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man die Häute mit frischer Lohe in die zweite Grube, in welcher sie 3-4 Monate bleiben, dann abermals mit frischer, aber weniger Lohe in die dritte und nach weitern 4-5 Monaten in eine vierte, starke Wildhäute selbst noch in eine fünfte Grube, so daß derartige Leder erst nach zwei Jahren und länger gar werden. Sie zeigen dann beim Durchschneiden mit einem scharfen Messer [* 2] eine gleichförmige, von fleischigen oder hornartigen Streifen freie Fläche. Sohlleder, welches mit Weißbeize geschwellt und mit Knoppern oder Valonen gegerbt wurde, heißt Pfundleder. Zur Darstellung von Brandsohlleder (Halbsohlleder, Terzen) bringt man die durch Kalken enthaarten und gereinigten Blößen in immer stärkere Lohbrühen (Farben), welche neben Essig- und Milchsäure reichlich Gerbsäure enthalten, und behandelt die Häute dann in den Gruben wie das übrige Sohlleder.
Bei der Schnellgerberei werden die meist durch Kälken enthaarten Häute gereinigt, dann entweder gar nicht oder mit verdünnter Schwefelsäure [* 3] geschwellt und zuerst in schwächere, dann in konzentrierte Lohbrühe gebracht. In 3-4 Monaten sind die Häute völlig durchgegerbt. Diese englisch-amerikanische Methode liefert billigere, aber auch losere, schwammigere Ware als das alte Verfahren. Man benutzt bei der Schnellgerberei Vorrichtungen, um die Häute in der Brühe oder zugleich die Häute und die Brühe in Bewegung zu setzen; man preßt die eingetauchten Häute wiederholt zwischen Walzen, damit sie immer von neuem frische Gerbbrühe aufnehmen, oder man bringt die Häute in verschlossene Behälter, macht diese luftleer und läßt die Lohbrühe eintreten. Nach mehreren Stunden wird die Brühe abgelassen, der Apparat wieder luftleer gemacht, mit stärkerer Brühe gefüllt etc. Auch unter erhöhtem Druck wird die Schnellgerberei ausgeführt, und zur Unterstützung des Prozesses wurden Chemikalien, wie Säuren, Soda, Borax, [* 4] Ammoniaksalze, Kupfer- und Chromsalze, empfohlen.
Das gare Sohlleder wird mit dem Stoßeisen bearbeitet, getrocknet, komprimiert und geglättet. Man benutzt dazu Hammer- und Walzwerke oder eine an einem federnden Pendel [* 5] hängende, stoßweise wirkende Walze. 100 kg rohe Haut [* 6] liefern 45-50 kg Sohlleder; da dieses aber nach dem Gewicht verkauft wird, so wird es nicht selten mit Chlorbaryum, schwefelsaurer Magnesia, Stärkezucker etc. beschwert. Zur Darstellung von Oberleder werden die eingeweichten, mit Streckeisen und Kurbelwalke bearbeiteten Häute mit Kalk enthaart, gewaschen, auf der Fleischseite gereinigt, auf der Narbenseite geglättet, in eine Mistbeize oder direkt in die Kurbelwalke gebracht und auf beiden Seiten mit dem Streicheisen behandelt.
Die so weit vorbereiteten Blößen bringt man in mehrere Farben mit successive steigendem Gerbstoffgehalt und gerbt sie dann in der Grube. Stärkere Kuhhäute werden vor dem Gerben gespalten, wobei man eine Haut mit Narben und einen Fleischteil (Spalte) erhält, der zu untergeordneten Zwecken benutzbar ist. Das gare Leder wird gewaschen, auf der Fleischseite mit dem Stoßeisen ausgestoßen, auf der Narbenseite geglättet, getrocknet oder gepreßt, auf der Narbenseite mit Fischthran leicht eingerieben, nach 24 Stunden auf der Fleischseite mit einer Mischung aus Talg und Thran oder anderm Fett bestrichen, zusammengerollt, gewalkt, getrocknet, in warmes Wasser eingeweicht, auf der Fleischseite nachgeschmiert und getrocknet.
Zur weitern Appretur reinigt man das auf der Fleischseite mit dem Falz- oder Dolliermesser von Knoten, Fasern etc. (Dollieren), verdünnt alle zu starken Stellen mit dem Schlichtmond, erzeugt mit dem gekerbten Krispelholz Milde und Weichheit und gibt damit auch der Narbe ein gefälligeres Aussehen. Schließlich bearbeitet man das Leder mit dem Pantoffelholz, welches auf der untern Seite mit glattem Korkholz belegt ist, bestreicht auch wohl die Fleischseite mit einer Schmiere aus Seifenlösung und Talg, trocknet und glänzt sie durch Behandeln mit geschliffenem Glas. [* 7]
Nach dieser Methode erhält man das braune Oberleder (Schmal-, Fahlleder), welches aus Kalbfellen, Kipsen und Kuhhäuten dargestellt wird. Die Fabrikation des schwarzen Oberleders, des schwarz gewichsten Kalbleders und des Roßoberleders weicht dagegen in manchen Punkten ab. Ersteres wird mit Blauholzabkochung und etwas Soda grundiert, dann mit Eisensalzlösung bestrichen, nach dem Schwärzen auf der Narbenseite mit Fischthran eingerieben etc. Die Wichsfelle werden nach der ersten Appretur gefettet, auf der Narbenseite zuerst mit einer Mischung aus Ruß und Fett geschwärzt und schließlich mit einer Mischung aus Leim und Fett behandelt. In neuerer Zeit hat die Gerberei durch Einführung von Maschinen für die Appretur des Leders die wesentlichsten Fortschritte gemacht.
Man benutzt Lederspaltmaschinen, um stärkere Ledersorten in zwei dünnere Blätter zu teilen, zur Bearbeitung der Narbenseite Lederausstoßmaschinen und Lederglättmaschinen, zur Bearbeitung der Treibriemen Lederhobelmaschinen etc. Wird das feuchte Leder gefettet und dann der Luft ausgesetzt, so verschwindet das Fett für die Wahrnehmung vollständig, wie bei der Sämischgerberei (s. unten); derartig eingefettetes ist gewissermaßen zweimal gegerbt, es ist lohgar und zugleich sämischgar.
Leder, welche nicht der Feuchtigkeit ausgesetzt werden, tränkt man auch mit Glycerin, welches niemals trocknet und das Leder stets geschmeidig erhält. Die Farbe des Leders hängt vom Gerbmaterial und von dem Gerbverfahren ab. Alte Lohe gibt dunkles, Ellernrinde schmutzigbraunes, Weidenrinde, Sumach, Fichtenrinde, Knoppern, Dividivi geben helleres Leder. Dunkle Leder kann man durch Behandlung mit sehr verdünnter Salz- oder Schwefelsäure oder mit saurer Milch etwas heller machen, doch nicht ohne Beeinträchtigung ihrer Güte.
Das Lackleder (Glanzleder) wird aus lohgarem Kalb-, Ziegen- und Kuhleder hergestellt, indem man dasselbe entsprechend vorbereitet, wenn es recht geschmeidig werden soll, häufig spaltet und dann mit einem Grund aus Kienruß und Umbra versieht, der an der Luft, dann im Lackierofen getrocknet und mit Bimsstein abgeschliffen wird. Nachdem diese Operationen einigemal wiederholt sind, streicht man das Leder mit einem eigentümlichen Lackfirnis (Blaulack, mit Berliner Blau [* 8] bereitet), der eine schwarze Farbe enthält. In stark geheizten Räumen wird dieser Lack dünnflüssig, breitet sich auf dem horizontal liegenden Leder gleichmäßig aus und trocknet unter Erzeugung einer spiegelblanken Oberfläche. Kalbfelle, welche auf der Fleischseite lackiert werden, sind nun fertig, während auf der Narbenseite lackierte Kuhleder zuletzt auf einer erwärmten Steintafel aufgekraust werden. Farbige Lackleder werden mit farbigen, aber dünnflüssigen Lacken bei minder hoher Temperatur hergestellt. Seitdem es gelungen ist, einen sehr biegsamen, geschmeidigen, nicht brechenden Lack zu bereiten, hat das Lackleder viel ausgedehntere Verwendung gefunden.
[Weißgerberei.]
Die Alaun- oder Weißgerberei verarbeitet Häute von der schwersten Büffelhaut bis zum ¶
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leichtesten Schaffell und liefert ein Leder, dessen Fasern zwar zunächst schwach aneinander haften, aber durch einfache mechanische Bearbeitung voneinander gelöst werden können, worauf dann das Leder den höchsten Grad von Weichheit und Geschmeidigkeit zeigt. Niemals aber ist das Gerbmaterial in dem weißgaren Leder so fest gebunden wie in dem lohgaren; es läßt sich mit Wasser ausziehen, und das ist dann wieder in Haut verwandelt. Beim Kochen mit Wasser wird es in Leim verwandelt, während das lohgare Leder viel widerstandsfähiger ist.
Das weißgare Leder hatte früher größere Bedeutung als jetzt, es ist vielfach durch lohgares und in manchen Fällen auch durch sämischgares Leder verdrängt worden; das Glaceeleder und in neuerer Zeit das Kidleder sowie die Chevreaux für Fußbekleidung sind gegenwärtig die wichtigsten Artikel der Weißgerberei. Bei der gemeinen Weißgerberei werden Schaf- und Ziegenfelle verarbeitet und, sofern erstere noch mit Wolle versehen sind, durch ein eigentümliches Verfahren (Anschwöden) enthaart, um die Wolle (Gerberwolle, Raufwolle) zu schonen.
Man bestreicht sie auf der Fleischseite mit einem Brei aus Kalk, Asche und Wasser, legt sie so zusammen, daß die Wolle mit dem Kalk nicht in Berührung kommt, bringt sie in einen Behälter und packt sie um, sobald Erwärmung eintritt. Nach hinreichender Lockerung der Wolle wird dieselbe ausgerauft und der Kalk durch Waschen und mechanische Arbeit entfernt. Nachdem die Häute dann eine weiße Schwellbeize passiert haben, bringt man sie in die Gerberbrühe. Letztere besteht aus 0,75 kg Alaun [* 10] (auch schwefelsaure oder essigsaure Thonerde), 0,30 kg Kochsalz und 22,5 Lit. Wasser, und man zieht die Felle ein- oder zweimal hindurch, um sie dann aufeinander zu legen und nach 2-3 Tagen auszuringen und zu trocknen.
Sie zeigen sich dann ziemlich steif, werden aber durch das »Stollen«, wobei man sie der Breite [* 11] nach über eine stumpfe, bogenförmige Schneide hinwegzieht, sehr steif. Diese Ware dient als Weißleder besonders zu Schuhfutter. Die ungarische Weißgerberei wird auf Büffel-, Rinds- und Roßhäute angewandt und liefert besonders Riemen- und Sattlerleder. Man weicht dieselben ein, enthaart sie dann sofort mit einem scharfen Putzmesser und bringt sie ohne weiteres in die Alaunbrühe, in welcher sie durchgetreten werden und im Sommer 8 Tage, im Winter 1-2 Monate liegen bleiben.
Nach dem Trocknen wird dies Leder gereckt, in der Wärme [* 12] auf beiden Seiten mit Talg getränkt, über Kohlenfeuer hin- und hergezogen und dann aufgehängt. Auch hier verbindet sich das Fett mit der Faser, und das Leder wird gewissermaßen zweimal gegerbt. Dasselbe zeichnet sich durch große Stärke [* 13] und Zähigkeit aus. Zu Glaceeleder verarbeitet man Zickel- und Lämmerfelle, welche angeschwödet oder auf gewöhnliche Weise mit Kalk, bisweilen unter Zusatz von Auripigment, Gaskalk oder Schwefelnatrium, behandelt, enthaart, gewaschen und wiederholt abwechselnd im Wasser mit hölzernen Stampfen behandelt und auf der Narben- und Fleischseite bearbeitet werden.
Dann bringt man sie in eine Kleienbeize, reinigt sie nach 24 Stunden und schreitet nun zur Gerbung. Hierzu dient ein Brei (Nahrung) aus 85 kg Mehl, [* 14] 700 Eidottern, 10,5 kg Alaun, 2,6 kg Kochsalz und der erforderlichen Menge Wasser (auf 1000 Felle oder 300 kg). Die Felle werden in dem Brei bei 35° getreten und bleiben schließlich 24 Stunden darin liegen. Aus dem Alaun tritt, wie bei der gewöhnlichen Weißgerberei, schwefelsaure Thonerde in die Haut ein und verbindet sich mit der Faser; auch das Kochsalz wirkt stark gerbend, das Weizenmehl liefert vielleicht eine Verbindung von Kleber mit Thonerde, welche in die Haut eingeht, und das Eigelb wirkt durch seinen Gehalt an Fett, welches das Leder geschmeidig macht und durch Emulsionen fetter Öle [* 15] ersetzt werden zu können scheint.
Das gare Leder wird langsam getrocknet, durch Wasser gezogen, auf Haufen gebracht, nach gleichmäßigem Durchfeuchten auf der Kurbelwalke bearbeitet und dann in der Länge und Breite über eine stumpfe, halbrunde Klinge gezogen (gestollt). Schließlich läßt man die Felle abermals etwas trocknen, bearbeitet sie auf der Kurbelwalke und egalisiert sie in der Dicke auf einer dem Stolleisen ähnlichen, aber scharfen Klinge. In der Regel wird nun das Glaceeleder gefärbt und zwar entweder durch Eintauchen in die Farbebrühe oder durch Auftragen der letztern mit einer Bürste (Fixfärberei).
Früher färbte man nur mit Pflanzenfarben, jetzt fast ausschließlich mit Anilinfarben. Die gefärbten Felle werden schnell getrocknet und dann durch Treten und Stollen zugerichtet. Das Kidleder wird aus Kalb- und Ziegenfellen hergestellt und für Beschuhungszwecke verwendet. Die Kidgerberei weicht von der Glaceegerberei nur in einigen Punkten ab, die Bearbeitung in der Nahrung erfolgt hier mit einer durch Dampfkraft bewegten Walke. In der Regel werden die Felle mit Blauholz und chromsaurem Kali schwarz gefärbt und erhalten zarten, milden Glanz, indem man sie mit einer Emulsion aus Seifenlösung, Wachs und Talg bestreicht, dann wie Wäsche bügelt und auf der Narbenseite mit Fett einreibt. Die Glanz-Chevreaux aus Zickelfellen werden nach dem Färben getrocknet und auf der Glanzmaschine geglänzt.
[Mineralgerberei.]
Der Weißgerberei schließt sich die Mineralgerberei an, welche speziell die Lohgerberei ersetzen soll, bereits sehr beachtenswerte Resultate erzielt hat und in der Zukunft noch bedeutungsvoller werden dürfte. Die in üblicher Weise gereinigten Blößen werden bei der Mineralgerberei in eine kalte Lösung von basisch schwefelsaurem Eisenoxyd gehängt und, nachdem sie in 2-4 Tagen die Gare erreicht haben, mit Fetten in gelöster Form und mit Eisenseife im Walkfaß behandelt.
Das so erhaltene Leder, welches in 8-14 Tagen hergestellt werden kann, ist wohlfeil, sehr dauerhaft und wird durch Wasser nicht verändert. Ein ähnliches Fabrikat wird erhalten, indem man geschwellte Blößen in eine viertelprozentige Lösung von Chromsäure oder in eine halbprozentige Lösung eines Chromoxydsalzes, beide mit Alaun und Kochsalz versetzt, bringt und nach einiger Zeit in immer stärkere Lösungen überträgt. Nach 4-14 Tagen knetet man das Leder in einer 4-8prozentigen Lösung von Chlorbaryum, Bleizucker oder Seife, wäscht, trocknet oberflächlich, wirkt gut aus und bringt es 36 Stunden in eine Lösung von Stearin, Paraffin, [* 16] Wachs, Harz etc. in Benzin. Ober- und Riemenleder wird dann mit Talg, Thran oder Dégras geschmiert und an einen warmen Ort gehängt oder gewalkt. Das chromgare ist viel wasserdichter als lohgares, und seine Gare kann ihm durch Wasser nicht entzogen werden.
Das in England als Crown leather bekannt gewordene Leder wurde zuerst von Klemm nach einem ihm 1849 in Württemberg [* 17] patentierten Verfahren hergestellt und ist jetzt in England, Deutschland, [* 18] der Schweiz, [* 19] in Nordamerika [* 20] (als Eurekaleder) sehr verbreitet. Nach dem ursprünglichen Verfahren werden die enthaarten trocknen Häute auf der Fleischseite mit einer Mischung aus Mehl, Rindshirn, ¶