mehr
Jürgens (»Luthers
Leben bis zum Ablaßstreite« , das. 1846-47, 3 Bde.),
Meurer (3. Aufl., das. 1870; Volksausg., 3. Aufl.,
das. 1878),
Heinr.
Lang (Berl. 1870),
Jul.
Köstlin
(»Martin Luther.
Sein
Leben und seine
Schriften « , 3. Aufl., Elberf. 1883, 2 Bde.,
und das populäre Werk »Luthers
Leben « , 3. Aufl., Leipz. 1883), A.
Baur
(Tübing . 1878),
Plitt und
Petersen
(2. Aufl., Leipz. 1883),
Kolde (Gotha
[* 2 ] 1884 ff.).
Vgl.
Köstlin , Luthers
Theologie , in ihrer geschichtlichen
Entwickelung etc.
(Stuttg. 1862, 2 Bde.);
Th .
Harnack , Luthers
Theologie
(Erlang . 1862-86, 2 Bde.).
Bildhauerkunst IX
* 6
Bildhauerkunst IX .
[Denkmäler , poetische
Darstellungen ,
Stiftungen .] Luther selbst und sein Wirken haben den bildenden
Künsten und, minder
glücklich, auch der
Poesie vielfach zum Vorwurf gedient. Eine Erzstatue des
Reformators von
Schadow , aus den durch die Litterarische
Gesellschaft in
Mansfeld seit 1801 gesammelten Beiträgen, wurde 1821 in
Wittenberg
[* 3 ] errichtet, in noch viel großartigerer
Weise
aber 1868 in
Worms ,
[* 4 ] nach dem
Modell von
Rietschel (s. Tafel
»Bildhauerkunst
[* 5 ] IX« ,
[* 6 ] Fig. 4).
Andre
Denkmäler
befinden sich in
Möhra (Bronzestatue von Ferd.
Müller , 1861), in
Eisleben
[* 7 ] (von
Siemering , 1883), in
Leipzig
[* 8 ] (Doppelstatue mit
Melanchthon , von
Schilling , 1883), in
Dresden
[* 9 ] (Wiederholung der Lutherfigur vom
Wormser Denkmal, 1885), in
Magdeburg
[* 10 ] (von
Hundrieser ,
1886).
Schon aus dem 16. Jahrh. existieren zahlreiche verherrlichende Einzeldichtungen sowie
Verhöhnungen und Spottgedichte der Gegner, denen sich die viel aufgeführten
Dramen von
Andreas
Hartmann
(»Curriculi vitae Lutheri« , 1600) und
Martin
Rinckart (»Der eislebische
Ritter « , 1613) und zum ersten
Jubiläum der
Reformation
die »Tezelomania« (1617) anschlossen. Im 18. Jahrh.
versuchte der Gottschedianer
Chr .
Friedrich v. Derschau eine große epische »Lutheriade«
(1760-61). Zu Anfang des 19. Jahrh. dichtete
Zacharias
Werner sein
Drama
»Martin Luther, oder die
Weihe der
Kraft «
[* 11 ] (1807),
dem A. v.
Klingemanns
»Martin Luther« (1809) auf dem
Fuß folgte. Das Lutherjubiläum von 1883 gab
Anlaß zur Entstehung
einer
Gruppe von dramatischen
Festspielen (von
Hans
Herrig , W.
Henzen ,
Otto
Devrient , A. Trümpelmann u. a.),
die zum größern
Teil nach Art der dramatischen
Spiele des 16. Jahrh. von
Volks - und Bürgerkreisen dargestellt wurden, und
unter denen das
Spiel von
Herrig die weiteste Verbreitung und Geltung erlangte. Neuere
Versuche zu epischer
Darstellung unternahmen
Rudolf
Hagenbach in und seine Zeit« (1838) und
Adolf
Schults in
»Martin Luther« (1853). Das Gesamtleben Luthers
bearbeitete K. A. Wildenhahn (1851-1853) zu einem historischen
Roman .
Größer und mächtiger erscheint der
Reformator zumeist,
wo er in historischen
Romanen als Episodenfigur auftritt, was von
Heinrich v.
Kleists
»Michael
Kohlhas « (1808) bis zu G.
Freytags
»Marcus König« (1876) vielfach geschehen ist. Ein ingrimmiges
Zerrbild entwarf der ultramontane
Konrad v.
Bolanden (s.
Bischoff 5) in dem
Roman »Eine Brautfahrt« (1857).
Die dritte
Säkularfeier von Luthers
Tod (1846) veranlaßte unter dem
Namen Luther-Stiftung mehrere
Stiftungen für Waisen, arme
und verwahrloste
Kinder , auch zur Unterstützung noch vorhandener Nachkommen aus Luthers
Familie . Die vierte
Säkularfeier von
Luthers
Geburtstag (1883) führte zur
Gründung einer allgemeinen deutschen Luther-Stiftung, welche bestimmt
ist, die
Erziehung von
Söhnen und Töchtern evangelischer
Pfarrer und
Lehrer zu fördern; aus dem Reste der für das
Wormser
Lutherdenkmal gesammelten Geldsumme wurde ein Luther-Stipendium für Theologen angelegt.
Königreich Sachsen
* 22
Sachsen .
Kirche, im
Gegensatz zur reformierten diejenige
Kirchengemeinschaft , welche sich nach
der von
Luther begonnenen deutschen
Reformation zunächst durch die
Augsburgische Konfession (1530) begründet und besonders
von
Sachsen
[* 22 ] aus weiter verbreitet hat, so daß sie, außer daselbst, namentlich in dem größten Teil von
Hannover ,
[* 23 ] in
Braunschweig ,
[* 24 ] Oldenburg
[* 25 ] und
Mecklenburg ,
[* 26 ] in dem größten Teil von
Preußen ,
[* 27 ]
Württemberg
[* 28 ] und
Baden ,
[* 29 ] in einem Teil von
Kurhessen
und dem Großherzogtum
Hessen ,
[* 30 ] in
Dänemark ,
[* 31 ]
Schweden
[* 32 ] und
Norwegen , auch in den russischen
Ostseeprovinzen herrschend geworden
ist.
In den
Vereinigten Staaten
[* 33 ] von
Nordamerika
[* 34 ] zählte
die l . K. 1881 gegen 3200
Geistliche und über 5600
Gemeinden .
Ihre
Bekenner berechnen
sich auf wenigstens 30
Millionen . Die
Bekenntnisschriften der lutherischen
Kirche sind im sogen.
Konkordienbuch
(s. d.) zusammengestellt.
Luther selbst war nicht damit einverstanden, daß sich seine Anhänger und
Bekenner nach seinem
Namen
nannten; doch konnte er es nicht hindern.
Vgl.
Heppe , Ursprung und Geschichte der Bezeichnungen reformierte und lutherische Kirche
(Gotha 1859);
Ritschl in der
»Zeitschrift für
Kirchengeschichte « 1877. Zumal nachdem die
Kryptocalvinisten
(s. d.) ausgeschieden waren, wurde die
Konkordienformel (s. d.) die Grundlage, auf welcher die
Dogmatiker des 17. Jahrh. das
Gebäude einer spezifisch lutherischen
Dogmatik aufführten (Leonh.
Hutter ,
Joh .
Gerhard , Abr. Calov,
Andr .
Quenstedt u. a.).
Luther-Stiftungen - Lü
* 35
Seite 10.1026.
Das Wesentliche dieser neuen
Scholastik bestand in peinlich genauer
Nachbildung und Wiederholung aller
Eigentümlichkeiten, unvermittelten Schroffheiten und sogar
Widersprüche , welche das religiöse
Bewußtsein
Luthers selbst
in sich vereinigte. Was aber bei diesem
Leben und
Wahrheit war, das wurde in der lutherischen
Rechtgläubigkeit
Karikatur und
Maske . Erst seit dem Auftreten des
Pietismus erfolgte eine wohlthätige
Annäherung der lutherischen an die reformierte
Theologie ,
und über beide
Formen des protestantischen Scholastizismus gingen seit
Lessing die
Aufklärung (s. d.)
und seit J. S. (Anmerkung des
Editors :
Johann
Salomo )
Semler der
Rationalismus (s. d.) mit raschen und großen
Schritten hinweg.
Erst im
Zeitalter der
Restauration suchten
Twesten vom Schleiermacherschen,
Daub und
Marheineke vom Hegelschen Standpunkt aus
das lutherische
Bekenntnis in modernen
Formen zu rekonstruieren. Zur eigentlichen
Repristination aber gab
¶
mehr
erst der Widerstand gegen die Union (s. d.) in Preußen , insonderheit gegen die durch königliche Kabinettsorder eingeführte
Agende (1817-34), Anlaß , welcher zur Bildung der Partei der Altlutheraner führte. Zunächst verhielt sich die Staatsgewalt , als
der Professor der Theologie , Scheibel (s. d.), in Breslau 1830 eine altlutherische Gemeinde stiftete und damit die Separation
einleitete, keineswegs günstig dazu, und seit 1834 erging eine eigentliche Verfolgung gegen die Altlutheraner wie gegen Rebellen .
Daher hielten sich damals selbst sonst am Symbol streng festhaltende Theologen, wie Hengstenberg , Hahn
[* 36 ] u. a., in erkennbarer
Entfernung von den Altlutheranern , wiewohl sie übrigens die gleichen Bestrebungen innerhalb der Landeskirche selbst fortsetzten.
König Friedrich Wilhelm IV. bewilligte den Altlutheranern , um das begangene Unrecht zu sühnen, das Recht
zu eigner Kirchenbildung, und demgemäß konstituierte sich auf einer Generalsynode zu Breslau (1841) die wahre lutherische Kirche unter
der Leitung eines Oberkirchenkollegiums, und nachdem die königliche Generalkonzession vom 23. Juli 1845 diesen Gemeinden , die
bis 1847 auf 27 gestiegen waren, Korporationsrechte erteilt hatte, bildete sich ein lutherisches Oberkirchenkollegium
unter der Leitung des Professors Huschte, eines Juristen , als oberste Kirchenbehörde.
Unterdessen waren auch anderwärts Bewegungen zu gunsten des Altluthertums hervorgerufen worden, und besonders die lutherischen
Konferenzen in Leipzig (seit 1843), erst unter Rudelbach , dann unter Harleß , dienten dazu, die Partei fester
zu verknüpfen. Das Jahr 1848 erschien solchen Bestrebungen besonders günstig. Man gedachte alle Rechte , die für eine freie
Entwickelung der Kirche in Aussicht standen, alsbald auszuüben und aggressiv gegen die Union vorzugehen.
Deutschland. Fluß- und
* 37
Deutschlands .
Die verschiedenen Vereine konsolidierten sich auf den Kirchentagen zu Wittenberg (10. Sept. 1849 und 1851) zu
einem Zentralverein, in welchem Göschel als Vorstand fungierte. In der That ist infolge der Reaktionsjahre dieses Neuluthertum,
wie man es im Gegensatz zu dem bloß defensiv sich verhaltenden Altluthertum der frühern Jahre nannte, in den meisten Landeskirchen
Deutschlands
[* 37 ] zur Herrschaft gelangt: in Sachsen durch Harleß und Luthardt , in Bayern
[* 38 ] durch Thomasius und Lohe ,
in Mecklenburg durch Kliefoth und Krabbe ,
[* 39 ] in Hannover durch Petri , Münchmeyer und Uhlhorn . In Kurhessen endlich haben Hassenpflug
und Vilmar mit der strengen Verpflichtung auf die Symbole in Kirche und Schule das Luthertum sogar einer ursprünglich reformierten
Kirche aufgedrängt. In Preußen wurden der Oberkirchenrat und die Konsistorien durch die königliche Kabinettsorder
vom 6. März 1852 in Mitglieder des lutherischen und des reformierten Bekenntnisses zerteilt.
Gleichzeitig bildete sich aber auch innerhalb der Partei eine immer größere Differenz heraus. Nicht bloß zeigte es sich,
daß die theologischen Häupter der ganzen Richtung selbst von der »Ketzerei« infiziert waren:
Hengstenberg im Punkte der Rechtfertigung , Hofmann in dem der Versöhnung , Thomasius in dem der Christologie , Kahnis in dem der Trinität
etc., sondern es trat seit 1860 auch in der Generalsynode zu Breslau ein Bruch ein: es gab doppelt separierte Lutheraner , die
sich 19.-21. Juli 1861 in der sogen. Immanuel-Synode zu Magdeburg zusammenscharten.
Vgl. Wangemann , Der
Kirchenstreit unter den Lutheranern in Preußen (Berl. 1862).
Auch in mancher gut lutherischen Landeskirche ist es neuerdings zur Bildung von Separatkirchen gekommen.