Stadt im preuß. Regierungsbezirk
Frankfurt,
[* 2]
Kreis
[* 3]
Lübben,
[* 4] in der gräflich Schulenburgschen Standesherrschaft
und an der
LinieFrankfurt a.
O.-Kottbus der Preußischen Staatsbahn, hat ein großes
Schloß aus dem 18. Jahrh., 2
Kirchen
(darunter die interessante deutsche oder Stadtkirche aus dem 16. Jahrh.), ein
Amtsgericht, Torfgräberei, Ziegelbrennerei,
Holzhandel und (1885) 1660 evang. Einwohner. Lieberose wird
zuerst 1295 urkundlich erwähnt.
nach der
Mode des
Adels im 17. Jahrh. eine einzelne
Locke, die am linken
Ohr
[* 8] auf die
Schultern herabhing,
während das übrige
Haar
[* 9] kürzer verschnitten war.
in der Bühnensprache ein Rollenfach, dessen Bedeutung sich aus dem
Namen ergibt.
Äußerliche Vorzüge,
wie
Jugend,
Schönheit der Gestalt und des
Organs, gesellige
Tournüre und feine Weltbildung, sind in demselben unentbehrlich.
Man teilt die Liebhaberrollen in erste Liebhaber, worunter auch häufig die
Helden mitbegriffen sind, und jugendliche
Liebhaber, die oft auch die
Bonvivants etc. mit umfassen.
Johann,
Freiherr von, Industrieller, geb. zu
Braunau in
Böhmen,
[* 11] erlernte bei seinem
Vater die Tuchmacherei,
arbeitete dann in
Reichenberg,
[* 12] etablierte hier einen kleinen Kramladen, dann ein Schnittwarengeschäft, erwarb 1828 eine
kleine Spinnerei und führte bald darauf die Fabrikation von
Merinos,
Lastings und
Tibets ein, welche schnell einen großartigen
Aufschwung nahm. 1843 verpflanzte er die Herstellung von
Orléans
[* 13] und
Mohairs nach
Böhmen, seine
Fabriken vergrößerten sich
von Jahr zu Jahr, und 1850 gründete er eine Worstedspinnerei mit 5400
Spindeln. 1873 waren in diesem
Reichenberger Etablissement 600 mechanische und 180 Handwebstühle und 5300 Weftgarn- und 2000 Streichgarnspindeln in
Thätigkeit. 1845 hatte er inzwischen in Swarow eine Baumwollspinnerei eröffnet, mit welcher er zehn Jahre später eine
Spinnerei und Zwirnerei im benachbarten Haratitz verband.
Hier waren 1873: 47,000 Baumwollspindeln, 6400 Zwirnspindeln und 400 mechanische
Webstühle
[* 14] in Thätigkeit.
Eine zweite großartige Baumwollspinnerei errichtete er von 1856 bis 1863 in
Eisenbrod, und etwa um dieselbe Zeit erbaute
er in
Mildenau im
BezirkFriedland eine Kammgarnspinnerei, verbunden mit 120 Handwebstühlen, während er in den umliegenden
Ortschaften
Hunderte solcher
Stühle beschäftigte.
Schon 1841 hatte er für sein Zentraldepot in
Wien
[* 15] eine
Färberei und Appreturanstalt in
Mödling errichtet, welche er aber 1845 nach
Nußdorf verlegte. 1852 erwarb er im südlichen
BiharerKomitat eine verlassene
Glashütte und bedeutende Waldungen; er siedelte hier böhmische
Arbeiter an, erbaute mit großem
Aufwand
Straßen, richtete die
Glashütte wieder ein und erzeugte bald 60,000 Ztr.
Glas
[* 16] im Jahr.
Doch verkaufte er die Besitzung 1866. In der
Folge begründete und erwarb Liebieg ferner eine großartige Kunstmühle in Haratitz,
Dachschieferbrüche in Racic bei
Eisenbrod, Kupferwerke zu
Rochlitz in
Böhmen und Guttenstein in
Niederösterreich, eine Spiegelfabrik
zu Elisenthal in
Böhmen, Kalksteinbrüche und Kalköfen bei Smrc bei
Eisenbrod, eine Dampfbrettsäge und
eine Bierbrauerei
[* 17] auf den
Domänen Smiriz und Horinowes im
KöniggrätzerKreis, zu welch letztern er später noch die Waldherrschaft
Daschitz hinzukaufte.
Für seine (6300)
Arbeiter und Beamte richtete er viele humanitäre Anstalten ein, Unterstützungsinstitute, Bäckereien,
Speiseanstalten, Unterrichtsanstalten etc., welche einen jährlichen Aufwand von 20,000
Gulden erheischten.
Vielfach beteiligte sich auch an öffentlichen Angelegenheiten. Er war Vorstand des
Reichenberger Gewerbevereins,
Präsident
der
Handelskammer daselbst, Delegierter der
Regierung beim volkswirtschaftlichen
Ausschuß in
Frankfurt a. M. 1849, Mitglied
der
Kommission zur Regulierung der
Valuta 1851, Reichsratsmitglied etc. 1866 wurde er in den Ritterstand erhoben und starb
Vgl.
»Johann Liebieg. Ein Arbeiterleben« (Leipz. 1868).
Hier errichtete er aus eignen beschränkten
Mitteln das erste
chemische Laboratorium für experimentellen
Unterricht und erhob die
Universität zu einem Zentralpunkt des chemischen
Studiums. Liebig bethätigte eine außerordentliche Begabung
als
Lehrer, keiner hat es wie er verstanden, chemische
Schule zu machen; aus allen
Ländern strömten ihm
Schüler zu, und eine
große Zahl der hervorragendsten Chemiker der Gegenwart hat sich in
Gießen unter ihm gebildet. Er errang
in
Deutschland
[* 23] der
Chemie die
Stellung, welche sie heute einnimmt, und durch sein Wirken hat sich die Überzeugung
Bahn gebrochen,
daß die
Chemie mehr sei als Experimentierkunst, und daß sie als
Wissenschaft gelehrt und gelernt werden müsse. Als
Forscher
ist auf dem Gebiet der
Chemie, der
Physiologie und der
Landwirtschaft mehr als produktiv gewesen, er war
für jede dieser
DisziplinenReformator. Er wandte sich in
Gießen zunächst der organischen
Chemie zu und schuf als mächtigstes
Hilfsmittel für dies
Studium eine verbesserte
Elementaranalyse, die in den wesentlichsten
Zügen noch heute gebräuchlich ist.
Er untersuchte zahlreiche organische
Säuren, studierte die
¶
mehr
Einwirkung des Chlors auf den Alkohol, wobei er das Chloroform und das Chloral entdeckte; die Theorie der Ätherbildung suchte
er durch eine neue Versuchsreihe aufzuklären, und bald darauf entdeckte er denAldehyd. Auch über die Alkaloide, die Zuckerarten,
viele Cyanverbindungen und über die Metallverbindungen hat er viele Untersuchungen angestellt, und ohne
Zweifel muß er sowohl nach der Zahl seiner Entdeckungen als auch nach deren Bedeutung der fruchtbarste Chemiker seiner Zeit
genannt werden.
Epochemachend waren seine mit Wöhler angestellten Forschungen über die Benzoylverbindungen, von welchen die eigentlich rationelle
Behandlung der organischen Chemie datiert. Seit 1839 wandte er sich hauptsächlich dem Studium der Ernährung
des Pflanzen- und Tierkörpers zu. Er wies die Wichtigkeit der Mineralstoffe für die Pflanzen und besonders für den Ackerbau
überzeugend nach, stellte die Bedeutung der organischen Substanz im Boden fest und wurde der größte Reformator des Feldbaues
in diesem Jahrhundert.
Über seine Lehren
[* 25] entspann sich ein langer und heftiger Streit, welcher endlich zu gunsten Liebigs entschieden
wurde, nachdem dieser seine Theorien vielfach ausgebaut und modifiziert hatte. Auch für die Lehre
[* 26] von der Ernährung der Tiere
schuf er eine neue Basis. Er zeigte, daß das Tier die Hauptbestandteile seines Bluts in der Nahrung fertig gebildet finden müsse;
er unterschied zwei Gruppen von Nahrungsstoffen: die hauptsächlich der Blutbildung dienenden Eiweißkörper
und die zur Wärmeerzeugung im Körper verwendeten stickstofffreien Substanzen;
er lehrte, daß zur Fettbildung und Fettablagerung
im Körper andre Stoffe, die nicht Fett sind, mitwirken müssen etc. Seine Untersuchungen über das Fleisch und über die Zusammensetzung
der Muskelfaser wurden auch für das praktische Leben wichtig, insofern sich daran die Darstellung des
Fleischextrakts knüpfte.
Außer letzterm gab Liebig die Bereitung einer leichtverdaulichen und nahrhaften Fleischbrühe für Kranke,
einer Suppe zur Auffütterung der Kinder und eines nahrhaften Brots an. Mit Rücksicht auf diese Arbeiten, die Entdeckung als
Arzneimittel sehr wichtig gewordener Körper, die Bereicherung der chemischen Technik mit manchen Methoden
und vor allem mit Rücksicht auf seine Entdeckung der Gesetze des Feldbaues kann behauptet werden, daß wohl nie ein Gelehrter
sich so eingehend mit der praktischen Verbesserung des materiellen Menschenlebens befaßt hat wie Liebig 1845 war
er in den Freiherrenstand erhoben worden; 1852 folgte er einem Ruf nach München,
[* 27] wo er, von der Leitung
eines großen Laboratoriums befreit, fast ausschließlich seinen physiologischen Forschungen lebte. Er war dort lange Jahre
Präsident der Akademie der Wissenschaften und starb In München wurde ihm 1883 ein Marmordenkmal (von Wagmüller),
in Darmstadt 1877 eine Bronzebüste (von Bersch) gesetzt.
Von Liebigs Schriften sind besonders hervorzuheben: »Anleitung zur Analyse organischer Körper« (Braunschw. 1837, 2. Aufl. 1853);
Mit Poggendorff und Wöhler und vielen andern
Chemikern schrieb er das »Handwörterbuch der reinen und angewandten Chemie« (Braunschw. 1837 bis 1864, 9 Bde.; 2. Aufl.,
Bd. 1 u. 2, 1857-63); mit Kopp begann er 1849 den »Jahresbericht über die Fortschritte
der Chemie, Physik, Mineralogie und Geologie«
[* 31] (Gießen); auch gab er mit Geiger u. a. die »Annalen der Pharmazie« (Heidelb. 1832-39)
heraus und als deren Fortsetzung mit Wöhler, später auch mit Kopp die »Annalen der Chemie und Pharmazie«. Mit seinem Sohn Georg,
geb. Badearzt in Reichenhall und Dozent in München, gab Liebigs Schwiegersohn M. Carriere »Reden
und Abhandlungen von J. Liebig« (Leipz. 1874) heraus; auch veröffentlichte G. v.
Liebig mit Echtermayer den Briefwechsel seines Vaters mit Th. Reuning über landwirtschaftliche Fragen (Dresd. 1884).