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In dem ehemaligen Cistercienserkloster des heil. Ambrosius befindet sich die berühmte Biblioteca Ambrosiana, 1609 durch den Kardinal Federigo Borromeo gegründet, mit über 160,000 gedruckten Werken, 15,000 Manuskripten (darunter der Homerische Kodex aus dem 4. Jahrh.), einer Sammlung von Kupferstichen, Kartons, Handzeichnungen und Gemälden (darunter L. da Vincis Bildnis der Bianca Maria, Raffaels Studienkarton zur Schule von Athen). Von Palästen sind noch zu erwähnen: Palazzo reale, das 1771 umgebaute ehemalige Schloß der Visconti mit altem Turm und [* 2] Fresken von Bern. [* 3] Luini, Andrea Appiani u. a.;
der erzbischöfliche Palast, unter Carlo Borromeo 1570 durch Pellegrini umgebaut, mit schönem Hof; [* 4]
der Munizipalpalast, ein 1558 von Galeazzo Alessi erbautes Meisterstück der Spätrenaissance;
der Palazzo della Ragione, ehemals Gerichtshalle, jetzt das Notariatsarchiv enthaltend;
Palazzo Poldi-Pezzoli mit sehenswertem Museum, welches namentlich vorzügliche Gemälde aus der Schule Leonardo da Vincis, dann Waffen [* 5] und kunstgewerbliche Objekte enthält;
Palazzo Serbelloni-Busca, 1794 von Cantoni erbaut;
Karten zur Geschichte

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Italiens.Palazzo Ciani mit Reliefs aus der modernen Befreiungsgeschichte Italiens; [* 6]
Villa reale, 1790 erbaut und Napoleon I. geschenkt, gegenwärtig Eigentum des Königs;
Broletto, einst der Palast des Generals Carmagnola, später Munizipalpalast, seit 1860 Finanzgebäude;
das Museo Civico (mit reicher naturgeschichtlicher Sammlung) und der Salone (mit der städtischen Kunstsammlung, namentlich Münzen [* 7] u. Gemälde enthaltend);
das neue Sparkassengebäude.
Ein großartiges Bauwerk ist die Galleria Vittorio Emmanuele, ein 1865-67 von Mengoni erbauter Bogengang, welcher ein 14,5 in breites Kreuz [* 8] mit kürzern Seitenarmen (195 m zu 105,5 m) bildet und vier Paläste auseinander hält, die im Erdgeschoß mit Cafés und Kaufläden ausgestattet sind. Die elektrisch beleuchtete Halle [* 9] ist einer der beliebtesten Spaziergänge der Mailänder. Unter den Theatern ist am bedeutendsten das 1777 von Piermarini erbaute Opernhaus della Scala, nach San Carlo in Neapel [* 10] das größte Theater [* 11] Italiens.
Andre Theater sind: Canobbiana, Alessandro Manzoni, Dal Verme;
dann 7 kleinere Theater und die 1806 für Volksspiele erbaute Arena, welche 30,000 Zuschauer faßt.
Garten

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Garten.Südlich davon liegt das Kastell, aus dem 15. Jahrh., jetzt Kaserne. Der beliebteste Spaziergang sind die Giardini pubblici mit reicher Baum- und Wiesenanlage, kleinem See und zoologischem Garten. [* 12] Nördlich von der Stadt liegt der von Maciacchini angelegte Friedhof mit schönen Grabmälern. In neuester Zeit sind auf den Plätzen der Stadt mehrere Denkmäler errichtet worden, so die Standbilder Cavours (1865), des Kardinals Borromeo (1865), des Rechtsgelehrten Beccaria (1871) und des Leonardo da Vinci (1872), das Denkmal für das Gefecht von Mentana auf der Piazza Santa Marta (1880) und das Monument Manzonis auf der Piazza San Fedele (1883).
[Bevölkerung und Erwerbszweige.]
Mailand [* 13] zählt (1881) 214,004, mit den Corpi Santi, der die Vororte von Mailand umfassenden Gemeinde, 321,839 Einw. und steht mit seiner Bevölkerungszahl unter den italienischen Städten nur hinter Neapel zurück. Die Stadt ist ein bedeutender Industrie- und Handelsplatz und bildet das wichtigste Emporium für den lombardischen Handel in roher Seide, [* 14] außerdem in Baumwollstoffen, Getreide, [* 15] Reis und Käse. Der Wert der Wareneinfuhr über das Zollamt Mailand betrug 1885: 92 ⅔ Mill. Lire.
Fayence (Ort) - Fazy [
![Bild 56.613: Fayence (Ort) - Fazy [unkorrigiert] Bild 56.613: Fayence (Ort) - Fazy [unkorrigiert]](/meyers/thumb/56/56_0613.jpeg)
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Fayence.Auf die in Mailand befindlichen drei Trockenanstalten entfielen 1886 fast 4 Mill. kg Seide (etwa ¾ der gesamten Seidenbewegung Italiens). Hervorragende Gegenstände der Fabrikation sind Samt und Seidenstoffe, Bänder, Posamentierwaren, Hüte, Papier, Spielkarten, Gold-, Silber- und Bronzearbeiten, Eisenwaren, Maschinen, wissenschaftliche Instrumente, Tischler- und Drechslerarbeiten, Wagen, Leder, Fayence, [* 16] Porzellan (Fabrik im Vorort San Cristoforo); chemische Produkte, Seife, Zündwaren; außerdem hat eine Tabaksfabrik, eine Münze und 36 Buchdruckereien, welche mit einem sehr ausgebreiteten Buchhandel in Verbindung stehen.
Italien

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Italien.Die Großindustrie, namentlich die Fabrikation von Garnen und Geweben in Baumwolle, [* 17] Schafwolle und Leinen, hat ihre Produktionsstätten meist auf das Land verlegt, behielt aber in der Stadt ihren geschäftlichen Mittelpunkt. Den Interessen des Verkehrs dienen große Lagerhäuser, eine Handels- und Gewerbekammer, eine Börse, Hauptstellen der italienischen Notenbanken, mehrere Kredit- und Volksbanken, ein großes Leihhaus, eine bedeutende Sparkasse (mit 112 Filialen und Einlagen von über 300 Mill. Lire), zahlreiche gewerbliche Unterstützungsvereine, Versicherungsanstalten und Aktiengesellschaften, endlich als Verkehrsmittel das reichverzweigte Eisenbahnnetz mit Linien nach Lecce, Como, dem St. Gotthard, Arona, Turin, [* 18] Alessandria, Genua, [* 19] Piacenza, Venedig [* 20] und Bergamo sowie die Dampftramways nach den benachbarten lombardischen Städten. Bei den meisten Neuerungen, welche der moderne Verkehr ins Leben gerufen hat, ist Mailand für Italien [* 21] tonangebend geworden. So liefert es das größte Kontingent zum Postverkehr; Telephone, städtische Pferdebahnen und elektrische Beleuchtung [* 22] haben in keiner andern Stadt Italiens so rasche Verbreitung gefunden wie hier. In der Feuerbestattungsfrage ist es allen Ländern vorangeeilt, indem es 1876 den ersten Verbrennungsofen aufstellte.
[Öffentliche Anstalten.]
Unter den Wohlthätigkeitsanstalten (zusammen 360, welche über nahezu 170 Mill. Lire verfügen) sind die bedeutendsten: das allgemeine Krankenhaus [* 23] (Ospedale maggiore), ein kolossaler Bau mit schöner Fassade (1448 gegründet), mit 2500 Betten, nebst einem Gebär- und Findelhaus;
ein Spital der Barmherzigen Brüder, mit besonders schöner innerer Einrichtung, und ein solches der Barmherzigen Schwestern;
Mailand (Geschichte)

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Seite 11.112.ein königliches Taubstummeninstitut, Blindeninstitut, Irrenhaus, 2 Waisenhäuser und ein großes Armenversorgungshaus. An Unterrichts- und Bildungsanstalten besitzt es eine wissenschaftlich-litterarische Akademie, welche ihrem Wesen nach einer philosophischen Universitätsfakultät gleichsteht, aber schwach (von ca. 45 Hörern) besucht wird, ein höheres technisches Institut, eine Ackerbauschule, eine Tierarzneischule, eine Hebammenschule, ein Seminar, 2 Lycealgymnasien, ein städtisches Kollegium, ein Nationalkonvikt, 3 technische Schulen, die sehr zahlreich besuchte Akademie der schönen Künste, eine Kunstgewerbeschule, ein Gewerbeinstitut, ein Militärkollegium, 2 Kollegien für Mädchen, das Musikkonservatorium, zahlreiche Elementarschulen und viele Privatlehranstalten, mehrere öffentliche Bibliotheken (darunter die bereits erwähnte Biblioteca Ambrosiana und die Biblioteca Nazionale im Palast Brera), die beiden städtischen Museen, einen botanischen Garten, das königliche lombardische Institut der Wissenschaften und Künste, das Athenäum, die Italienische Gesellschaft der Naturwissenschaften, die physikalisch-medizinisch-statistische Akademie, die Patriotische Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften und Künste und den Lombardischen Verein für politische Ökonomie. Mailand besitzt ¶
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mehrere Theateragenturen, welche den italienischen und vielen überseeischen Theatern den Bedarf an allem notwendigen Personal und Material liefern, eine Ballettschule, zahlreiche Musikalienhandlungen (darunter die berühmte Firma Ricordi). Es feiert mehrere, teilweise historische Volksfeste. Der Karneval schließt in Mailand eigentümlicherweise nicht am Aschermittwoch, sondern dauert als Carnevalone noch vier Tage darüber.
ist der Sitz eines Präfekten, Erzbischofs, eines Appellhofs, Zivil- und Korrektionstribunals, Assisenhofs, eines Generalkommandos, einer Sicherheitsquästur und zahlreicher andrer Zivil- und Militärbehörden sowie eines deutschen Berufskonsuls. Es ist der Geburtsort des Rechtsgelehrten Beccaria, des Dichters Manzoni (beiden Denkmäler errichtet, s. oben), der Päpste Pius IV. und Gregor XIV. u. a.
Italien, nördliche Häl

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Oberitalien.Geschichte.
Mailand wurde als Mediolanium bald nach 400 v. Chr. von den unter Bellovesus in Italien einfallenden Kelten gegründet und war Hauptort der Insubrer. Nach der Eroberung dieser Landschaft durch die Römer [* 25] 222 wurde es römische Provinzialstadt und blühte bald zu einer der bedeutendsten Städte Oberitaliens auf; berühmt waren namentlich seine Lehranstalten. Kaiser Hadrian machte es zur römischen Kolonie. Kaiser Maximianus erhob Mailand 303 v. Chr. zur kaiserlichen Residenz wegen ihrer größern Nähe an der stets von Kriegen bedrohten nördlichen Reichsgrenze, und es blieb ein Jahrhundert lang Hauptstadt der westlichen Kaiser. 539 wurde es von den Ostgoten zerstört. Im September 569 n. Chr. besetzten die Langobarden Mailand Karl d. Gr. vereinigte es samt ganz Oberitalien [* 26] mit dem fränkischen Reich, und mehrere seiner Nachfolger ließen sich zu Mailand mit der Eisernen Krone krönen.
Nachdem Otto I., der sich ebenfalls hier krönen ließ, Italien unterworfen hatte, wurde Mailand, wie die andern lombardischen Städte, durch kaiserliche Statthalter regiert. Zu Ende des 11. Jahrh. bildeten sich besondere Vereinigungen (compagnie) der einzelnen Stände, deren Vorsteher (consules) die Gerichtsbarkeit an sich brachten. Als Haupt des Lombardischen Städtebundes stand Mailand den deutschen Kaisern stets feindlich gegenüber und gab hauptsächlich Veranlassung zu den wiederholten italienischen Feldzügen Friedrichs I. Barbarossas.
Derselbe belagerte die Stadt, die damals über 60,000 Mann zu verfügen hatte, vom 6. Aug. bis und zwang sie durch Hunger zur Übergabe. Als er hierauf in Mailand die Bestätigung der Konsuln und die Regalien für sich beanspruchte, fiel die Stadt von neuem von ihm ab, wurde aber nach langer Belagerung vom bis abermals zur Übergabe gezwungen. Der Kaiser gebot allen Bürgern auszuziehen, ließ die Stadt hierauf plündern und bis auf die Kirchen zerstören.
Aber schon seit 1167 wurde sie wieder aufgebaut und blühte so rasch empor, daß sie bereits 1176 wieder an der Spitze der Lombarden dem Kaiser bei Legnano entgegentreten konnte. In dem Konstanzer Frieden 1183 erkannte als Freie Stadt den Kaiser als obersten Lehnsherrn an, gewährte ihm das Bestätigungsrecht der Konsuln, behielt aber die Einkünfte aus den Domänen für immer. Dann entbrannte im Innern der Kampf um die Herrschaft zwischen den beiden Geschlechtern der (ghibellinischen) de' Visconti und (guelfischen) della Torre.
Pagano della Torre wurde 1237 nach der unglücklichen Schlacht bei Corte Nuova von der guelfischen Partei zum Podesta von Mailand ernannt. Ihm folgten in derselben Würde seine Neffen Martino (1257-63) und Filippo (1263-65) und dann beider Neffe Napoleon. Dieser gewann Brescia und wurde 1274 von Rudolf von Habsburg zum kaiserlichen Reichsvikar in Mailand ernannt. Doch sein Hauptgegner, der Erzbischof Otto Visconti (seit 1263), besiegte ihn 1277 bei Desio, nahm ihn gefangen und beherrschte Mailand, bis er 1287 seinen Neffen Matteo Visconti zum Capitano del popolo erwählen ließ.
Parma (Provinz und Sta
![Bild 62.921: Parma (Provinz und Stadt) [unkorrigiert] Bild 62.921: Parma (Provinz und Stadt) [unkorrigiert]](/meyers/thumb/62/62_0921.jpeg)
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Parma.Matteo, 1294 von Adolf von Nassau zum Vikar ernannt, wurde 1302 von den Torre vertrieben, jedoch 1311 von Heinrich VII. wieder eingesetzt und ihm die Signorie übertragen. Er erweiterte sein Gebiet durch die Erwerbung von Como, Pavia, Bergamo, Piacenza, Parma, [* 27] Verona, [* 28] Mantua, [* 29] Alessandria und Tortona. Sein Enkel Azzo (1328-39) bemächtigte sich bis 1337 der ganzen Lombardei mit Ausnahme von Cremona. Ihm folgte sein Oheim Lucchino, nach diesem 1349 dessen Bruder, Erzbischof Giovanni, der Bologna und Genua erwarb.
Nach seinem Ableben (1354) teilten seine Neffen Matteo II., Bernabo und Galeazzo II. seine Staaten. Bernabo ließ sich nach Matteos (1355) und Galeazzos Tod (1378) das Vikariat über die ganze Lombardei vom Kaiser Wenzel 1380 übertragen; doch Galeazzos Sohn Giovangaleazzo nahm 1384 seinen Oheim gefangen, ließ ihn und seine Söhne im Kerker vergiften und wurde vom Großen Rat zum Signore von Mailand ausgerufen (1385). Er vertrieb Antonio della Scala aus Verona und Vicenza, dann Francesco Carrara aus der Mark Treviso und aus Padua [* 30] und unterwarf später die Städte Pisa, [* 31] Siena, Perugia und Bologna. Er begann den Bau des Doms zu und der Certosa bei Pavia und vollendete den fürstlichen Palast zu Pavia.
Kaiser Wenzel verkaufte ihm 1395 für eine Summe von 100,000 Goldgulden den Titel eines Herzogs von Mailand Wenzels Nachfolger, Kaiser Ruprecht, gedachte zwar Mailand dem Reich wieder unmittelbar zu unterwerfen; doch wurden seine Truppen bei Brescia von Alberico da Barbiano, Giovangaleazzos Feldherrn, zerstreut Sterbend (1402) hatte dieser eine Teilung seiner Länder unter seine noch unmündigen Söhne Gian Maria und Filippo Maria angeordnet, an ihrer Statt herrschte ein Regentschaftsrat.
Florentiner Konzil - F

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Florenz.Gian Maria wurde 1412 wegen seiner Grausamkeit ermordet, und Filippo Maria war nun Alleinherrscher. Er gewann durch List und durch die Tapferkeit seines Feldherrn Francesco da Carmagnola viele Städte wieder, die während seiner Minderjährigkeit verloren gegangen waren, und selbst Genua begab sich unter seine Oberhoheit; als sich aber 1425 Florenz [* 32] und Venedig gegen ihn verbanden, sah er sich genötigt, einen Frieden einzugehen, in welchem Venedig Bergamo und Brescia erhielt (1428). Im Vertrauen auf das Glück der beiden berühmtesten Condottieri seiner Zeit, des Francesco Sforza und Niccolò Piccinino, ergriff er bald die Waffen von neuem.
Doch während er eine große venezianische Flotte auf dem Po besiegte, wurde eine Flotte der ihm verbündeten Genuesen von den Venezianern an der ligurischen Küste geschlagen (1431), und Filippo mußte, nachdem er Brescia jahrelang vergeblich belagert, den Venezianern ihre Besitzungen in der Lombardei lassen (1441). Er starb 1447, ohne männliche Nachkommen zu hinterlassen. Als eine republikanische Regierung von 24 Capitani sich als unfähig erwies, zwang das Volk den Großen Rat, Franz Sforza, Filippo Marias Schwiegersohn, zum Herzog zu wählen (1450). Sein Sohn Galeazzo Sforza (seit 1466) veranlaßte durch Grausamkeit und Verschwendung seine Ermordung ¶