Die Burggrafschaft umfaßte damals die burggräflichen
Rechte zu Magdeburg und
Halle sowie die
ÄmterGommern,
Ranis, Elbenau und
Grottau.
Indes 1294 wurde das Burggrafentum wieder an das Erzstift verpfändet und blieb mit diesem vereinigt,
bis es 1538
KurfürstJohannFriedrich mit schweren
Kosten wieder einlöste, um es zu gunsten der
Evangelischen gegenAlbrecht
V. geltend zu machen. Doch
gab es darüber noch viele Streitigkeiten, die endlich durch den
MagdeburgerPermutationsrezeß
zu
Eisleben
[* 16] zwischen
dem
KurfürstenAugust von
Sachsen und dem Erzstift Magdeburg dahin entschieden wurden, daß das Erzstift an Kursachsen
einen großen Teil der
GrafschaftMansfeld abtrat, wogegen das Kurhaus
Sachsen auf das Burggrafentum verzichtete,
aber sich und seinen Nachkommen den
Titel und das
Wappen desselben nebst den vier
oben genannten Ämtern vorbehielt.
[* 11] (hierzu der Stadtplan), Hauptstadt der preuß.
ProvinzSachsen wie des gleichnamigen
Stadtkreises und eine
der wichtigsten
Festungen des
DeutschenReichs, liegt am Nordende der fruchtbarenMagdeburger Börde (s. d.)
und an der
Elbe, die sich hier in drei
Arme, die
Strom-,
Zoll- und
AlteElbe, teilt, unter 11° 40' östl. L. v. Gr. und
52° 8' nördl.
Br., 41 m ü. M., und besteht aus der eigentlichen alten Stadt und der Sudenburg
und den früher selbständigen, seit 1886 und 1887 mit dem Stadtgebiet vereinigten
StädtenNeustadt
[* 17] und
Buckau am linken Elbufer sowie der
Citadelle und dem
Werder auf den
Inseln in der Flußteilung und der befestigten, von König
FriedrichWilhelm I. 1731 gegründeten
Friedrichstadt am rechten
Ufer der Alten
Elbe.
Durch die Abtragung der bei der nach 1866 erfolgten Erweiterung der
Festung
[* 18] von der Stadtgemeinde angekauften
alten Festungswerke ist im
S. und
W. ein
Raum gewonnen worden, welcher ungefähr der Hälfte des ganzen alten bebauten
Terrains
gleichkommt, und auf welchem jetzt ein neuer Stadtteil entstanden ist, der vorzüglich an der breiten und vornehmen Kaiserstraße
mit sehr eleganten Bauten besetzt ist. Ein Teil der alten Festungswerke und
Glacis ist in
Promenaden und
parkartige
Anlagen umgewandelt worden, von denen namentlich der
Friedrich Wilhelms-Garten, an der
Stelle des 968 gegründeten, 1809 aufgehobenen, 1813 von
den
Franzosen geschleiften
KlostersBerge gelegen, die ehemalige
BastionKleve mit dem schönen Kriegerdenkmal und der Fürstenwall
sich auszeichnen.
Die alten Festungsthore sind größtenteils geblieben; nur das frühere Schrotdorfer
Thor im
NW. ist entfernt,
während das
Ulrichs- und Sudenburger
Thor weiter hinausgerückt sind. Da nach dem
Brand von 1631 die alte Stadtanlage mit all
den engen und winkeligen
Gassen beibehalten wurde und zudem das
Terrain nach der
Elbe hin erheblich abfällt,
macht der eigentliche
Kern der Stadt abseits von der Hauptverkehrsader derselben, dem denselben in seiner ganzen
Ausdehnung
[* 19] durchschneidenden
Breiten Weg, keinen angenehmen
Eindruck, doch wird in der neuesten Zeit viel für Verbreiterung enger
Gassen
und
Anlage neuer Straßenzüge gethan.
Von
Plätzen sind hervorzuheben: der
NeueMarkt oder Domplatz und der
AlteMarkt. Auf dem an letztern stoßenden
kleinen Platz
vor derHauptwache steht die 1857 errichtete Bronzestatue des frühern
OberbürgermeistersFranke; den Alten
Markt
selbst ziert das merkwürdige Reiterstandbild
KaiserOttosI., das jedoch kein Denkmal im heutigen
Sinn, auch nicht, wie die
Inschrift des 16. Jahrh. besagt, schon 973, sondern erst gegen Ende
des 13. Jahrh. errichtet worden ist. Wie die beiden weiblichen
Figuren zu Seiten des
Kaisers, welche irrigerweise als dessen
beide
Frauen bezeichnet werden, so hat auch das Standbild symbolische Bedeutung und wurde, wie die
Rolande, jedenfalls als
Sinnbild für die erworbene
Gerichtsbarkeit der Stadt aufgestellt. Die zahlreichen
Kirchen überragt sämtlich der erhabene Dom, ein Bauwerk gotischen Stils, aber noch erfüllt von romanischen Bildungen. Das
jetzige Gebäude wurde nach dem Brande des von Otto d. Gr. erbauten Doms 1207 auf derselben Stelle begonnen; der älteste Teil,
das hohe Chor, enthält noch antike Säulen
[* 22] aus dem frühern Dom. Traditionell wird als Baumeister Bonensack
genannt. 1363 erfolgte die Einweihung durch ErzbischofDietrich, aber erst 1520 waren auch die Türme vollendet.
Der Grundriß des Gebäudes zeigt das von W. nach O. gerichtete lateinische Kreuz; die ganze Länge beträgt 120 m, die innere
Länge 114,8 m. Mit den beiden je 9,4
m breiten Nebenschiffen beträgt die ganze lichte Breite
[* 23] 31,4 m, ebensoviel wie die Höhe des Hauptschiffs,
welches von zwölf gewaltigen Pfeilern getragen wird und den erhabensten Eindruck von der Kapelle unter den Türmen aus gewährt.
Die beiden westlichen Haupttürme haben eine Höhe von 104,6 m; der südliche entbehrt noch der 1540 vom Blitz
herabgeworfenen, die Spitze bildenden steinernen Kreuzblume.
[* 24] Im Chor deckt eine Marmorplatte den SargOttos d. Gr., ein steinernes
Grabdenkmal des 15. Jahrh. bezeichnet die Ruhestätte seiner Gemahlin Editha; eine Hauptzierde
der Kirche ist das Grabmal des ErzbischofsErnst (gest. 1513), dessen Seitenwände die Gestalten der zwölf Apostel schmücken,
eins der Meisterwerke PeterVischers, von ihm noch bei Lebzeiten Ernsts in dessen Auftrag gegossen.
Die Krypte des alten Doms unter dem hohen Chor ist bei der großen Restauration 1825-35 nicht wieder aufgesucht worden. Die übrigen
protestantischen Kirchen: die Johanniskirche (älteste Pfarrkirche, davor das 1886 errichtete Standbild Luthers), die Ulrichs-,
Heiligegeist-, Jakobi-, Katharinen-, Petri-, die reformierte und die Wallonerkirche, bieten baulich nichts
Hervorragendes, das meiste noch die jetzt katholische Liebfrauenkirche. Früher gehörte sie zum Kloster gleiches Namens, dessen
Räume jetzt ein Gymnasium (s. unten) beherbergen; von hier ist auch der schöne romanische Kreuzgang zugänglich. 1129 in ein
Prämonstratenserkloster umgewandelt, hatte das Kloster neben dem Mutterkloster Prémontré den höchsten
Rang unter allen Stiftungen dieses Ordens.
Die Nikolaistiftskirche dient jetzt als Zeughaus, die Gertraudenkirche als Speicher; die Sebastiansstiftskirche (mit dem GrabmalOttos v. Guericke) wird der katholischen Gemeinde eingeräumt werden. Von sonstigen öffentlichen Gebäuden verdienen Erwähnung:
das 1691 erbaute Rathaus auf dem Alten Markt (die Stadtbibliothek bewahrend), das Regierungsgebäude, daran
die Gangolphistiftskirche, das Fürstenhaus, die Börse, der prachtvolle Zentralbahnhof, das geschmackvoll eingerichtete neue
Stadttheater. Ins Auge
[* 25] fallen die noch immer zahlreich vorhandenen stattlichen Häuser im Spätrenaissancestil am Breiten Weg
und Alten Markt.
Die Zahl der Einwohner beläuft sich (1885) mit der Garnison (2 Infanteriereg. Nr. 26 und 66, 2 Infant.-Bat.
Nr. 27, eine Abteilung Feldartillerie Nr. 4, ein Pionier-Bat.
Nr. 4 u. ein Train-Bat. Nr. 4) auf 159,520 Seelen (gegen 88,012 im J. 1875, Neustadt und Buckau abgerechnet). Darunter befinden
sich 147,353 Evangelische, 8614 Katholiken, 1738 sonstige Christen und 1815 Juden. Die Industrie ist sehr
bedeutend. Magdeburg besitzt außer vielen kleinern 5 große Eisengießereien, Maschinen- und Metallröhrenfabriken, darunter das
Grusonsche Etablissement (mit 1328 Arbeitern) in Buckau, welches sich eines Weltrufs erfreut.
Ein
zweckmäßig angelegter Hafen dient dem Winterschutz der Schiffe. Die Verbindung der innern Stadt mit den Vorstädten vermittelt
eine Pferdebahn.
An Bildungsanstalten und ähnlichen Instituten besitzt Magdeburg ein pädagogisches Seminar, 3 Gymnasien, ein
Progymnasium, ein Realgymnasium, eine Oberrealschule, eine Handelsschule, ein Lehrerinnenseminar, ein Reichswaisenhaus (errichtet
aus Sammlungen des Reichsfechtvereins), viele milde Stiftungen, ein Stadttheater, ein Zuchthaus, ein großes, musterhaft eingerichtetes
Krankenhaus,
[* 35] eine Hebammenlehranstalt, ein orthopädisch-chirurgisches Institut, wissenschaftliche Vereine, eine Wetterwarte
etc. Die »Magdeburgische Zeitung«, ein Blatt
[* 36] nationaler Richtung, ist weit über die Grenzen
[* 37] Deutschlands
hinaus wohlbekannt. An Behörden befinden sich in Magdeburg: das Oberpräsidium, Konsistorium, Provinzialschulkollegium, die Generalsteuerdirektion
und das Staatsarchiv der ProvinzSachsen, dessen großer Urkundenschatz bis in das 10. Jahrh. zurückreicht, eine Oberpost-
und eine Eisenbahndirektion, ein königliches Polizeipräsidium, Forstinspektionen, ein Hauptsteueramt, ein Landgericht etc.,
ferner: das Generalkommando des 4. Armeekorps, das Kommando der 7. Division, der 13. und 14. Infanterie-, der 7. Kavallerie- und
der 4. Feldartilleriebrigade. Das Wappen der Stadt (s. Figur) zeigt ein geöffnetes Festungsthor, über demselben rechts und
links zwei Türme und zwischen diesen, auf der Mauer, eine Jungfrau mit hoch gehobenem Lorbeerkranz. Zu
den umfangreichen Festungswerken gehören die Citadelle und 13 Forts in weitem Umkreis um die
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