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Unterrichtsanstalten besitzt Luxemburg [* 2] 2 Normalschulen (zur Bildung von Lehrern), 2 Progymnasien (zu Diekirch und Echternach), eine Ackerbauschule (zu Ettelbrück), ein Athenäum und ein Priesterseminar (zu Luxemburg) und 705 Volksschulen. Das Großherzogtum bildet, wie erwähnt, ein selbständiges neutrales Gebiet unter der Oberhoheit des Hauses Oranien-Nassau (jetziger Großherzog ist also der König der Niederlande, [* 3] Wilhelm III.) und wird durch einen vom Großherzog eingesetzten Statthalter nach eigner Verfassung regiert.
Letztere ist monarchisch-konstitutionell und datiert vom Die
Ständeversammlung besteht nach dem Wahlgesetz vom aus 42 Abgeordneten,
welche von den
Kantonen direkt auf
sechs Jahre gewählt und zur Hälfte alle drei Jahre erneuert werden.
Sie hat vollständige Mitwirkung bei der
Gesetzgebung und das
Recht der
Steuerverweigerung. Der
Präsident der
Regierung ist der
Staatsminister; neben demselben stehen die Generaldirektoren der
Finanzen, der
Justiz und des Innern.
Der Rechnungsabschluß für 1884 ergab 8,433,418
Fr.
Einnahme und 6,517,530
Fr.
Ausgabe, mithin einen Überschuß
von 1,915,888
Fr.; das
Budget für 1886: 8,110,964
Fr.
Einnahme gegen 6,947,097
Fr.
Ausgabe. Die lediglich im
Interesse von Eisenbahnbauten
kontrahierte
Staatsschuld beläuft sich auf
16,2 Mill.
Fr. Das
Militär besteht aus 2
Kompanien (aus
Freiwilligen und
Gendarmen
gebildet) und zählt 300 Mann mit 7-9
Offizieren. Für die
Rechtspflege ist der
Code Napoléon maßgebend.
Ein oberster
Gerichtshof befindet sich in der Hauptstadt, daneben bestehen zwei Arrondissementstribunale; jeder
Kanton
[* 4] hat
ein
Friedensgericht. Seit 1841 besteht der
Orden
[* 5] der
Eichenkrone in vier
Klassen. Eingeteilt ist Luxemburg in die Stadt und die drei
Distrikte:
Diekirch,
Grevenmacher und Luxemburg mit 12
Kantonen und 129
Gemeinden.
2) Belg. Provinz, bis 1839 der westliche Teil des gleichnamigen Großherzogtums, bildet jetzt die südöstlichste Ecke des Königreichs Belgien, im O. vom Großherzogtum Luxemburg, im S. von Frankreich, im W. von der belgischen Provinz Namur, [* 6] im N. von Lüttich [* 7] begrenzt, und hat 4418,36 qkm (80,23 QM.) Flächeninhalt. Die Provinz ist zum größten Teil waldiges und rauhes Plateau, das von den nördlichen Ausläufern der Ardennen durchzogen und von den in tief eingeschnittenen und vielfach gewundenen Thälern strömenden Flüssen Semoy (im S.) und Ourthe (im N.) bewässert wird.
Die
Bevölkerung
[* 8] betrug Ende 1885: 214,760
Seelen, nur 48 auf
1 qkm. Das Ackerland umfaßte 1880: 2643,6
qkm, die Waldungen 1540,3 qkm; damals zählte man 21,829
Pferde,
[* 9] 141,723
Rinder,
[* 10] 74,730
Schafe
[* 11] und 60,309
Schweine.
[* 12] Am fruchtbarsten
ist der nordwestliche Teil; in den übrigen Gegenden sind ergiebige Eisengruben im Betrieb. Außer
Eisen
[* 13] und Eisenwaren produziert
man
Leder,
Tuch,
Thonpfeifen und bringt Vieh und geräucherte Fleischwaren zur Ausfuhr.
Städte und größere
Orte besitzt die
Provinz, welche in die
Arrondissements
Arlon,
Bastogne,
Marche,
Neufchâteau und
Virton zerfällt und von der Bahnlinie
Grand
Luxembourg
(Brüssel-Arlon-Sterpenich) mit Zweigbahnen nach
Longwy,
Lüttich u. a. durchzogen wird, sehr wenige. An höhern
Unterrichtsanstalten bestehen nur ein
Athenäum, 4
Staats- und eine
Kommunalschule für
Knaben. Hauptstadt
ist
Arlon. S.
Karte
»Belgien«.
[Geschichte.]
Der Name Luxemburg stammt von der alten Burg Lucilinburch oder Lützelburg im Methingau, woraus die jetzige Stadt Luxemburg entstand. Diese Burg brachte Graf Siegfried, Urenkel des in Lothringen reichbegüterten Markgrafen Eberhard von Friaul, 963 durch Tausch an sich und vereinigte sie mit seiner Grafschaft im Moselgau. Erst sein Ururenkel nannte sich nach dieser Burg »Graf von Lützelburg«. Mit Konrad II. starb 1136 das Geschlecht Siegfrieds aus. Doch hatte er seine Muhme Ermesindis, die mit dem Grafen Gottfried von Namur vermählt war, zur Erbin eingesetzt.
Von dieser ging die
Grafschaft an ihren Sohn
Heinrich
I., den
Blinden,
Grafen von
Namur, über, von diesem 1190 auf
seine Tochter Ermesindis und deren zweiten Gemahl, Waleram IV.,
Herzog von
Limburg
[* 14] und
Markgrafen von
Arlon. Ihr ältester Sohn,
Heinrich II., erbte
Lützelburg, die von seiner
Mutter erworbene hennegauische Lehnsherrschaft
La Roche sowie die Markgrafschaft
Arlon und wurde der
Stifter der zweiten luxemburgischen
Linie (gest. 1272).
Sein Sohn
Heinrich III. erhob Ansprüche auf
Limburg
und fiel bei Woringen (unweit
Köln)
[* 15] gegen
Johann von
Burgund, der nun
Limburg in
Besitz nahm.
Graf Heinrich IV. wurde nach des Königs Albrecht I. Ermordung im November 1308 als Heinrich VII. zum deutschen König gewählt. Er übertrug vor seinem Zug nach Italien [* 16] 1310 die Grafschaft an seinen Sohn Johann von Böhmen. [* 17] Dieser vergrößerte dieselbe durch Kauf, kümmerte sich sonst aber wenig um deren Verwaltung. Unter seinem Sohn Wenzel wurde die Grafschaft Luxemburg 1354 von Kaiser Karl IV. zu einem Herzogtum erhoben. Durch seine Vermählung mit der Prinzessin Johanna von Brabant wurde Wenzel 1355 auch Herzog von Brabant und Limburg, welche Länder bei seinem Tod jedoch wieder verloren gingen.
Wenzel hinterließ sein Herzogtum, da er kinderlos starb, 1383 seinem Neffen, Karls IV. ältestem Sohn, dem König Wenzel von Böhmen, der 1378 zum deutschen König erwählt wurde. Dieser verpfändete es 1388 an seinen Vetter Jobst von Mähren, löste es 1410 aus und schenkte es 1411 seiner Nichte Elisabeth von Görlitz. [* 18] Ihr Gemahl Anton von Burgund fiel 1415 bei Azincourt. Vergebens bemühte sich König Albrecht II. nach dem Erlöschen des luxemburgischen Herrscherhauses mit Kaiser Siegmund (1437) um die Nachfolge in Luxemburg Elisabeth trat 1441 alle ihre Rechte auf das Herzogtum Luxemburg an den Herzog Philipp den Guten von Burgund ab. So ward Luxemburg 1444 mit Burgund vereinigt.
Durch die Vermählung Marias, der Erbin von Burgund, mit dem Erzherzog Maximilian I. (1477) kam Luxemburg an das Haus Habsburg-Österreich, 1555 an Spanien, [* 19] wurde aber als ein Teil des burgundischen Kreises zum Deutschen Reiche gerechnet. In dem Pyrenäischen Frieden von 1659 mußte jedoch Spanien den südlichen Teil von Luxemburg, nämlich Thionville (Diedenhofen), [* 20] Montmédy etc., an Frankreich abtreten. Infolge des Utrechter Friedens von 1713 kam das spanische Luxemburg wieder an Österreich. [* 21] 1795 wurde es von den Franzosen erobert und im Frieden zu Campo Formio von 1797 an Frankreich abgetreten und das Departement des Forêts daraus gebildet.
Der Wiener Kongreß erhob Luxemburg als Großherzogtum zu einem besondern deutschen Bundesstaat und teilte es dem König der Niederlande, Wilhelm I., als Entschädigung für den Verlust seiner nassauischen Erblande zu; doch sollte die Stadt eine deutsche Bundesfestung sein. Für die Erbfolge blieb der Erbverein des Hauses Oranien-Nassau, der die kognatische Succession ausschloß und dem Haus Nassau die Erbfolge zusicherte, maßgebend. Zugleich wurden nach Abtretung einiger Orte an Preußen [* 22] als östliche Grenzlinie des Großherzogtums die Flüsse [* 23] Mosel, Sauer und Oure bestimmt und dasselbe durch Bouillon und einen Teil von Lüttich ¶
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vergrößert. Nach dem Ausbruch der belgischen Revolution von 1830 schloß sich ganz Luxemburg, mit Ausnahme der Bundesfestung und ihres Rayons, der Bewegung an und ward auch von der provisorischen Regierung zu Brüssel [* 25] für einen Bestandteil Belgiens erklärt. Doch blieb nur der westliche französische Teil mit Arlon belgisch. Durch den Londoner Traktat kam der deutsche Teil des Großherzogtums wieder an den König der Niederlande, sollte jedoch nicht mit den Niederlanden vereinigt, sondern als selbständiger Staat verwaltet werden und ein Staat des Deutschen Bundes bleiben.
Auch schloß sich Luxemburg 1842 dem Zollverein an. Wilhelm II. oktroyierte eine ständische Verfassung,
welche jedoch einer neuen, der belgischen Konstitution nachgebildeten Platz machen mußte. Letztere wurde wiederum
beseitigt durch die von Wilhelm III. verliehene Verfassung, worin der Kammer nur ein Zustimmungsrecht
in der Gesetzgebung
gelassen wurde. Die Wahl war indirekt, die Zahl der Abgeordneten 31 und wurde alle drei Jahre zur Hälfte
erneuert.
Während der deutschen Kämpfe im Sommer 1866 bewahrte Luxemburg Neutralität, blieb aber im Zollverein und die Festung
[* 26] in den Händen
Preußens.
[* 27] Dieses wünschte zwar den Eintritt des Ländchens in den Norddeutschen Bund durchaus nicht; ebensowenig wollte es
Luxemburg an Frankreich überlassen und dem Vertrag vom zustimmen, durch welchen der König der Niederlande Luxemburg an Napoleon
III. verkauft
hatte. Es betrachtete sein Besatzungsrecht in Luxemburg durch das Ausscheiden des Landes aus dem Deutschen Bund nicht
als erloschen.
Indes trug Bismarck auch Bedenken, dieses Rechts wegen es auf
einen Krieg mit Frankreich ankommen zu lassen.
Als daher 15. April die französische Regierung auf
die Erwerbung Luxemburgs verzichtete, wenn Preußen die Festung räume, erklärte
sich Preußen mit dem von Rußland gemachten Vorschlag einer Konferenz einverstanden (26. April). Diese trat 7. Mai London
[* 28] zusammen; außer
den Großmächten nahmen Holland und Belgien daran teil. Schon 11. Mai wurde der Londoner Vertrag unterzeichnet,
welcher die Neutralität Luxemburgs aussprach und dieselbe unter die kollektive Garantie der unterzeichnenden Mächte stellte,
anderseits die Räumung der Festung Luxemburg seitens der preußischen Truppen und die Schleifung der Werke festsetzte. Am 9. Sept. verließen
die letzten preußischen Truppen die Festung; länger ließ die Demolierung der Werke auf
sich warten,
die erst 1872 ausgeführt wurde. Während des deutsch-französischen Kriegs war Luxemburg neutral, jedoch den Franzosen geneigt und
mußte durch eine energische Note des Grafen Bismarck zur gewissenhaften Beobachtung der Neutralität ermahnt werden.
Am übernahm Deutschland
[* 29] die Eisenbahnen von auf 40 Jahre in Pacht, und damit ward die Französische
Ostbahngesellschaft aus dem Land verdrängt.
Das Militär wurde 1881 abgeschafft und nur ein kleines Gendarmeriekorps errichtet. Beim bevorstehenden Erlöschen des oranischen Mannesstamms in den Niederlanden wird Luxemburg von denselben getrennt werden und an das herzoglich nassauische Haus fallen.
Vgl. Grövig, Luxemburg, Land und Volk (Luxemb. 1867);
Schotter, Geschichte des Luxemburger Landes (das. 1882);
Gläsener, Le [* 30] grand-duché de Luxemburg (das. 1885);
van Werveke, Beiträge zur Geschichte des Luxemburger Landes (das. 1886 ff.);
»Das Luxemburger Land«, Organ für vaterländische Geschichte etc. (das. 1882 ff.).