der spätgotischen Zeit nimmt die
Technik einen lebhaften Aufschwung; die Schmuckkästchen für vornehme
Damen werden gern
in dieser
Weise geziert, vielfach mit profanen
Darstellungen, Liebesszenen, der
KöniginMinne etc. Nach dieser
Periode scheint
der Lederschnitt an vielen
Orten zurückgetreten oder gänzlich erloschen zu sein; nur in
Spanien
[* 2] und
Portugal lebte
er fort und gelangte hier zu hoher
Blüte.
[* 3]
Taschen, Flaschenfutterale, vor allem aber
Möbel-
(Stuhl-) Bezüge wurden hier in
Mengen gefertigt, vielfach auch ausgeführt.
Von hier gelangte der Lederschnitt zur Zeit seiner
Blüte nach den spanischen und portugiesischen
Kolonien, nach
Südamerika,
[* 4] und während
er endlich auch im Mutterland, zuletzt in
Europa,
[* 5] erlosch, lebte er in den
Kolonien weiter bis in unsre
Tage. Mit Vorliebe verzierte man dort Sättel, Reitzeug, überhaupt Pferdegeschirr in dieser
Technik. Derartige
Arbeiten erschienen
auf den
Weltausstellungen und veranlaßten das Wiederaufleben der
Technik in
Europa.
Wunder in
Wien
[* 6] erfand dieselbe selbständig
von neuem und brachte sie mehrfach zur Anwendung.
Vor allen andern haben aber Hulbe in
Hamburg
[* 7] und Hupp in
Schleißheim die alte
Technik zu neuen
Ehren geführt.
Letzterer fertigt
mit Vorliebe
Arbeiten in altem
Charakter, ersterer moderne Gebrauchsgegenstände in der alten
Technik von vollendetster Ausführung.
Die
Technik wird jetzt vorzugsweise bei
Bücher- und Albumdeckeln, Zigarrentaschen,Portemonnaies, Schreibmappen,
Handschuhkasten, Photographierahmen, Serviettenbändern u. dgl.
angewendet. Man verfährt jetzt so, daß die
Vorlagen auf Pauspapier durchgezeichnet und von diesem auf das angefeuchtete
Rindsleder
übertragen werden.
Die in halber
Dicke des
Leders eingeritzten
Umrisse werden durch Nachfahren mit einem stumpfen
Stift erweitert. Der
Grund um die
Zeichnung herum wird mit einem löffelartigen
Instrument niedergedrückt. Bei hohem
Relief wird das herausgedrückte
Leder hinten mit
Wachs ausgefüllt oder mit
Leim stark bestrichen. Die größte Sammlung alter geschnittener Lederarbeiten besitzt
FriedrichSpitzer in
Paris.
[* 8]
Vgl. Niederhöfer,Vorlagen für Lederschnittarbeiten
(Frankfurt
[* 9] a. M. 1887, mit ausführlicher Anleitung
zur Erlernung der
Technik);
Horn und Patzelt,Vorlagen für geschnittene und gepunzte Lederarbeit
(Gera
[* 10] 1887).
früher übliche Bezeichnung für Fontanellsetzen, weil man bei unsern
Haustieren zur Erzeugung eines
künstlichen
Geschwürs im Unterhautbindegewebe in der
Regel ein mit
Werg umwickeltes Lederstückchen benutzt, welches durch
Befeuchtung mit
Terpentinöl oder
Bestreichen mit
Spanischfliegensalbe noch reizender gemacht wird.
Tapeten aus
Leder zur Wandbekleidung, auch zu Möbelbezügen und Ähnlichem, denen ein
Muster in
Farben,
Gold
[* 13] oder
Silber aufgepreßt ist. Das geschmeidig gemachte
Leder wird in gleichgroße
Stücke geschnitten, auf gleiche
Stärke
[* 14] gebracht und mit
Blattsilber belegt, auf welches ein Goldfirnis in mehreren
Schichten aufgetragen wird.
Sollen einzelne Teile der
Musterung in
Silber erscheinen, so wird die
Zeichnung schnell aufgetragen und der noch feuchte
Firnis
an jenen
Stellen wieder abgezogen.
Nun wird mittels einer Holzwalze die
Musterung eingepreßt, und die bessern
Tapeten werden schließlich auf
der Oberseite noch mit
Bunzen bearbeitet, wodurch die glatten Goldflächen
einen reichen
Glanz mit spielenden
Lichtern bekommen.
Nach dem
Pressen wird die
Musterung oder der
Grund ausgemalt, so daß erstere farbig auf Metallgrund oder silbern, resp. goldig
auf farbigem
Grund erscheint. Gebunzt wird nur die Metallfläche. Übrigens werden in größere eingerahmte
Stellen ganze Gemälde hineingesetzt.
Diese technischen Prozeduren waren seit alter Zeit überall die gleichen; wir besitzen genaue
Beschreibungen derselben von
französischen
Autoren 1708 und 1762, von italienischen 1564. Andeutungen über die spanische Fabrikation stimmen damit überein.
Die
Muster der alten Ledertapeten lehnen sich (sofern man nicht die Wand als ein
Ganzes betrachtete und die
Verzierung
eigens für dieselbe komponierte) an die Webmuster an, machen alle Stilwandlungen der
Weberei
[* 15] mit und erhalten sich bis zum
Absterben der
Kunst. Bei Einzelstücken fertigte man meist die
Muster für den bestimmten
Fall. Als solche Einzelstücke kennen
wir teils in
Originalen, teils aus alten Nachrichten: Antependien (Vorsatzstücke vor den
Altar),
[* 16] wo das
dauerhafte
Leder als
Ersatz für
Stoffe und
Stickerei dient, Kirchengewänder
(Kaseln), Bettschirme, spanische
Wände,
Decken, Möbelbezüge,
Banner, selbst
Spielkarten, ferner wirkliche
Bilder, in flachem
Relief gepreßt, wohl aus
Italien.
[* 17] - Die Ledertapeten sind eine unzweifelhaft
maurische
Erfindung, die in
Spanien in hoher
Blüte stand, vielleicht dort ihren Ursprung hat.
Einzeln wird auch
Messina
[* 18] als Stammort der
Erfindung bezeichnet, also auch ein
Ort mit altmaurischer
Kultur. Bereits 1180 fand
sich in
Frankreich die auch noch heute übliche Bezeichnung
Korduan (von
Cordova); in
Spanien heißen die Ledertapeten »guadamacil«; 1316 bestand
bereits in
Barcelona
[* 19] eine
Zunft der guadamacileros. Nach der Vertreibung der
Mauren aus
Spanien blühte die
Industrie, zum Teil durch fremde
Arbeiter betrieben, weiter; im 16. Jahrh. war
Cordova als der eigentliche
Mittelpunkt derselben
anerkannt.
Noch 1779 bestand zu
Barcelona eine
Innung, als die
Kunst anderwärts bereits verfallen war. In
Italien wurden schon vor 1520 Ledertapeten (corami
d'oro) gearbeitet, wohl von
Sizilien
[* 20] aus eingeführt. Dann übernahm
Venedig
[* 21] die
Führung auf diesem Gebiet, wo die engen Beziehungen
zum
Orient andauernd Einfluß auf die
Musterung ausübten.
In denNiederlanden, wo man wohl spanischen Einfluß anzunehmen hat,
war die
Kunst im 17. Jahrh. sehr verbreitet.
Mecheln
[* 22] wird als Hauptfabrikationsort genannt.
Von hier kam die
Kunst nach
Frankreich; schon unter
Heinrich IV. werden dort Manufakturen erwähnt. Doch erfreuten sich die
französischen Ledertapeten keiner besondern Beliebtheit; man mußte sie als flandrische ausgeben, um sie an den Mann
zu bringen. 1762 war die Fabrikation so gut wie erloschen.
Deutschland
[* 23] besaß im 17. und 18. Jahrh. viel
Ledertapeten, doch ist ihre Herkunft noch unsicher. Es scheint, als habe man erst zu Ende des 18. Jahrh.
in
Augsburg
[* 24] die Herstellung der Ledertapeten gelernt. Die englischen Ledertapeten des 18. Jahrh.
waren wegen der Vortrefflichkeit ihrer
Muster berühmt. Im letzten Drittel des 18. Jahrh. wurden die Ledertapeten von
Kattuntapeten verdrängt, welche wieder den Papiertapeten weichen mußten. In neuester Zeit ist die alte
Technik wieder aufgenommen
worden, doch begnügt man sich heute meist mit
Nachahmungen in einer dicken Papiermasse; nur auf Verlangen werden die ziemlich
kostspieligen echten Ledertapeten mit denselben
Stempeln hergestellt. In
Deutschland werden heute weitaus die besten
derartigen
Arbeiten gefertigt, namentlich von Lieck u.
Heider in
Berlin
[* 25] und
Engelhardt in
Mannheim;
[* 26]
Balin in
Paris und
¶
mehr
Jefferson in London
[* 28] arbeiten für französischen und englischen Markt im Geschmack dieser Länder. Die umfassendste Sammlung
alter Ledertapeten, über 200 Stück, namentlich italienischer und niederländischer Herkunft, besitzt das Kunstgewerbemuseum zu Berlin.
In neuester Zeit sind die japanischen Ledertapeten in Europa sowohl ihrer reizvollen Muster als ihrer Billigkeit wegen schnell in
Aufnahme gekommen.
Vgl. Davillier, Notes sur les cuirs de Cordoue, etc. (Par. 1878);