mehr
Dies letztere trifft insbesondere bei Gütern zu, die dem Staat oder andern Korporationen gehören; bei ihnen ist deshalb im allgemeinen die Verpachtung der Administration vorzuziehen. Der Privatmann kann eher einen Administrator wenigstens so weit beaufsichtigen und in seinem Verfügungsrecht so weit beschränken, daß nicht die dauernde Rentabilität des Gutes beeinträchtigt wird. Aber da auch hier die notwendige Kontrolle gewisse landwirtschaftliche Kenntnisse und persönliche Bemühungen erfordert, so wird, wer jene nicht besitzt und diese nicht aufwenden kann, in den meisten Fällen richtiger handeln, wenn er sein Gut verpachtet. Die Übelstände der Administration schwinden in dem gleichen Grad, als es dem Besitzer gelingt, die Interessen der Gutswirtschaft mit den persönlichen Interessen des Administrators in Übereinstimmung zu bringen. Am besten wird dies erreicht, wenn der Administrator außer seinen festen Bezügen einen Anteil am Reinertrag erhält und bei der Berechnung des Reinertrags bezüglich der für größere Meliorationen gemachten Aufwendungen nur die Zinsen und eine Amortisationsquote von dem Rohertrag in Abzug gebracht werden. Und gute Administratoren muß man materiell so stellen, daß sie lange in ihrer Stellung bleiben. Im allgemeinen ist die Administration nur bei extensivern Wirtschaftssystemen und stabilerer Bewirtschaftung ratsam.
Die Verpachtung ist die entgeltliche Überlassung der Nutzung landwirtschaftlichen Bodens oder eines Landguts an einen landwirtschaftlichen Unternehmer im weitern Sinn (Pachter). Die Hauptform derselben ist heute die Zeitpacht, bei welcher die Verpachtung auf eine vertragsmäßig bestimmte Zeit (Reihe von Jahren) erfolgt. Bei der Zeitpacht sind der Besitzer des Grund und Bodens (einschließlich Gebäude) und der Besitzer des landwirtschaftlichen Betriebskapitals (d. h. des Inventars und des umlaufenden Kapitals) verschiedene Personen; wenigstens sollte dies so sein. Der Pachter muß als unbeschränkter Eigentümer über das gesamte tote und lebende Inventar sowie über die sonstigen Betriebsmittel verfügen können; die Überlassung eines sogen. eisernen Inventars seitens des Verpachters an den Pachter (d. h. eines dem Pachter für die Dauer der Pachtung mit der Verpflichtung geliehenen Inventars, ein gleichwertiges am Ende der Pachtzeit wieder abzugeben) hindert den Pachter in der Organisation und Führung seiner Wirtschaft und veranlaßt ärgerliche Streitigkeiten am Ende der Pacht. Der Pachtzins ist der Preis für die überlassene Nutzung des Grund und Bodens in seiner thatsächlichen Produktivkraft (einschließlich Bodenmeliorationen) mit den dazu gehörigen Gebäuden. Bei richtiger Bemessung umfaßt er den Reinertrag von Grund und Boden einschließlich Gebäude (Boden- und Gebäuderente), und der Pachter bezieht für sich eine Arbeitsrente für seine Arbeitsleistungen sowie eine Kapitalrente von seinem Betriebskapital, allenfalls noch einen Unternehmergewinn. Der thatsächliche Pachtzins kann aber teils höher (häufig bei verpachteten Parzellen), teils niedriger (nicht selten bei größern Gütern) sein. Der Pachtzins ist heute in der Regel, und mit Recht, Geldzins. Wird der Pachtzins als Naturalzins in einer bestimmten Art und Menge von Naturalien festgesetzt, so ist der Pachter gezwungen, seiner Produktion eine bestimmte, vielleicht unzweckmäßige Richtung zu geben, und in schädlicher Weise in der Organisation des Wirtschaftsbetriebs beschränkt; und wird der Pachtzins in einer Quote des Rohertrags bestimmt, so wird der Pachter zu extensiverer Bewirtschaftung genötigt. In beiden Fällen wird der Fortschritt der landwirtschaftlichen Produktion und die Erzielung des höchstmöglichen Reinertrags verhindert. Der Naturalzins hat seine Berechtigung nur auf niedrigern Wirtschaftsstufen. - Die Zeitpacht hat eine Reihe von privat- wie volkswirtschaftlichen Vorteilen. Gegenüber der Administration hat sie den Vorzug, daß hier wie bei der Selbstverwaltung der Leiter auch der Unternehmer ist, der Leiter also zu größtem Arbeitsfleiß, zu größter Wirtschaftlichkeit, zur Wahl des vorteilhaftesten Wirtschaftssystems angespornt wird, und bei der Zeitpacht wird sich deshalb unter sonst gleichen Umständen ein größerer Reinertrag ergeben. Durch Verpachtung namentlich größerer Güter werden ferner der landwirtschaftlichen Produktion in dem eignen Kapital der Pachter neue Kapitalien und in den Personen der Pachter intelligente, rührige Kräfte zugeführt. Weil die Existenz des Pachters weniger gesichert ist als die des Gutsbesitzers, werden Pachter im allgemeinen zur bestmöglichen Bewirtschaftung ihrer Pachtgüter gezwungen; die Zeitpacht befördert deshalb ihrer Natur nach den Fortschritt der landwirtschaftlichen Produktion. Dazu schafft sie in den Pachtern größerer Güter eine neue wichtige landwirtschaftliche Mittelklasse. Sie ermöglicht strebsamen Landwirten mit verhältnismäßig geringen Mitteln, landwirtschaftliche Unternehmer, auch größere, zu werden und mit ihrer Arbeit und ihrem Kapital sich ein größeres Einkommen zu verschaffen, als sie durch Kauf und Selbstverwaltung eines Gutes erwerben könnten; anderseits gewährt sie den Eigentümern eine größere Rente, als sie in der Regel bei der Administration, unter Umständen sogar (wenn es ihnen an Geld oder Kenntnissen zur tüchtigen Bewirtschaftung ihres Guts fehlt) bei der Selbstverwaltung gewinnen könnten. Die Zeitpacht von Parzellen und kleinern Gütern verbessert die Lage von Fabrikarbeitern in ländlichen Distrikten, von landwirtschaftlichen Lohnarbeitern und von Kleinbauern. Aber trotz dieser Vorteile wäre es kein wünschenswerter Zustand, wenn in einem Lande der größte Teil des Areals der Pachtwirtschaft unterläge. Der Pachter hat an Verbesserungen, deren Kosten sich erst nach einer langen Reihe von Jahren bezahlt machen, kein oder wenig Interesse, so z. B. an Neubauten, umfangreichen Ent- und Bewässerungsanlagen, Bewaldung von kahlen, für sonstige Kulturarten ungeeigneten Flächen. Dazu kommt die Gefahr des Raubbaues, an dem der Pachter im Gegensatz zum Eigentümer ein Interesse hat. Ferner hat der Pachter keine besondere Veranlassung, sich um die dauernde Verbesserung der Lage der ländlichen Arbeiter zu kümmern, und endlich würde die Verallgemeinerung der Pachtsysteme die mit der fortschreitenden landwirtschaftlichen Entwickelung notwendige Veränderung in den Besitzverhältnissen durch Zukauf oder Verkauf von Land, durch Teilung von Gütern etc. sehr erschweren. Die Zeitpacht hat daher nur eine bedingte Berechtigung. Um den Interessenwiderspruch zwischen Verpachter und Pachter auszugleichen, um einerseits dem Pachter die Kulturfreiheit zu lassen, anderseits den Raubbau zu verhindern und auch auf verpachteten Gütern kostspieligere Bodenmeliorationen durchzuführen, müssen die Pachtbedingungen richtig stipuliert werden (s. darüber G. Drechsler, Der landwirtschaftliche Pachtvertrag, Halle 1871, 2 Bde., A. Blomeyer, Pachtrecht und Pachtverträge, Berl. 1873). Vor allem muß die Dauer der Pachtzeit genügend lang und der Pachter gegen einseitige Aufkündigungen seitens des Verpachters und seines
mehr
Rechtsnachfolgers gesichert sein. Keine Pachtperiode sollte bei Gütern, wenigstens bei größern, weniger als 15-18 Jahre betragen. Je länger die Pachtzeit, desto mehr sind die Interessen des Pachters und Besitzers identisch, desto höher auch in der Regel der Pachtpreis. Zweckmäßig ist die Bestimmung im Vertrag, daß schon einige Jahre (etwa drei) vor Ablauf der Pachtperiode eine Verständigung darüber herbeigeführt werden muß, ob und unter welchen Bedingungen eine Erneuerung der Pacht stattfinden soll. Wird eine Erneuerung nicht beschlossen, so sollten die Parteien vereinbaren, welche Entschädigungen dem Pachter zu gewähren, wenn er bis zum vollen Ablauf der Pachtzeit Kosten für Betriebsmittel aufwendet, deren Nutzung entweder ganz oder zum Teil dem künftigen Unternehmer zufällt. Besondere Bestimmungen müssen getroffen werden, um den Verpachter gegen eine einseitige Änderung der Nutzungsweise der verpachteten Grundstücke seitens des Pachters sowie gegen eine Verarmung des Bodens an seinen wichtigern Mineralbestandteilen und gegen eine Verschlechterung der physikalischen Bodenbeschaffenheit zu schützen. Im übrigen ist der gute Zustand des Pachtwesens abhängig von genügendem Kapitalbesitz der Pachter, richtiger Höhe des Pachtzinses und persönlichen Eigenschaften der Parteien (Intelligenz, Solidität, Arbeitsfleiß etc. des Pachters, Redlichkeit, Billigkeit, humaner Gesinnung etc. des Verpachters). Wünschenswert ist es, daß Pachtgüter verschiedener Größe zur Verpachtung angeboten und verpachtet werden. - Andre Formen der Verpachtung sind die Erbpacht und die Halbpacht. Die Erbpacht, früher üblicher als heute und in den meisten deutschen Staaten durch die Agrargesetzgebung des 19. Jahrh. beseitigt, hat für die Gegenwart neben den vorerwähnten landwirtschaftlichen Unternehmungsformen zwar noch eine Berechtigung, nämlich um bäuerliche Besitzungen zu erhalten und um bäuerliche Besitzer oder grundbesitzende Arbeiter in Gegenden anzusiedeln, wo dieselben fehlen; aber nicht die Erbpacht als das frühere Rechtsverhältnis, sondern in einer neuen, reformierten Gestalt (näheres s. unter Erbpacht). Die Halbpacht ist eine landwirtschaftliche Unternehmungsform früherer Wirtschaftsstufen und, wo sie sich auf höhern noch heute findet, von ganz wenigen Ausnahmeverhältnissen abgesehen, durchaus verwerflich (vgl. hierüber Halbpacht).
Die gesellschaftlichen Unternehmungsformen der offenen Gesellschaft (Kommanditgesellschaft, Kommanditgesellschaft auf Aktien und Aktiengesellschaft) sind im allgemeinen keine passenden landwirtschaftlichen Unternehmungsformen und kommen thatsächlich auch nur ganz vereinzelt vor (s. die betreffenden Artikel). Dasselbe gilt auch von der Produktivgenossenschaft (s. d. unter Genossenschaft, S. 106), d. h. der Vereinigung einer größern Zahl von Landwirten zum Betrieb einer Gutswirtschaft (in der Form der Selbstverwaltung oder der Zeitpacht) auf gemeinsame Rechnung und Gefahr, so daß alle in der Gutswirtschaft thätigen Personen Mitunternehmer sind. Man hat früher, auch von nichtsozialistischer Seite, die Bedeutung dieser landwirtschaftlichen Produktivgenossenschaft verkannt. Man sah in ihr das Mittel, die kleinen und mittlern Besitzer vor dem, wie man meinte, bei freier Konkurrenz mit dem Großbetrieb ihnen drohenden Untergang zu schützen. Diese Ansicht beruhte auf einer Verkennung der Konkurrenzfähigkeit des Kleinbetriebs gegenüber dem Großbetrieb und auf einer Unterschätzung der Schwierigkeiten, welche sich der Durchführung einer solchen Produktivgenossenschaft entgegenstellen. Diese sind in landwirtschaftlichen Unternehmungen durch die Natur des landwirtschaftlichen Betriebs und der landwirtschaftlichen Bevölkerung noch erheblich größer als in gewerblichen Unternehmungen, und wenn auch, wie Erfahrungen gezeigt haben, die erfolgreiche Durchführung der landwirtschaftlichen Produktivgenossenschaft nicht unmöglich ist, werden doch die Verhältnisse, unter denen sie gedeihen können, für jetzt wie für eine absehbare Zukunft immer nur ganz ausnahmsweise vorhanden sein. Heute sind es nur noch die Sozialisten, welche die Produktivgenossenschaft auch für die Landwirtschaft verteidigen. Vgl. v. d. Goltz, Artikel »Landwirtschaft«, 1. Teil, in Schönbergs »Handbuch der politischen Ökonomie«, Bd. 2; Derselbe, Handbuch der landwirtschaftlichen Betriebslehre (Berl. 1886); H. Settegast, Die Landwirtschaft und ihr Betrieb (3. Aufl., Bresl. 1885).