mehr
gebildet (r-Laute) oder an den Seitenrändern derselben (l-Laute);
5) Frikative oder Reibelaute, durch Verengerung des Mundkanals an irgend einer Stelle gebildet, indem sich die Luft an derselben reibt; man teilt sie ein in Sibilanten oder Zischlaute und Spiranten oder Hauchlaute;
6) Explosivlaute oder Verschlußlaute, auch Mutae (stumme) genannt, bei deren Hervorbringung irgend ein Teil der Mundhöhle [* 2] ganz geschlossen wird, so daß die Luft plötzlich mit Geräusch daraus hervorplatzt. Man bezeichnet auch die letzte Klasse als die der momentanen Konsonanten, die übrigen, mit Ausnahme der Hauche, als Dauerlaute, weil sie längere Zeit hindurch ausgehalten werden und daher wie die Vokale auch Silben bilden können. Am weitesten von der Qualität der Vokale entfernt sind dagegen die tonlosen Explosivlaute, die weder im Kehlkopf hervorgebracht, noch angehalten werden können wie die Vokale. Am durchgreifendsten ist eine dritte Einteilung der Konsonanten, welche sich sogar auf alle Vokale ausdehnen läßt, nämlich die Einteilung nach der Artikulationsstelle.
Man unterscheidet hiernach schon von alters her zwischen
Gutturalen oder
Palatalen
(Kehl- oder
Gaumenlauten),
Dentalen oder Lingualen
(Zahn- oder
Zungenlauten) und
Labialen
(Lippenlauten). Die Mundstellung bei den
Gutturalen
(Palatalen) und
Labialen gleicht ungefähr
derjenigen, die bei
Aussprache des i und u eintritt, die Mundstellung bei den
Dentalen hat eine freilich
nur entfernte
Ähnlichkeit
[* 3] mit der
Aussprache des a. Freilich ist nun diese
Lehre
[* 4] von den Artikulationsstellen durch die neuern
Forschungen sehr erweitert worden; so gibt es nach
Brücke
[* 5] außer den eigentlichen
Dentalen auch alveolare, cerebrale oder
cacuminale oder linguale (im
Sanskrit, durch Zurückbiegung der Zungenspitze und Berührung des
Gaumens mit
derselben gebildet), endlich dorsale
Zungenlaute und drei Hauptarten von
Gaumenlauten; auch die
Labialen teilt
man in zwei
Klassen,
die der rein labialen und der labiodentalen
Laute. So werden durch diese noch keineswegs abgeschlossenen Forschungen immer
genauer die Grundlagen eines natürlichen Lautsystems festgestellt, nach dem jedes
Alphabet der
Welt wissenschaftlich angeordnet
werden kann. Das physiologische
Alphabet der deutschen
Sprache
[* 6] ist hiernach für die einfachen
Laute so aufzustellen:
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Provinzielle Verschiedenheiten und feinere Nüancen der Aussprache sind hierbei nicht berücksichtigt: so ist das tönende oder weiche s in ganz Süddeutschland unbekannt;
g, d, b sind in der süd- und mitteldeutschen und der rheinischen Aussprache keine tönenden Laute, sondern klingen wie schwächer artikulierte k, t, p;
r wird in vielen Gegenden Deutschlands [* 7] guttural ausgesprochen, ä selbst in langen Silben von e nicht unterschieden;
w ist in schwer ein andrer Laut als in war, ö klingt in Hölle viel heller als in Höhle, überhaupt vermag unsre Schrift viele vorhandene Lautunterschiede nicht auszudrücken (s. Orthographie).
Um alle in irgend einer Sprache vorkommenden Laute gleichmäßig zu bezeichnen, ist neuerdings teils von Sprachforschern, wie Lepsius, Max Müller, Sweet, Ellis, dem Prinzen Lautlehre Bonaparte u. a., und von Physiologen, wie Brücke, ein »allgemeines linguistisches Alphabet« in Vorschlag gebracht worden, das aus den gewöhnlichen Buchstaben mit beigefügten Zahlen, Accenten, Punkten u. dgl. besteht. Doch gehen die verschiedenen Systeme, von denen z. B. dasjenige von Sweet 125, das von dem Prinzen Bonaparte sogar 390 verschiedene Laute bezeichnet, stark auseinander.
Vgl. Brücke, Grundzüge der Physiologie und Systematik der Sprachlaute (2. Aufl., Wien [* 8] 1876);
Helmholtz, Lehre von den Tonempfindungen (4. Aufl., Braunschw. 1876);
Lepsius, Standardalphabet (2. Aufl., Berl. 1863);
Merkel, Physiologie der menschlichen Sprache (Leipz. 1866);
Rumpelt, Das natürliche System der Sprachlaute (Halle [* 9] 1869);
Sievers, Grundzüge der Phonetik (3. Aufl., Leipz. 1885);
G. H. v. Meyer, Unsre Sprachwerkzeuge (das. 1880);
Techmer, Phonetik (das. 1880, 2 Bde.).
II. Die Lautgeschichte oder historische Lautlehre geht darauf aus, die in der Geschichte der
Sprachen hervortretenden Lautveränderungen
durch die
Methode der historischen und vergleichenden
Grammatik nachzuweisen und allgemeine
Gesetze des Lautwandels, die sogen.
Lautgesetze, aufzustellen. Namentlich in diesem
Sinn wird die Lautlehre von allen Sprachforschern der Gegenwart sehr
eifrig betrieben,
Sprach- und
Naturforschung reichen sich aber in der Lautlehre die
Hand;
[* 10] während die immer noch etwas weiten
Einteilungen
der Lautphysiologen durch die präzisen Ergebnisse der Sprachwissenschaft größere
Bestimmtheit erlangen, erhalten anderseits
die rein empirisch gefundenen
Thatsachen der Lautgeschichte durch die physiologische
Lautlehre ihre
Erklärung. So erklärt sich aus
dem
oben über die
Vokale Gesagten der häufige
Wechsel unter den
Vokalen, wie er z. B. in dem deutschen
Ablaut und in der gesamten
Flexion der semitischen
Sprachen hervortritt.
Ebenso leicht wechseln die Zitterlaute und die Nasale untereinander, wie z. B. die ältesten indogermanischen Sprachen das l noch gar nicht oder nur selten hatten und das indogermanische l meist aus älterm r, ebenso wie das n am Schluß der Wörter vielfach aus älterm m, entstanden ist. Ganz allgemein tritt auch der Wechsel zwischen den einander entsprechenden tönenden und tonlosen Lauten auf, wie z. B. in den germanischen Sprachen durch die Lautverschiebung (s. d.) die meisten g, d, b in k, t, p übergegangen sind.
Auch Verschluß-, Reibe- und andre
Laute gehen trotz ihres verschiedenen physiologi
schen
Charakters ineinander über, wenn
sie die gleiche Artikulationsstelle haben, z. B. t
in s,
b in w, i in j u. dgl. Übrigens hat jede
Sprache ihre besondern
Lautgesetze
und Lautneigungen, gerade wie niemals zwei Individuen ganz die gleiche
Aussprache haben. Hierauf beruht
es auch, daß der sogen.
Wohllaut etwas außerordentlich Schwankendes ist. Jeder hält das für wohlklingend, für euphonisch,
womit er durch langjährige
Gewohnheit vertraut ist, und der
Hottentote ist ebenso fest von dem Wohlklang seiner
Schnalzlaute
überzeugt wie wir von der
Schönheit unsrer
Konsonanten, obschon der
Ausländer deutsche
Wörter, wie Holzpflock,
Strolchs u. dgl., unaussprechbar findet und an
Vokalreichtum die
deutsche Sprache tief unter den
Idiomen der rohen
Polynesier rangiert, welche jede
Silbe auf einen
Vokal ausgehen
und mit nicht mehr als einem
Konsonanten beginnen
¶
mehr
lassen. Die historische und vergleichende Lautlehre, wie J. Grimm und Bopp sie begründet haben, die Grundlage der neuern Linguistik, geht nicht mit dem fertigen Begriff des Wohllauts an die Sprache heran, sondern sucht den Sprachen abzulernen, was darin zu einer gegebenen Zeit für wohllautend galt. S. Sprache und Sprachwissenschaft.