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mit (1881) 3,223,938 Angehörigen die zahlreichste ist. Eigentümlich ist ferner die Einteilung der Kasten in rechtshändige (Valankai) und linkshändige Kasten (Idankai). Meist rechnen sich Parias und verschiedene Händlerkasten den rechtshändigen zu, während der Rest der Hindu für linkshändig gilt; viele Kasten gehören keiner dieser Abteilungen an, sondern gelten als neutral und werden insbesondere als Vermittler in den Zwistigkeiten zwischen den beiden Gruppen angerufen, deren Fehden sonst sehr ernst und blutig waren.
Diese Scheidung wird in ihren Büchern glaubhaft auf den tief gehenden Unterschied zwischen den Wischnuiten und Siwaiten zurückgeführt. Zu den rohesten Völkern gehören die zwerghaften Bewohner der Waldgebirge, die als Reste der ältesten Bewohner der Halbinsel zu betrachten sind. Von den vielen Sprachen der Präsidentschaft sind die verbreitetsten: Tamil für 12,4 Mill. (hauptsächlich im S.) und Telugu für 11,8 Mill. (vornehmlich im N.), Malayalam in Malabar u. a. für 2,4, Kanaresisch für 1,3 Mill., Urijah in Gandscham u. a. für 773,046 und Tulu in Südkanara für 426,222 Menschen.
Für Schulen wurde hier durch christliche Missionäre früher als irgend sonst in Indien viel gethan; seit 1854 hat auch der Staat Unterstützungen gewährt. Es bestanden 1883: 17,494 Schulen mit 446,324 Schülern; dazu 24 Colleges und 764 höhere Schulen. Die protestantischen Missionen haben 2413 Schulen mit 92,655 Schülern. Für Ärzte, Apotheker und Hebammen sind Lehranstalten errichtet, und die Pockenimpfung ist obligatorisch gemacht worden, um der oft so verheerenden Pockenkrankheit ein Ziel zu setzen.
Der Gouverneur, welcher zwar unter dem Vizekönig von Indien steht, aber auch direkt mit dem Minister für Indien in London [* 2] korrespondiert, residiert in der Stadt Madras, während der heißen Monate aber in den Nilgiri. Zu Zwecken der Verwaltung und Rechtspflege ist die Präsidentschaft in 21 Distrikte eingeteilt, die wieder in Bezirke (Taluk) zerfallen. Für öffentliche Sicherheit sorgt ein Polizeikorps von 23,419 Mann. Das Militär der Präsidentschaft bildet ein besonderes, in sich abgeschlossenes Korps, die Madrasarmee, bestehend aus 11,868 Engländern und 30,448 Eingebornen, wozu noch die Nairbrigade (1434) und die Maissurtruppen (2912) kommen.
Sie sind in 21 Garnisonen untergebracht; einzelne Abteilungen stehen in Birma, den Straits Settlements und Aden. [* 3] Die Madrasarmee hat bisher immer allein von den indischen Truppen den auswärtigen Dienst versehen. Die Ausgaben für das Militär sind nicht in dem allgemeinen Staatshaushalt inbegriffen. Derselbe belief sich 1882-83 in Einnahme auf 9,462,756 Pfd. Sterl. (davon Grundsteuer 4,519,818 Pfd. Sterl.), in Ausgabe auf 7,233,315 Pfd. Sterl. Die Grundsteuer wird im größten Teil von Madras nach dem altindischen Raiotwarisystem veranschlagt, wonach die Abgabe von Jahr zu Jahr dem jeweiligen Anbau und mutmaßlichen Ertrag angepaßt wird. S. Karte »Ostindien«. [* 4]
Die gleichnamige Hauptstadt der Präsidentschaft, an der Koromandelküste unter 13° 4' nördl. Br. und 80° 17' östl. L., ist mit (1881) 405,848 Einw. die drittgrößte Stadt des britisch-indischen Kaiserreichs. Unter der Bevölkerung [* 5] waren 315,527 Hindu, 50,298 Mohammedaner und 39,631 Christen. Die Zahl der Europäer betrug nur 1901, wovon 489 weiblichen Geschlechts. Das Klima [* 6] ist im Sommer Europäern durch Cholera, Fieber und Dysenterie gefährlich, im Winter jedoch gesund; höchste Temperatur im Januar 20°, im Juni 34° C. Die Gesundheitsverhältnisse lassen infolge mangelnder Reinlichkeit überhaupt zu wünschen übrig; sein Trinkwasser bezieht aus zwei großen Bassins von 20, resp. 6 qkm im NO. der Stadt.
Dieselbe ist sehr weitläufig gebaut und umfaßt 23 Ortschaften, welche mit ihr zusammen einen besondern Verwaltungsdistrikt bilden. Der kleine und sehr unsaubere Fluß Kuwam teilt Madras in zwei ziemlich gleichgroße Teile. Im N. liegt Black Town, das Quartier der Eingebornen, zugleich Sitz des Handels mit den Banken, Zollhaus, Hafen, Geschäftshäusern, Obergericht. Im S. davon erhebt sich vom Meer nach dem Land zu, von einer Esplanade und Gärten umschlossen, das Fort St. George, das als Festung [* 7] heutigestags wenig Wert hat, und in dem die Bureaus der Zivil- und Militärverwaltung untergebracht sind.
Nördlich davon steht der 38 m hohe Leuchtturm, dessen Licht [* 8] 24 km weit sichtbar ist. Jenseit des Flusses liegt die von Gärten umgebene Residenz des Gouverneurs und die von Eurasiern und Europäern erbauten Quartiere mit hübschen Villen und Gärten. Mit seinem Kranz von Seen im W., seinen Parken und botanischen Gärten hat Madras einen viel ländlichern Anstrich als andre große indische Städte. ist Sitz der Regierung und obersten Rechtspflege der Präsidentschaft, Hauptquartier der Armee von und hat eine gemischte Garnison (1 engl. Infanterieregiment, 3 indische Regimenter, 1 Batterie); es ist ferner Sitz eines anglikanischen und eines römisch-katholischen Bischofs, eines deutschen Konsuls, einer Universität (die aber keine Lehranstalt, sondern eine Prüfungsbehörde ist), hat mehrere höhere und viele Elementarschulen, eine gelehrte Gesellschaft, ein naturhistorisches Museum, eine Sternwarte. [* 9] Der Hafen gewährt wenig Schutz, und der hölzerne Hafendamm ist wiederholt zerstört worden; man baut daher seit 1878 an einem großen Hafen, welcher den größten Schiffen Schutz gewähren soll. Dennoch verkehren hier jährlich 100 große
[* 1] ^[Abb.: Fig. Situationsplan von Madras.] ¶
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Seeschiffe von ½ Mill. Ton. Ausgeführt werden namentlich Kaffee, Zucker, [* 11] Indigo, [* 12] Ölfrüchte, Farbstoffe, Baumwolle, [* 13] eingeführt dagegen vornehmlich Baumwollenstoffe und Metallwaren. Dem Verkehr mit dem Innern des Landes dienen die Eisenbahnen nach Bombay, [* 14] Maissur, Beypur, Tutikorin.
[Geschichte.]
ist der Schauplatz der Thaten der drawidischen Völker (s. Drawida). Schon vor der Ankunft der ersten arischen Ansiedler bestanden südlich der Kaweri geordnete Reiche, deren Gründung in den Anfang des 6. Jahrh. v. Chr. gesetzt werden muß. Es gab drei größere Reiche: das der Pandja mit der Hauptstadt Madura, nördlich davon das von Tschola mit der Hauptstadt Variur (Arialur) und nordöstlich Tschera mit Skandapura und Salem als Mittelpunkten. Anfangs waren die Pandjakönige die mächtigsten, die Ruinen der stolzen Bauten zu Madura stammen aus dem 2. Jahrh. n. Chr.; in dieselbe Zeit fallen dort Lehranstalten zum Studium der tamulischen Sprache [* 15] und die Ausbildung ihrer Litteratur.
Ende des 3. Jahrh. kam Tschola empor. Bis zum 11. Jahrh. dauerte die Blüte [* 16] dieses Reichs; dann fiel es für kurze Zeit den fremden Fürsten zur Beute, errang aber bald darauf mit den übrigen Reichen wieder seine Unabhängigkeit. Um 1370 beginnt eine neue Periode der Drangsale: das südliche Indien ward dem Reich der weitverbreiteten Jadawa einverleibt (ursprünglich ein Hirtenstamm, dessen Führer sich schließlich von Widschajanagar aus [im nördlichen Haidarabad] gefürchtet machten) und verblieb dieser Dynastie, welche bis zur Aufrichtung der englischen Herrschaft das letzte große Reich in Indien gründete; von Bidschapur und Golkonda aus (im südlichen Haidarabad) machten seit Ende des 14. Jahrh. die dortigen mohammedanischen Fürsten, später die Marathen Vorstöße.
In den Beginn des 17. Jahrh. fällt englischerseits der erste Versuch, in Palikat (nördlich von eine Handelsniederlassung zu erwirken; sie gelang 1620 in Masulipatam, einem Küstenort nördlich der Godaweri; 1639 wurden mit Bewilligung der regierenden Hindufürsten die Festungen St. George bei Madras, 1691 St. David bei Cudallor, ferner an der Malabarküste die Feste von Tellitscherri erbaut. Devikottah an der Mündung der Kaweri wurde 1749 von Tandschor abgetreten zur Belohnung für geleistete Unterstützung des Kronprätendenten.
Die Nizams von Haidarabad hatten Masulipatam und Ländereien in den nördlichen Circars (s. d.) an die Franzosen abgetreten, aber 1759 wurde Masulipatam von den Engländern eingenommen und Land im Umfang von 2578 qkm ihnen überwiesen. 1765 trat der Großmogul zu Dehli als Oberherr über Haidarabad die ganzen Nordcircars ab; 1766 bestätigte der Nizam die Abtretung und schloß mit den Engländern ein Schutz- und Trutzbündnis. 1781 wurden die niederländischen Besitzungen von Palikat, Sadras und Negapatam annektiert.
Die ersten Kriege mit Haider Ali (s. d.) und Tippu Sahib (s. d.) von Maissur hatten den Bestand der englischen Herrschaft in Indien in Frage gestellt und endeten mit Verträgen auf der Grundlage gegenseitiger Herausgabe aller Eroberungen. Im Vertrag vom wurden dagegen von Tippu Sahib Malabar, Salem und ein Teil von Madura abgetreten; 1799 bei der Teilung von Maissur fielen Kanara und Koimbatur an England. In den Kriegen dieser Zeit traten die Engländer wiederholt als Vermittler auf zwischen dem Nawab des Karnatik, dessen Gebiet um Madras herumlag, und seinem südlichen Nachbar, dem Radscha von Tandschor; letzterer unterzeichnete 1776 einen geradezu schimpflichen Vertrag und trat die Stadt Nagor mit 277 Dörfern an England ab, und 1799 ging sein ganzer Besitz auf dieses über.
Mit diesem Jahr schließt die Reihe der Feldzüge um den Besitz der Landschaften von alle übrigen Erwerbungen erfolgten ohne Blutvergießen. Eine unruhige, zu Gewaltthätigkeiten geneigte Bevölkerung sind die Maphla in Malabar; für diese gelten Ausnahmegesetze mit strengen Strafen, die sie aber zeitweise von gesetzwidrigen Handlungen nicht abhalten.
Vgl. Wheeler, Madras in the olden time (Madras 1861 bis 1862, 3 Bde.);
Maclean, Handing information regarding the Madras presidency (das. 1879).