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der Landstraßen, Aufhebung der Inquisition (1787), Anlegung von Besserungshäusern und ein treffliches Kriminalgesetzbuch verdient machte. Früher als sein Bruder Joseph, aber behutsamer als dieser, unternahm er Reformen in Kirchensachen. Am folgte er seinem Bruder Joseph II. in den österreichischen Erbstaaten, deren Regierung er unter mißlichen Umständen überkam, 30. Sept. auch als deutscher Kaiser. Durch freundliche Annäherung gelang es ihm jedoch, sich mit Preußen [* 2] durch den Vertrag zu Reichenbach [* 3] sowie mit der Pforte durch den Frieden von Sistowa zu vergleichen.
Die empörten Niederlande [* 4] wurden durch die Einnahme Brüssels 3. Dez. zum Gehorsam gebracht, doch bestätigte Leopold die alten Vorrechte und Institutionen des Landes. Auch die Bewegung der Ungarn, [* 5] die in einem neuen Eid seine Königsrechte beschränkt wissen wollten, wurde durch Mäßigung und Festigkeit [* 6] gedämpft. In Polen begünstigte er den Versuch, durch die Verfassung vom den Staat lebenskräftig und widerstandsfähig gegen Rußland zu machen. Als Bruder Marie Antoinettes an deren Schicksal lebhaft beteiligt und von den französischen Emigranten mit Bitten bestürmt, den alten Zustand der Dinge in Frankreich mit Gewalt herzustellen, ging er doch mit der äußersten Vorsicht zu Werke, und erst, als der mißglückte Fluchtversuch Ludwigs XVI. im Juni 1791 eine noch größere Beschränkung der königlichen Gewalt nach sich zog und somit die Gefahr für das gesamte monarchische Europa [* 7] immer drohender erschien, vereinigte sich Leopold mit Friedrich Wilhelm II. von Preußen in Pillnitz zu der Erklärung, daß sie mit den andern Mächten zur Herstellung eines geordneten Zustandes in Frankreich beizutragen entschlossen seien und deshalb ihre Truppen in Bereitschaft setzen würden, und erfolgte der Abschluß eines Schutz- und Trutzbündnisses zwischen Österreich [* 8] und Preußen.
Doch starb. Leopold schon 1. März d. J. Er war ein kluger, vorurteilsfreier, kenntnisreicher und menschenfreundlicher Fürst, that viel für Verbesserung der Justiz, Polizei und öffentlichen Erziehung, war aber in seinen Reformen vorsichtig und gemäßigt. Vermählt war er seit 1765 mit Maria Luise von Spanien, [* 9] die ihm 16 Kinder gebar. Ihm folgte sein Sohn Franz II. als Kaiser von Österreich. Von seinen übrigen Söhnen sind bemerkenswert die Erzherzöge Karl, Johann, Palatin Joseph, Rainer, Vizekönig der Lombardei, Rudolf, Fürsterzbischof von Olmütz. [* 10]
Vgl. Krome und Jagemann, Die Staatsverwaltung von Toscana unter der Regierung Leopolds II. (Gotha [* 11] 1795 bis 1797, 3 Bde.);
Sartori, Leopoldinische Annalen (Augsb. 1792, 2 Bde.);
A. Wolf, Leopold II. und Maria Christine, ihr Briefwechsel (Wien [* 12] 1867);
Schels, Geschichte Österreichs unter der Regierung Kaiser Leopolds II. (Wien 1837).
Briefe von Leopold gaben Arneth und Beer heraus. Über Leopolds Politik gegen Polen und Frankreich hat sich neuerdings zwischen E. Herrmann (»Die österreichisch-preußische Allianz vom 7. Febr. 1792«, Gotha 1861; »Zur Geschichte der Wiener Konvention vom 25. Juli 1791.«, in den »Forschungen«, Bd. 5) und H. v. Sybel (»Über die Regierung Kaiser Leopolds II.«, Münch. 1860; »Österreich und Deutschland [* 13] im Revolutionskrieg«, Düsseld. 1868) ein lebhafter Streit erhoben, indem ersterer die alte Ansicht von neuem aufgestellt hat, daß Leopold durchaus einen allgemeinen Krieg zur Unterdrückung der französischen Revolution beabsichtigt habe.
[Anhalt.]
3) Leopold I., Fürst von Anhalt-Dessau, unter dem Namen des »alten Dessauers« berühmt, geb. zu Dessau, [* 14] der Sohn Johann Georgs II. und der Prinzessin Henriette von Oranien, bewies schon in früher Jugend bei ungestümer Leidenschaftlichkeit und unbezähmbarer Roheit die größte Ausdauer in jeder körperlichen Übung und zugleich einen unwiderstehlichen Hang zum Militärwesen. Bereits 1688 ernannte ihn Kaiser Leopold zum Obersten und Chef eines Reiterregiments; als aber nach dem Tod seines Vaters, unter der Vormundschaft seiner Mutter die Regierung übernahm, trat er in die Kriegsdienste des Kurfürsten von Brandenburg [* 15] über und erhielt das Regiment seines Vaters in Halberstadt, [* 16] das er mit Eifer einübte; er führte den Gleichschritt und den eisernen Ladestock ein und handhabte Pünktlichkeit und Ordnung mit furchtbarer Strenge. 1695 beteiligte er sich am Feldzug gegen Ludwig XIV., namentlich an der Eroberung von Namur, [* 17] und wurde zum Generalmajor ernannt. 1698 übernahm er die Regierung seines Landes, dessen Wohlfahrt er, sobald er nicht im Feld war, durch Verbesserungen der Verwaltung und Landwirtschaft, Errichtung von Elbdämmen und einer Menge andrer Bauten zu fördern suchte.
Daneben trat freilich auch vielfach die ihm eigentümliche willkürliche Härte hervor. Im spanischen Erbfolgekrieg führte er zu Österreichs Unterstützung zwölf Bataillone preußischen Fußvolks an den Niederrhein, zeichnete sich hier unter dem General v. Heyden 1702 bei den Belagerungen von Kaiserswerth, Venloo und Roermonde aus und rettete in dem unglücklichen Treffen bei Höchstädt [* 18] durch seinen tapfern Widerstand gegen die Übermacht der Franzosen und Bayern [* 19] und durch seinen meisterhaften Rückzug Styrums Heer vom Untergang. 1704 zum General der Infanterie ernannt, gab er in der zweiten Schlacht bei Höchstädt 13. Aug. den Ausschlag und eroberte die Festung [* 20] Landau. [* 21] 1705 nahm er mit 8000 Mann an Eugens Feldzug in Italien [* 22] teil, focht bei Cassano, wo zuerst der bekannte »Dessauer Marsch« gespielt wurde, und 1706 bei Turin. [* 23] 1707 eilte er aufs neue nach Italien, nahm an Eugens Einfall in die Provence Anteil, half Toulon [* 24] berennen und eroberte Susa. 1709 machte er als Freiwilliger den Feldzug in den Niederlanden mit, erhielt bald darauf, auf Eugens Fürsprache, den Oberbefehl über die in englischem und holländischem Sold stehenden preußischen Truppen, eroberte mit denselben Douai und Aire und nahm 1711 an Marlboroughs glücklichen Operationen bei Arras [* 25] gegen Villars Anteil.
Hierauf wurde er im Dezember 1712 Feldmarschall und Wirklicher Geheimer Kriegsrat. Im Krieg mit Schweden [* 26] 1715 eroberte er an der Spitze von 25,000 Mann Preußen und 8000 Mann Sachsen [* 27] erst Rügen, dann Stralsund [* 28] und führte so den für Preußen vorteilhaften Frieden herbei. Mit Friedrich Wilhelm I., mit dem sein Charakter große Übereinstimmung hatte, und der Leopolds Verdienste um die Armee, seine umfassenden Kenntnisse im Geniewesen zu würdigen wußte, war eng befreundet und hatte am Hof [* 29] bedeutenden Einfluß, den er 1730 auch zu gunsten des Kronprinzen geltend zu machen suchte.
Mit dem General v. Grumbkow lebte Leopold seit 1725 auf gespanntem Fuß, doch endete der geplante Zweikampf ohne Blutvergießen. Friedrich II. übertrug dem Fürsten während seines ersten schlesischen Feldzugs die Deckung der preußischen Lande wider einen befürchteten Einfall Hannovers und 1742 das Kommando in Oberschlesien. Im zweiten Schlesischen Krieg erhielt er zuerst den Oberbefehl in der Mark und erfocht den blutigen Sieg bei Kesselsdorf. Gebeugt ¶
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durch den am erfolgten Tod seiner Gemahlin Anna Luise Föse (die Anneliese), einer Apothekerstochter aus Dessau, die er trotz des Widerstandes seiner Mutter 1698 geheiratet, und die 1701 in den Reichsfürstenstand erhoben und für ihre Kinder mit Successionsrechten beliehen war, zog er sich in sein Land zurück und starb daselbst
Vgl. Varnhagen von Ense, Biographische Denkmale, Bd. 2 (3. Aufl., Leipz. 1872);
Hosäus, Zur Biographie des Fürsten Leopold von Anhalt-Dessau (Dess. 1876);
»Selbstbiographie des Fürsten Leopold« (1676-1703), herausgegeben von Siebigk (das. 1876).
4) Leopold II. Maximilian, Fürst von Anhalt-Dessau, Sohn des vorigen, geb. begleitete, noch nicht 9 Jahre alt, seinen Vater in das Feld, ward 1715 Oberstleutnant, führte die Exekutionstruppen 1733 gegen Mühlhausen [* 31] in Thüringen, nahm im Feldzug am Rhein den Parteigänger Lacroix gefangen, eroberte im ersten Schlesischen Krieg in preußischen Diensten Glogau [* 32] durch Überrumpelung, Breslau [* 33] durch List und hatte bei Chotusitz das nächste Kommando nach dem König. Auf dem Schlachtfeld zum Feldmarschall ernannt, trat er nach seines Vaters Tode die Regierung an, starb aber schon Er war seit 1737 mit Agnes von Anhalt [* 34] Köthen [* 35] vermählt.
5) Leopold III., Friedrich Franz, Fürst von Anhalt-Dessau, Sohn des vorigen, geb. diente in den ersten Jahren des Siebenjährigen Kriegs in der preußischen Armee und trat nach der vormundschaftlichen Regierung seines Oheims, des Fürsten Dietrich, die Regierung an. Nach hergestelltem Frieden that er viel zur Hebung [* 36] und Verschönerung seines Landes. Unter ihm wurden das Philanthropin zu Dessau (1774), ein Schullehrerseminar und die Buchhandlung der Gelehrten (1781-87) gestiftet. Er beförderte Künste und Wissenschaften, brach unter anderm durch die Anlage des Parks zu Wörlitz einem bessern Geschmack in der Bau- und Gartenkunst Bahn, errichtete ein Theater, [* 37] ließ Kunststraßen und Brücken [* 38] bauen und suchte Verbesserungen des Landbaues Eingang zu verschaffen.
Eine gleiche Sorgfalt widmete er dem ihm 1798 zugefallenen dritten Teil des Fürstentums Anhalt-Zerbst. Durch sein festes Benehmen gewann Leopold die besondere Achtung Napoleons I., was seinem Land viele Erpressungen ersparte. 1807 trat er dem Rheinbund bei und nahm den herzoglichen Titel an. Er starb Vermählt war er seit 1767 mit Luise Henriette Wilhelmine von Brandenburg-Schwedt. In der Regierung folgte ihm, da der Erbprinz Friedrich verstorben war, sein Enkel Leopold Friedrich.
Vgl. Reil, Leopold Friedrich Franz, Herzog und Fürst von Anhalt-Dessau (Dess. 1845).
6) Leopold IV. Friedrich, Herzog von Anhalt-Dessau, geb. zu Dessau, Enkel des vorigen, folgte nach der Schlacht bei Leipzig [* 39] den Verbündeten nach Paris [* 40] und übernahm nach dem Tod seines Großvaters die Regierung. Durch die Stürme von 1848 sah er sich genötigt, dem Land eine konstitutionelle Verfassung zu verleihen, welche jedoch schon wieder aufgehoben und erst im Oktober 1859 durch eine neue Landschaftsordnung ersetzt ward. Nach dem Aussterben der Linie Anhalt-Köthen (1847) übernahm Leopold als Senior des Hauses Anhalt die Regierung von Köthen, wurden die Herzogtümer Dessau und Köthen vereinigt, und mit dem Tode des Herzogs Alexander von Bernburg [* 41] (gest. fiel ihm auch Bernburg zu, so daß er nun ganz Anhalt beherrschte. Vermählt war Leopold seit 1818 mit der Prinzessin Friederike, Tochter des Prinzen Ludwig von Preußen (gest. Er starb Ihm folgte sein Sohn, Herzog Friedrich (s. Friedrich 5).
[Baden.]
7) Karl Leopold Friedrich, Großherzog von Baden, geb. zu Karlsruhe, [* 42] der älteste Sohn des Großherzogs Karl Friedrich aus dessen zweiter Ehe mit der Freiin Luise Geyer v. Geyersberg, welche später zur Reichsgräfin von Hochberg erhoben wurde, widmete sich seit 1809 unter dem Namen eines Grafen von Hochberg zu Heidelberg [* 43] mit besonderer Liebe historischen Studien, machte 1814 den Krieg in Frankreich mit und erhielt durch das vom Großherzog Karl Ludwig Friedrich erlassene Hausgesetz vom das Successionsrecht in den badischen Landen, den Titel eines großherzoglichen Prinzen und Markgrafen von Baden [* 44] und das Prädikat »Hoheit«. Er vermählte sich mit der Prinzessin Sophie Wilhelmine von Schweden und lebte, von seinem Halbbruder, dem Großherzog Ludwig, von aller Teilnahme an den Regierungsgeschäften fern gehalten, zurückgezogen in dem Kreise [* 45] seiner Familie und den Studien obliegend, zu deren Früchten eine durch ihn veranstaltete sehr reiche Münzsammlung gehört.
Der Tod des Großherzogs Ludwig, rief ihn auf den Thron. [* 46] Leopold war der erste deutsche Fürst, der bereits vor den Ereignissen von 1848 die Bahn der liberalen Reformen betrat. Auch in den Märztagen von 1848 ging er mit Konzessionen voran. Gleichwohl nahm gerade in Baden die Bewegung einen so ernsten Charakter an, daß sich Leopold genötigt sah, das Land zu verlassen. Nach wiederhergestellter Ruhe im August zurückgekehrt, verfuhr er mit Milde, führte auch die alte Verfassung wieder ein, starb aber schon Da sein ältester Sohn, Ludwig (gest. 1858), durch Krankheit an der Übernahme der Regierung verhindert war, folgte ihm sein zweiter Sohn, Friedrich (s. Friedrich 8), den er, an der Gicht leidend, bereits zum Regenten ernannt hatte.
Vgl. Schöchlin, Geschichte von Baden unter der Regierung des Großherzogs Leopold (Karlsr. 1855).
[Bayern.]
8) Prinz von Bayern, geb. als zweiter Sohn des Prinzen Luitpold, des jetzigen Regenten von Bayern, trat 1861 in das 6. Jägerbataillon, ward 1864 zum Oberleutnant befördert und in die Artillerie versetzt, machte den Krieg von 1866 mit, befehligte 1870/71 als Hauptmann eine reitende Batterie im 1. bayrischen Armeekorps und zeichnete sich namentlich bei Villepion aus. 1875 wurde er Generalmajor und 1881 Generalleutnant und Kommandeur der 1. Division. Seit 1873 ist Leopold mit der Prinzessin Gisela, der Tochter des Kaisers von Österreich, vermählt.
[Belgien.]
9) Leopold I. Georg Christian Friedrich, König der Belgier, Sohn des Herzogs Franz von Sachsen-Koburg, geb. zu Koburg, [* 47] widmete sich dem Studium der Kriegswissenschaften und des Staatsrechts und wurde früh General in der russischen Armee. Während einer Reise seines Bruders Ernst 1808 nach Rußland führte Leopold die Verwaltung des Herzogtums und nahm im Gefolge des Kaisers Alexander I. an dem Kongreß zu Erfurt [* 48] teil. 1810 legte er aus Rücksicht auf Napoleon seine Stelle im russischen Heer nieder. Hierauf widmete er sich den Angelegenheiten seines Hauses, den Künsten und Wissenschaften, unternahm eine diplomatische Reise nach Paris und unterhandelte 1811 zu München [* 49] einen ¶