte Hébert sie an, daß sie mit ihrem eignen Sohn in einem unnatürlichen, verbrecherischen Verhältnis gestanden habe. Anfangs überging Maria Antoinette diesen Punkt mit Stillschweigen; als aber Hébert auf denselben zurückkam, wandte sie sich mit den Worten an die Zuhörer: »Wenn ich nicht geantwortet habe, so geschah es, weil die Natur sich sträubt, auf eine solche gegen eine Mutter gerichtete Beschuldigung zu antworten. Ich appelliere an alle anwesenden Mütter.« Das Verhör dauerte den ganzen Tag und die darauf folgende Nacht;
während desselben ward ihr gar keine Nahrung gereicht, und ein Gendarm, der ihr auf wiederholtes Bitten ein Glas [* 4] Wasser verschaffte, erhielt von der Behörde einen Verweis.
Ihr Todesurteil vernahm sie ohne sichtbare Gemütsbewegung. Erst als sie 16. Okt. früh 4½ Uhr [* 5] in ihr Gefängnis zurückkam, machte das gepreßte Herz sich durch einen Thränenstrom Luft. Gegen 7 Uhr wurde sie durch einen beeidigten Priester geweckt, der sie zum Tod vorbereiten sollte; sie verschmähte jedoch seinen Beistand. Um 11 Uhr kündigte man ihr an, daß alles bereit sei, und zwang sie, ihr schwarzes Kleid, das sie seit dem Tod Ludwigs getragen hatte, gegen einen weißen, zerrissenen Bettmantel zu vertauschen. Am Thor des Kerkers band man ihr die Hände, und sie bestieg den Karren. [* 6]
Die begleitende Gendarmerie war aus den wütendsten Sansculotten ausgesucht;
den Karren umtönte das Geschrei: »Nieder mit der Tyrannei; es lebe die Republik!« Sichern Schrittes bestieg sie das Blutgerüst;
um ¼ nach 12 Uhr fiel ihr Haupt. Es ward mit dem Ruf: »Es lebe die Republik!« dem Volke gezeigt.
Der Leichnam wurde in dieselbe Kalkgrube des Magdalenenkirchhofs gelegt, welche die Überreste Ludwigs XVI. aufgenommen hatte, 1815 aber nach St.-Denis gebracht, wo ihr ein schönes Grabdenkmal errichtet wurde.
Vgl. Weber, Mémoires concernant Marie-Antoinette (Lond. 1806, 3 Bde.);
Mad. Campan, Mémoires sur la vie privée de Marie-Antoinette (neue Ausg., Par. 1849; deutsch, Bresl. 1827);
Goncourt, Histoire de Marie-Antoinette (deutsch, 3. Aufl., Wien [* 7] 1867);
Chambrier, Marie-Antoinette, reine de France (3. Aufl., Par. 1887);
Yonge, Life of Mary Antoinette, queen of France (Lond. 1876, 2 Bde.);
Campardon, Marie-Antoinette et le procès du collier (Par. 1863);
Derselbe, Marie-Antoinette à la conciergerie (das. 1862);
Huard, Mémoires sur Marie-Antoinette (das. 1865);
Lescure, Marie-Antoinette et sa famille, d'après les nouveaux documents (4. Aufl., das. 1878);
Combes, Marie-Antoinette et l'intrigue du collier (das. 1876);
Lord Gower, The last days of A. (Lond. 1885);
Arneth, Maria Theresia und Maria Antoinette; ihr Briefwechsel (2. Aufl., Wien 1866);
Derselbe, Maria Antoinette, Joseph II. und Leopold II. (das. 1866);
Arneth und Geffroy, Marie-Antoinette.
Correspondance secrète entre Marie-Thérèse et le comte de Mercy d'Argenteau. Avec les lettres de Marie-Thérèse et de Marie-Antoinette (Par. 1873-74, 3 Bde.).
Die von Hunolstein (»Correspondance inédite de Marie-Antoinette«, Par. 1864) u. Feuillet de Conches (»Louis XVI, Marie-Antoinette et Madame Elisabeth«, das. 1864-73, 6 Bde.) veröffentlichten Briefe der Maria Antoinette sind Fälschungen.
11) Maria Luise, Kaiserin der Franzosen, zweite Gemahlin Napoleons I., nach dessen Fall Herzogin von Parma, [* 8] Piacenza und Guastalla, geb. die älteste Tochter des Kaisers. Franz I. aus dessen zweiter Ehe mit Maria Theresia von Neapel, [* 9] wurde nach Napoleons Trennung von Josephine zu Paris [* 10] mit demselben vermählt und gebar ihm einen Sohn, dem Napoleon schon vor seiner Geburt den Namen eines Königs von Rom [* 11] verliehen hatte. 1813 bekleidete sie Napoleon mit einer machtlosen Regentschaft.
Ihr Wunsch, dem Gemahl 1814 nach Elba zu folgen, wurde ihr nicht gewährt. Der Weisung ihres Vaters gemäß begab sie sich hierauf nach Schönbrunn, wo sie auch während der Hundert Tage mit ihrem Sohn blieb, obgleich sie von Napoleon eingeladen wurde, nach Paris zu kommen. In dem Vertrag von Fontainebleau ward ihr der Rang und Titel, den sie bisher geführt hatte, sowie der Besitz der Herzogtümer Parma, Piacenza und Guastalla zugesichert, deren Regierung sie übernahm.
Der König von Rom blieb in Wien und erhielt nachher von Kaiser Franz den Titel »Herzog von Reichstadt«. 1822 vermählte sie sich in morganatischer Ehe mit dem Grafen Neipperg, den man ihr von Wien als Oberhofmeister mitgegeben hatte, und dem sie den Fürsten von Montenuovo gebar. Sie starb in Parma.
Vgl. Helfert, Maria Luise, Erzherzogin von Österreich, [* 12] Kaiserin der Franzosen (Wien 1873);
Wertheimer, Die Heirat der Erzherzogin Maria Luise mit Napoleon I. (das. ¶
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1882); Mad. Durand (Ehrendame der Kaiserin), Mémoires sur Napoléon et Marie-Louise, 1810-14 (Par. 1885);
Imbert de Saint-Amand, Marie-Louise (das. 1886, 3 Tle.);
»Correspondance de Marie-Louise« (das. 1887).
[Neapel.]
12) Maria Sophie Amalie, frühere Königin von Neapel, Tochter des Herzogs Maximilian von Bayern, [* 14] geb. zu Possenhofen, ward mit dem Kronprinzen von Neapel vermählt. Am bestieg ihr Gemahl nach dem Tod seines Vaters als Franz II. den Thron; [* 15] doch gewann Maria wenig Einfluß auf seine Regierung, die durch Garibaldis Zug nach Neapel ein baldiges Ende erreichte. Maria folgte ihrem entthronten Gemahl nach Gaeta und zeigte bei der Belagerung dieser Festung [* 16] großen Mut und hingebende Liebe in der Pflege der Verwundeten. Nach der Übergabe der Festung ließ sie sich mit ihrem Gemahl zu Rom nieder, siedelte aber 1870 nach Bayern über. Ihre Ehe ist kinderlos.
13) Maria Karoline, Königin von Neapel und Sizilien, [* 17] s. Karoline 4).
[Portugal.]
14) Maria II. da Gloria, Königin von Portugal, Tochter des Kaisers Dom Pedro I. von Brasilien
[* 18] und der Erzherzogin Leopoldine
von Österreich, geb. zu Rio de Janeiro,
[* 19] wurde nach dem Tod ihres Großvaters, des Königs Johann VI. von Portugal,
[* 20] durch
die Entsagungsakte ihres Vaters Königin von Portugal und 1827 mit ihrem Oheim Dom Miguel verlobt.
Im Sommer 1828 sandte Dom Pedro Maria unter Aufsicht des Marquis von Barbacena und des Grafen da Ponte nach Europa,
[* 21] damit sie am Hof
[* 22] ihres
mütterlichen Großvaters, des Kaisers von Österreich, erzogen werde.
Als aber ihre Begleiter in Gibraltar [* 23] erfuhren, daß Dom Miguel sich unterdessen zum absoluten König von Portugal aufgeworfen hatte, führten sie die junge Königin nach London, [* 24] um sich dort um Hilfe gegen den Kronräuber zu bewerben. Georg IV. empfing die junge Königin mit königlichen Ehrenbezeigungen; aber das Ministerium leistete ihr keine Hilfe, und Maria kehrte daher im Oktober 1829 in Begleitung ihrer künftigen Schwiegermutter nach Brasilien zurück. Nachdem ihr Vater ihr den portugiesischen Thron erkämpft und Dom Miguel vertrieben hatte, ward sie 1833 in Lissabon [* 25] als Königin ausgerufen und übernahm die Regierung nachdem sie für majorenn erklärt worden.
Ihre Ehe mit dem Bruder ihrer Stiefmutter, dem Prinzen August von Leuchtenberg, wurde schon nach drei Monaten durch den Tod des Prinzen gelöst, worauf sich Maria mit dem Prinzen Ferdinand von Koburg-Kohary vermählte. Maria war der Aufgabe nicht gewachsen, ein zerrüttetes Reich und ein vom Parteigeist beherrschtes Volk zu regieren, und machte sich überdies durch Eigensinn und Herrschsucht unbeliebt. Sie starb im Wochenbett und hatte ihren ältesten Sohn, Dom Pedro V., zum Nachfolger.
[Schottland.]
15) Maria von Guise, Königin von Schottland, geb. Tochter Claudius' von Guise, Herzogs von Lothringen, wurde 1534 mit Ludwig von Orléans, [* 26] Herzog von Longueville, vermählt, der 1535 starb, dann mit König Jakob V. von Schottland und wurde nach dessen Tod 1542 Regentin des Königreichs. Sie versuchte der Ausbreitung der Reformation entgegenzutreten und erregte 1559 dadurch einen Aufstand, nach dessen Unterdrückung sie in Edinburg [* 27] starb. Ihre einzige Tochter war Maria Stuart.
16) Maria Stuart, Königin von Schottland, die Tochter Jakobs V. von Schottland und der Maria von Guise, geb. fünf Tage vor dem Tod ihres Vaters, zu Linlithgow bei Edinburg, ward in St.-Germain am französischen Hof erzogen und mit dem Dauphin, dem nachmaligen König Franz II. von Frankreich, vermählt. Nach dem frühen Tod ihres Gemahls beschloß Maria, da inzwischen auch ihre Mutter, die Regentin von Schottland, gestorben war, in ihre Heimat zurückzukehren. Da sie aber die Bestätigung des Edinburger Vertrags verweigerte, nach welchem sie Wappen [* 28] und Titel einer Königin von England ablegen sollte, die sie wegen ihrer Abstammung von Margarete Tudor, einer Tochter Heinrichs VII., ihrer Großmutter väterlicherseits, bei der Thronbesteigung der Elisabeth angenommen hatte, lehnte die letztere ihr Gesuch, durch England reisen zu dürfen, ab, und Maria mußte von Calais [* 29] zur See nach Edinburg fahren. Am verließ sie Frankreich und landete 19. d. M. in Schottland, wo sie vom Volk mit Jubel empfangen wurde und alles durch ihre Schönheit, Anmut und Leutseligkeit für sich gewann.
Obwohl eine Gegnerin der protestantischen »Ketzerei« und mit dem Papst und ihren Oheimen, den Guisen, in steter geheimer Korrespondenz, verhielt sie sich doch gegen die fanatischen, unduldsamen Puritaner, welche, John Knox an der Spitze, das niedere Volk beherrschten und gegen die Königin aufhetzten, gemäßigt und vorsichtig und folgte den Ratschlägen ihres Halbbruders James Stuart, Grafen von Murray. Sie vermählte sich mit dem jungen und schönen, aber geistig unbedeutenden und charakterlosen Lord Heinrich Darnley, der mit dem Haus Tudor und dem der Stuarts verwandt war, entzweite sich aber hierdurch mit den schottischen Großen, namentlich Murray, dessen Auflehnung gegen die Heirat sie mit gewaffneter Hand [* 30] niederschlug, und gewann an ihrem Gemahl selbst weder einen Beirat noch eine Stütze.
Die Ehe war eine unglückliche, und schon nach einem Jahr stellte sich Darnley an die Spitze einer Verschwörung und ließ den Geheimschreiber der Königin, David Riccio, auf den er ohne Grund eifersüchtig war, von ihrer Seite wegreißen und ermorden. Seitdem faßte Maria gegen Darnley, dem sie 19. Juni einen Sohn, den spätern König Jakob VI., gebar, einen bittern Groll und schenkte ihre Neigung und ihr Vertrauen James Hepburn, Earl of Bothwell. Derselbe, obwohl erst seit kurzem verheiratet, erwiderte die Neigung der Königin, durch welche er die höchste Gewalt zu erringen hoffte, und verschwor sich mit einigen Edelleuten gegen das Leben Darnleys.
Darnley erkrankte Anfang 1567 zu Glasgow [* 31] an den Pocken; Maria eilte an sein Krankenbett und bewog ihn nach einer Versöhnungsszene, die vielfach für erheuchelt gehalten wurde, nach Edinburg überzusiedeln, wo sie ihn in einem vor der Stadt gelegenen Haus, Kirk-a-Field, mehrere Tage und Nächte sorgsam pflegte. Am abends begab sie sich nach Holyrood, um der Hochzeit einer ihrer Hofdamen beizuwohnen. Währenddessen ließ Bothwell das Gebäude durch Pulver in die Luft sprengen. Bei Anbruch des Tags (10. Febr.) fand man den König und einen Pagen tot im Garten [* 32] liegen: sie waren erwürgt worden. Die öffentliche Stimme bezeichnete Bothwell als den Mörder, aber das Gericht und das Parlament sprachen ihn frei. Maria ernannte ihn zum Großadmiral und ließ sich, nachdem Bothwells Ehe auf Grund naher Verwandtschaft gelöst worden, von ihm im April auf sein Schloß entführen und am 15. Mai ¶