Bürgerschulwesen, gegründet zu
Meißen
[* 2] 1845, tagte seitdem jährlich in den Herbstferien. Im
Sommer 1848 erging von
Dresden
[* 3] aus die
Aufforderung an alle deutschen
Lehrer und Jugenderzieher (gleichviel, ob sie »dem
Knaben das
ABC aufschlössen oder den
Jüngling in die heiligen
Hallen der
Wissenschaft einführten, ob sie an den erschienenenoder an einen künftigen
Messias glaubten« etc.) zur
Bildung eines Allgemeinen
Deutschen Lehrervereins. Derselbe kam im
Herbst 1848 zu
Eisenach
[* 4] zu stande
und gewann durch seine Verbreitung und seine feste
Gliederung in
Landes- und Bezirksvereine anfangs großen Einfluß, beschränkte
sich aber von vornherein fast ausschließlich auf die
Kreise
[* 5] der
Volksschule und verfiel, je mehr mit dem
Umsichgreifen der
Reaktion ihm die Ungunst der
Regierungen entgegentrat.
Doch sind die Versammlungen des
Vereins, deren Besuchsziffer einigemal bis gegen 5000 stieg, ziemlich regelmäßig abgehalten
worden, seit 1876 abwechselnd mit einem Delegiertentag des deutschen und des preußischen Landeslehrervereins. Im J. 1887 tagte
die 27. Lehrerversammlung in Gotha.
[* 6] Daneben hat sich inzwischen eine Anzahl ähnlicher Versammlungen
von besonderer
Richtung aufgethan, wie z. B. der deutsche evangelische Schulkongreß, dessen 4. Versammlung 1886 in
Hannover
[* 7] stattfand. Der
Verein für das höhere Mädchenschulwesen hielt seine 10. Hauptversammlung 1886 in
Berlin,
[* 8] der 9. deutsche
Seminarlehrertag tagte 1887 in
Nürnberg,
[* 9] die 39. Versammlung deutscher Philologen und Schulmänner in
Zürich
[* 10] 1887.
Vgl. Weinlein, Geschichte der allgemeinen deutschen Lehrerversammlung (Leipz. 1887).
die äußere Art und
Weise, in welcher der
Lehrer dem
Schüler Kenntnisse und Geschicklichkeiten beizubringen
sucht. Es kann dies durch Vorzeigen von Gegenständen oder Abbildungen, durch Vormachen von Thätigkeiten, namentlich aber
durch
Vortrag oder durch Unterredung geschehen. Man unterscheidet demgemäß wohl deiktische (zeigende),
akroamatische (vortragende) und dialogische oder erotematische (fragende) Lehrform. Während die deiktische auf der
untersten
Stufe des
Unterrichts
(Stufe der
Anschauung) vorherrscht, ist die erotematische vorzugsweise für das weitere Schulleben
geeignet, indem
sie denSchüler zur eignen geistigen Thätigkeit anregt und, richtig gehandhabt, anleitet,
neue Erkenntnisse aus gewonnenen
Anschauungen zu finden (heuristische Lehrform); die akroamatische Lehrform tritt auf der höchsten
Stufe
des
Unterrichts bereits erwachsener Zöglinge in den
Vordergrund.
Doch wird auf keiner
Stufe eine der genannten Lehrformen ausschließlich zur Geltung kommen oder eine derselben ganz übersehen
werden dürfen.
Schon dem
Kind muß erzählt, also vorgetragen, und durch
Fragen Anleitung zum Nachdenken
gegeben werden, und selbst auf der akademischen
Stufe macht sich das
Bedürfnis der
Demonstrationen einer- und der Konversatorien,
Disputatorien, Repetitorien etc. anderseits, wenn auch in den einzelnen
Wissenschaften verschieden nach Art und
Grad, immer
wieder geltend. Auf der richtigen Verwendung und
Verbindung dieser Lehrformen je nach der
Beschaffenheit
des Lehrgegenstandes und des Zöglings beruht zum großen Teil der Erfolg des
Unterrichts; sie ist ein wesentlicher Teil der
guten Unterrichtsmethode (s.
Methode).
im weitern
Sinn überhaupt die unbeschränkte geistige Mitteilung, also auch die
Preßfreiheit (s. d.)
umfassend, im engern
Sinn das
Recht öffentlicher
Lehrer, einschließlich der
Geistlichen, ihre Überzeugungen
nach eignem Ermessen vorzutragen. Die
Idee der ist eine durchaus moderne
und hat sich mit einiger
Klarheit erst herausbilden
können, seit durch die
Reformation der
Staat als ein sittlich gleichberechtigtes Gemeinwesen neben der
Kirche anerkannt ward.
Weder die heidnischen und theokratischen
Staaten des
Altertums noch der christliche
Staat des
Mittelalters
vermochten ihrem
Wesen nach eigentliche Lehrfreiheit zu gewähren, wenn auch thatsächlich namentlich im
Altertum oft weitgehende Duldung
geübt worden ist. Das spätere
römische Recht unterschied zwischen
Religiones licitae und illicitae; als
Religio illicita
wurde das
Christentum verfolgt. Aus dem
Kreis
[* 11] der Verfolgten wurden öfters
Stimmen laut, welche
Glaubens-
und Bekenntnisfreiheit forderten.
Auch ein so groß angelegter
Geist wie
Augustinus rechtfertigte die Anwendung des
Zwanges mit dem mißdeuteten
Befehl des
Evangeliums:
»Compelle
(coge) intrare«
(Luk. 14, 23:. »Nötige sie,
einzutreten!«). Das spätere
Mittelalter hatte in der korporativen Selbständigkeit der
Universitäten einen gewissen
Ersatz
der Lehrfreiheit. Allein die scholastische Weltansicht galt auch diesen wie der gesamten
Kirche als unverbrüchliches
Gesetz, dessen
Verletzung
oft durch die härtesten Maßregeln geahndet wurde.
Wie wenig noch heute dort die Lehrfreiheit selbst in rein weltlichen
Wissenschaften anerkannt wird, lehren die bekannte
Encyklika und
der
SyllabusPius' IX., vor allem aber die vatikanischen Beschlüsse von 1870. Das neuere
Staatsrecht seit
HugoGrotius und
Samuel v.
Pufendorf stellt sich, selbst in den meisten katholischen
Staaten, wesentlich anders in Hinsicht der
Lehrfreiheit. Zwar kann kein
Staat eine unbedingte Lehrfreiheit gewähren, unter deren
Schutz die sittliche und rechtliche Grundlage seines eignen
Bestandes in
Frage gestellt oder gehässiger Zwiespalt in seinem Innern
¶
mehr
mutwillig geschürt werden dürfte. Aber das moderne Rechtsgefühl fordert, daß die Lehrfreiheit als das eigentlich
Gesunde angesehen und eine Beschränkung nur zugelassen werde, wo die Selbsterhaltung sie dem Staat gebietet. Zu dieser Auffassung
drängte die auf protestantischer, namentlich reformierter, Seite immer allgemeiner anerkannte Parität mehrerer Bekenntnisse
in einem und demselben Staat, welche seit Friedrich d. Gr., der Gründung der nordamerikanischen Union und
der französischen Revolution in die Anerkennung allgemeiner Glaubensfreiheit (s. d.) überging, und das mächtige Anwachsen
einer vom kirchlichen und selbst vom christlichen und religiösen Bekenntnis überhaupt mehr oder weniger unabhängigen weltlichen
Wissenschaft.
Mit vielen andern empfand Kant den Druck der Wöllnerschen Zwangsmaßregeln unter FriedrichWilhelm II. Bekannt ist ferner der
Fichte-Forbergsche Atheismusstreit, welcher den erstern, freilich nicht ohne Schuld seines herausfordernden
Auftretens, von Jena
[* 22] nach Berlin vertrieb. Verhängnisvoll waren in unserm Jahrhundert auch für die Lehrfreiheit die Karlsbader Beschlüsse
(1819), denen in Frankreich das Verbot der geschichtlichen VorträgeGuizots und der philosophischen Cousins unter Karl X. zur
Seite ging. Das Jahr 1848 sprengte die Fesseln, die noch kurz zuvor in Leipzig gegen Biedermanns staatsrechtliche,
in Berlin gegen Prutz' litterargeschichtliche, in Tübingen
[* 23] gegen Vischers philosophische Vorträge straffer angezogen waren.
Einzelne Nachklänge, wie die Entfernung des Theologen M. Baumgarten von seinem Rostocker Lehrstuhl, folgten noch nach 1850. -
Schwieriger stellt sich die Frage nach der Lehrfreiheit innerhalb einer einzelnen, auf ein bestimmtes Bekenntnis
begründeten kirchlichen Gemeinschaft.
Von den Geistlichen der Staatskirche muß und darf der Staat gewissenhafte Wahrung der staatlichen Interessen
verlangen (vgl. die preußischen und deutschen Kirchengesetze der letzten Jahre). Daneben muß er der kirchlichen Forderung
Rechnung tragen, daß die Grundlagen des Bekenntnisses nicht angetastet werden dürfen, zugleich aber darüber wachen, daß
nicht eine Partei innerhalb der Kirche die Macht des Staats zur Durchführung ihrer herrschsüchtigen Pläne
und zur Unterdrückung einer an sich gleichberechtigten Minorität mißbrauche. In diesem Sinn hielten sich die Staaten des DeutschenReichs, der Schweiz u. a. verpflichtet, die sogen. altkatholischen Geistlichen und Lehrer, welche sich den vatikanischen Beschlüssen
nicht unterworfen haben, im Genuß ihrer staatlich verbürgten Rechte zu schützen.
Ein schwieriges Kapitel des öffentlichen Rechts wird das von der immer bleiben, und völliges Einvernehmen über ihre richtige
Handhabung ist unter streitenden Parteien kaum denkbar. Im ganzen ist aber in Deutschland und namentlich auch in Preußen unter
den Kultusministern Falk und v. Goßler an die Stelle des früher verbreiteten Mißtrauens die Überzeugung
getreten, daß man es an leitender Stelle mit der Aufrechterhaltung einer vernünftigen Lehrfreiheit ernst meint.