Landwirtschaftlicher Kongreß - Landwirtschaftlicher Kredit
mehr
dem
Stadium der
Versuche herausgetreten, und es zeigen sich seine Vorzüge gegenüber der Spannkultur in besserer, tieferer
und schnellerer Bearbeitung des
Bodens und in daraus nach mehrjährigem
Gebrauch sicher eintretenden erhöhten Ernteerträgen
(s.
Dampfpflug).
[* 2]
Kredit, der Darlehnskredit der Landwirte. Derselbe ist teils
Realkredit, teils
Personalkredit, und
zwar versteht man unter landwirtschaftlichem
Realkredit gewöhnlich nur den Immobiliar-
(Grund-)
Kredit, unter landwirtschaftlichem
Personalkredit den
Personalkredit im üblichen
Sinn und den
Mobiliarkredit (vgl.
Kredit). Der Darlehnsbedarf
kann sowohl dadurch gedeckt werden, daß der Darlehnsnehmer das
Kapital unmittelbar von einem Kapitalisten erhält, der mit
ihm den Darlehnsvertrag schließt, als auch dadurch, daß das
Kapital von einem Kreditunternehmer geliehen wird, der auf seine
Rechnung und
GefahrKredit nimmt und gibt.
Wenn Landwirte nur auf den ersten Weg angewiesen sind, so ergeben sich auch für Darlehnsnehmer, die sichere
Schuldner sind,
bei denen der
Gläubiger kein
Risiko für
Kapital und
Zinsen zu tragen hat, schwere Übelstände. Diese bestehen insbesondere
darin, 1) daß sie nicht jederzeit, wenn sie ein
Darlehen brauchen, einen
Gläubiger finden, 2) daß der
Zinsfuß oft unverhältnismäßig hoch ist, und 3) daß sie nur kündbare
Darlehen erhalten können und die Rückzahlungspflicht
nicht der Verwendung des
Kapitals und der Rückzahlungsfähigkeit der
Schuldner entsprechend bestimmt werden kann.
Diese Übelstände lassen sich auf dem zweiten Weg beseitigen, aber auf ihm auch nur, wenn die richtigen
Organe für den landwirtschaftlichen
Kredit bestehen. Diese können in angemessener
Weise das Kreditbedürfnis befriedigen,
indem sie 1) jederzeit kreditwürdigen Landwirten
Darlehen geben, 2) die
Darlehen zu einem der jeweiligen
Lage des Kapitalmarktes
und dem
Risiko entsprechenden
Zinsfuß geben, 3) das
Bedürfnis nach unkündbaren
Darlehen befriedigen und die
Rückzahlung von
Darlehen nach der Verwendung des
Kapitals und der Rückzahlungsfähigkeit der
Schuldner regeln. Die sachgemäße
Einrichtung des landwirtschaftlichen
Kredits erfordert verschiedene
Kreditanstalten für den landwirtschaftlichen
Personal-
(und
Mobiliar-)
Kredit und für den landwirtschaftlichen
Immobiliarkredit.
BeimPersonal- (und
Mobiliar-)
Kredit, für den als Unterlage das tote und lebende Inventar sowie das umlaufende
Kapital des Landwirts dient, können selbstverständlich keine unkündbaren
Darlehen gegeben werden, und für die
Frage der
Organisation des
Kredits kann allein die wirtschaftliche Befriedigung des Kreditbedürfnisses zu produktiven
Zwecken in Betracht
kommen. Das
Bedürfnis des Landwirts nach diesem
Kredit
wächst mindestens in dem gleichen
Grad, wie für ihn
die Möglichkeit oder gar
Notwendigkeit eintritt, das auf seinen Betrieb zu verwendende
Kapital zu vergrößern; es steigt
also mit dem Fortschritt der landwirtschaftlichen
Kultur. Am meisten ist dies der
Fall für denjenigen
Kredit,
den der Landwirt
zur Verstärkung
[* 6] des erforderlichen umlaufenden
Kapitals, also zur Beschaffung von Saatgut, Dungmitteln, Futterstoffen, Mastvieh,
zur Bezahlung von
Arbeitslöhnen etc., nötig hat.
Soll diese Kreditgewährung dem Landwirt nützlich sein, so müssen
Zinsfuß und Rückzahlungsfrist der Rentabilität und Reproduktionszeit
des verwendeten
Kapitals entsprechen. Nach der heutigen Rentabilität solcher Kapitalverwendung kann der Landwirt nur in Notfällen
und dann
nur für kleinere Beträge mehr als 5-6 Proz.Zinsen geben. Der Wiederersatz dieses
Kapitals erfolgt
aber mit wenigen Ausnahmen frühstens nach einem halben Jahr, oft erst nach einem Jahr und noch später; der Landwirt muß
daher in der
Regel eine Rückzahlungsfrist von mindestens einem Jahr beanspruchen.
DiesenForderungen können nur besondere landwirtschaftliche
Kreditanstalten entsprechen, welche ihre Wirksamkeit auf ein
örtlich begrenztes Gebiet erstrecken, so daß eine genaue Kenntnis von den wirtschaftlichen Verhältnissen und der persönlichen
Kreditwürdigkeit der Landwirte leicht gewonnen und der zu gewährende
Kredit nach
Höhe und Zeit den berechtigten
Wünschen
und Bedürfnissen angepaßt werden kann, und welche als ihren Hauptzweck verfolgen, den kreditwürdigen Landwirten möglichst
billigenKredit zu verschaffen.
Aufgabe der Landwirte, insbesondere der landwirtschaftlichen
Vereine, ist es, sie ins
Leben zu rufen. Aber diese
Kreditanstalten
müssen für kleine und mittlere Landwirte andre als für große Landwirte sein. Für die kleinen und mittlern Landwirte
sind besondere landwirtschaftliche
Kreditgenossenschaften, besondere
Kreditvereine von Landwirten mit der
Solidarhaft der Mitglieder,
die sogen. ländlichen
Darlehnskassenvereine (s. d.), am Platz. Die (gewerblichen)
Kreditvereine (nach
Schulze-Delitzsch) können
ihrem
Bedürfnis nicht entsprechen, weil dieselben nur kurzen
Kredit geben.
Überdies können Landwirte die
Geschäftsführung dieser
Vereine zu wenig kontrollieren. Für größere Landwirte sind dagegen
Kreditgenossenschaften nicht geeignet. Die für ihren
Personalkredit notwendigen Kreditorgane müssen von Anfang
an ein größeres
Anlagekapital haben, als es bei
Genossenschaften gebildet wird, und die
Solidarhaft ist hier wegen der Vermögensunterschiede
der größern Landwirte unanwendbar. Das richtige Kreditorgan für sie sind besondere landwirtschaftliche
Depositenbanken,
die von andern
Depositenbanken (s.
Banken, S. 324) sich nur dadurch unterscheiden, daß sie ihren Geschäftsbetrieb auf die
Landwirte bestimmter
Bezirke beschränken, außerdem aber in den
Kommissions- und Provisionsgeschäften auch für den
Absatz
der
Produkte ihrer
Kunden thätig sind.
Sie können entweder als reine
Aktiengesellschaften oder auch nach einem gemischten
System in der Art eingerichtet werden,
daß das
Anlage-
(Bank-)
Kapital aufgebracht wird zum Teil durch
Aktien, zum Teil durch Mitgliederanteile;
jeder, welcher von der
BankKredit nehmen will, muß eine bestimmte
Summe einschießen und erhält für einen mehrfachen (z. B.
den zehnfachen) Betrag dieser
Summe laufenden
Kredit bei genügender Sicherheit. Aber diese
Kreditanstalten sind nur ausführbar
für
Bezirke, in denen eine hinreichende
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Anzahl größerer Landwirte vorhanden ist. In andern bleibt den Landwirten lediglich der Kreditverkehr mit Bankiers oder Banken
übrig, bei dem aber die vorerwähnte angemessene Befriedigung ihres Kreditbedürfnisses selten zu erreichen sein wird.
Für den landwirtschaftlichen Grund- (Immobiliar-) Kredit ist unbedingt erforderlich, daß der kreditwürdige Grundbesitzer
nach seiner Wahl kündbare oder auf bestimmte Zeit unkündbare, oder unkündbare und amortisierbare, oder
auch unkündbare, nicht amortisierbare Darlehen erhalten kann. Die Grundlage dieses Kredits ist der landwirtschaftliche Boden
mit den darauf befindlichen Gebäuden. Da aber der Reinertrag von Grund und Boden im Durchschnitt keine höhere Verzinsung des
Grundkapitals als 4-5 Proz. ermöglicht, darf auch dieser Kredit nicht teurer sein. Den Forderungen der
Unkündbarkeit und Amortisation des Immobiliarkredits können nur Kreditanstalten genügen, welche selbst unkündbaren Kredit
nehmen. Die Sparkassen sind deshalb nicht die richtigen Kreditorgane für diesen Kredit; sie können nicht unkündbaren Kredit
geben und sind gerade in Krisen zur Kündigung ihrer Darlehen gezwungen. An sich können nach ihrer Organisation
diesem Kredit 1) die allgemeinen Hypothekenbanken (s. Banken, S. 330) dienen.
Aber diese Banken sind wegen der mühsamen Geschäftsführung wenig geneigt, bäuerliche Grundstücke zu beleihen, überdies
sind sie Erwerbsgesellschaften, die als solche in erster Linie das Interesse der Aktionäre, nicht das der Kreditnehmer verfolgen.
Dagegen sind hier besonders am Platz 2) eigne genossenschaftliche landwirtschaftliche Grundkreditanstalten,
deren Wesen darin besteht, daß sich Besitzer der landwirtschaftlichen Güter eines größern Bezirks zur Befriedigung ihres
Grundkreditbedürfnisses zu einer Realgenossenschaft vereinigen, die sich Geld durch Ausgabe von Pfandbriefen, für welche die
Güter aller haften, leiht und den Mitgliedern nach Maßgabe ihrer Kreditwürdigkeit hypothekarische
Darlehen der oben angegebenen Art gewährt.
Sie haben vor den Hypothekenbanken die Vorteile, daß die ihr angehörenden Grundbesitzer ein Recht auf Kreditgewährung innerhalb
der statutarisch zulässigen Beleihungsgrenze haben, daß sie alle Arten landwirtschaftlicher Güter umfassen können, und
daß die Kreditgewährung billiger und besser erfolgen kann, weil die Verwaltungskosten geringer sind
und für die Geschäftsführung nicht das Erwerbsinteresse von Aktionären, sondern nur das Interesse der kreditbedürftigen
Grundbesitzer maßgebend ist. Zu diesen Kreditanstalten gehören die preußischen sogen. Landschaften, die aber ihren Geschäftskreis
nicht auf alle landwirtschaftlichen Güter ihres Bezirks ausdehnen (s. Landschaften). In gleicher Weise wie solche Genossenschaften
müssen als passende landwirtschaftliche Grundkreditanstalten bezeichnet werden 3) staatliche,
resp. kommunale (provinzielle) Grundkreditanstalten, wie sie z. B.
in Preußen
[* 8] für die ProvinzenHannover,
[* 9] Hessen-Kassel und Nassau schon seit längerer Zeit bestehen.
Die drei Anstalten waren ursprünglich staatliche Ablösungskassen, um den zur Ablösung der Grundlasten Verpflichteten den
nötigen Kredit zu gewähren. Sie erhielten später eine Erweiterung ihres Wirkungskreises, sie wurden
berechtigt, aus den ihnen anvertrauten Ablösungsgeldern der Domanialbauern hypothekarische Darlehen zu geben (Hannover, Gesetz
vom Hessen-Kassel, Gesetz vom Nassau, Gesetz vom Im J. 1869 wurden sie durch drei Gesetze
vom
in kommunale Anstalten der ProvinzHannover und der Kommunalverbände Hessen-Kassel und Nassau
mit der Verpflichtung umgewandelt, gegen Verpfändung von GrundstückenDarlehen zu geben.
Bei der kommunalständischen Landeskreditkasse zu Kassel
[* 16] betrug der Durchschnittsbetrag der Darlehen seit 1869 zwischen 932 und 1443 Mk. -
Aber diese Kreditanstalten, die genossenschaftlichen wie staatlichen oder kommunalen, können hypothekarische Darlehen nur
innerhalb der Kreditwürdigkeit geben, sie müssen als ersten Grundsatz ihrer Geschäftsführung festhalten, daß das beliehene
Grundstück für die Forderung volle Sicherheit gewährt. Und diese Sicherheit bietet das landwirtschaftliche Grundstück unbedingt
nur bis zur Hälfte des thatsächlichen Ertragswerts, ausnahmsweise bis zwei Drittel desselben.
Für eine hypothekarische Verschuldung darüber hinaus können sie nicht mehr in Frage kommen und ist überhaupt eine zweckmäßige
Kreditorganisation nicht zu schaffen. Soll diese Verschuldung erfolgen, so können nur noch kündbare Darlehen von Privatgläubigern
und zu höherm Zinsfuß, der schon eine Risikoprämie enthält, gegeben werden; aber gerade diese Darlehen
sind eine stete und große Gefahr für den Grundbesitz. Eine derartige Verschuldung von Grundstücken ist eine Verschuldung
und ein wirtschaftlich ungesunder Zustand.
Dieser veränderliche, unsichere Wertteil der Grundstücke sollte gar nicht hypothekarisch belastet sein, sondern nur eine
weitere Grundlage für den Personalkredit bilden. Eine solche Überschuldung ist freilich thatsächlich
in großem Umfang vorhanden, die Hauptursachen derselben sind: Erbteilungen, bei welchen die Erbteile von Miterben eingetragen
wurden, oder Gutsverkäufe, bei welchen zu niedrige Anzahlungen erfolgt sind und nun Restkaufgelder eingetragen werden.
Hier unter Beibehaltung der Schulden, resp. der Verschuldungsfreiheit durch eine Kreditorganisation oder eine neue,
von den bisherigen Grundsätzen völlig abweichende gesetzliche Regelung der hypothekarischen Belastung
(Vorschläge von Rodbertus, Schäffle, Stein u. a.) Abhilfe zu schaffen und die Eigentümervor derGefahr des Besitzverlustes zu
bewahren, ist ein unlösbares Problem. Zu den landwirtschaftlichen Bodenkreditanstalten gehören auch noch die Landeskulturrentenbanken,
insofern sie zur Ausführung von Meliorationen und andern Maßregeln der Landeskultur hypothekarische
Darlehen geben. S. darüber Landeskulturrentenbanken.