(franz.), in
Frankreich ursprünglich Ehrentitel für
Frauen von
Stand, namentlich und fast ausschließlich für
die Ritterfrauen; später, wie noch jetzt,
Prädikat jeder verheirateten
Frau, ja selbst der unverheirateten in der Umgangssprache,
sobald man nicht bestimmt weiß, ob dieselbe verheiratet ist oder nicht. Im
Mittelalter gab man den weiblichen
Heiligen den
TitelMadame, den noch die
Nonnen, besonders die Stiftsfräulein, führen, und am französischenHof
[* 7] nannte
man zur Zeit der
Bourbonen alle Töchter des
KönigsMadame, während man unter Madame allein, ohne etwas hinzuzufügen, stets die
älteste Tochter des
Königs oder des
Dauphins (s. d.), oder die Gemahlin
Monsieurs (s. d.) verstand.
Mesdames de
France hießen die Prinzessinnen des königlichen
Hauses. Madame mère war unter
Napoleon I.
Titel
der
Mutter des
Kaisers. Madame véto war ein Spottname für die
KöniginMarie Antoinette, Madame status quo ein solcher für die
KaiserinEugenie. Aus
Frankreich ging das
WortMadame vielfach in andre
Sprachen über; nur dient das englische Madam bloß als Anrede der
Königin oder, in abgekürzter Form (Ma'am, Ma'm), als solche aller
Damen, deren
Namen man nicht kennt.
Das italienische
Madama wird vorzugsweise bei vornehmen
Frauen angewandt. In
Deutschland
[* 8] kommt für das bis vor kurzem sehr
übliche Madame das deutsche
»Frau« wieder in allgemeine
Aufnahme.
Die
Spuren besonderer Unterrichtsanstalten für die weibliche
Jugend sind in den
Schriften der Alten
selten und unsicher. Jedenfalls hat es derselben im
Altertum und im frühernMittelalter nur wenige als
Ausnahmen gegeben, namentlich in
Klöstern für die vornehmen
Stände. Berühmt ist aus dieser Zeit die weibliche
Klosterschule
zu
Gandersheim, an der die Dichterin
Hroswitha wirkte.
In den aufstrebenden
Städten des spätern
Mittelalters werden öfters
Jungfrauenschulen erwähnt, die von Lehrmüttern (Lehrbasen, Lehrgotten) geleitet wurden.
Diese zu pflegen und zu verbreiten, waren unter andern die deutschen
Reformatoren, namentlich
Luther und
Bugenhagen, bemüht, während auf römischer Seite mit der
Gründung des
Ordens der
Ursulinerinnen (1537) und namentlich mit
dessen Anlehnung an die
Gesellschaft Jesu (1604) ein reger
Eifer der religiösen
Orden
[* 9] für die weibliche
Bildung erwachte. Doch
drang dieErkenntnis, daß
Staat und
Gemeinde im eignen Lebensinteresse die Schulbildung für beide
Geschlechter
allgemein zu gewähren haben, erst sehr allmählich durch und ist außerhalb
Deutschlands,
[* 10]
Skandinaviens und der
Schweiz
[* 11] erst
im letzten Menschenalter zur unwidersprochenen Herrschaft gelangt.
Die
Frage, inwieweit zum
Unterricht der weiblichen
Jugend auch auf der
Stufe der allgemeinen Schulpflicht
besondere Mädchenschulen erforderlich sind, wird in den verschiedenen
Staaten verschieden beantwortet. Bei den romanischen Völkern waltet
die völlige Trennung der
Geschlechter vor; in
Deutschland ist im ganzen der
Grundsatz maßgebend, daß an mehrklassigen
Schulen
die
Geschlechter getrennt unterrichtet, dagegen bei nur zwei
Lehrern die Abstufung in zwei oder drei aufsteigende
Klassen der
Scheidung nach Geschlechtern vorgezogen wird (vgl. Allgemeine
Verfügung des preußischen
MinistersFalk vom
§ 6). - Auf der mittlern und höhern
Stufe gilt uns die
Absonderung in besondere als unerläßlich.
Doch hat namentlich in
Nordamerika,
[* 12] auch in
England die
Ansicht zahlreiche Vertreter, daß selbst der höhere
Unterricht für
Knaben und Mädchen derselbe sein müsse. Die Geschichte der höhern oder, wie man früher wörtlich nach dem
Französischen sagte, der höhern Töchterschulen (écoles de filles supérieures) weist auf
FénelonsSchrift
»Sur l'éducation
des filles« (1689). Obwohl diese selbst mehr die sorgfältige häusliche
Erziehung der Töchter vornehmer
Familien bespricht, ist doch namentlich von ihr der
Eifer zur
Gründung höherer Mädchenschulen in
Frankreich ausgegangen, der sich bald
auch nach
England und nach
Deutschland verbreitete.
Hier war es A. H.
Francke, der 1697 die Fénelonsche
Schrift ins Deutsche
[* 13] übersetzte und 1698 eine Mädchenschule (Gynaeceum)
in
Halle gründete. Doch kam man im ganzen während des 18. Jahrh. nicht
über tastende
Versuche hinaus. Als Vorbild für alle Mädchenschulen galt lange das von
Frau v.
Maintenon nach
FénelonsIdeen mit
Ludwigs
XIV. Beifall und
Beihilfe 1686 gegründete
Haus des heil.
Ludwig zu St.-Cyr bei
Versailles,
[* 14] obwohl auch diesem nur eine
kurze
Blüte
[* 15] beschieden gewesen war.
In der zweiten Hälfte des vorigen
Jahrhunderts gewannen nacheinander J. J.
Rousseau (5.
Buch des
»Émile«:
Erziehung der
Sophie)
und
Frau v.
Genlis (1746-1830) die Leitung. In
Deutschland gingen neben der stillen, die
FranckescheRichtung weiter verfolgenden
Arbeit der
Brüdergemeinde mannigfache, den philanthropischen
Geist der Zeit atmende
Ansätze. Allmählich
erst entstanden als feste
Punkte im
Schwanken der
Ansichten einzelne öffentliche Anstalten von festerer Prägung, wie die Magdalenenschule
zu
Breslau
[* 16] (1767), die
Luisenstiftung (1811), Elisabethschule (1827), Augustaschule (1832) zu
Berlin,
[* 17] die Elisabethenschule
zu
Frankfurt
[* 18] a. M. (1804), die Ernestinenschule zu
Lübeck
[* 19] (1804), das Katharinenstift zu
Stuttgart
[* 20] (1818),
die Cäcilienschule zu
Oldenburg
[* 21] (1836) u. a. Von diesen ging das Bestreben aus, dem höhern Mädchenschulwesen
eine mehr geschlossene Gestalt zu geben.
Begünstigt durch das
Interesse der Zeit an der
Frauenfrage, traten 1872 in
Weimar
[* 22] namhafte Vertreter der höhern Mädchenschulen zu einem
Verein zusammen, der bis 1880 bereits 14 Zweigvereine und 2300 Mitglieder zählte. In einer
Denkschrift
an die deutschen Staatsregierungen wurden die
Wünsche des
Vereins vorgetragen, die wesentlich auf klarere Abstufung der Mädchenschulen (in
Volks-,
Mittel- und höhere Mädchenschulen),
Aufstellung verbindlicher Grundzüge für die
Lehrpläne der verschiedenen
Stufen, strengere
Forderungen an die Vorbildung der
Lehrer und
Lehrerinnen und Gleichstellung der höhern Mädchenschulen mit den übrigen
höhern Lehranstalten ausgingen. Während in einigen deutschen
Mittel- und Kleinstaaten, namentlich in
Württemberg
[* 23] und
Baden,
[* 24] diese
Forderungen der Hauptsache nach berücksichtigt worden sind, haben die
¶
mehr
preußischen Kultusminister denselben gegenüber sich vorsichtig abwartend verhalten. MinisterFall berief eine Konferenz von
Sachverständigen nach Berlin, die vom 18.-23. Aug. 1873 in Berlin tagte und den Hauptpunkten des WeimarerProgramms beitrat.
Doch wurde nur eine neue Prüfungsordnung für Lehrerinnen und Schulvorsteherinnen an Mädchenschulen unterm erlassen, im
übrigen aber alles beim alten gelassen, der wesentlich elementare Charakter des Unterrichts auch in höhern Mädchenschulen wiederholt
betont und Übertreibungen in einseitig wissenschaftlicher Richtung gelegentlich entgegentreten. Vorzugsweise von dieser nüchternen
Ansicht über die Aufgabe der höhern Mädchenschulen eingegeben ist auch der 1886 amtlich veröffentlichte Normallehrplan
für die höhern Mädchenschulen in Berlin.