Lebensbeschreibung
Alexanders d. Gr., an Plutarch erinnert. Im
Mittelalter waren fast ausschließlich
Heilige Gegenstand biographischer
Darstellung,
bis dann im 16. Jahrh. die biographische Litteratur (in
Deutschland
[* 2] mit den dürftigen, aber interessanten
Autobiographien
eines
Götz v.
Berlichingen,
ThomasPlatter,
Hans v.
Schweinichen etc.) zu neuem
Leben erwachte und sich in derFolge
bei allen Kulturvölkern zu einem kaum zu übersehenden
Reichtum entfaltete, wenn auch nur der kleinere Teil der betreffenden
Schriften, die teils in
Biographien Einzelner, teils in Sammlungen von Lebensbeschreibungen bestehen, nach
Inhalt oder Form
Anspruch an litterarhistorische Bedeutung erheben kann. - Die biographischen Sammelwerke (meist alphabetisch angelegt) sind
in Hinsicht auf Ausführlichkeit und Stoffbegrenzung sehr verschieden und zwar teils allgemeiner
Natur
(ausgezeichnete Persönlichkeiten aller
Zeiten und
Völker umfassend), teils auf gewisse Zeiträume, einzelne
Länder oder bestimmte
Berufsarten
(Künstler-,
Gelehrten-, Schriftstellerlexika etc.) beschränkt. Zu den namhaftesten größern Sammlungen
der allgemeinen Art gehören, von einigen ältern Werken abgesehen: Bayles
»Dictionnaire historique« (1697
ff.; zuletzt Par. 1820, 16 Bde.),
die bei den verschiedenen
Pflanzen- und Tierarten eine sehr große Ungleichheit darbietende, aber für
dieselbe Art imMittel gleichbleibende zeitliche
Ausdehnung
[* 13] des
Lebens, die bereits sehr früh die
Aufmerksamkeit
des
Volkes erregt und sich in alter Spruchweisheit ausgeprägt hat. Nach der letztern soll z. B.
ein
Zaunkönig drei
Jahre, ein
Hund drei Zaunkönigsalter, ein
Roß drei Hundsalter, ein
Mensch drei Roßalter erleben u. s. f.
bis zum Eichbaum, der nach dieser Rechnung 20,000 Jahre erleben sollte.
Auch die
Forscher haben sich mit der
Frage nach den
Ursachen, durch welche den verschiedenen Lebewesen eine so ungleiche Lebensdauer zugemessen
werde, seit langem beschäftigt.
Baco von Verulam meinte, die Lebensdauer richte sich nach der Dauer des Wachstums, je langsamer ein
Wesen die Reifezeit erreiche, desto länger lebe es, und da sich die
Tiere um so langsamer entwickelten,
je größer sie seien, so lebten die größern
Tiere, wie z. B. die
Elefanten, auch am längsten, viele kleinere
Tiere, wie
die
Insekten,
[* 14] dagegen nur kurze Zeit,
Monate,
Wochen,
Tage undStunden.
Einzelne
Insekten, wie z. B. dieEintagsfliegen, leben bekanntlich im ausgebildeten Zustand nur wenige
Stunden und sterben, ohne
Nahrung zu sich genommen zu haben, bald nach ihrer
Begattung.
Flourens glaubte aus seinen
Beobachtungen
am
Menschen und wenigen andern
Wesen die Lebensdauer der fünffachen Wachstumsdauer gleichsetzen zu dürfen, und noch andre
Forscher
schrieben der
Energie des
Lebens einen bestimmenden Einfluß auf die
Abnutzung der
Organe zu, was aber schon
dadurch widerlegt wird, daß sich unter den
Vögeln, die sich bekanntlich des lebhaftesten
Naturells und
Stoffwechsels erfreuen,
gerade die langlebigsten
Tiere befinden. So hat man
Raubvögel
[* 15] selbst in
Menagerien über 100 Jahre ausdauern sehen.
Die letzterwähnte
Ansicht fußt auf der andern, daß Unbrauchbarwerden der Gewebsteile des
Körpers durch
sogen.
Involution die eigentliche
Ursache des
Alterns und Sterbens darstelle. Aber schon der Umstand, daß
Tiere sehr verschiedener
Klassen und Lebensweisen ein gleiches
Lebensalter erreichen (z. B.
Pferde,
[* 16]
Katzen
[* 17] und
Kröten 40 Jahre), spricht dagegen. Von
einem mehr wissenschaftlichen Standpunkt ist die
Frage erst in neuerer Zeit behandelt worden. Zunächst
zeigte
Dönhoff, daß man hierbei die mittlere Lebensdauer, welche eine bestimmte Art im natürlichen Verlauf der
Dinge zu erleben pflegt,
streng von der höchsten Lebensdauer trennen muß, die sie unter besonders günstigen Verhältnissen erleben kann.
So hat man beispielsweise in einemEdinburgerAquarium eine
Seeanemone mehr als 60 Jahre am
Leben erhalten,
ein
Alter, das sie vermutlich in der
Freiheit nicht erlebt.
Da man nun bei solchen
Tieren, die keine (größere Schwankungen erzeugende) enorme Vermehrungsfähigkeit besitzen, und deren
natürliche Lebensverhältnisse nicht sehr stark vom
Menschen beeinflußt werden, wie z. B. bei gewissen Standvögeln,
Wildarten etc., bemerken kann, daß ihre Zahl, von geringern Schwankungen abgesehen, im wesentlichen
von Jahr zu Jahr dieselbe bleibt, so müssen ebenso viele
Tiere sterben, als durchschnittlich
Junge aufkommen. Wir sehen somit
die mittlere Lebensdauer in ein bestimmtes
Verhältnis zur Vermehrungsfähigkeit treten.
Die hierin obwaltende Beziehung ist aber nicht so einfach, wie A.
Götte vermutete, der im Fortpflanzungsakt
selbst die
Ursache des schnellern oder langsamern Hinsterbens sehen wollte, weil einige Insektenmännchen gleich nach der
Begattung und die Weibchen bald nach der Brutablage sterben, sondern es handelt sich, wie
Weismann gezeigt hat, bei der mittlern
Lebensdauer um ein Zusammenwirken von Vermehrungsfähigkeit, Entwickelungsdauer, Ernährungsverhältnissen,
Zahl der Vertilger etc. Im allgemeinen werden demnach
Tiere, die im Jahr wenig
Junge aufbringen, länger leben müssen als
solche mit reicher Nachkommenschaft. Man muß also annehmen, daß diese äußern, den
Kampf ums¶
mehr
Dasein bildenden Verhältnisse, welche beinahe für jede einzelne Art andre sind, aber in gewissen Grenzen
[* 19] konstant bleiben,
den Organismus sozusagen zu einer Feder von bestimmter Stärke
[* 20] gestalten, deren Spannkraft nur eine gewisse Zeit über die wahrscheinliche
Lebensdauer hinaus vorhält; die letztere würde sonach zu den sogen. Anpassungserscheinungen
zu rechnen sein. Wahrscheinlich darf man annehmen, daß ebenso, wie jedem Organismus eine bestimmte mittlere
Körpergröße zukommt, die durch eine Grenze der Zellenvermehrung gesetzt wird, sich auch eine Grenze der Regeneration der
Zellen für jede Art eingeführt hat, mit deren Annäherung das Altern und langsame Absterben beginnt. Da nun offenbar jeder
Organismus in seinem LebenBeschädigungen ausgesetzt ist, die nicht vollständig ausgebessert werden können,
so muß schon aus diesem Grunde die Beschränkung der Lebensdauer als eine Zweckmäßigkeitseinrichtung bezeichnet werden, und ohne
sie wäre eine Entwickelung zu höhern Formen kaum denkbar gewesen.
Die genauere Betrachtung dieser Verhältnisse hat einige auffällige Thatsachen ans Licht
[* 21] gebracht, z. B.
die unbegrenzte Lebensdauer der niedersten Wesen, deren Körper nur aus einer einzigen oder aus mehreren völlig gleichartigen Zellen
besteht. Sowohl bei den erstern, die sich durch eine immerfort wiederholte Teilung vermehren, als bei den letztern, wo aus
jeder einzelnen Zelle
[* 22] des aufgelösten Verbandes ein neuer Zellenkomplex hervorgeht, kann von einem natürlichen
Absterben aus Altersschwäche keine Rede sein, sie unterliegen nur der gewaltsamen Vernichtung. - Bei den Pflanzen schließt
sich die Lebensdauer, ähnlich wie bei vielen Insekten, teilweise an den regelmäßigen Cyklus der günstigen Entwickelungsperioden
im Jahreslauf.
Demgemäß sind die meisten Pflanzen ein- oder zweijährig, je nachdem sie ein oder zwei Jahre bis zur
Entwickelung der Samen
[* 23] gebrauchen. Bei den mehrjährigen oder ausdauernden Kräutern, Sträuchern und Bäumen handelt es sich
um ein jährliches Neuergrünen der mit Reservestoffen erfüllten Wurzelstöcke oder Äste, resp. um einen allmählichen Ersatz
der Blätter bei immergrünen Pflanzen, und alle solche ausdauernde Gewächse (die man aber kaum mehr als
einfache Individuen ansehen darf) können unter Umständen ein sehr hohes Alter erreichen, wie man denn häufig von tausendjährigen
Eichen, Rosenstöcken etc., ja selbst von mehrtausendjährigen Farnen, Drachen- und Affenbrotbäumen etc. spricht.