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spärlich bewässerten Terrain großen Schwierigkeiten, denen durch Anlage von Terrassen und Kanälen abgeholfen werden mußte.
Der Bau von Getreide und Mais (Hauptnahrungsmittel der untern Klassen) ergibt höchstens ein Drittel des Bedarfs. Der Tabaksbau,
früher untersagt, ist jetzt freigegeben; doch ist das Resultat schlecht. Die Ausfuhr von Ananas, Bananen, Zwiebeln und
Knoblauch (nach Westindien) ist lebhaft; Hauptkulturen sind aber Zuckerrohr und Wein.
Zuckerrohr, 1452 aus Sizilien eingeführt, war ehemals die wichtigste Kultur der Insel; jetzt werden jährlich 1 Mill. kg Zucker
produziert, die, durch hohe Zölle geschützt, Absatz in Portugal finden. Über den Weinbau, der früher das Hauptprodukt der
Insel lieferte, s. Madeirawein. Die Tierwelt ist sehr arm; einheimische Säugetiere gab es ursprünglich
gar nicht, die überall verbreiteten Kaninchen, Ratten und Mäuse wurden erst von den Portugiesen eingeführt.
Dagegen waren Seekälber (Monachus albiventer) früher an den Küsten sehr zahlreich, sind jetzt aber fast gänzlich ausgerottet.
Kanarienvögel sind einheimisch; Eidechsen und Frösche sind durch nur je eine Art vertreten, Insekten sind
zahlreich. Von Haustieren sind kleine, aber kräftige Pferde und Rinder zu nennen. Von Mineralien findet sich nur etwas Eisenerz
und Schwefelkies. Die Bevölkerung ist portugiesischer Abkunft, aber in den untern Schichten durch Mauren und Neger stark beeinflußt.
Sie nimmt trotz starker Kindersterblichkeit fortwährend zu und ist, da das arme Land wenig Hilfsquellen
bietet, zur Auswanderung gezwungen, die sich nach Britisch-Guayana, der Kapkolonie, Brasilien, Hawai richtet. Die eigentümliche
Nationaltracht, namentlich die von Männern wie Frauen getragene Carapuça, ein Käppchen aus blauem Tuch mit langer Spitze,
verschwindet mehr und mehr. Gewöhnliche Beförderungsmittel sind bei den steilen Straßen von Ochsen gezogene
Schlitten, Reitpferde, Hängematten.
Die Industrie beschränkt sich auf Handstickerei, Holzarbeiten, Stroh- und Weidengeflechte, findet aber nur kärglichen Absatz.
Der Handel, hauptsächlich in englischen Händen, ist im Stillstand begriffen, der Schiffsverkehr aber durch den gesteigerten
Wettbewerb der europäischen Nationen um Westafrika in stetigem Wachsen, da Funchal Depot für Kohle (englische)
ist. Handel und Schifffahrt bewegen sich ausschließlich über Funchal (s. d.), wo sich eine kleine Fremdenkolonie (208 Engländer)
befindet, in deren Händen vornehmlich der Weinhandel liegt. Es laufen hier regelmäßig 5 englische, 2 portugiesische und
eine deutsche Dampferlinie an. Von 880 im J. 1884 eingelaufenen Schiffen waren 608 englische, 123 portugiesische, 62 deutsche.
Die Insel Madeira bildet mit Porto Santo eine Provinz des Königreichs Portugal, welche in den Cortes zu Lissabon durch Abgeordnete vertreten
ist. An der Spitze der Regierung steht ein Gouverneur, dem ein Detachement Infanterie und Artillerie unterstellt ist. Administrativ
wird Madeira in vier Comarras und zehn Distrikte (wovon Porto Santo einen bildet) geteilt. Für den Unterricht
sorgen Elementarschulen, ein Lyceum und ein Seminar; derselbe ist kompulsorisch. Die Provinz bildet eine Diözese, deren Bischof
zu Funchal residiert. Hauptstadt ist Funchal (s. d.) an der Südküste. - Madeira soll schon durch die
Phöniker entdeckt worden sein; jedenfalls war es schon im frühen Mittelalter den Portugiesen bekannt,
welche unter genuesischen Kapitänen Fahrten hierher machten.
Auf einer florentinischen Karte erscheint die Insel bereits 1351 unter dem Namen Isola
di legname (»Holzinsel«). Ein Sturm verschlug 1419 zwei
Portugiesen, João Gonzales und Martin Vaz, an die von ihnen aus Dankbarkeit Porto Santo benannte Insel, und
im nächsten Jahr nahm Portugal Besitz von der bisher unbewohnten Gruppe und sandte Kolonisten hierher. Man glaubte damals die
Atlantis der Alten wiedergefunden zu haben. Mit Portugal stand auch Madeira 1580-1640 unter spanischer Herrschaft, 1801 und abermals
1807-14 war es von England besetzt.
Vgl. Unger, Die versunkene Insel Atlantis (Wien 1860);
Hochstetter, Madeira
(das. 1861);
Hartung, Geologische Beschreibung von Madeira etc. (Leipz. 1864);
Heer in den »Denkschriften der Schweizerischen Naturforschenden
Gesellschaft« (1857);
Mittermaier und Goldschmidt, und seine Bedeutung als Heilungsort (2. Aufl., Leipz.
1885);
Schultze, Die Insel Madeira, Aufenthalt der Kranken und Heilung der Tuberkulose (Stuttg. 1864);
Johnson,
Madeira, its climate and scenery (3. Aufl., Lond. 1885);
Taylor, Madeira, its scenery etc. (das. 1882);
Garcia Ramos, Ilha da Madeira (Lissab.
1882, 2 Bde.);
Langerhans, Handbuch für Madeira (Berl. 1884).
(Madēra, »Holzfluß«),
der Hauptzufluß des Amazonenstroms, wird durch den Zusammenfluß dreier großer Ströme
gebildet. Der bedeutendste ist der Mamoré, der seinerseits aus zwei Hauptarmen entsteht: dem an der innern Seite der Kordillere
von Cochabamba entspringenden Rio Guapay und dem von dem Nordabhang jener Kordillere herabfließenden viel kürzern, aber wasserreichern
Rio Chimoré, bei deren Vereinigung in der Provinz Santa Cruz der Name Mamoré beginnt. Unter etwa 12° südl.
Br. verbindet sich der Mamoré mit dem zweiten Hauptstrom, dem Guaporé (s. d.), und nach einem nördlichen Laufe von 178 km
mit dem dritten Strom, dem von SW. kommenden Beni, welcher am Ostabhang der innern Kordillere von Bolivia seine Quellen hat; erst
hier nimmt der Strom den Namen an. Bald danach wendet er sich nach NW., eine Richtung, die er bis zur Mündung
beibehält.
Stromschnellen verhindern die Beschiffung auf 370 km, zwischen den Fällen von Guajára-mirim (10° 45' südl. Br., 155 m ü. M.)
und São Antonio (76 m ü. M.). Unterhalb dieser Fälle ist der Fluß für Schiffe von 5 m Tiefgang fahrbar,
oberhalb bis zum Fuß der Kordilleren. Die projektierte Madeira-Mamoré-Bahn ist bestimmt, diese Stromschnellen zu umgehen. Im
Unterlauf des Flusses bewirken die in den Kordilleren fallenden Regen oft ungeheure Überschwemmungen. Das Stromgebiet des Madeira, der
oberhalb Serpa in der brasilischen Provinz Amazonas mit dem Solimões zum Amazonenstrom sich verbindet (36
m ü. M.), beträgt gegen 1,100,000 qkm (20,000 QM.).
Vgl. Keller-Leuzinger, Vom Amazonas und Madeira (Stuttg. 1873);
Heath im »Bülletin der Amerikanischen Geographischen Gesellschaft« 1882.
der auf Madeira seit 1421 gebaute Wein, welcher frühzeitig großen Ruf erlangte und in Quantitäten von
durchschnittlich 25,000 Pipen im Jahr ausgeführt wurde. Man baut den Wein auf der Südseite der Insel an
Wänden oder Hürden aus Schilf, auf der Nordseite dagegen wird die Rebe an Kastanienbäumen in die Höhe geleitet. Der junge
Wein erhält bei seiner Behandlung im Faß und beim letzten Umfüllen vor dem Export einen Zusatz von Kognak
oder Sprit (3 Proz., bei geringern Sorten bis 10 Proz.). Der feinste Wein Madeiras ist der Malvasier (engl. Malmsey), ein sehr
süßer, geistiger, balsamischer Likörwein, welcher auf ganz
mehr
beschränktem Terrain an der Südküste wächst, mindestens sechs Jahre zur vollkommenen Reife bedarf, und dessen beste Sorten
nicht in den Handel kommen, sondern der königlichen Familie von Portugal gehören. Der eigentliche Madeirawein (trockner Madeirawein, engl.
Dry Madeira) bildet dagegen einen sehr bedeutenden Handelsartikel und ist neben Portwein und Champagner der
wertvollste Weltwein. Um ihn schneller zu zeitigen, lagert man ihn auf der Insel in großen heizbaren Magazinen; ein viel besseres
Resultat aber erzielt man, wenn man den Wein wiederholt nach Westindien sendet.
Der völlig reife Wein heißt Vino di Roda. Man unterscheidet zwei Sorten Dry Madeira: den Sercial, angeblich aus
rheinischen Rieslingtrauben, und Boal. Gut abgelagerter Madeirawein hat eine milde Fülle, ein köstliches, prickelndes, hochfeines
Aroma und einen Reichtum an Geist, die ihn von jeher in die erste Klasse der Weine gestellt haben; er ist einer der stärksten
und schwersten Weine und enthält 16-20 Proz. Alkohol. Kein Wein wird so viel verfälscht oder nachgemacht
wie der Madeirawein; man ersetzt ihn durch die verschnittenen Weine der südkanarischen Inseln, der Azoren, des Kaps und Spaniens und treibt
in Frankreich (Cette, Marseille), Magdeburg, Hamburg etc. die entschiedenste Pantscherei, indem man besonders alte Weißweine,
auch Obstwein, mit Nußschalenextrakt, Honig etc. auf Madeirawein verarbeitet.
Roter ist der Tinto (Inselburgunder), welcher, solange er jung ist, dem Burgunder gleicht, im Alter aber dunkel
bernsteinfarben wird und sehr reich an Gerbstoff ist. Guter Madeirawein wirkt bei Schwächezuständen entschieden kräftigend auf den
Organismus. Man trinkt ihn als sogen. Frühstückswein und als Vorwein (nach der Suppe), seltener als Dessertwein.
Der Weinstock wurde aus Cypern oder Kreta im 15. Jahrh. auf Madeira eingeführt; er gedieh vortrefflich, und die Ernte gab bis
83,600 hl. Aber 1852 zerstörte das Oidium sämtliche Weinberge. Von neuem angepflanzt, erholten sie sich wieder; aber 1873 erschien
die Phylloxera, und die Weinproduktion sank abermals, hob sich indes bis 1882 wieder auf 16,609 hl. Doch
dürfte die Produktion schwerlich wieder die Hälfte der frühern erreichen, weil inzwischen die Verhältnisse (Zölle, Mode)
sich für den Madeirawein sehr ungünstig gestaltet haben.
Vgl. Smyth, L'île de Madère et la vérité sur ses vins (Par. 1878).