Wohnort der Manen dachte man sich die Tiefe der
Erde, aus welcher sie nur zu gewissen
Jahreszeiten
[* 2] und bei nächtlicher
Weile hervorkommen,
um auf der
Erde umherzuschweifen; daher wird der
AusdruckManes nicht selten für die
Unterwelt selbst und das
Reich der
Geister
überhaupt gebraucht. In der ältesten Zeit brachte man ihnen
Menschenopfer, die später durch die Leichenspiele
ersetzt wurden. Alljährlich wurden zu ihrer
Versöhnung die
Feralien (s. d.), ein allgemeines
Totenfest, gefeiert. Vgl.
Manendienst.
(Ahnenkultus, Seelenkultus), der den Abgeschiedenen gewidmete
Kultus, wohl die älteste und allgemein verbreitetste
Kultusform der
Welt, die man weit in die prähistorischen
Zeiten zurückverfolgen kann. Dem
Toten nicht
allein
Nahrung und
Waffen
[* 3] mit ins
Grab zu geben, ihm sogar die
Begleitung seines
Weibes, seiner
Diener und Lieblingstiere ins Jenseits
durch
Tötung und Mitbegraben zu gönnen, war allgemeiner
Gebrauch; aber in der
Regel dehnte sich dieser
Kultus auch über den
Begräbnistag und die Trauerzeit hinaus: man brachte dem Verstorbenen fortdauernd
Speise und Trank zu
seinem
Grabe.
Bei den
Römern dehnte sich dieser Vorfahrenkultus zu einer Privatreligion aus, indem man
Altäre und
Masken
[* 4] der Vorfahren in
jedem
Haus aufstellte und zu ihnen wie zu Schutzgeistern (s.
Penaten) betete.
AndreVölker überließen den
Manen das ganze
Haus als Wohnstätte. Außer diesen privaten
Ahnen widmete man indessen den Häuptlingen,
Königen und
Helden,
sofern sie ein gutes Andenken bei den Ihrigen zurückgelassen hatten, einen öffentlichen
Dienst
(Heroenkultus), der, je mehr
er in die
Nacht der
Zeiten zurücktrat, um so mehr den
Charakter eines Götterkultus gewann.
Der
Heros wurde hier und da zum Stammheros, von dem das gesamte
Volk seine Herkunft ableitete, und die
Namen der betreffenden göttlichen
Ahnen bedeuten oft nichts weiter als
»Herr« oder »König«.
SchonEuemeros (s. d.) hatte aus
ähnlichen Betrachtungen geschlossen, daß der Manendienst die
Quelle
[* 5] aller
Religion, und daß die
Götter der Griechen nichts als vergötterte
Menschen seien. Diese
Ansichten sind von
Geiger,
Caspari und J.
^[Julius]
Lippert (»Der Seelenkult«, Berl. 1881, und
»Die
Religionen der europäischen Kulturvölker«, das. 1881) tiefer begründet worden,
wobei hervorgehoben wurde, daß die lokale Verehrung der einzelnen
Gottheiten in den polytheistischen
Systemen darauf hindeute,
daß es sich dabei um die Stammgottheiten einzelner vereinigter
Stämme handle, die sozusagen unter die
Oberhoheit desjenigen sieghaften
Stammes gestellt worden seien, welcher die Vereinigung oder Unterwerfung bewirkt hatte und
die Stammgottheiten der unterworfenen
Stämme fortbestehen ließ, wie ja die
Römer
[* 6] immer mehr ausländische
Götter aufnahmen,
je mehr
Länder sie assimilierten. Allein bei diesen
Schlüssen sind doch andre wichtige
Faktoren der Mythenbildung,
namentlich die
Personifikation der
Naturkräfte und der
Naturdienst, ganz vernachlässigt worden, und man darf sie nur mit großer
Vorsicht aufnehmen. In der christlichen
Kirche wird dem Manendienst durch
Totenmessen und
Totenfeste Rechnung getragen.
(Mani, Manichäus),
Stifter der häretischen
Sekte der
Manichäer (s. d.), dessen Lebensgeschichte
von den orientalischen und den abendländischen
Quellen abweichend erzählt wird. Nach den letztern, d. h. vorzüglich den
»Acta disputationis Archelai cum
Manete«, hat er seine
Lehre
[* 7] aus Skythien bezogen und hängt mit dem
Buddhismus zusammen; nach
den erstern, den ursprünglichen und wertvollern, d. h. vorzüglich dem
988 geschriebenen arabischen
Buch Fihrist,ist er unabhängiger
Gründer seines
Systems. Jedenfalls trat er (geb. 215) um 242 mit der
Absicht hervor,
Christentum und
Parsismus zu verschmelzen, und erklärte sich für den
Paraklet, der die christliche
Lehre zu
vollenden habe. Von den
Magiern verfolgt, irrte er umher, bis er sich die
Gunst des
KönigsHormisdas erwarb.
Unter dem Nachfolger desselben, Bahram, aber wurde er 276 in einer
Disputation überwunden, gekreuzigt, der
Leichnam geschunden.
Handschrift, von J.
^[JohannJakob]
Bodmer (s. d.) eingeführte Bezeichnung einer großen,
jetzt auf der
PariserBibliothek aufbewahrten mittelhochdeutschen Liederhandschrift, welche nach früherer
Annahme von
RüdigerManesse
(Vater und Sohn) in Zürich
[* 8] zu Anfang des 14. Jahrh. angelegt worden sein soll, wofür indessen
Belege fehlen. Sie enthält
ca. 7000
Strophen von über 130
Minnesängern nebst deren Bildern und ist die reichste
Quelle für die mittelhochdeutsche
Lyrik.
(spr. -nä),Edouard, franz.
Maler, geb. 1832 zu
Paris, arbeitete kurze Zeit im
AtelierCoutures, wo er jedoch nicht
viel lernte, und bildete sich dann hauptsächlich auf
Reisen in
Deutschland
[* 12] und
Italien
[* 13] durch
Kopieren von
Rembrandt,
Tintoretto
u. a. und nach
Velazquez und
Goya. Im
Salon von 1861 trat er mit einem Guitarrespieler auf, in welchem er
sein
Prinzip des plattesten
Naturalismus zum erstenmal zur Geltung brachte. Da sein nächstes
Bild: das Frühstück im
Grünen,
eine Sammlung von häßlichen nackten
Frauenzimmern, aus Sittlichkeitsrücksichten und wegen der rohen
Mache vom
Salon zurückgewiesen
wurde, gründete Manet 1863 den
»Salon der Zurückgewiesenen«, in welchem seine
Bilder zur
Ausstellung gelangten.
Bald fand sich eine
Reihe gleichgesinnter Naturalisten, aus denen sich allmählich die
Sekte der
Impressionisten (s. d.) entwickelte,
deren
Haupt Manet wurde. Erst 1877 wurde ihm der
Salon wieder geöffnet. Zu den ihn am meisten charakterisierenden Bildern gehören:
der tote Mann, dasKind mit dem
Degen,
Olympia, das spanische
Ballett, die
Eisenbahn, das
Café-Concert, die
Canotiers von
Argenteuil, die Wäsche (1876), das
Porträt seines Gesinnungsgenossen
Zola, der gute Trunk und das
Büffett in
den Folies-Bergères (1882). Er starb in
Paris.
frühzeitig untergegangen, nur das Verzeichnis der Dynastien, ein Dritteil der Königsnamen und einige Fragmente sind übrig;
auch diese Reste besitzen wir erst in Auszügen aus zweiter und dritter Hand,
[* 18] welche durch die christlichen Chronographen, namentlich
durch Julius Africanus und Eusebios, für ihre Zwecke gemacht worden waren und aus deren ebenfalls verlornen
Werken durch Syncellus (im 8. Jahrh.) erhalten worden sind. Die Fragmente sind herausgegeben von Fruin (Leiden
[* 19] 1847), Müller
im 2. Bande der »Fragmenta historicorum graecorum« (Par.
1848) undUnger (Berl. 1867). Unter dem Namen des Manethôs besitzen wir auch noch ein Gedicht in sechs Büchern (»Apotelesmata«),
gleichfalls in griechischer Sprache, welches von dem Einfluß der Gestirne auf die Geschicke der Menschen
handelt (hrsg. von Gronovius, Leiden 1698; verbesserter Abdruck von Axt und Rigler, Köln
[* 20] 1832, und von Köchly im »Corpus poetatarum
epicorum graecorum«, Bd. 7, Leipz.
1858; vgl. Rigler, De Manethone Astrologo commentatio, Köln 1828). Es stammt dieses Gedicht jedoch aus
einer weit spätern Zeit, vielleicht aus dem 5. Jahrh. n. Chr., und ist aus verschiedenartigen Stücken zusammengesetzt.