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aber die Lehnshuldigung und den Verzicht auf die Normandie und das Loiregebiet empfing; er schaffte die Gottesurteile ab, gewöhnte die Großen an die Oberaufsicht der königlichen Gerichte (Parlamente) und ordnete sie seiner königlichen Autorität völlig unter, brachte selbst ein Gesetzbuch, die »Établissements de saint Louis«, zu stande und ordnete die Verhältnisse der Kirche zum Staate durch eine Pragmatische Sanktion. 1270 unternahm er auf Anregung seines Bruders Karl von Anjou einen neuen Kreuzzug gegen Tunis. [* 2]
Nach der Landung des Kreuzheers an der afrikanischen Küste machte auch sogleich Anstalt zur Belagerung von Tunis. Eine Seuche raffte jedoch einen großen Teil des Heers weg, und Ludwig selbst ward ein Opfer derselben Seine Gebeine wurden in einer von Ludwig gestifteten Kapelle in Paris [* 3] beigesetzt. Der Papst Bonifacius VIII. kanonisierte Ludwig wegen seiner Frömmigkeit, die ihn allerdings auch die Albigenser grausam hat ausrotten lassen, 1297; sein Tag ist der 25. August. Vermählt war er seit 1231 mit Margarete von Provence, die ihm zehn Kinder gebar. ist durch seine Weisheit und konsequente Politik der eigentliche Begründer der erblichen französischen Monarchie geworden, der erste König von Gottes Gnaden; die Krone Frankreichs hieß seitdem die Krone des heil. und ihm war der höchste Orden [* 4] geweiht, den die Könige vor der Revolution verliehen. Sein Nachfolger war sein Sohn Philipp III. Sein Leben beschrieben sein Zeitgenosse und Freund Jean Joinville (s. d.), in neuerer Zeit Villeneuve-Trans (Par. 1839, 3 Bde.), Le [* 5] Nain de Tillemont (das. 1846-51, 6 Bde.), Scholten (Münst. 1850-55, 2 Bde.), Faure (Par. 1866, 2 Bde.) und Wallon (2. Aufl., das. 1878, 2 Bde.).
28) Ludwig X., der Zänker (le Hutin), König von Frankreich, Urenkel des vorigen und ältester Sohn Philipps des Schönen und der Johanna von Navarra, geb. 1289, folgte 1305 seiner Mutter als König von Navarra und Graf von Champagne und 1314 seinem Vater auf dem Thron [* 6] Frankreichs, opferte die Räte desselben dem Haß der Großen, begünstigte jedoch auch die untern Stände, namentlich durch Aufhebung der Leibeigenschaft, starb aber schon Vermählt war er erst mit Margarete von Burgund, die ihm Johanna, die Erbin von Navarra, gebar, nach deren Ermordung im Gefängnis mit Klementia von Ungarn. [* 7] Der nachgeborne Sohn derselben starb alsbald wieder, daher Ludwig sein Bruder Philipp V. folgte.
29) Ludwig XI., aus dem Haus Valois, der älteste Sohn Karls VII. und der Maria von Anjou, geb. zu Bourges, zeigte von Jugend auf einen herrschsüchtigen, dabei tückischen Charakter, trat als erklärter Feind von seines Vaters Ministerium und der Geliebten desselben, Agnes Sorel, auf und stellte sich 1440 sogar an die Spitze der Praguerie, einer Verbindung der Großen gegen die Günstlinge seines Vaters. Die Empörer wurden von Karl bald unterworfen, aber begnadigt und 1442-43 mit dem Kommando gegen die Engländer und Schweizer betraut, in welchen Kämpfen er Tapferkeit und Klugheit bekundete.
Auch die Teilnahme an einer neuen Verschwörung gegen den König ward ihm von diesem verziehen; gleichwohl kam es 1456 wiederum zum Bruch zwischen Vater und Sohn, und Ludwig lebte fortan am Hof [* 8] des Herzogs von Burgund. Als ihm nach seines Vaters Tod 1461 die Krone zufiel, traf die alten Räte schwere Verfolgung und die Großen rücksichtslose Demütigung, namentlich die Häuser Burgund und Bretagne, was 1465 zu einer Koalition des Adels (la ligue du bien public) führte, an deren Spitze sein Bruder Karl von Berri und Karl der Kühne, der spätere Herzog von Burgund, standen.
Nach der unentschiedenen Schlacht bei Monthléry mußte Ludwig den Großen erhebliche Zugeständnisse machen. 1468 fiel Ludwig zu Péronne in die Gefangenschaft Karls des Kühnen und mußte sich durch einen demütigenden Vertrag befreien und der blutigen Unterdrückung des Aufstandes von Lüttich, [* 9] den er selbst angestiftet, beiwohnen. Kaum wieder frei, erneuerte er mit dem Herzog von Burgund die Händel, die nun bis 1472 dauerten. In diesem Jahr trat Comines (s. d.) in des Königs Dienste [* 10] und wurde fortan das Hauptwerkzeug von dessen Politik.
Während Karl der Kühne mit Eduard IV. von England ein Bündnis zur Eroberung Frankreichs schloß, verband sich Ludwig mit den Schweizern und dem Herzog Renatus von Lothringen. Nach dem Tod Karls des Kühnen (1477) nahm Ludwig die burgundischen Städte in Picardie, Artois, Flandern, Hennegau und das Herzogtum Burgund als eröffnetes Mannslehen; die übrige Erbschaft entging ihm durch die Vermählung Marias von Burgund mit Maximilian. Einige andre wichtige Erwerbungen machte Ludwig, indem er den Titularkönig von Neapel [* 11] und Grafen von Provence, Renatus von Anjou, bestimmte, den kinderlosen Grafen Karl von Maine zum Erben einzusetzen.
Letzterer starb 1481, und nun nahm Ludwig die Grafschaft Provence und Forcalquier sowie Anjou und Maine als heimgefallene Lehen in Beschlag. In den letzten Jahren von schreckenden Phantasiegebilden gefoltert, schloß er sich in die Feste Plessis les Tours [* 12] ein und starb hier Ludwig war einer der unterrichteten Männer seines Jahrhunderts, klug und fest, unermüdlich thätig und gerecht, wo nicht die Interessen seiner Macht im Spiel waren, dann aber grausam, wie er denn seinen des Verrats beschuldigten Minister, den Kardinal La Balue, elf Jahre in einen Käfig sperrte; dabei war er jedoch im höchsten Grad abergläubisch (er glaubte durch Verehrung von Reliquien sein Leben zu verlängern), mißtrauisch und heuchlerisch.
»Wer nicht heucheln kann, kann nicht herrschen«, pflegte er zu sagen. Er umgab sich, um sich von den Großen unabhängig zu machen, mit Vorliebe mit Dienern niedern Standes, wie Oliver le Dain, seinem Barbier, seinem »Gevatter« Tristan u. a. Seine Verdienste um Frankreich sind aber sehr bedeutend. Er vernichtete die großen Vasallenstaaten innerhalb des Reichs und dehnte die königliche Herrschaft bis zu den Pyrenäen, Alpen [* 13] und Jura aus. Er beförderte Handel und Industrie, insbesondere den Acker- und Bergbau, [* 14] richtete regelmäßige Posten ein, berief zu den Sitzungen des Staatsrats einsichtsvolle Männer, ließ die Stände des Reichs in einer einzigen Versammlung, den dritten mit den beiden privilegierten vermischt, sich beraten, gab den Gemeinden die freie Wahl ihrer Vorsteher, war äußerst sparsam in der Verwendung der Staatsgelder und lebte sehr einfach.
Unter seiner Regierung stiegen die Steuern von 2 auf beinahe 5 Mill. Livres. Die Aufhebung der von seinem Vater hergestellten Pragmatischen Sanktion erwarb ihm von seiten des Papstes den Titel Rex christianissimus. Als Freund der Wissenschaften bekundete er sich durch Errichtung von Buchdruckereien, Reformation der Pariser Universität, Gründung andrer und Berufung griechischer Gelehrten. Vermählt war er seit 1436 mit Margarete von Schottland, sodann seit 1451 mit Charlotte von Savoyen, die ihm drei Söhne, darunter seinen Nachfolger Karl VIII., und drei Töchter gebar.
Vgl. Duclos, Histoire de Louis XI (Par. 1745);
Comines, Mémoires (das. 1524; neue Ausg. von Dupont, 1840, ¶
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2 Bde.); Legeay, Histoire de Louis XI (das. 1874);
»Lettres de Louis XI« (hrsg. von Vaesen u. Charavay),
das. 1885-87, Bd. 1-3);
Buet, Louis XI et l'unité française (2. Aufl., Tours 1886).
Delavigne hat Ludwig zum Gegenstand eines Dramas gemacht und Walter Scott in »Quentin Durward« eine treffliche Schilderung seiner Persönlichkeit geliefert.
30) Ludwig XII. (le Père du peuple), König von Frankreich, aus der Seitenlinie Valois-Orléans, geb. zu Blois, war der Urenkel Karls V. und der Sohn des Herzogs Karl von Orléans [* 16] und der Maria von Kleve, hatte nach dem Willen Ludwigs XI. eine schlechte Erziehung genossen und zeigte sich schon als Jüngling gewaltthätig und verschwenderisch. Nach Ludwigs XI. Tode der älteste Prinz von Geblüt, machte er auf die Vormundschaft über Karl VIII. Anspruch, welche dessen Schwester Anna von Beaujeu führte, wurde aber bei St.-Aubin 1488 besiegt und gefangen und mußte sein Gelüst mit dreijährigem Gefängnis büßen.
»Der König von Frankreich darf den Herzog von Orléans nicht rächen« - mit diesen Worten bestieg Ludwig 1498 nach Karls Tode den Thron, und in der That war seine Regierung eine milde und gerechte. So verringerte er die Auflagen und verbesserte die Rechtspflege. Als Enkel der mailändischen Prinzessin Valentine, der Tochter des Herzogs Galeazzo Visconti, erhob er Ansprüche auf Mailand [* 17] und nahm es 1499 in Besitz. Sodann verband er sich mit Ferdinand von Aragonien zur Eroberung des Königreichs Neapel.
Das Land wurde erobert, über seine Teilung brach aber unter den Siegern selbst Krieg aus; Ludwig wurde 1503 aus Neapel vertrieben und mußte seine Rechte auf seine Nichte Germaine de Foix übertragen, die sich mit Ferdinand vermählte. 1509 trat Ludwig der zur Demütigung Venedigs geschlossenen Liga von Cambrai bei; er befehligte selbst sein Heer und schlug die Venezianer 1509 bei Agnadello. Als jedoch der Papst sich von ihm trennte und die Heilige Liga gegen Frankreich schloß, die Schweizer von Ludwig abfielen und das französische Heer im Juni 1513 bei Novara besiegten und aus Italien [* 18] vertrieben, Heinrich VIII. und Maximilian in Frankreich eindrangen und ein andres französisches Heer unter Longueville bei Guinegate (Sporenschlacht) schlugen, mußte er mit dem Papst, England, Spanien [* 19] und dem Kaiser 1514 Frieden schließen. Er starb Vermählt war er mit Johanna, Tochter Ludwigs XI., von der er sich wegen ihrer Unfruchtbarkeit scheiden ließ, sodann mit Karls VIII.
Witwe Anna von Bretagne (gest. 1514), durch welche Ehe er den Erwerb der Bretagne für Frankreich sicherte, und zuletzt mit Marie von England. Da er nur zwei Töchter aus erster Ehe hinterließ, so folgte ihm sein Schwiegersohn Franz I. Offen, redlich, sparsam, gerecht, gutmütig und großherzig, erwarb sich Ludwig trotz seiner unglücklichen kriegerischen Unternehmungen den Beinamen »Vater des Volkes«, den ihm die Generalstaaten 1506 in Tours beilegten.
Vgl. de Seyssel, Histoire de Louis XII (Par. 1558);
Röderer, Louis XII et François I (das. 1825).
31) Ludwig XIII., König von Frankreich, aus dem Haus Bourbon, Sohn Heinrichs IV. und der Maria de' Medici, geb. zu Fontainebleau, bestieg nach der Ermordung des Vaters unter der Vormundschaft der Mutter den Thron. Schon im September 1614 ward er zwar für mündig erklärt und heiratete 1615 die spanische Prinzessin Anna, blieb aber stets schwach und unselbständig und überließ die Regierung zunächst seiner Mutter und deren Günstlingen, unter denen der Italiener Concini großen Einfluß besaß. Am ward Concini jedoch mit Vorwissen des Königs von Luynes, der Ludwigs Vertrauen besaß, niedergeschossen, die Königin-Mutter aber verbannt. Ludwig oder vielmehr sein Günstling Luynes leitete nun selbst den Staat; er hatte sofort mit einem Aufstand der Hugenotten zu kämpfen.
Nach Luynes' frühem Tod (1621) und Vieuvilles Sturz 1624 berief der König Richelieu in den Rat, der zum Heil Frankreichs das Reich und den König beherrschte und den ehrgeizigen Adel unterdrückte. Richelieu veranlaßte auch zu mehreren Kriegen, zunächst gegen die Hugenotten, denen nach der Einnahme La Rochelles 1628 ihre politischen Vorrechte genommen wurden (1629), dann gegen das Haus Habsburg in Italien, wo L. nach einem glücklichen Feldzug 1630 im Frieden von Cherasco seinem Schützling, dem Herzog von Nevers, die Belehnung mit Mantua [* 20] verschaffte.
Der Herzog Gaston von Orléans, sein Bruder, der mit andern Mißvergnügten an der Spitze eines in den Niederlanden geworbenen Heers von 2000 Spaniern in Frankreich einfiel, wurde bei Castelnaudary geschlagen. Da der Herzog Karl von Lothringen jenen unterstützt hatte, ließ Ludwig im Herbst 1633 ganz Lothringen erobern. Auch zur Teilnahme am Dreißigjährigen Krieg bestimmte Richelieu den König, um die habsburgische Macht zu schwächen. In der Absicht, das linke Rheinufer zu gewinnen, schloß Ludwig mit dem Herzog Bernhard ein Bündnis zur Eroberung des Elsaß, benutzte jedoch den erwünschten, vielleicht beförderten Tod Bernhards, um dessen Eroberungen sofort in Beschlag zu nehmen.
Während sich 1641 die aufgestandenen Katalonier an Frankreich ergaben, unterwarf ein französisches Heer, zu welchem der schon kranke König abging, die Grafschaft Roussillon. Ludwig starb wenige Monate nach seinem allmächtigen Minister, Er war von Körper schwächlich, von Charakter unentschlossen und argwöhnisch. Seine Gemahlin Anna von Österreich [* 21] gebar ihm 1638 den Dauphin, der als Ludwig XIV. auf dem Thron folgte, und 1640 den Herzog Philipp von Orléans, den Stammvater des Hauses Orléans.
Vgl. Bazin, Histoire de France sous Louis XIII (neue Ausg., Par. 1846, 4 Bde.);
Topin, Louis XIII et Richelieu (das. 1876);
Zeller, Études critiques sur le règne de Louis XIII (das. 1879).
32) Ludwig XIV. (Louis le Grand), König von Frankreich, Sohn des vorigen und der Anna von Österreich, geb. folgte seinem Vater unter Vormundschaft seiner Mutter und dem Einfluß Mazarins. Die alsbald beginnenden Unruhen der Fronde (s. d.) wurden erst mit der Unterwerfung Condés und dem Pyrenäischen Frieden 1659 beendet. Auch nachdem Ludwig 1651 mündig geworden, überließ er die Zügel der Regierung den bewährten Händen Mazarins. Erst seit des letztern Tod regierte er selbständig und entwickelte eine von ihm nicht erwartete Energie und Thätigkeit.
Die ministerielle Allgewalt, wie sie sich seit 1624 unter Richelieus und Mazarins kräftigem und klugem Regiment ausgebildet hatte, vereinigte er nun in seiner Person mit der königlichen Macht und Autorität, und indem er sich mit Eifer wie auch mit einiger Kenntnis und natürlichem Verstand den Geschäften widmete, begründete er die absolute Monarchie in Frankreich, deren glänzendster Repräsentant er wurde durch seine imponierende Erscheinung und sein würdevolles und doch immer anmutvolles Benehmen. Zu dem Glanz seiner Herrschaft, ¶