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Beim Fanejelmbrenner strömt die Wassergasflamme auf porzellanhart gebrannte Magnesiacylinder. Eine nicht leuchtende Gasflamme wird auch leuchtend, wenn man das Gas mit Dämpfen sehr flüchtiger Kohlenwasserstoffe imprägniert. Schwach leuchtendes Kohlengas kann durch solche Karburation (Karbonisation) wesentlich verbessert werden. Dies geschieht in verschiedener Weise. Man leitet z. B. bei dem Whiteschen oder Hydrokarbonprozeß Wassergas [* 2] mit Wasserdampf durch eine Retorte, in welcher aus Kannel- oder Bogheadkohle ein sehr leuchtkräftiges Gas dargestellt wird.
Das Wassergas führt hierbei die leuchtenden schweren Kohlenwasserstoffe schnell aus der Glühhitze fort, so daß sie sich weniger zersetzen, und der Wasserdampf gibt zur Bildung von Wasserstoff Veranlassung, welcher die Temperatur und damit die Leuchtkraft der Flamme [* 3] erhöht. Man kann auch das Gas am Konsumtionsort durch ein Gefäß [* 4] leiten, welches sehr flüchtiges Mineralöl (Benzin, Ligroin) oder erwärmtes Naphthalin (Albokarbonlampe) enthält. Das Gas reißt von diesen Körpern so viel Dampf [* 5] mit fort, daß es mit leuchtender Flamme verbrennt.
Selbst atmosphärische Luft kann man mit Dämpfen flüchtigster Öle [* 6] imprägnieren und derartiges Luftgas sogar in eigentümlich konstruierten Lampen [* 7] direkt für den Gebrauch bereiten. Bei geringwertigem Leuchtgas [* 8] kann die Leuchtkraft durch Karburation auf das Dreifache gesteigert werden. Es ist aber nicht gelungen, die Karburation im großen auszuführen, weil sich die von dem Gas aufgenommenen Dämpfe in der Röhrenleitung stets wieder kondensieren. Das karburierte Gas hat man zur Erzielung größerer Leuchtkraft mit reinem Sauerstoffgas verbrannt (Sauerstoffbeleuchtung, Karboxygenlicht); doch führten die Versuche nicht zu ökonomisch günstigen Resultaten. Philipps hat eine Lampe [* 9] konstruiert, auf welcher die Sauerstoffbeleuchtung mit Dämpfen aus einer kohlenstoffreichen Flüssigkeit (Lösung von Naphthalin in Petroleum) billiger u. bequemer ausgeführt werden kann.
Steinkohlengas ist farblos, von eigentümlichem Geruch; spez. Gew. 0,44-0,62, je nach der Beschaffenheit der Kohle und der Temperatur, bei welcher es dargestellt wurde. Es besteht aus gas- und dampfförmigen schweren Kohlenwasserstoffen (hauptsächlich Äthylen), welche mit den Dämpfen flüssiger Kohlenwasserstoffe, wie Benzol, die Leuchtkraft der Flamme bedingen, leichten Kohlenwasserstoffen (Methan), Kohlenoxyd und Wasserstoff, welch letztere drei Gase [* 10] mit nicht leuchtender Flamme brennen. Als Verunreinigungen finden sich Kohlensäure, Ammoniak, Schwefelwasserstoff, Schwefelkohlenstoff, Stickstoff, Sauerstoff, Wasserdampf etc. Der eigentümliche Geruch rührt von Phenylsenföl her. Quantitative Zusammensetzung verschiedener Leuchtgase:
Gasarten | Kohlenwasserstoffgas schweres | Kohlenwasserstoffgas leichtes | Kohlenoxyd | Wasserstoff | Kohlensäure | Stickstoff |
---|---|---|---|---|---|---|
Holzgas, rohes | 7.93 | 25.32 | 28.21 | 13.53 | 25.01 | - |
Holzgas, gereinigtes | 10.57 | 33.76 | 37.62 | 18.05 | - | - |
Torfgas | 9.52 | 42.65 | 20.33 | 27.50 | - | - |
aus Newcastlekohle | 9.68 | 41.38 | 15.64 | 33.30 | - | - |
Heidelberg. Kohlengas | 7.27 | 38.40 | 5.73 | 44.00 | 0.37 | 4.23 |
Bonner Kohlengas | 4.75 | 43.12 | 4.66 | 39.80 | 3.02 | 4.65 |
Chemnitzer Kohlengas | 4.91 | 36.45 | 4.15 | 51.29 | 1.08 | 1.41 |
Lesmahagow | 16.31 | 42.01 | 14.18 | 26.84 | 0.66 | - |
Boghead | 24.50 | 58.38 | 6.58 | 10.54 | - | - |
Petroleumgas | 31.60 | 45.70 | - | 32.70 | - | - |
Paraffinölgas | 28.29 | 54.92 | 8.94 | 5.65 | 0.82 | - |
Leuchtgas erfordert zur Entzündung nur helle Rotglut, eine viel niedrigere Temperatur als Grubengas, weshalb die Sicherheitslampe, um in Leuchtgas sicher zu sein, mit einem sehr dichten Drahtnetz versehen werden muß. Die Explosionsfähigkeit des Leuchtgases beginnt bei einer Mischung von 1 Volumen Gas auf 13-16 Vol. Luft, hört auf bei 4 Vol. Luft auf 1 Vol. Gas und ist am stärksten bei 1 Vol. auf 10 bis 12 Vol. Luft. Ein Gemisch von 1 Vol. und 4 Vol. Luft verbrennt ruhig, mit 5 Vol. Luft schnell, aber ohne Knall, mit 6-10 Vol. Luft bereits mit starker Detonation.
Eine Beimischung von wenig Luft zum Leuchtgas zerstört die Leuchtkraft desselben. Das lufthaltige Gas brennt mit blauer, nicht rußender Flamme wie Spiritus. [* 11] Leuchtgas wirkt unter Umständen giftig auf Pflanzen und Tiere, wozu wohl in erster Linie das Kohlenoxyd und die Dämpfe der Teerbestandteile beitragen. Eine Beimischung von 3 Proz. Leuchtgas zur Zimmerluft soll einen Menschen töten können, doch ist schon 1/10,000 durch den Geruch erkennbar. Im Boden wirken die im L. enthaltenen Dämpfe schädlich auf die Wurzeln, namentlich im Winter, wo das Gas schwieriger aus dem Boden entweichen und weniger Sauerstoff zutreten kann; nach andern Erfahrungen besonders in der Wachstumsperiode.
Eine Ausströmung von nur 0,772 cbm pro Tag, auf 17,8 qm Boden verteilt, tötet die Wurzelspitzen der Bäume jeder Art in kurzer Zeit. Reines Leuchtgas verbrennt zu Kohlensäure und Wasser, enthält es aber Schwefelwasserstoff (färbt es Bleizuckerpapier braun), so verbrennt dieser zu schwefliger Säure, ein Ammoniakgehalt (erkennbar durch die Nebel, welche derselbe an einem mit verdünnter Salzsäure befeuchteten Glasstab hervorbringt) liefert salpetrige Säure, und deshalb ist die sorgfältigste Reinigung des Leuchtgases erforderlich, wenn es in geschlossenen Räumen nicht schädlich wirken soll.
Am Konsumtionsort wird das dem Konsumenten zugeführte Gas durch die Gasuhr (Gasmesser) [* 12] gemessen. Die trocknen Gasuhren beruhen im wesentlichen auf der von Defries angegebenen Konstruktion, bei welcher sich zwei Lederbälge abwechselnd füllen und entleeren und die dadurch hervorgebrachte Bewegung auf ein Zählwerk [* 13] übertragen wird, welches die Menge des hindurchgegangenen Gases nachweist. Diese Apparate, welche z. B. in Amerika [* 14] ganz allgemein, auch in England häufig angewendet werden, haben mit großen Schwierigkeiten hinsichtlich eines geeigneten Materials für die Meßkammern zu kämpfen, während sie im übrigen den nassen Gasuhren vorzuziehen sind.
Letztere bestehen aus einem cylindrischen Gehäuse, in welchem eine auf einer Welle befestige ^[richtig: befestigte] vierkammerige Trommel, die reichlich bis zur Hälfte im Wasser (um das Einfrieren zu verhüten, mit Glycerin oder Spiritus vermischt) liegt, unter dem Druck des Gases und der durch denselben zu gleicher Zeit bedingten ungleichen Wasserstände der Gas aufnehmenden und Gas abgebenden Trommelabteilungen sich dreht, wobei die Achse der Trommel eine Zählvorrichtung in Bewegung setzt, um die Zahl der Trommelumgänge, somit das durchgegangene Gas nach Kubikfuß zu zählen. Der richtige Gang [* 15] der Gasuhr hängt zunächst von der richtigen Normierung des Wasserstandes ab, und diesen überwachen besondere Vorrichtungen, die beim starken Sinken sowohl als beim Steigen des Wassers infolge des Verdunstens, resp. Eintretens von Kondensationswasser aus der Leitung die Ausströmungsöffnung verschließen. Da aber außerdem durch mancherlei Zufälligkeiten Störungen im Gang der Gasuhr eintreten können, ¶
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welche dem Gaswerk nachteilig werden, so bleibt diesem nichts übrig, als die Gasuhren genau beaufsichtigen zu lassen.
Die Leuchtkraft der Gasflamme ist in erster Linie abhängig von der Gegenwart der schweren Kohlenwasserstoffe, welche, wie man annimmt, bei der hohen Temperatur der Flamme sich zersetzen, wobei Kohlenstoff in feiner Verteilung ausgeschieden u. weißglühend wird. Die Leuchtkraft ist ferner abhängig von dem Verhältnis der mit nichtleuchtender Flamme verbrennenden Gase, von denen namentlich Wasserstoff und Methan mit sehr hohem Wärmeeffekt verbrennen, also den Kohlenstoff in stärkstes Glühen versetzen.
Die Leuchtkraft ist endlich (abgesehen von den Verunreinigungen, welche teils verdünnend, teils direkt Leuchtkraft vernichtend wirken) abhängig von angemessener Zuführung von Luft zur Flamme. Bei mangelndem Luftzutritt entweichen halbverbrannte Kohlenwasserstoffe, gemischt mit Ruß, während es bei Überschuß von Luft gar nicht zur Ausscheidung des Kohlenstoffs kommt. Die Menge des aus einem Brenner ausströmenden Gases hängt ab von der Größe der Ausströmungsöffnung, dem spezifischen Gewicht des Gases und dem Druck, unter welchem es steht.
Das spezifische Gewicht des Gases pflegt nur in engen Grenzen [* 17] zu schwanken, aber der Druck kann in den einzelnen Stadtteilen sehr verschieden ausfallen. Nun wächst mit dem Druck die Geschwindigkeit des ausströmenden Gases, und infolge davon wird der Flamme reichlicher und zu reichlich Luft zugeführt. Um letzteres zu vermeiden, zieht man im allgemeinen weite Brenneröffnungen und schwachen Druck von 11-13 mm Wassersäule vor und sucht die Druckschwankungen durch zweckmäßiges weiteres oder geringeres Öffnen des Haupthahns auszugleichen; vorteilhafter aber bringt man hinter der Gasuhr kleine Regulatoren an, welche das Gas auf konstanter Druckhöhe erhalten.
Bisweilen benutzt man zur Erreichung desselben Zweckes an Loch- und Schnittbrennern auch Vorkehrungen (Sparbrenner), welche den Gasdruck vermindern und das Gas mit verminderter Geschwindigkeit an der Austrittsöffnung zur Verbrennung bringen. Diese Vorrichtungen sind für höhern und ungleichen Druck und namentlich dann empfehlenswert, wenn man, wie in Fabriken, nicht gut jeder einzelnen Person die Regulierung einer Flamme überlassen kann. Sie bestehen vielfach aus einer Vorkammer, in welche das Gas aus einer engern als der Brenneröffnung zunächst eintritt, oder welche man mit Baumwolle, [* 18] Schrot, zusammengewickeltem Eisendraht etc. gefüllt hat.
Übrigens wird mit diesen Sparbrennern hinsichtlich der zu erreichenden Ersparnis viel Charlatanerie getrieben. Die Brenner, aus Eisen, [* 19] Porzellan oder Speckstein gefertigt, haben den Zweck, der Flamme eine bestimmte Form zu geben, weil das in kompaktem Strom aus einer gewöhnlichen Röhrenmündung ausströmende Gas bei seiner Verbrennung nicht genügende Luftzufuhr erhalten und daher eine trübe, rußende Flamme geben würde. Auch der einfachste Brenner, mit nur einer 0,65-0,87 mm weiten Öffnung in der Kopfplatte (Einloch- oder Strahlbrenner), liefert in seiner strahlförmigen Flamme ebensowenig den höchsten Effekt wie der Dreilochbrenner mit drei in divergierenden Richtungen gebohrten Löchern.
Der Fledermaus-, Schnitt- oder Schlitzbrenner, bei welchem das Gas aus einem feinen, senkrechten Schlitz von etwa 0,5 mm Dicke ausströmt, gibt eine flache, mehr breite als hohe, abgeplattete Flamme, welche bei gleichem Inhalt mit der vorigen eine weit größere Oberfläche hat. Hierher gehört der Hohlkopfbrenner mit beinahe kreisrunder Flamme und bei gleichem Konsum bedeutend höherm Lichteffekt. Eine vorteilhafte Kombination von zwei Schnittbrennern mit engern Schnitten als gewöhnlich und unter einem Winkel [* 20] gegeneinander tretenden Flammen bildet der Zwillingsbrenner.
Der Fischschwanz-, Zweiloch-, Loch-, Manchester-Brenner besitzt zwei unter einem Winkel von 90-100° gegeneinander geneigte Öffnungen, so daß die aus beiden ausströmenden Gasstrahlen eine einzige flache, fischschwanzähnliche Flamme geben, deren Ebene senkrecht auf der Ebene der Öffnungen steht. Die Rund- oder Argand-Brenner enthalten auf der ringförmigen Deckplatte eines gewöhnlichen Argand-Brenners 15-40 Löcher so nahe nebeneinander, daß die aus den einzelnen Öffnungen hervortretenden Flammenstrahlen zu einer einzigen röhrenförmigen Flamme, bei Websters Brenner zu einer pilzförmigen Flamme sich vereinigen.
Dumas' Brenner besitzt statt der Löcher einen feinen ringförmigen Schlitz und kann deshalb leichter auseinander genommen und gereinigt werden. Alle andern Brenner können ohne Zugglas benutzt werden; nur beim Argand-Brenner ist dies unentbehrlich, damit hinreichend Luft in die innere Flammenröhre gelangt. Für Straßenbeleuchtung benutzt man am besten Fledermausbrenner, welche bei 0,139-0,17 cbm Konsum pro Stunde und 11,77 bis 13,78 mm Druck den größten Nutzeffekt geben. Für Privatbeleuchtung dienen Fischschwanzbrenner mit einem Konsum von 0,108-0,139 cbm pro Stunde bei 12,42-13,73 mm Druck und Argand-Brenner mit 12-16 Löchern von 0,81 mm Weite bei 4,36 mm gegenseitiger Entfernung mit einem Verbrauch von 0,124-0,154 cbm und 7,84 bis 20,92 mm Druck. Brenner mit 20-32 Löchern konsumieren stündlich bis 0,247 cbm.
Die Leuchtkraft der Leuchtgasflamme wird bedeutend erhöht, wenn man die zuströmende Luft erwärmt. Dies kann durch Anbringung eines zweiten Cylinders geschehen, der bis unter den Brenner hinabreicht. Die zwischen beiden Cylindern abwärts strömende und stark erhitzte Luft wird dem Brenner zugeführt, kann aber auch zuvor noch das Gasleitungsrohr erwärmen. Unter solchen Umständen erhält man aus einem bestimmten Gasquantum 50-60 Proz. mehr Licht [* 21] als bei gewöhnlichen Brennern.
Besonders ausgebildet ist die Vorwärmung von Gas und Luft in dem Siemensschen Regenerativgasbrenner, welcher eine Lichtstärke von 800-900 Kerzen entwickelt und ein so weißes Licht gibt, daß die gewöhnlichen Leuchtgasflammen neben ihm trübe und rötlich erscheinen. Er verbraucht 1440 Lit. Gas pro Stunde und gibt ohne Regeneration denselben Effekt, als wenn das Gas in einem gewöhnlichen Brenner verbrannt würde. Bei Einfügung der Regeneration (Erhitzung von Luft und Gas) steigert sich die Lichtstärke ohne Zunahme des Gasverbrauchs sehr schnell auf das Dreifache. Siemens' Automatbrenner, welcher das Licht unmittelbar nach unten wirft und bei einem Verbrauch von 600 Lit. pro Stunde eine Lichtstärke von 120 Kerzen entwickelt, besitzt folgende Einrichtung (s. obige [* 16] Figur).