mehr
rührende) oder die heitere Seite zur Darstellung gebracht werden. Im Porträt, welches zunächst allerdings auf treue Naturnachahmung abzielt, verbindet sich gleichwohl in Rücksicht auf die Auffassung und Behandlung des Charakters das historische Element mit dem genrehaften, das idealistische mit dem realistischen. Das Bildnis soll den Menschen auch nicht bloß in seiner zufälligen Existenz darstellen, sondern bei aller Naturtreue auch die ideelle Seite des Charakters, d. h. den gewordenen Menschen, das geistige Lebensresultat seines Daseins, in die Erscheinung treten lassen.
Die zweite Stufenfolge verbindet sich ebenfalls mit der ersten durch eine Zwischengattung, das landschaftliche Genre oder die Genrelandschaft in welcher die fast untergeordnete figürliche Staffage ein so großes Gewicht in räumlicher wie inhaltlicher Beziehung erhält, daß sie fast zur Hauptsache wird. Eine besondere Nebengattung ist die heroische oder historische Landschaft, worunter man entweder eine Landschaft mit historischer Staffage versteht oder eine stilisierte oder idealisierte Landschaft.
Die Landschaftsmalerei im eigentlichen Sinn zerfällt der künstlerischen Wirkung nach in stilisierte Landschaft, romantische Landschaft, Stimmungslandschaft (paysage intime) und Vedute (s. Landschaftsmalerei), dem Gegenstand nach in Landschaft im engern Sinn, Architektur und Marine. Die Tiermalerei entwickelt sich insofern aus der Landschaftsmalerei, als die darin vorhandene Tierstaffage eine so vorwaltende Bedeutung gewinnt, daß dagegen der landschaftliche Hintergrund zurücktritt.
Auch in der
Tiermalerei gibt es verschiedene Abstufungen: das Tierporträt, das Tiergenre, das
Jagdstück etc. Das
Stillleben
behandelt die
Darstellung der toten
Natur in Beziehung zum menschlichen Genießen; die
Darstellung des toten
Tiers, einer Jagdbeute
etc. lehnt sich an die
Tiermalerei an; auch die Zubereitungsgegenstände und Räumlichkeiten
(Küche) gehören dazu,
sodann
Früchte, endlich
Blumen, untermischt mit Geräten etc. Eine besondere
Gattung der Malerei
bildet die ornamentale Malerei
(Arabesken-
etc. Malerei
), welche jedoch nicht für sich bestehende Kunstwerke schafft, sondern nur Werke
eines andern Kunstgebiets, der
Architektur vornehmlich, zu schmücken sucht oder auf Textillustration, z. B. in Randzeichnungen,
verzierten
Initialen etc., Anwendung findet.
Die realistische Strömung in der neuern Malerei
hat die Klassifizierung der ältern
Ästhetik beseitigt.
Alle
Fächer
[* 2] der Malerei
gelten
jetzt als gleichberechtigt, ebenso wie jede
Gattung der Malerei
idealistisch, realistisch oder naturalistisch behandelt wird. Nicht
mehr der
Inhalt der
Darstellung, sondern die künstlerische
Kraft
[* 3] der
Darstellung gibt den
Maßstab
[* 4] der Beurteilung
und Wertschätzung eines Erzeugnisses der Malerei.
Die praktische Seite der Malerei bezieht sich auf die technischen Erfordernisse und zwar einerseits auf die Unterschiede der technischen Darstellungsmittel, aus denen verschiedene Arten der Malertechnik entspringen, anderseits auf gewisse Hilfswissenschaften. Benannt werden die verschiedenen Arten der Technik teils nach dem besondern Material, womit gemalt wird, teils nach dem Material, worauf gemalt wird. Zu der erstern Gattung gehören die Ölmalerei, die Aquarellmalerei, die Temperamalerei, die Wachsmalerei, die Pastellmalerei, die Gouachemalerei, die Miniaturmalerei, die Mineralmalerei; zu der zweiten die Emailmalerei, die Enkaustik, die Glasmalerei, [* 5] die Porzellanmalerei, die Malerei auf Holztafeln, Metall oder Leinwand etc.
Die Hilfswissenschaften, welche die Malerei zum großen Teil mit der Zeichenkunst [* 6] gemeinsam hat, sind die Lehren [* 7] von der Perspektive und von der Proportion, die Anatomie, die Kostümkunde und die Lehre [* 8] von der chemischen und optischen Natur der Farben (s. Farbstoffe und Malgrund). Über die Eigentümlichkeiten der einzelnen technischen Gattungen sowohl als über die zur Malerei gehörigen Hilfswissenschaften sind die betreffenden Artikel nachzulesen. Hier sei nur so viel bemerkt, daß die Ölmalerei die eigentliche Hauptgattung der Malerei, wenigstens der Staffeleimalerei, d. h. derjenigen ist, welche transportable Gemälde schafft.
Vgl. Unger, Das Wesen der Malerei (Leipz. 1851);
Völker, Die Kunst der Malerei nach rein praktischer Methode (3. Aufl., das. 1882);
Ehrhardt, Die Kunst der Malerei (Braunschw. 1885).
Geschichte der Malerei.
I. Die antike Malerei.
Als Vorstufe der Entwickelung der Malerei sind die orientalische und die antike Malerei zu betrachten, welche zum größten Teil sich als ornamentale oder dekorative oder Monumentale an die Architektur anlehnen, und zwar mit mehr oder weniger vorwaltender lehrhaft-religiöser Tendenz. In der orientalischen ist als am meisten unabhängig von der Architektur die chinesische und japanische Malerei zu erwähnen. Jedoch reicht nur die chinesische Malerei bis in die vorchristliche Zeit zurück.
Ihre geschichtliche Entwickelung ist noch nicht genügend erforscht. Die Geschichte der japanischen Malerei, welche von Chinas eingeführt wurde, beginnt erst mit dem 5. Jahrh. n. Chr. Nur wenig älter ist die indische Malerei, deren Denkmäler aus Wandbildern in buddhistischen Grottentempeln bestehen. Die ägyptischen Malereien sind die ältesten Denkmäler, die uns aus dieser Kunst überkommen sind; man bemalte die Wände und Säulen, [* 9] Mumiensärge etc. mit Figuren in bunten Farben, ohne Schattengebung und Perspektive. Es sind Götterdarstellungen, Herrscherbilder, Schlachten [* 10] und Szenen aus dem Leben. (Vgl. Ägypten, [* 11] S. 222 u. 223.) Ähnlich sind die Reste der assyrischen Malerei, die man in den Trümmern Ninives gefunden; doch sind hier die Figuren gedrungener, und oft ist neben allem konventionellen Wesen Naturgefühl bemerkbar.
Die antike Malerei im engern Sinn, d. h. die griechische und römische, entwickelte sich bei den Griechen weit später als Architektur und Plastik, erreichte aber nach dem Urteil der Alten dieselbe Stufe der Vollendung wie jene. Da von den Schöpfungen der großen griechischen Maler nichts auf uns gekommen ist, so sind wir, um eine Vorstellung von ihrem Charakter zu gewinnen, auf die Erzeugnisse des Handwerks angewiesen, welche unter dem Einfluß der hohen Kunst entstanden sind, namentlich die Wandgemälde der vom Vesuv [* 12] verschütteten Städte Kampaniens und diejenigen, welche sich in den Grabkammern Etruriens, Lykiens und andrer von griechischer Kultur und Kunst abhängiger Länder erhalten haben.
Neben ihnen haben die Gemälde auf griechischen Thongefäßen, von denen sich sowohl in Griechenland [* 13] als in Italien [* 14] und in fast allen dem griechischen Handel zugänglichen Orten der Alten Welt erstaunliche Mengen gefunden haben (s. Vasen), [* 15] den besondern Wert, daß sie zusammenhängende Reihen gleichartiger Kunstprodukte liefern, in welchen sich die Entwickelung der Malerei von ihren ersten Anfängen bis zur Zeit des Verfalls selbst mit Unterscheidung bestimmter Schulrichtungen verfolgen läßt. Endlich geben uns Nachrichten ¶
mehr
der alten Schriftsteller genügenden Anhalt, [* 17] die verschiedenen Perioden und die Hauptrichtungen der griechischen Malerei sowie die hervorragendsten Vertreter derselben und ihre Schöpfungen wenigstens im Überblick kennen zu lernen. Schon die bessern unter den Vasenbildern, noch mehr aber die pompejanischen Wandgemälde zeigen eine unerschöpfliche Fülle künstlerischer Motive, ein erstaunliches Geschick für Anordnung und Komposition der Figuren und Gruppen, nicht wenige auch den feinsten Sinn für maßvolle Verhältnisse und anmutige Zeichnung, Vorzüge, die wir in noch höherm Grad in den gepriesenen Werken der großen Meister voraussetzen dürfen.
Immerhin scheint aber auch in diesen das spezifisch malerische Element, welches im Helldunkel und in der Wirkung der Luftperspektive liegt, wesentlich zurückgetreten zu sein, so daß die Darstellung sich im allgemeinen der im Reliefstil üblichen Auffassung näherte und auf die Bestimmtheit der Zeichnung, die gleichmäßige Verteilung der Massen und der Beleuchtung [* 18] den Nachdruck legte, während die Landschaft nur selten zu selbständiger Bedeutung gelangt zu sein scheint.
In technischer Beziehung scheidet sich die antike Malerei in zwei Gattungen, die der Wand- und die der Tafelmalerei. Die Wandgemälde wurden in der Regel auf einem sehr sorgfältig zubereiteten und fein geglätteten Stuck mit einfachen Wasserfarben a fresco ausgeführt. Bei der Tafelmalerei, die seit der zweiten Hälfte des 5. Jahrh. vorwiegend gepflegt wurde, trug man die Farben in tempera, d. h. durch eine leimartige Substanz verbunden, auf weiß grundierte Holztafeln auf.
Nicht genügend unterrichtet sind wir über das in der Blütezeit der antiken Kunst aufkommende Verfahren der Enkaustik (s. d.), wobei mit Wachs vermischte Farben verwendet wurden, welche, durch Einwirkung der Hitze ineinander vertrieben, eine große Brillanz der Farbentöne erzielten. Daneben beschränkte sich die Mosaikmalerei, die ihre Darstellungen aus kleinen, verschiedenfarbigen Stiften zusammensetzt, anfänglich auf die Ausschmückung der Fußböden, bis sie allmählich eine größere Verwendung auch zur Ausschmückung der Wände erlangte.
Die geschichtliche Entwickelung der griechisch-römischen Malerei gliedert sich in zwei Hauptperioden, an deren Wendepunkt der Maler Apollodoros steht. Die ersten Erfindungen schrieb die Sage einzelnen Künstlern von Korinth, [* 19] Sikyon und Athen [* 20] zu. So sollte Kleanthes von Korinth die ersten Schattenrisse gezeichnet, Aridikes und Telephanes die Linearzeichnung weiter ausgebildet, Ekphantos oder Kraton die einfarbige (monochrome) Malerei eingeführt, Eumaros in seinen Figuren zuerst die Geschlechter unterschieden haben.
Neben diesen noch in das Gebiet der Kunstsage gehörenden Namen werden andre aus historischer Zeit genannt, unter denen die erste wirklich bedeutende Künstlerpersönlichkeit Polygnotos von Thasos ist, der Zeitgenosse des Kimon. In Athen schuf er im Verein mit mehreren Genossen (Panänos, Mikon u. a.) eine Reihe von Gemäldecyklen zur Ausschmückung von Tempeln und öffentlichen Hallen, so in der Bunten Halle [* 21] (Stoa Poikile) das Treffen zwischen Athenern und Lakedämoniern bei Önoe in Argolis, eine Amazonenschlacht, den Kampf bei Marathon und die Einnahme von Troja. [* 22] Im Heiligtum der Dioskuren [* 23] (Anakeion) führte er mit Mikon Darstellungen der Heroensage aus.
Vor allem aber hatten die Gemälde in der Lesche zu Delphi den Ruhm des Meisters weithin getragen. In figurenreichen Darstellungen war auf der einen Seite der Halle der Untergang Trojas und die Einschiffung der siegreichen Hellenen, auf der andern der Besuch des Odysseus in der Unterwelt geschildert. Trotz der noch unentwickelten Technik (die Gemälde waren in einfach kolorierten Umrißzeichnungen ohne alle Perspektive und selbst ohne Schatten [* 24] und Modellierung ausgeführt) bewunderte man noch in späterer Zeit die fein abgewogene Komposition, den geistigen Gehalt, den würdevollen und ernstreligiösen Charakter dieser Schöpfungen.
Auf weniger idealem Boden stand die auf perspektivische Wirkung ausgehende Bühnenmalerei (Skenographie), als deren Meister Agatharchos von Samos genannt wird. In dieser Richtung fortstrebend, erreichte die Malerei unter Apollodoros die volle Illusion farbiger Darstellung, indem sie durch genaue Beobachtung von Licht [* 25] und Schatten dazu gelangte, die Gestalten kräftiger zu modellieren, den Schein des Körperlichen hervorzurufen. Mehr indes als dieser Meister waren es zwei seiner jüngern Zeitgenossen, Zeuxis und Parrhasios, welche der neuen Richtung zu allgemeiner Anerkennung verhalfen.
Sie galten als Hauptvertreter der ionischen (d. h. kleinasiatischen) Schule, deren wesentliches Verdienst die Entwickelung des koloristischen Elements ist. Von Zeuxis aus Heraklea rühmte man besonders seine Frauenbilder (Helena, Penelope), von Parrhasios dagegen die männlichen Gestalten, namentlich Heroen (Prometheus, Theseus, Odysseus etc.). Durch sinnige Erfassung des psychologischen Moments fesselten die Gemälde des Timanthes, dessen Opferung der Iphigenia wegen der wohlerwogenen Abstufung der Empfindungen noch in römischer Zeit viel bewundert wurde.
Hatte die griechische Malerei in Athen ihre ersten Triumphe gefeiert, ehe Kleinasien dem Mutterland den Vorrang ablief, so wurde die Hauptstadt von Attika zum zweitenmal der Schauplatz einer Blüte [* 26] dieser Kunst, als sie die anfänglich in Theben thätige, sogen. thebanisch-attische Schule bei sich aufnahm. Zu ihren Begründern zählte man Aristäos und Aristeides, ihr größter Vertreter war Euphranor. Den ionischen Künstlergruppen trat eine spezifisch dorische in der Schule von Sikyon gegenüber, die, von Eupompos gegründet, durch Pamphilos und Melanthios ausgebreiteten Ruf erlangte.
Aus Pamphilos' Schule gingen bedeutende Künstler hervor, Pausias von Sikyon, ein durch vollendete Behandlung der enkaustischen Manier und kühne Verkürzungen seiner Figuren ausgezeichneter Meister, vor allen aber Apelles, durch den die griechische Malerei den Gipfel der Vollendung erreichte. An seinen zahlreichen Werken, von denen die aus dem Meer auftauchende Aphrodite [* 27] das berühmteste war, bewunderte man den höchsten Reiz der Zeichnung wie des Kolorits, die sicherste Beherrschung aller Mittel der Kunst, die mit dem feinsten Gefühl für harmonische Wirkung vorgetragen wurden.
Auch Protogenes, ein Zeitgenosse des Apelles, Aetion, Antiphilos und Theon werden mit hohem Lob erwähnt und unter denen, die ihre Stoffe aus dem Alltagsleben schöpften, besonders Peiraikos. Erst in der Zeit des zunehmenden Luxus, als die Kunst auch für den Schmuck des Wohnhauses dienstbar gemacht wurde, scheint die Mosaikmalerei größere Bedeutung erlangt zu haben. Anfänglich lediglich zur Verzierung des Fußbodens verwandt, worin besonders Sosos Hervorragendes leistete, griff sie allmählich auf das Gebiet der selbständig wirkenden Malerei über und wagte sich selbst an die Wiederholung größerer historischer Kompositionen von der Art der berühmten Alexanderschlacht, welche im Museum zu Neapel [* 28] aufbewahrt wird. ¶