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Gesundheitsanstalten verdienen sie vollkommen den ihnen beigelegten Namen der »Lungen Londons«. Unter den großen Friedhöfen zeichnen sich diejenigen von Highgate, Kensal Green, Brompton und Norwood durch schöne Anlagen und sehenswerte Denkmäler aus. Die alten Kirchhöfe sind teilweise in Gärten umgewandelt worden.
[Denkmäler.]
Von den 81 im Freien aufgestellten öffentlichen Denkmälern sind nur wenige von hervorragend künstlerischem Wert. Von ihnen verherrlichen 23 Mitglieder des königlichen Hauses, 11 Kriegshelden oder kriegerische Ereignisse, 15 Staatsmänner, 5 Schriftsteller, 4 Gelehrte, 2 Maler, 4 Philanthropen etc. Es sind unter ihnen 4 Säulen, [* 2] 5 Obelisken, 63 Standbilder, 7 Brustbilder und 2 anderweitige. Unter allen diesen Denkmälern nimmt das des Prinzen Albert im Hyde Park (nach dem Entwurf des Architekten G. Scott) den vornehmsten Rang ein.
Außerdem verdienen Beachtung die 59 m hohe Nelsonsäule auf dem Trafalgar Square, die schwerfällige Säule mit dem Standbild eines Herzogs von York auf dem Waterloo [* 3] Place, die zur Erinnerung an den »großen Brand« vom Jahr 1666 errichtete Säule in der City und der auf dem Themsedamm aufgestellte 21 m hohe ägyptische Obelisk (Kleopatras Nadel). Unter den bedeutenden Männern, die London [* 4] durch Denkmäler geehrt hat, sind die Dichter Shakespeare und Byron, die Gelehrten Newton, Hunter, Sloane und Jenner, die Schriftsteller Carlyle und Mill, die Maler Hogarth und Reynolds, der Ingenieur Brunel, der Gärtner Paxton, die Staatsmänner Canning, Pitt, Fox, Peel, Palmerston, Derby, Beaconsfield, Cobden und Lord Lawrence, der Philanthrop Peabody, der Nordpolfahrer Franklin, die Kriegshelden Nelson, Wellington, Lord Clyde, Napier, Havelock und Outram zu nennen.
Kirchliche Bauwerke.
Zur Zeit der Reformation war London reich an Kirchen wie keine andre Stadt; zwei Drittel des Areals der City waren mit kirchlichen Gebäuden bedeckt, und sämtliche Bischöfe des Landes sowie zahlreiche Äbte hatten in London ihre Residenzschlösser. Heinrich VIII. räumte gewaltig unter den Klöstern auf, und leider verschwand infolgedessen manches wertvolle Bauwerk, während man die teilweise sehr häßlichen Gemeindekirchen stehen ließ. Der »große Brand« von 1666 zerstörte abermals 85 Kirchen, von denen nur 49 von Wren wieder aufgebaut wurden, so daß jetzt in ganz London nur 25 Kirchen und Kapellen zu finden sind, welche aus der Zeit der Reformation stammen.
Unter allen diesen Kirchen steht die Westminsterabtei obenan (vgl. Stanley, Historical memorials of Westminster Abbey, 5. Aufl. 1882). Sie ist in Gestalt eines lateinischen Kreuzes gebaut, 161,5 m lang, im Querschiff 61,86 m breit und im Hauptschiff 31,1 m hoch. Von dem Turm, [* 5] welcher sich am Durchkreuzungspunkt der Schiffe [* 6] erheben sollte, besteht nur der Unterbau. Chor und Querschiff wurden an Stelle einer ältern Kirche 1245-69 errichtet, ein Teil des Langschiffs wurde 1307 vollendet; aber die westliche, von zwei 68,6 m hohen Türmen eingefaßte Fassade wurde erst 1483-1509 in Tudor-gotischem Stil erbaut, und die Türme wurden später von Wren in verdorbenem Geschmack vollendet.
Die Verhältnisse des Innern sind großartig. Die Höhe der Schiffe, Fenster und andrer Teile des Baues beträgt stets das Dreifache der Breite; [* 7] so ist das Hauptschiff 10,36 m breit und 31,08 m hoch. Hinter dem Altar [* 8] liegt die Kapelle Eduards des Bekenners, mit dem 1269 vollendeten Schrein dieses Heiligen. Das Chor umgibt ein Kapellenkranz, und östlich schließt sich an diesen die 1503-22 im reichsten gotischen Stil erbaute Kapelle Heinrichs VII. an, deren fächerartig gewölbte Decke [* 9] ein Meisterwerk der Baukunst [* 10] ist. Im Hauptschiff dieser Kapelle ist das Grabmal des Königs, von einem zierlichen Messinggitter umgeben, in der einen Seitenkapelle das Grabmal der Maria Stuart, in der andern das ihrer Gegnerin Elisabeth.
Die Zahl der im Innern der Kirche aufgestellten Denkmäler ist ungemein groß; überall ziehen Namen der großen See- und Kriegshelden, der Staatsmänner, Geschichtschreiber und Philosophen, Theologen, Gesetzgeber, Maler, Bildhauer und Tondichter die Augen des Beschauers auf sich. Im sogen. Dichterwinkel hat man den größten englischen Dichtern, von Chaucer bis auf unsre Zeiten, Denkmäler errichtet (nur Byron nicht). Die an die Kirche angebauten Kreuzgänge sind sorgfältig wiederhergestellt worden.
Einige alte Gewölbe, [* 11] darunter die Kammer der Pyx (wo in einer altmodischen Kiste Proben aller in England geprägten Münzen [* 12] aufbewahrt werden) aus der Zeit Eduards des Bekenners, stoßen an dieselben an, und ein Gang [* 13] führt von ihnen in das achteckige, 1250 erbaute Kapitelhaus. Nächst der Westminsterabtei ist die St. Paulskathedrale die berühmteste Kirche Londons. Sie steht an Stelle der gotischen Kathedrale, welche 1666 ein Raub der Flammen wurde, und ist 1675-1710 nach den Entwürfen Christopher Wrens erbaut worden, als dessen Meisterwerk sie gilt.
Die Baukosten beliefen sich auf 747,954 Pfd. Sterl., doch harrt ein großer Teil des Innern noch seiner Ausschmückung. Die Kirche ist in Gestalt eines Kreuzes erbaut, 152,4 m lang, 76,2 m breit und wird von einer Kuppel überragt, welche 32,9 m im Durchmesser hat. Die Spitze des Kreuzes erreicht eine Höhe von 111,25 m. Eine Freitreppe von 22 Marmorstufen an der Westfassade führt zu einer 36,5 m breiten, 15,25 m hohen Säulenhalle von 6 Säulenpaaren korinthischen Stils, über welcher 4 Paar Säulen gemischten Stils, 12,2 m hoch, einen zweiten Stock bilden. An beiden Seiten begrenzen 67,7 m hohe Glockentürme diesen doppelten Portikus. Im Innern hat man berühmten Engländern Denkmäler aufgestellt, und in der Krypte liegen unter andern begraben: Nelson, Wellington und der Erbauer der Kathedrale.
Von den übrigen Kirchen sind noch hervorzuheben: St. Bartholomew's in West Smithfield, mit Chor und Kreuzschiff aus dem 12. Jahrh. und frühenglischem Portal;
die bereits erwähnte Rundkirche der Tempelherren;
St. Saviour's in Southwark, mit Chor und Kreuzschiff aus dem 13. Jahrh., eins der bemerkenswertesten Beispiele des frühenglischen Stils;
die 1354 erbaute Kirche in Austin Friars, welche 1550 der niederdeutschen Gemeinde geschenkt wurde.
Unter den kleinern Kirchen, welche Wren erbaute, verdienen St. Mary le Bow, gewöhnlich Bow (Bogen) [* 14] Church genannt, mit zierlichem, 71,5 m hohem Turm, St. Bride's in Fleet Street und St. Dunstan's im O. Beachtung. Inigo Jones erbaute die Paulskirche im Covent Garden (1645), Gibbs die St. Martinskirche am Trafalgar Square (1721-26), Shaw die zierliche St. Dunstanskirche im Strand (1830-33), A. W. Pugin die kathol. Kathedrale des heil. Georg in Lambeth (1840-49), Gilbert Scott in jüngerer Zeit die Pfarrkirchen von Camberwell und Kensington. Unter den zahlreichen Kirchen der Dissidenten sind nur wenige, welche als Werke der Baukunst Beachtung verdienen. Wegen seiner Größe und innern Einrichtung (mit Bühne anstatt der Kanzel) ist das vom Geistlichen Spurgeon ¶
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erbaute Tabernakel bemerkenswert. Überhaupt gibt es in London 1151 größere dem Gottesdienst geweihte Gebäude, worunter 554 den Anglikanern, 514 den Dissidenten, 66 den Katholiken und 17 den Juden gehören.
Öffentliche Bauwerke. Paläste etc.
An großartigen öffentlichen Bauten ist London zwar nicht gerade arm, aber bei der Zerstreuung derselben über die ganze Stadt fallen diese weniger in die Augen. Als architektonischer Glanzpunkt kann eigentlich nur der vom Parlamentsgebäude und der Westminsterabtei überschaute Parlament Square gelten. Trafalgar Square, der infolge seiner Lage Gelegenheit böte, große architektonische Wirkungen zu erzielen, wirkt enttäuschend, wird aber vielleicht im Lauf der Zeit auf eine Weise umgewandelt werden, welche der reichsten und größten Hauptstadt der Welt würdig ist.
Seit Wilhelm dem Eroberer ist London unbestrittene Landeshauptstadt, kann aber trotzdem keinen des Reichs würdigen königlichen Palast aufweisen. Der Tower, welchen Wilhelm als Palast und Zwingburg baute, und der später als Staatsgefängnis diente, ist jetzt Kaserne und Arsenal (s. unten). Der von I. ^[Inigo] Jones vorgeschlagene Prachtbau, an Stelle des durch Feuer zerstörten Palastes von Whitehall, ist Bruchstück geblieben. St. James' Palace, die älteste königliche Residenz Londons, stammt teilweise aus der Zeit Heinrichs VIII., ist aber in architektonischer Beziehung ohne alle Bedeutung.
Die wichtigern Hofzeremonien finden in demselben statt; aber die Königin bewohnt während ihrer seltenen Besuche Londons den benachbarten Buckingham Palace, ein 1703 vom Herzog von Buckingham erbautes und später umgestaltetes und erweitertes Gebäude mit hübscher Fassade in deutscher Renaissance (von Blore). Das Innere enthält einige geschmackvolle Räumlichkeiten, darunter den mit scharlachrotem Atlas [* 16] behangenen Thronsaal und den 1856 vollendeten Ballsaal sowie eine wertvolle Sammlung von Gemälden und Skulpturen.
Marlborough House, 1709-10 von Chr. Wren für den großen Herzog von Marlborough erbaut, steht neben dem St. James' Palace und ist Stadtresidenz des Prinzen von Wales. Kensington Palace, aus der Zeit Wilhelms III. stammend, wird von einigen Mitgliedern der königlichen Familie bewohnt. Die Wohnsitze des hohen Adels zeichnen sich weniger durch prachtvolle äußere Ausstattung als durch behagliche Einrichtung des Innern und ihren Gehalt an wertvollen Kunstschätzen aus.
Der ehrwürdigste unter ihnen ist Lambeth Palace, die Stadtresidenz des Erzbischofs von Canterbury, am rechten Themseufer, oberhalb der Parlamentsgebäude. Die 1244-70 erbaute Kapelle ist der älteste Teil desselben, und der sogen. Lollardturm, in welchem die Lollarden oder Wiclefiten gefangen gehalten wurden, stammt aus dem 15. Jahrh. Stafford House am St. James' Park, Sitz des Herzogs von Sutherland, Bridgewater House am Green Park, Apsley House (Herzog von Wellington) am Hyde Park Corner und Grosvenor House (Herzog von Westminster), östlich vom Hyde Park, sind wohl die beachtenswertesten unter ihnen und enthalten sämtlich wertvolle Kunstschätze. Holland House, im W. der Kensington Gardens, ist durch historische Erinnerungen interessant. Northumberland und Burlington House bestehen nicht mehr; aber in der City kann der Wißbegierige noch einen Einblick in einen aus dem 15. Jahrh. stammenden Palast gewinnen (Crosby Hall), [* 17] welcher jetzt als Speisewirtschaft dient.
Unter den Staatsgebäuden steht obenan der neue Palast von Westminster oder das Parlamentsgebäude, an Stelle des 1834 durch Feuer zerstörten alten Palastes errichtet und jedenfalls der größte gotische Bau der Neuzeit. Erbauer des Palastes war Charles Barry. Der Bau begann 1837, und das Äußere wurde 1868 mit einem Kostenaufwand von über 2 Mill. Pfd. Sterl. vollendet. Der gewaltige Bau bedeckt einen Flächenraum von 3,24 Hektar und enthält 1100 Räume, teilweise von großartigen Verhältnissen.
Die dem Fluß zugewandte, 286 m lange Hauptfassade ist ziemlich einförmig; schöner ist die westliche Fassade, weil sie reichere Abwechselung bietet. An der nordwestlichen Ecke steht der viereckige, 97,5 m hohe Glockenturm mit der 140 Doppelzentner schweren Stephansglocke und während der Nacht erleuchteter Uhr, [* 18] deren vier Zifferblätter je 7,16 m Durchmesser haben. In der Mitte des Gebäudes erhebt sich der 91 m hohe, zierliche Mittelturm und an seiner südwestlichen Ecke der bis zu den Zinnen 102,4 m hohe Viktoriaturm mit 19,8 m hohem Portal, durch welches die Königin bei Eröffnung des Parlamente einfährt.
Die 1397-99 erbaute Westminster Hall ist dem Parlamentsgebäude einverleibt worden. Sie ist 73,2 m lang, 20,5 m breit, 12,7 m hoch und hat ein vielbewundertes Holzdach. Eine Treppe [* 19] führt von ihr hinab in die unterirdische St. Stephanskapelle, einen Rest des alten Palastes, 1290-1345 erbaut und in jüngster Zeit glänzend restauriert. Das Innere des Gebäudes durch Westminster Hall betretend, gelangen wir zuerst in die St. Stephen's Hall, in welcher die Bildsäulen von zwölf berühmten Parlamentsmitgliedern aufgestellt sind, und die reichverzierte achteckige Central Hall, 18,28 m im Durchmesser und 24 m hoch.
Zur Linken derselben liegt das geschäftsmäßig eingerichtete Haus der Gemeinen (welches indes nicht sämtliche Mitglieder zu fassen vermag), zur Rechten das prunkvoll ausgestattete Herrenhaus. Hinter letzterm liegt eine Reihe von Räumen, welche die Königin bei Eröffnung des Parlaments durchschreitet. Im Prinzengemach steht eine Bildsäule der Königin (von J. ^[John] Gibson); in der nächstliegenden Royal Gallery befinden sich die berühmten Fresken von D. Maclise, den Tod Nelsons und das Zusammentreffen Wellingtons mit Blücher bei Waterloo darstellend.
Überhaupt ist sowohl das Äußere als das Innere des Gebäudes mit Werken der Bildhauerkunst [* 20] und Skulpturen überreich verziert. Die breite Straße Whitehall, die das Parlamentsgebäude mit Charing Croß verbindet, ist dazu bestimmt, Mittelpunkt der Regierungsämter zu werden. Erst jüngst (1868-74) ist dort ein gewaltiger Bau im italienischen Stil entstanden, in welchem die Ministerien des Innern, der Kolonien, Indiens und der auswärtigen Angelegenheiten ein würdiges Unterkommen gefunden haben.
Die Fassade nach der Straße zu ist 96,7 m lang, und das Gebäude erstreckt sich bis zum St. James' Park. Sein Äußeres sowohl als die Höfe sind mit Skulpturen reich verziert. Die vielgenannte Downing Street trennt diesen Bau von dem Schatzkammeramt (Treasury buildings), welches die Büreaus des ersten Ministers (Lord High Treasurer), des Handelsamts und des Geheimen Rats enthält. Die von Barry 1846-47 einem häßlichen, alten Gebäude angepaßte Fassade hat eine Länge von 90 m. Hinter demselben liegt das unansehnliche Finanzministerium, welchem der Chancellor of the Exchequer vorsteht. Weiter in der Straße fortschreitend, erreichen wir die »Horse Guards«, zwei Schildwachen zu Pferde, [* 21] beim Amtslokal des Oberbefehlshabers der Armee, einem malerischen Bau (mit Uhrturm) aus dem letzten Jahrhundert. Nördlich davon ¶