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Wagen der Lokomotive.
Der Wagen der ist ein aus schmiedeeisernen Langträgern und Querverbindungen bestehendes rahmenartiges Gestell, welches sich mittels Blattfedern auf die Lager [* 2] der Radachsen stützt. Je nachdem die Langträger des Gestells innerhalb oder außerhalb der Räder angeordnet sind, unterscheidet man Lokomotiven mit Innen- und solche mit Außenrahmen. An den Langträgern sind die Cylinder und die Stützpunkte für die Kulissensteuerung befestigt. Der Kessel ist in seinen Dimensionen, besonders der Länge nach, Veränderungen durch Temperaturunterschiede unterworfen, an welchen das Gestell nicht teilnimmt. Es dürfen daher zur Vermeidung des Krummziehens diese Teile nur so miteinander verbunden sein, daß die Ausdehnung [* 3] des Kessels nicht gehindert wird, was man dadurch erreicht, daß man den Kessel nur vorn an der Rauchkammer mit dem Gestell fest verschraubt, an andern Stellen dagegen mittels Gleitstücke aufruhen läßt.
Außer den hierzu nötigen Querverbindungen ist noch vorn und hinten je ein eisernes Querstück vorhanden, von denen das
erstere, die sogen. Pufferbohle, zur
Aufnahme der
Puffer und der
Kuppelungen,
[* 4] das letztere zur Stützung
des Führerstandes und entweder gleichfalls zur
Aufnahme von
Puffern und
Kuppelungen oder zur
Befestigung der Verbindungsteile
zwischen der
[* 5] und dem
Tender dient. Die
Räder der Lokomotive
sitzen paarweise fest auf den
Achsen, und deren
Zapfen
[* 6] liegen
in
Lagern, welche sich, entsprechend den Durchbiegungen der Tragfedern, in senkrechten
Schlitzen des
Rahmens verschieben können,
während andre Relativbewegungen derselben gegen den
Rahmen ausgeschlossen sind. Es ist einleuchtend, daß ein solches starr
verbundenes Achsensystem nur wenig gekrümmte
Bahnen durchfahren kann.
Für stärkere Krümmungen werden sehr verschiedenartige Konstruktionen von Gestellen angewendet, welche mit einer gewissen Beweglichkeit begabt sind. So macht man bei drei Räderpaaren die hinterste und vorderste Achse quer gegen den Rahmen ein wenig verschiebbar. In Amerika [* 7] stützt man allgemein den Vorderteil der auf einen vierräderigen Vorderwagen (Laufgestell, Drehgestell), welcher sich um einen in der Mitte befindlichen starken Bolzen (Reibnagel) drehen kann.
Das Bishelsche Gestell hat nur eine unter der Rauchkammer liegende Achse und läßt sich um einen etwa in der Mitte der Lokomotivlänge befindlichen Bolzen drehen. Als Zubehör der Wagen der Lokomotiven sind auch die Bremsen [* 8] (s. d.) anzusehen, welche entweder als Handbremsen oder neuerdings auch vielfach als mechanische Bremsen ausgeführt werden. Im letztern Fall trägt die auch den zur Bedienung sämtlicher Bremsen des Zugs erforderlichen Bewegungsapparat.
Man unterscheidet bei den
Lokomotiven
Laufräder, welche, ebenso wie die
Räder der
Eisenbahnwagen, nur deswegen auf den
Schienen
fortrollen, weil die Lokomotive
sich fortbewegt, und
Treibräder, welche dadurch, daß sie von der
Maschine
[* 9] der
Lokomotive
in
Umdrehung versetzt werden, die Lokomotive
in
Bewegung setzen und erhalten. Man kann sich vorstellen, daß die
Treibräder sich
wie die
Beine eines Zugpferdes gegen die Unterlage
(Schienen) stemmen und somit, da sie durch ihre
Umdrehung zugleich die Angriffspunkte
immer weiter vorwärts verlegen, das Fortgehen des
Zugs bewirken.
Das ist jedoch nur möglich, wenn die
Kraft,
[* 10] mit welcher die Treibruder in jeder
Stellung an den
Schienen haften, größer als
der
Bewegungswiderstand des
Zugs ist; andernfalls bleibt der ganze Zug
trotz der
Umdrehung der
Treibräder stehen,
indem dieselben
keinen festen
Stützpunkt finden können, sondern einfach auf derselben
Stelle der
Schienen herumrutschen
(das Gleiten oder
Trommeln der
Räder). Die
Kraft nun, welche das Gleiten verhindert, ist einzig die
Reibung
[* 11] zwischen den Treibradumfängen
und den
Schienen und in ihrer
Größe abhängig von dem
Material und der Oberflächenbeschaffenheit der
Schienen (rauh oder glatt,
trocken oder schlüpfrig) sowie von dem auf den
Rädern lastenden
Gewicht. Es ist also die Leistungsfähigkeit
der
Maschine (unter Voraussetzung einer mittlern oder normalen Materialbeschaffenheit der
Schienen und
Räder) beschränkt durch
den auf den Treibrädern ruhenden Gewichtsteil der Lokomotive
, dieser jedoch wieder durch die
Festigkeit
[* 12] des Schienenwegs.
Hieraus ergibt sich ohne weiteres die
Notwendigkeit, auf die Treibachsen einen möglichst großen Teil
des Lokomotivgewichts zu legen. Man nennt diesen Teil das Adhäsionsgewicht der Lokomotive
im
Gegensatz zu dem auf die
Laufräder kommenden
toten
Gewicht. Die größte Zugkraft einer Lokomotive
beträgt etwa ein Fünftel ihres Adhäsionsgewichts. Es ist klar,
daß das Adhäsionsgewicht einer Lokomotive um so größer wird, je größer die Zahl der Treibradachsen
im
Verhältnis zu derjenigen der Laufradachsen wird, und daß schließlich bei einer Lokomotive, welche nur
Treibräder besitzt, das
Adhäsionsgewicht gleich dem ganzen
Eigengewicht zu setzen ist.
Die Vermehrung der Treibachsen führt zu der Anordnung der Lokomotive mit gekuppelten Treibachsen. Man läßt nämlich immer nur eine Achse direkt durch die Maschine treiben und verbindet (kuppelt) etwanige andre Treibachsen mit der erstern durch Parallelkurbeln und Kuppelstangen, wie das für eine zweite Achse aus der Tafel ersichtlich ist. Da der Bewegungswiderstand der Züge auf ansteigenden Bahnen mit dem Steigungsverhältnis ganz unverhältnismäßig wächst, während zugleich das Adhäsionsgewicht der Lokomotive infolge der schrägen Unterlage abnimmt, so gibt es eine Grenze (1:40 = 1 m Steigung auf 40 m horizontal gemessene Länge), bei welcher die mit Adhäsion arbeitenden Lokomotiven den Dienst versagen.
Zur Überwindung stärkerer Steigungen, wie solche bei Gebirgsbahnen zuweilen vorkommen, vergrößert man entweder die Adhäsion durch künstliche Mittel besondere mit Federkraft seitlich gegen die Schienen gepreßte Reibungsräder), oder man sieht von ihr ganz ab und läßt die Bewegung durch Eingriff eines als Zahnrad ausgeführten Treibrades in eine besondere gezahnte Schiene hervorbringen, oder man zieht den Zug mittels einer auf der Höhe stehenden Maschine, als welche auch unter Umständen eine vorausgefahrene und festgelegte Lokomotive benutzt werden kann, an einem Seil aufwärts.
Die Dimensionen der Treibcylinder und Kurbeln sind durch die erforderliche Leistung und dadurch bedingt, daß die Kolbengeschwindigkeit und die Anzahl bei der größten Geschwindigkeit der eine gewisse Grenze, bei welcher sich starke Stöße allzu störend bemerkbar machen, nicht erreichen. Es wird dann die Zugkraft und die Geschwindigkeit der Lokomotive in den durch die Adhäsionsverhältnisse gegebenen Grenzen [* 13] von dem Hebelverhältnis der Kurbel [* 14] zum Halbmesser der Treibräder abhängen, derart, daß Lokomotiven mit verhältnismäßig kleinen Rädern große Lasten mit geringer Geschwindigkeit, Lokomotiven mit großen Rädern geringe Lasten mit großer Geschwindigkeit befördern können.
Hiernach haben sich bestimmte Formen der Lokomotive herausgebildet, hauptsächlich die folgenden. Die Schnellzug- oder Eilzuglokomotive [* 1] (Fig. 3) hat die ¶
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Aufgabe, eine geringe Anzahl Personenwagen möglichst schnell von der Stelle zu bringen (Geschwindigkeit = 60 bis 80 km pro Stunde); deshalb ist, da die Zugkraft nur gering zu sein braucht, nur ein Teil des Eigengewichts durch eine Treibachse für die Adhäsion ausgenutzt. Die Treibräder sind aber sehr groß (1,7-2 m Durchmesser). Wenn bei Schnellzuglokomotiven eine größere Zugkraft erfordert wird, so vergrößert man das Adhäsionsgewicht durch Ankuppelung einer zweiten Treibachse (s. die Tafel). - Die Personenzuglokomotive oder Lokomotive für gemischte Züge [* 15] (Fig. 4) hat größere Lasten mit mäßiger Geschwindigkeit (50-60 km pro Stunde) zu ziehen. Sie erhält zwei gekuppelte Treibachsen, deren Räder 1,5-1,6 m Durchmesser haben. - Die Güterzug- oder Lastzuglokomotive [* 15] (Fig. 5) hat die stärksten Lasten zu ziehen, dagegen nur eine geringe Geschwindigkeit (40 km und weniger pro Stunde) zu entwickeln und erhält deshalb verhältnismäßig kleine Räder von ca. 1,2 m Durchmesser bei mindestens zwei, häufig drei gekuppelten Treibachsen. - Die Tenderlokomotive [* 15] (Fig. 6), meist zum Rangieren aus Bahnhöfen in Verwendung, hat gewöhnlich nur zwei Achsen, welche aber beide als Treibachsen dienen. Die Räder haben dieselbe Größe wie bei den Güterzuglokomotiven. Charakteristisch für diese Art der Lokomotiven sind die auf ihnen angebrachten Wasserkasten und Kohlenräume. - Als Repräsentant der Lokomotiven für Bahnen mit anormal starken Steigungen sei hier die Lokomotive der Rigibahn [* 15] (Fig. 7) angeführt, eine Zahnradlokomotive, bei welcher das ganze Wagengestell wegen der starken Steigung schräg gebaut und der Kessel wegen ziemlich bedeutender Schwankungen der Steigung, durch welche ein gewöhnlicher liegender Lokomotivkessel bald an der Feuerbuchse, bald am vordern Ende der Heizrohre von Wasser entblößt worden wäre, als Vertikalkessel ausgeführt ist.
In der Natur des Bewegungsmechanismus der Lokomotive liegt es, daß dieselbe nicht mit einer vollständig gleichmäßigen Geschwindigkeit in der Schienenrichtung dahinläuft, vielmehr in ihrer Bewegung sogen. Störungen erleidet, welche mit der Fahrgeschwindigkeit zunehmen. Man unterscheidet dabei das Rucken, geringe Unterschiede in der Geschwindigkeit, hervorgerufen durch die infolge des Kurbelmechanismus nicht gleichmäßig auf die Treibräder übertragene Zugkraft;
das Schlängeln oder Schlingern, d. h. das Hin- und Herdrehen der Lokomotive um eine durch den Schwerpunkt [* 16] gehende vertikale Achse, welches durch die Ungleichförmigkeit der in der gleichen Zeit zu beiden Seiten wirkenden Kräfte bewirkt wird;
das Schwanken, eine oszillatorische Bewegung der Lokomotive um eine horizontale Längsachse, welche auf abwechselnd durch die Schrägstellung der Bleuelstangen erzeugten vertikalen Kräften beruht;
das Stampfen (Nicken, Galoppieren), Schwingungen um eine horizontale Querachse, welche in der fortwährenden Größenveränderung jener Vertikalkräfte, verbunden mit der Längenverschiebung des Angriffspunkts derselben, ihren Grund haben.
Diese Störungen würden durch den Einfluß der bewegten Massen des Kolbens, der Kolben-, Bleuel- und Kuppelstangen sowie der Kurbeln noch bedeutend verstärkt werden, wenn man nicht an den Treibrädern entsprechende Gegengewichte anbrächte.
Besondere Formen.
Mehrfach werden jetzt für den Lokalverkehr auf Eisenbahnen besondere kleine Lokomotiven von geringer Geschwindigkeit verwendet, welche in ihrer Verbindung mit dem einzigen zu befördernden Eisenbahnwagen als Dampfwagen (seltener als Dampfomnibus) bezeichnet werden. Sie ermöglichen die für den Lokalverkehr so erwünschte Häufigkeit der
[* 15] ^[Abb.: Fig. 3. Schnellzuglokomotive.
Fig. 4. Lokomotive für gemischte Züge.
Fig. 5. Güterzuglokomotive
Fig. 6. Tenderlokomotive.
Fig. 7. Zahnradlokomotive.] ¶