mehr
Die Malerei in Italien [* 2] scheint sich wesentlich unter griechischem Einfluß entfaltet zu haben. Einzelne aus Griechenland [* 3] eingewanderte Künstler (Damophilos und Gorgasos) fanden um 493 v. Chr. in Rom [* 4] Beschäftigung. Daneben wußten sich aber auch einheimische Künstler, wie Fabius Pictor und Marcus Pacuvius, Anerkennung zu erringen, und in der Folgezeit wuchs die Beliebtheit dieser Kunst, da sie der Verherrlichung kriegerischer Großthaten dienstbar gemacht und zum Schmuck der Triumphe verwendet ward.
In der Kaiserzeit lenkte die Malerei durchaus in griechische Bahnen ein und schloß sich nicht bloß in der Dekorationsweise (Einteilung der Wandflächen in Felder, deren Mittelpunkt ein kleineres, ursprünglich besonders gearbeitetes Tafelbild enthielt), sondern auch in der Wahl der Gegenstände und Motive eng an die Schöpfungen der alexandrinischen Zeit an, in welcher die Entwickelung der griechischen Malerei ihren Abschluß erreichte. Von den Erzeugnissen dieser griechisch-römischen Kunst geben uns die in Pompeji, [* 5] in Rom etc. ausgegrabenen Wandmalereien reichlichste Anschauung.
Die Mehrzahl der Darstellungen ist dem Kreis [* 6] der griechischen Heroen- und Göttersage entlehnt. Andre Bilder beziehen sich auf den öffentlichen und Hausgottesdienst. Als seltene Ausnahmen finden sich auch Stoffe der römischen Mythologie und Geschichte behandelt. Sehr häufig sind dagegen kleine Genrebilder, die uns einen Einblick in das Volkstreiben der damaligen Zeit thun lassen; Landschaften und Marinestücke kommen gelegentlich vor, vor allem aber ist eine unübersehbare Fülle reizender Einzelfiguren, besonders schwebender Genien, Amoretten etc., in Verbindung mit einer phantastischen Architektur zum Schmuck der Wandflächen verwendet worden.
Einer ältern Epoche gehören die Gemälde der unterirdisch angelegten Grabkammern Etruriens an, in denen der griechische Einfluß meist unmittelbar zu Tage tritt, wenn auch häufig sich Ansätze zu einer eigenartigen lokalen Kunstweise vorfinden. Von diesen Malereien, die nur bei künstlicher Beleuchtung [* 7] sichtbar sind (worauf die Farbengebung Rücksicht nimmt), sind die bedeutendsten in Corneto (Tarquinii; jetzt zum Teil in Rom, Museo Kircheriano), andere in Chiusi (Clusium), Veji etc. entdeckt worden.
Sie behandeln mit Vorliebe düstere Szenen, welche die Schrecken des Todes und der Unterwelt veranschaulichen. Doch fehlen daneben nicht Schilderungen heiterer Gelage, festlicher Spiele, in denen sich ein lebhafter Sinn für realistisch getreue Behandlung des Alltagslebens bemerkbar macht.
Vgl. Brunn, Geschichte der griechischen Künstler, Bd. 2 (Stuttg. 1859);
Helbig, Untersuchungen über die kampanische Wandmalerei (Leipz. 1873);
Woltmann-Woermann, Geschichte der Malerei, Bd. 1 (das. 1879).
II. Die christliche Malerei.
Das Christentum stellte sich in den ersten Jahrhunderten n. Chr. aus Opposition gegen den mit der Kunst eng verbundenen antiken Kultus durchaus feindlich gegen alle künstlerische Thätigkeit, namentlich auch gegen die Malerei. Bald jedoch machte sich das künstlerische Bedürfnis mehr und mehr geltend, und so findet man in den alten christlichen Katakomben auch malerische Darstellungen aus dem Bereich der christlichen Tradition. Im 4. Jahrh. beginnt die Heiligenbildermalerei für Kirchen und den Privatgebrauch. Hierin liegt der erste Anstoß zu einer Wiedererweckung des Bedürfnisses nach malerischer Anschaulichkeit und zu der spätern mächtigen Entwickelung der Malerei. In dieser Entwickelung lassen sich eine Reihe von Perioden unterscheiden, welche teils durch die Länder, in welchen der jeweilige Schwerpunkt [* 8] der Kunstthätigkeit lag, teils durch das Vorherrschen von bestimmten künstlerischen Richtungen charakterisiert und abgegrenzt werden.
Erste Periode (ca. 300-600 n. Chr.).
Die frühmittelalterliche Malerei läßt sich bis ins 3. Jahrh. zurückverfolgen und zwar in den Katakombendarstellungen, welche zum Teil symbolisch-konventioneller Art waren, indem die Symbole des Lammes, der Taube, der Weinlese, des Hirten etc. und alttestamentliche Gegenstände dargestellt wurden, sowie in den Heiligenbildern und Mosaiken. Mit der Anerkennung des Christentums als Staatsreligion wandte man die Malerei auf die Ausschmückung der großen Basiliken an und zwar durch Wandmalereien oder durch Mosaiken an Wänden, Decken und Kuppeln. Wenn nun diese ersten Malereien in Stil und Technik trotz der Verschiedenheit der Motive an die Antike anknüpfen, so macht sich doch bereits ein Unterschied zwischen der abendländischen (römischen) und der morgenländischen (byzantinischen) Malerei geltend. Denkmäler der erstern aus dem 5. Jahrh. finden sich namentlich zu Rom (Santa Maria Maggiore) und Ravenna. Auch die Miniaturmalerei kam bereits in Aufnahme.
Zweite Periode (600-1200).
Die byzantinische Malerei bewahrte den Typus der ältesten christlichen Darstellungen am längsten. Äußerlich unterscheidet sich dieselbe von der römischen dadurch, daß sie meist nur auf Goldgrund malte und durchgängig langgestreckte Figuren zeigte, während die Figuren der italienischen Malerei kurz und untersetzt erscheinen. Unter den Nachfolgern Konstantins d. Gr., besonders unter Justinian II., wurde viel für Beförderung der Malerei gethan, welche freilich bald eine Hinneigung zu äußerlicher Pracht und dadurch zu konventioneller Starrheit zeigte.
Der 726 ausbrechende Bilderstreit bedrohte beinahe die ganze Malerei mit Vernichtung; die Künstler flüchteten nach Italien, bis das Konzil zu Nicäa (787) und die Synode zu Konstantinopel [* 9] von 842 die Zulässigkeit der malerischen Darstellung heiliger Gegenstände aussprachen. Bis ins 11. Jahrh. bewahrte die byzantinische eine große traditionelle Kunstfertigkeit, verlor sich aber in der Auffassung der Formen zum unnatürlichsten Schematismus. Nach auswärts verpflanzte sich der byzantinische Stil besonders nach Armenien und später nach Rußland, wo noch heute der kirchliche Kultus ganz ähnliche Formen erfordert.
Auch nach Italien drang er vor; besonders finden sich in Sizilien, [* 10] Unteritalien, Genua [* 11] und Venedig [* 12] starke Spuren. Von den übrigen Ländern ist in dieser Periode vorzüglich Irland hervorzuheben, wo sich in den Klöstern die Miniaturmalerei in Manuskripten für den kirchlichen Gebrauch zu einer besondern Kunstgattung entwickelte, die auch in Deutschland [* 13] (Aachen, [* 14] wo Karl d. Gr. eine Malerschule gründete), der Schweiz [* 15] (St. Gallen) und Oberitalien [* 16] Eingang fand und sich hier, namentlich durch die Einwirkung Alkuins, zu dem sogen. fränkischen Stil ausbildete.
Eine Mischung des fränkischen Stils, antiker Anschauung und byzantinischer Strenge zeigt sich in dem nach 1000 n. Chr. sich entwickelnden romanischen Stil, welcher sich jedoch in der Miniaturmalerei auf Oberitalien beschränkte, während der reine fränkische Stil in England, Frankreich, Deutschland festgehalten wurde und sich nicht nur in den Miniaturen, sondern auch in Mosaiken, Glas- und Emailmalereien, Teppichwirkereien etc. zur Geltung brachte. ¶
mehr
Dritte Periode (1200-1500).
In der dritten Periode zeigt die italienische Malerei anfangs noch einen byzantinischen Charakter. Diejenigen Meister, welche zuerst einen bedeutendern Fortschritt zur Selbständigkeit der italienischen Malerei zeigten, waren Cimabue in Florenz [* 18] (1240-1302) und der etwas spätere Duccio in Siena, der erstere in einer mehr dem Großartigen und Erhabenen, der andre mehr dem Anmutigen und Lieblichen zugewandten Weise. Noch weiter ging Giotto di Bondone zu Florenz (1276-1337), der eigentliche Gründer der italienischen Malerei, der in Hinsicht der Freiheit und Bewegtheit der Komposition die letzte Schranke des Byzantinismus durchbrach.
Fra Angelico da Fiesole (1387-1455) führte die Malerei durch feines Eingehen in die seelischen Empfindungen weiter. Die sienesische Schule blieb dahinter zurück, und noch mehr war es in andern italienischen Städten der Fall, wo sich bis ins 15. Jahrh. ein starker Einfluß des Byzantinismus erhalten konnte. Was die Malerei in den andern Ländern betrifft, so hatte sich unter den Karolingern fast die ganze Kunstthätigkeit auf die Miniaturmalerei konzentriert, die hauptsächlich in den Klöstern geübt wurde.
Erst unter Heinrich I. und den Ottonen beginnt neben der Miniaturmalerei auch die Wandmalerei a fresco kultiviert zu werden, wofür namentlich die großen Malereien im Bamberger Dom um das Jahr 1000 einen Beleg liefern. Um diese Zeit wird auch die Technik der Malerei durch die Erfindung der Glasmalerei [* 19] (s. d.) bereichert, welche bald sehr in Aufnahme kam. Hierzu trat die wahrscheinlich in den Anfang des 13. Jahrh. fallende Gründung der Malerzünfte und Bauhütten (s. d.), welche der künstlerischen Disziplin einen segensreichen Vorschub leisteten.
Von den verschiedenen Malerschulen der ersten Zeit sind wenig Spuren zurückgeblieben: in Böhmen [* 20] die merkwürdigen Wandmalereien auf dem Schloß Karlstein (s. d.) bei Prag, [* 21] in Niedersachsen die Wandmalereien im Braunschweiger Dom, am Rhein die Wandmalereien in der Kirche zu Schwarzrheinsdorf bei Bonn, [* 22] in Schwaben einige Überreste im Ulmer Münster [* 23] u. a. O., am meisten aber in Köln, [* 24] wo der Bau des Doms eine Menge Künstler vereinigte. Die Kölner [* 25] Malerschule, deren Hauptrepräsentant Meister Wilhelm (um 1380) ist, zeichnete sich durch Zartheit und Lieblichkeit der Formen, weiche Gewandung, innigen Ausdruck aus, wozu, bereits unter dem Einfluß der van Eyck, sich in dem um 1450 geschaffenen berühmten Dombild des Meisters Stephan Lochener die Vorzüge eines gesättigten Kolorits und größerer Naturwahrheit gesellen. In Nürnberg [* 26] und Prag blühten tüchtige Malerschulen.
Eine neue Epoche beginnt mit der Vervollkommnung und feinern Ausbildung der Ölmalerei durch die Brüder van Eyck (Hubert, gest. 1426; Jan, gest. 1440), welche die flandrische Malerei (Brügge, Gent [* 27] etc.) begründen. Umfassendes Naturstudium gibt sich bei ihnen kund, und sie eröffnen nicht bloß dem Historienbild, sondern auch dem Porträt, der Landschaft und dem Genre neue Wege. Feinste Ausführung, eckige Draperien und Bewegungen charakterisieren Jan van Eyck und seine Nachfolger, unter denen Roger van der Weyden (1400-1464), Dirk Bouts und Hans Memling (gest. 1495) hervorragen. Auch die deutsche Malerei kam unter den bestimmenden Einfluß der van Eyck. Martin Schongauer (gest. 1488) und Fr. Herlin bildeten sich unter dem Einfluß Rogers van der Weyden und verpflanzten dessen Stil nach Schwaben. Hier blühten die Schulen von Kolmar, [* 28] Ulm, [* 29] Augsburg [* 30] u. a. O. und gewannen, obwohl sie noch an der alten Eckigkeit und Unbeholfenheit der Erscheinung festhielten, eine große Kraft [* 31] und Lieblichkeit des Ausdrucks und ein tief gestimmtes Kolorit. Besonders zu nennen sind: Barthol. Zeitblom und Martin Schaffner in Ulm, Hans Holbein [* 32] der ältere (gest. 1524) in Augsburg.
Derber in der Form, bunter im Kolorit ist die Nürnberger Schule, deren Hauptrepräsentant, Michael Wolgemut (1434-1519), sich ebenfalls von den flandrischen Malern bestimmt zeigt. In der französischen Malerei treten in dieser Zeit (15. Jahrh.) eigentliche Hauptmeister noch nicht hervor; auch besitzt die französische Malerei noch keinen originalen Charakter, lehnt sich vielmehr in ihrer Auffassung an die van Eyck an. Jean Foucquet (geboren um 1420) ist hier zu nennen.
In der Geschichte der italienischen Malerei hat Fiesoles Thätigkeit eine hervorragende Bedeutung. Seine tiefe Empfindung für den idealen Inhalt der christlichen Tradition, die keusche Frömmigkeit und reine Begeisterung, mit der er den Pinsel führte, lösten die konventionelle Starrheit der bisherigen Richtung. Zu der dadurch bewirkten Umwandlung des Stilgefühls trat eine wesentlich läuternde Hinneigung zur Antike und Natur, welche Momente zusammen die Anmut und Empfindungstiefe der in der zweiten Hälfte des 15. Jahrh. sich entwickelnden italienischen Malerei bilden und den Grundzug derselben bis ins 16. Jahrh. hinein ausmachen.
Namentlich war es neben Fiesole der Florentiner [* 33] Masaccio di San Giovanni (1401-28), dessen Darstellungsweise eine Großartigkeit und Naturwahrheit offenbarte, welche lange als Vorbild diente. Ihm strebten nach Gozzoli und Dom. Ghirlandajo (1449-94), von denen der letztere die religiösen Motive in das Gebiet menschlicher Anschauung herabzog und durch eine im Detail nicht selten genrehafte Behandlung die religiöse Malerei volkstümlich zu machen suchte. Mit diesem Streben nach Naturwahrheit und Realwirkung stehen denn auch die wissenschaftlich-technischen Bestrebungen in Verbindung, welche, wie dies von Paolo Uccello geschah, die Gesetze der Perspektive und, wie dies Verrocchio (1435-88) that, die der Anatomie des menschlichen Körpers untersuchten und für die Komposition anwendungsfähig zu machen strebten. An diese schließen sich an: Sandro Botticelli (1446-1510), Filippo Lippi (1406-69) und dessen Sohn Filippino sowie Luca Signorelli (1441-1523), im kompositionellen Stil der Vorläufer Michelangelos.
Noch mehr als in der florentinischen Schule zeigte sich die Hinneigung zur Antike in der Schule von Padua, [* 34] begründet von Francesco Squarcione (1394-1474). Der Hauptmeister derselben war Andrea Mantegna (1431-1506), welcher sich später in Mantua [* 35] niederließ, während durch seine Schüler eine neue Schule zu Ferrara [* 36] gegründet wurde. Zu derselben gehören unter andern Lorenzo Costa, später Dosso Dossi und Garofalo, denen sich die eklektische Schule der Bonone anschloß. In Venedig, wo sich die byzantinische Stiltradition, gemischt mit germanischen Einflüssen, am längsten erhalten hatte, wurde in der ersten Hälfte des 15. Jahrh. der Geist der paduanischen Schule eingebürgert. Die Malerfamilien der Vivarini und Murano, welche schon vor dem paduanischen Einfluß in Venedig thätig waren, zeigten sich noch streng und herb in der Form. Der eigentliche Gründer der venezianischen Schule ist Giovanni Bellini (1428-1516), der, von Antonello da Messina [* 37] die Ölmalerei übernehmend, eine heitere Pracht des Kolorits und eine tief beseelte ¶