Warschau über, wurde jedoch 1814 als Dozent der allgemeinen Geschichte nach Wilna berufen. 1818 ward er zum Professor und Bibliothekar
an der Warschauer Universität ernannt, kehrte jedoch 1821 wieder als ordentlicher Professor nach Wilna zurück, wurde 1824 aus
politischen Gründen seiner Stelle entsetzt und hielt sich dann, mit wissenschaftlichen Arbeiten beschäftigt,
in Warschau auf. Am Tag nach dem Ausbruch der Novemberrevolution 1830, als eine der populärsten Persönlichkeiten der Hauptstadt,
zum Mitglied der Nationalregierung ernannt, unterhandelte er mit dem Großfürsten Konstantin wegen Zurückziehung der russischen
Truppen, besaß jedoch später nicht die durchgreifende Energie, welche die fortschrittlichern Elemente von ihm erwartet hatten,
und nicht die geringste Menschenkenntnis, so daß er 1831 gestürzt wurde.
Nach der Unterdrückung des Aufstandes begab er sich zuerst nach Paris und von dort 1833 nach Brüssel, wo er 28 Jahre lang
im Estaminet de Varsovie in freiwilliger Armut lebte, bis er, acht Tage vor seinem Tod, von seinen Freunden
nach Paris gebracht wurde, wo er starb. Ungewöhnliches Wissen, unermüdlicher Fleiß und makelloser Charakter sichern
Lelewel in der polnischen Litteratur und Geschichte eine der hervorragendsten Stellen. Von dauerndem Wert sind seine »Numismatique
du moyen-âge« (Brüssel 1836, 3 Bde.); »Géographie des Arabes« (Par. 1851, 2 Bde.)
und »Géographie du moyen-âge« (das. 1850-52, 4 Bde.).
Seine politischen Werke erschienen gesammelt mit einer Einleitung und Selbstbiographie des Verfassers unter dem Titel: »Polska«
(Posen 1853-76, 20 Bde.). Die wichtigsten derselben sind:
»Abhandlung über den Chronisten Mateusz« (1811);
»Die Geschichte des Altertums« (1817);
»Geschichte Polens unter Stanislaw
August« (1818; deutsch, Braunschw. 1831);
»Polnische Geschichte« (1829),
deren Abschluß: »Das wiedergeborne
Polen« erst 1836 zu Brüssel erschien;
»Die Geschichte Litauens und Rutheniens bis zur Lubliner Union« (1839);
Cornelis, holländ. Maler, wurde 1646 in die Lukasgilde im Haag aufgenommen und war daselbst
nachweislich bis 1672 thätig. Er malte Stillleben von totem Wild und Geflügel, Früchten, Gemüsen und Küchengeräten in der
breiten Manier des J. ^[Jan] Weenix.
SirPeter (eigentlich Pieter van der Faes), niederländ. Maler, geb. 1618 zu Soest, lernte bei P. Grebber zu Haarlem
und begleitete 1643 den Prinzen Wilhelm von Oranien nach England. Da seine Porträte hier sehr gefielen, ernannte
ihn Karl I. zu seinem Hofmaler; später nahm ihn Cromwell in seine Dienste, und Karl II. schlug ihn zum Ritter. Er starb in
London. Lely, Sir Peter hatte sich in England ganz nach A. van Dyck gebildet und kommt ihm in seinen ersten Werken oft
sehr nahe. In seiner letzten Zeit wurde seine Auffassung manieriert, seine Färbung kalt und schwer, die Ausführung oberflächlich.
Unter der großen Zahl der in England zerstreuten Bilder dieser Art sind die bekannten sogen. Schönheiten von Hamptoncourt
(eine Reihe von Damen am Hof Karls II.) für seine Art des Schaffens charakteristisch. Lelys Kunstkabinett
wurde für 26,000 Pfd. Sterl. verkauft. Seine Malweise und Auffassung waren bis auf Reynolds und Lawrence für die englische
Porträtmalerei maßgebend und werden auch heute noch
nachgeahmt.
(spr. lömähr), Philippe Honoré, franz. Bildhauer, geb. 1798 zu Valenciennes, war Schüler Cartelliers und
starb im August 1880 zu Paris. Sein Hauptwerk ist der Giebelschmuck der Madeleinekirche daselbst, welcher den Heiland, der reuigen
Sünderin verzeihend, darstellt, ein gediegenes Werk von großer plastischer Schönheit. Für das Museum zu Versailles
führte er die Statuen Ludwigs XIV. und des Generals Kléber, für einen Platz in Versailles das Denkmal des Generals Hoche aus,
und für die Giebelfelder der Isaakskirche zu Petersburg entwarf er zwei Kompositionen. Seine zahlreichen übrigen Porträtbüsten
und Statuen gehören zu den bessern Leistungen der französischen Plastik.
(spr. lömähtr), Frédéric, franz.
Schauspieler, geb. zu Havre, trat zuerst am Odéon zu Paris, sodann am Ambigu comique und auf der Bühne der Porte St.-Martin
auf, wo er durch das Stück »Trente ans, ou la vie d'un joueur« populär wurde. Auf dem kleinen Boulevardtheater der Folies dramatiques
brachte er das von ihm mit Saint-Amand und Antier verfaßte Melodrama »Robert Macaire« auf die Bühne, welches
72mal hintereinander gegeben wurde. V. Hugo schrieb für ihn den »Borgia« und »Ruy Blas«. Später spielte Lemaître an verschiedenen
Pariser Theatern, so an den Variétés, dem Renaissancetheater u. a. Stimmlos geworden, wirkte
er noch als Pantomimiker. Er starb in Paris. Lemaître war der theatralische Vertreter des romantischen
Dramas und sein Talent gleich groß in tragischen wie komischen Rollen. Zweimal (1835 und 1845) spielte er auch mit großem
Beifall in England.
[* ] (ehemals Lemburg, auch Löwenburg, poln. Lwów), Hauptstadt des österreich. Königreichs Galizien und Lodomerien,
liegt 278 m ü. M. am Peltew (Nebenfluß des Bug) in einem tiefen, engen, von SO. nach NW. ziehenden Plateaukessel,
an der Karl Ludwigbahn (Linie Krakau-Lemberg-Podwoloczyska), der Lemberg-Czernowitzer Bahn und der Staatsbahn Lemberg-Stryi. Lemberg besteht aus
der kleinen eigentlichen Stadt mit kaum 400 Häusern und ausgedehnten Vorstädten: Halitscher, Lyczakower, Krakauer und Zolkiewer
Vorstadt, welche zusammen an 2500 Häuser zählen.
Die eigentliche Stadt war ehemals mit Doppelmauer, Wällen, und Gräben umgeben, welche seit 1811 abgetragen
und in Promenaden und Anlagen umgeschaffen sind. Auch die Abhänge der umliegenden Hügel, namentlich des 392 m hohen Schloßbergs,
sind mit freundlichen Gartenanlagen geschmückt. Die Stadt ist größtenteils gut gebaut und hat mehrere ansehnliche Plätze,
wie den Ringplatz und Mariaplatz. Unter den öffentlichen Gebäuden sind die hervorragendsten: die Dominikanerkirche
mit einem sehr verehrten Marienbild und Grabmonumenten polnischer Großen (worunter das der Gräfin Borkowska von Thorwaldsen);
der weithin sichtbare griechisch-katholische Dom (im italienischen Stil 1740-79 erbaut);
die lateinische Kathedrale (im gotischen
Stil 1350-1460 erbaut);
die Bernhardinerkirche mit einem schönen Turm nebst geräumigem Kloster; die griechisch-unierte Stauropigiankirche im byzantinischen
Stil; die aus dem 14. Jahrh. stammende armenische Kathedrale und die neue Synagoge. Im ganzen zählt Lemberg 27 Kirchen, darunter 18 des
lateinischen, eine des armenischen und 8 des griechisch-katholischen Ritus. Klöster haben in Lemberg die Karmeliter,
Bernhardiner, Dominikaner, die Jesuiten, Minoriten, die griechischen Basilianer, die armenischen Benediktinerinnen, Barmherzigen Schwestern
u. a. In den Zeiten der polnischen Republik hatte Lemberg nur ca. 24,000 Einw., aber 40 lateinische und 14 griechische Kirchen und
eine solche Anzahl von Klöstern und Mönchen, daß man es noch im 17. Jahrh. die »Stadt
der Mönche« nannte.
Von weltlichen Gebäuden sind zu erwähnen: das Landtagsgebäude, die technische Hochschule, das Statthaltereigebäude, das
ehemalige Jesuitenkollegium (zu Amtszwecken verwendet), das neue Gerichtsgebäude, das allgemeine Krankenhaus (früher Piaristenkollegium),
das große Theater des Grafen Skarbek, das Rathaus, das Invalidenhaus, das Akademiegebäude, das städtische Gymnasial- und das
Realschulgebäude, das Ossolinskische Institut, die aus mehreren Forts bestehende starke Citadelle (auf
den südlich gelegenen Anhöhen), das lateinische erzbischöfliche Palais, das ruthenische Nationalhaus u. a. Der große,
ein regelmäßiges Viereck bildende und mit vier schönen Brunnen gezierte Ringplatz, in dessen Mitte der imposante Stadtturm
steht, bezeichnet den Mittelpunkt der Stadt, von wo ziemlich gerade und schöne Straßen nach allen Richtungen
auslaufen.
Die Stadt zählt (1880) 109,746 Einw., darunter 58,602 Römisch-Katholische, 17,496 Griechisch-Katholische, 1863 Evangelische,
30,961 Juden; der Umgangssprache nach 91,870 Polen, 8911 Deutsche und 6277 Ruthenen. Als der bedeutendste Gewerbe- und Handelsplatz
des Landes hat Lemberg alle Gattungen Handwerker und Gewerbe (29 Proz. der Bevölkerung sind industriell); namentlich
besitzt es eine Eisenbahnwerkstätte, Fabriken für Maschinen und landwirtschaftliche Geräte, Maschinenziegel und Thonwaren,
Gips, Öl, Schokolade und Holzstifte, Dampfmühlen und Dampfbrotbäckereien, Bierbrauereien, Likörfabriken, Kürschnereien,
Buchdruckereien und Lithographien und eine Gasanstalt. Lemberg treibt ansehnlichen Handel mit Flachs, Hanf, Pelzwaren, Tuch, Leder, Honig,
Wachs, Kleesamen, Schafwolle, Eisenwaren und unterhält drei ehemals stark besuchte Jahrmärkte sowie einen
sehr lebhaften Speditionshandel.
Anstalten zur Förderung von Handel und Verkehr sind: die Handelskammer, der Gewerbeverein, 5 Kreditaktiengesellschaften (Ende 1885 mit
5,15 Mill. Gulden Aktienkapital und 102 Mill. Guld. Pfandbriefumlauf), eine Sparkasse (Ende 1885 mit 14,7 Mill. Guld. Einlagen),
eine Filiale der Österreichisch-Ungarischen Bank und mehrere Vorschußvereine. Lemberg besitzt auch eine Pferdeeisenbahn.
Wohlthätigkeitsanstalten sind: ein Taubstummen- und Blindeninstitut, mehrere Kinderbewahranstalten, eine Waisenanstalt, eine
Irrenanstalt (im nahen Kulparkow), ein Hospital (zu St. Lazarus), eine Gebär- und Findelanstalt, ein Militärinvalidenhaus
etc. An Bildungsanstalten besitzt die Stadt: eine Universität (1784 von Kaiser Joseph II. gegründet, 1817 von
Kaiser Franz I. restauriert) mit drei Fakultäten (die medizinische fehlt), einer Bibliothek von 86,000 Bänden, einem botanischen
Garten und andern wissenschaftlichen Instituten (1884 Zahl der Hörer 922);
das gräflich Ossolinskische litterarische Nationalinstitut
(1817 gegründet) mit einer Bibliothek von 81,000 Werken, 3000 Handschriften und großen Sammlungen von Münzen, Medaillen,
Bildern, Kupferstichen und vaterländischen Altertümern;
eine technische Hochschule, 4 Obergymnasien (2 mit polnischer, je
eins mit deutscher und ruthenischer Unterrichtssprache), eine Oberrealschule, ein römisch-katholisches erzbischöfliches
Seminar mit Privatgymnasium, eine griechische Ritualschule, eine Lehrer- und Lehrerinnenbildungsanstalt, eine kunstgewerbliche
Fachschule, eine städtische Gewerbeschule, eine forstwirtschaftliche Landeslehranstalt, Gartenbauschule (eine landwirtschaftliche
Lehranstalt befindet sich in dem nahen Dorf Dublany), Arbeitsschulen des Frauenerwerbvereins, das Dzieduszyckische
Museum für Ethnographie und Naturkunde und ein städtisches Museum für Kunst und Industrie. ist der Sitz der obersten Landesbehörden,
als: der Statthalterei, des Oberlandesgerichts u. Landesgerichts, des 11. Korpskommandos, des Landwehr- und des Landesgendarmeriekommandos
für Galizien und die Bukowina, der Finanzlandesdirektion und Finanzprokuratur, der Forst- und Domänendirektion,
der Polizeidirektion, der Post- und Telegraphendirektion.
Auch haben in Lemberg 3 Erzbischöfe (je einer des römisch-katholischen,
des armenisch-katholischen und des griechisch-katholischen Ritus) ihren Sitz. In der Umgebung der Stadt erheben sich der Franz
Josephsberg mit Resten der alten Königsburg und Gartenanlagen, der Berg Leos, des Gründers von Lemberg, der
St. Georgsberg etc. Ein besuchter Spaziergang ist der freundliche Kaiserwald mit einem Standbild
Josephs II.
Geschichte. Die Stadt wurde ursprünglich vom ruthenischen König Daniel für dessen Sohn Leo, Fürsten von Halicz, um 1259 gegründet
und 1261 von den Tataren zerstört, dann um 1270 an der heutigen Stelle wieder aufgebaut und zur Residenz
erwählt. Kasimir d. Gr. eroberte Lemberg 1340, verbrannte das alte fürstliche Schloß daselbst, ließ dafür zwei neue aufführen
und erweiterte die Stadt durch Anlegung neuer Stadtteile; auch führte er deutsche Kolonisten in ein, denen er eine Kirche
(Maria Schnee) bauen ließ, und verlieh der Stadt das Magdeburger Recht, worauf fast zwei Jahrhunderte (bis
auf Siegmund I., den Jagellonen) der Stadtrat Lembergs in deutscher Sprache verhandelte.
Nach dem Tod Kasimirs d. Gr. (1370) folgte ihm sein Schwestersohn Ludwig, König von Ungarn, welcher Lemberg samt Russien 1372 seinem
Verwandten Wladislaw, Fürsten von Oppeln, zur Verwaltung übertrug. Als Wladislaw 1387 auf die Verwaltung
Russiens verzichtete, wurde es von den Ungarn besetzt, doch bald durch Hedwig, die jüngere Tochter Ludwigs und Gemahlin Wladislaw
Jagiellos, mit Polen vereinigt. Den von Ludwig d. Gr. und Hedwig erteilten und von den folgenden polnischen Königen bestätigten
Handelsprivilegien verdankt Lemberg seinen Wohlstand in den folgenden Jahrhunderten. 1412 wurde das 1375 in
Halicz errichtete römisch-katholische Erzbistum mit den Suffraganien in Przemysl und Chelm nach Lemberg verlegt. Lemberg blieb während
der ganzen polnischen Periode die Hauptstadt der »terrarum Russiae«, welche bis 1433 ihre
volle Autonomie besaßen. Es wurde ein wichtiges Emporium für den orientalischen Handel, besonders seit
infolge der Eroberung Konstantinopels durch die Türken die Seehandelswege gesperrt waren. Es verteidigte sich mutig gegen die
Litauer 1350, gegen die Walachen 1498, hielt mehrere Belagerungen aus, so 1648 und 1655 durch den Kosakenhetman Chmelnizky
und 1672
mehr
durch die Türken; 1704 wurde es vom schwedischen König Karl XII. eingenommen. Bei der ersten Teilung Polens fiel Lemberg an Österreich.
In den Unruhen von 1848 erlitt die Stadt durch das Bombardement vom 2. Nov. bedeutenden Schaden.