beide zum
Teil noch in
Weimar entstanden; ihnen reiht sich der unvollendete
»Stanislaus« an, ferner ein
»Requiem« für Männerstimmen
und
Orgel,
Kantaten,
Psalmen,
Paternoster, kleine Kirchenchorgesänge u. a. In allen diesen Werken verfolgt Liszt den
von
Berlioz und R.Wagner eingeschlagenen Weg und bildet mit den Genannten die
Spitze der »neudeutschen
Schule«. Als selbständig schaffender
Künstler erfuhr er nicht weniger
Anfechtungen als seine beiden Genossen.
Erst in neuerer Zeit fanden seine symphonischen
Dichtungen wie auch seine reformatorischen Bestrebungen, die
Kirchenmusikdurch
Verschmelzung katholisch-liturgischer und dramatischer Musikelemente dem
Bewußtsein der Zeit entsprechend
weiter zu gestalten, größere Würdigung, insbesondere durch seine zahlreichen
Schüler, die ihm bei seinem dem
Idealen zugewandten
Naturell als
Menschen mit
Recht dieselbe Verehrung zollten wie als
Künstler. Auch als Schriftsteller hat sich Liszt eifrig und
erfolgreich bethätigt.
Die von ihm selbständig veröffentlichten, abgesehen von einer gewissen Überschwenglichkeit des
Stils
höchst wertvollen
Arbeiten sind: »Frédéric
Chopin« (Leipz. 1852, 3. Aufl. 1882; deutsch von
La Mara, das. 1880);
»Des Bohémiens
et de leur musique en
Hongrie« (Par. 1859, neue Ausg. 1881;
deutsch von
Cornelius,
Pest 1861);
»RobertFranz« (Leipz. 1872) sowie zahlreiche
Artikel über Litteratur und
Kunst in
Zeitschriften
etc. Eine deutsche Gesamtausgabe seiner
Schriften besorgte Liszt Ramann (Leipz. 1880-83, 6 Bde.);
in der kathol.
Kirche ein
Gebet, das bei
Bittgängen zur Abwehr von Unglücksfällen etc. abwechselnd von
dem
Geistlichen oder einem Vorbeter und der
Gemeinde gesprochen oder gesungen wird. Man unterscheidet eine große und eine
kleine Litanei; den Anfang bildet immer der Bittruf:
»Kyrie eleison!«, den
Schluß der
Vers:
»LammGottes, das der
WeltSünden trägt,
erbarm dich unser!« Auch in den
Gottesdienst (besonders an
Bußtagen) fand die Litanei Eingang und wurde für
diesen
Zweck von
Luther sogar für die protestantische
Kirche bearbeitet. Im übertragenen
Sinn gebraucht man Litanei für eine lange,
eintönige, sich wiederholende Herzensergießung oder Darlegung.
(Lithauen, russ. u. poln.
Litwa), vormals zum polnischenReiche gehöriges Großfürstentum, bestand
vor derTeilungPolens aus dem
eigentlichen Litauen, welches die Woiwodschaften
Wilna
[* 10] und
Trokiin sich begriff, aus dem Herzogtum
Samogitien und aus dem litauischen
Rußland, d. h. den Woiwodschaften, welche von den Litauern früher den
Russen abgenommen worden waren, nämlich dem alten
Polesien, Schwarzrußland oder Nowogrodek und
Weißrußland oder
Minsk, Mcisclaw,
Witebsk,
Smolensk,
Plozk
und Polnisch-Livland. Bei der
TeilungPolens ward diese über 275,000 qkm (5000 QM.) umfassende Ländermasse zwischen Rußland
und
Preußen
[* 11] geteilt; doch fielen die preußischen Erwerbungen später ebenfalls an Rußland (s.
unten, Geschichte). - Die Litauer (poln. Litwini, russ. Litowzi)
bilden mit denLetten, den alten
Preußen und den Shmuden (Samogitiern) einen besondern
Zweig des sogen.
baltischen oder slawolitauischen
Astes des indogermanischen
Völker- und Sprachstammes, den litauischen.
Sämtliche litauische
Stämme zählen gegen 3 Mill.
Seelen, darunter 1,2 Mill.
Letten (s. d.) und 0,7 Mill. Shmuden (meist in
den
GouvernementsKowno und
Suwalki); der Rest (1,1 Mill.) sind eigentliche Litauer (meist in den
GouvernementsKowno und
Wilna).
Letztere, die sich übrigens sehr stark mit den Nachbarvölkern vermischt haben, sind blond,
von festem Körperbau, religiös, in hohem
Grad abergläubisch und hängen mit großer
Zähigkeit an den althergebrachten heidnischen
Gebräuchen.
ist etwa seit 850
n. Chr. von dem
Volk der Litauer bewohnt. Die Vorzeit bis 1230 ist mythisch. Bis dahin lebten die litauischen
Stämme unter kleinen
Fürsten. Sie hatten eine strenge Kasteneinteilung in
Priester,
Fürsten (preuß. Reiks oder Rekis, lit.
Kuingas, lett. Kungs),
Krieger, Grundbesitzer, freies
Volk und Leibeigne. Geschriebene
Gesetze kannten sie nicht. Die oberste
Gewalt befand sich in der
Hand
[* 15]
¶
mehr
des ersten Priesters (Kriwe-Kriweito). Mord und Diebstahl wurden sehr streng bestraft. Hauptbeschäftigung waren Ackerbau und
Handel mit den Schweden
[* 17] und Slawen. Als erster Großfürst wird Ringold (1230-35) genannt. Sein Sohn Mindowg ließ sich 1252 vom
Erzbischof von Riga
[* 18] taufen und zum König krönen, trat dem DeutschenOrden
[* 19] Samaiten und Schalauen ab und
versprach ihm für den Fall seines Todes sein ganzes Reich. Doch 1261 fiel er vom Glauben wieder ab, vernichtete ein Ordensheer
in der blutigen Schlacht an der Durbe und reizte die heidnischen Preußen zum Aufstand.
Fast alljährlich fanden in den nächsten 20 Jahren Einfälle der Litauer ins Ordensland statt, wofür
der Orden seit 1283 seinerseits blutige Rache nahm, neue Plünderungszüge der Litauer jedoch nicht verhindern konnte. Gedimin
(seit 1315) eroberte durch den Sieg am Fluß Irpénj 1321 einen Teil des südlichen Rußland samt Kiew,
[* 20] gründete die StädteWilna und Troki, kämpfte im Bund mit Wladislaw von Polen gegen den Orden, der vom König Johann vonBöhmen
[* 21] unterstützt ward, und empfing die Todeswunde bei der Belagerung einer Ordensburg 1340. Sein Nachfolger Olgerd (1345-77) entriß
den RuthenenPodlachien am Bug (1366), zwang um dieselbe Zeit die Tataren von Perekop zur Anerkennung seiner Oberhoheit und bewog
Groß-Nowgorod und Pskow, unter seinen Schutz zu treten.
Weniger glücklich war er in den Kämpfen gegen den Orden, die er, von seinem Bruder Keistut unterstützt, unaufhörlich führte;
beide wurden 1370 bei Rudau total geschlagen, doch gelang die Eroberung von Wilna 1378 dem Orden nicht. Olgerds jüngster Sohn,
Jagello (1377-1434), ließ sich 1386 in Krakau
[* 22] taufen und nahm den NamenWladislaw an. Durch seine Vermählung
mit der Erbin Polens, Hedwig, erhielt er damals Polen, mußte jedoch 1392 den Litauern in Witowt, dem Sohn des von ihm getöteten
Keistut, einen eignen Großfürsten geben.
Obwohl dieser sich wiederholt mit dem Orden gegen Polen verband, so focht er doch an der Seite Jagellos
in der für den Orden verhängnisvollen Schlacht bei Tannenberg (1410). Während die Eroberung des FürstentumsSmolensk Witowt 1404 gelang,
schlug sein Zug
gegen die Goldene Horde fehl; er erlitt an der Worskla eine furchtbare Niederlage (1399). Inzwischen war ein großer
Teil der Litauer katholisch geworden. Auf dem Tag zu Gorodlj am Bug (1413) ward festgesetzt, daß der katholische
Adel Litauens mit dem polnischen zur Wahl der Könige und Großfürsten sowie zu wichtigen Beratungen einen gemeinschaftlichen
Reichstag bilden sollte.
Vergebens bemühte sich Witowt, welchem die Abhängigkeit von Polen verhaßt war, vom deutschen KaiserSiegmund den Königstitel
zu erhalten; die Polen verhinderten es. Nach Witowts Tod (1430) ernannte Wladislaw seinen Bruder Sswitrigailo
zum Großfürsten von Litauen; dieser ward aber von dem durch die litauischen Bojaren gewählten Bruder Witowts, Siegmund, verdrängt.
Jener wurde 1435 in seinen Ansprüchen auf und Polen vom Orden unterstützt; doch letzterer versprach im Frieden
zu Brzesc sich nicht mehr in die litauischen Händel zu mischen.
Siegmund, wegen seiner Grausamkeit verhaßt, ward 1440 vom FürstenCzartoryiski ermordet, und ein Bruder des polnischen KönigsWladislaw III., Kasimir, erhielt Litauen; derselbe bestieg 1444 auch den polnischen Thron.
[* 23] In den mit Litauen vereinigten russischen Gebieten
bestanden noch bis zum Anfang des 16. Jahrh. Teilfürsten; Smolensk ging 1522 an Moskau
[* 24] verloren. Nach dem TodKasimirs IV. (1492)
erwählten die Polen dessen zweiten Sohn, Johann I.
Albrecht, zum König; die Litauer dagegen wählten seinen dritten Sohn,
Alexander, zu ihrem Großfürsten, der 1501 König von Polen wurde.
Seitdem blieben Polen und Litauen unter Einem Oberhaupt vereinigt. Die völlige Vereinigung beider Länder in
allen Staatsangelegenheiten kam endlich auf dem Reichstag zu Lublin (1569) zu stande. Die litauischen Provinzen im südwestlichen
Rußland fielen an Polen. Beide erhielten einen gemeinsamen Senat und Reichstag in Warschau,
[* 25] doch sollte seit 1673 stets der
dritte Reichstag in Grodno gehalten werden. Bei der dritten TeilungPolens 1795 kam der größere Teil Litauens an Rußland,
das daraus die sechs Gouvernements: Wilna, Kowno, Grodno, Mohilew, Witebsk und Minsk bildete;
der kleinere, bis zur Memellinie Kowno-Grodno,
fiel an Preußen, wurde aber 1807 mit dem Großherzogtum Warschau vereinigt und fiel 1814 als Teil Kongreßpolens
ebenfalls an Rußland. Litauen beteiligte sich 1830 und 1863 an den Aufständen in Polen gegen Rußland (s. Polen).
Vgl. Schlözer
und Gebhardi, Geschichte von Litauen (Halle
[* 26] 1785);