Als äußere
Ursache ist die Einwirkung von Fäulnisfermenten anzusehen. Die
Krankheit ist nach ihrer
Ausbildung
gewöhnlich unheilbar. Nur wenn ein einzelnes
Gelenk affiziert ist, läßt sich eine Behandlung mit einiger Aussicht versuchen.
Die kranken
Gelenke sind mit 2 Proz. Karbollösung in
Wasser zu waschen und mit
Watte zu bedecken. Den jungen
Tieren ist die
Muttermilch mit einer kleinen
Flasche
[* 7] einzugeben und abwechselnd Heusamenthee oder Kamillenthee zu verabreichen.
Prophylaktisch ist der
Nabelstrang bei den neugebornen
Fohlen 2-3
Tage hindurch täglich zweimal mit
Jodoform und
Kollodium zu
bestreichen.
(Paralysis), in der medizinischen
Wissenschaft Bezeichnung der aufgehobenen Leistungsfähigkeit muskulöser
oder nervöser
Organe; die bloß herabgesetzte Leistungsfähigkeit bezeichnet man alsParese. Im gewöhnlichen
Leben und bei den ältern
Ärzten wird das
Wort Lähmung jedoch in einem viel weitern und unbestimmten
Sinn gebraucht, nämlich für
jede Art von aufgehobener oder verminderter Thätigkeit irgend eines Teils am lebenden
Körper überhaupt. In diesem
Sinn spricht
man z. B. noch von einer
Lungenlähmung, wenn dieLunge
[* 8] nicht mehr funktioniert, weil ihre krankhafterweise
mit einer wässerigen
Flüssigkeit erfüllten Luftbläschen keine
Luft mehr aufnehmen, also nicht mehr zur
Atmung dienen können,
oder von einem gelähmten
Arm, wenn dieser wegen
Schmerzen oder
Gelenksteifigkeit nicht bewegt werden kann, obschon seine
Muskeln
[* 9] und
Nerven
[* 10]
an sich noch funktionsfähig sind.
Halten wir uns an den engern wissenschaftlichen
Begriff der Lähmung, so tritt diese entweder als Empfindungslosigkeit
(Anaesthesia) oder als Bewegungslosigkeit (Lähmung im engsten
Sinn, Paralysis, Akinesia) auf. Von der Empfindungslosigkeit werden
keineswegs die Gefühlsnerven allein betroffen, sondern auch der
Sehnerv, der Gehörsnerv, die
Geruchs- und Geschmacksnerven
sind unter gewissen Verhältnissen gelähmt und büßen also das
Vermögen ein, die spezifischen
Empfindungen,
welche sie für gewöhnlich zu vermitteln haben, uns zum
Bewußtsein zu bringen.
Die nächste
Ursache der ist in sehr verschiedenen Umständen zu suchen. Entweder ist ein wirklicher Kraftmangel im
Nervensystem,
besonders im
Gehirn
[* 11] und
Rückenmark als in den
Zentralorganen des letztern, vorhanden, oder die Leitung
des vom
Gehirn und
Rückenmark ausgehenden
Bewegungsimpulses in den Bewegungsnervenfäden ist behindert und aufgehoben, z. B.
durch
Druck einer Geschwulst auf den
Nerv, durch mechanische Trennung des Zusammenhangs des Nervs, oder es fehlt der zum Zustandekommen
mancher Muskelkontraktionen erforderliche Anstoß von gewissen Empfindungsnerven aus: die sogen.
Reflexlähmung, oder endlich das Muskelgewebe selbst ist bei sonst normaler
Beschaffenheit des
Nervensystems
durch krankhafte Vorgänge, welche in ihm stattfinden, zur Zusammenziehung unfähig geworden: die neuerdings sogen. myopathische
Lähmung im
Gegensatz zu der vorhin angeführten neuropathischen Lähmung. Das
Bild der Lähmung gestaltet sich im konkreten
Fall je nach dem davon
ergriffenen Teil sehr verschieden;
auch gestalten sich die
Symptome der Lähmung je nach dem Sitz der lähmenden
Ursache im
Gehirn (cerebrale Lähmung) oder im
Rückenmark (spinale Lähmung) oder im Verlauf eines Nervenstammes (peripherische Lähmung) im
einzelnen
Fall sehr verschieden.
Manchmal kann der Kranke das gelähmte
Glied
[* 12] willkürlich gar nicht bewegen; aber
dasselbe bewegt sich lebhaft auf Reflexreize (z. B. bei der sogen.
Schüttellähmung, Paralysis agitans) oder auf elektrische
Reize, vorausgesetzt, daß das Muskelgewebe noch nicht sekundär
entartet ist. Lähmungen, welche nur Eine Körperhälfte treffen, nennt man halbseitige Lähmungen (Hemiplegia); sie haben
ihre
Ursache meist in einer
Störung des großen
Gehirns.
Andre Lähmungen betreffen nur die untere Körperhälfte
(Querlähmung, Paraplegia) und haben ihren Ausgangspunkt gewöhnlich im
Rückenmark.
Selten ist der
Arm oder das
Bein rechterseits zugleich mit dem
Bein oder
Arm linkerseits gelähmt und umgekehrt (gekreuzte Lähmung, Paralysis
cruciata). Lähmungen, welche plötzlich auftreten (meist halbseitige Lähmungen), bezeichnet man gewöhnlich als
Schlagflüsse.
DiejenigenMomente, welche Lähmung verursachen können, sind sehr verschiedener Art: bald sind es krankhafte
organische Veränderungen in der
Substanz des
Gehirns, des
Rückenmarks oder der Nervenstämme, wie bei
Entzündungen, Blutaustritten,
Druck von
Geschwülsten,
Erweichung;
bald sind es chemische, namentlich giftige, Einwirkungen auf die genannten Teile (z. B.
die Lähmung infolge von
Pfeilgift, von Muskarin oder
Bleivergiftung), bald auch unbekannte dynamische
Störungen
(Gemütserschütterungen etc.).
Bei Geisteskranken tritt sehr häufig eine eigentümliche, den gesamten
Körper nach und nach
in ihren Bereich ziehende auf, zu welcher
Blödsinn hinzutritt, und welche den
Ausgang der
Krankheit in
Tod herbeiführt. Dies
ist die sogen.
Dementia paralytica, welche meist auf Hirnschwund und Verdickung der Hirnhäute beruht.
Als essentielle Kinderlähmung bezeichnet man eine von
Heine zuerst beobachtete
Krankheit, welche vorzugsweise, wenngleich
nicht immer, bei
Kindern auftritt, unter hohem
Fieber,
Kopfschmerz, Delirien, einer akuten Infektionskrankheit ähnlich beginnt
und zu einer dauernden schlaffen Lähmung größerer oder kleinerer Muskelgruppen führt.
Die
Muskeln sind elektrisch nicht erregbar, sie verfallen einem raschen
Schwunde, die
Empfindung der ergriffenen
Arme oder
Beine bleibt erhalten.
Anatomisch liegt diesen
Erscheinungen eine herdweise auftretende
Entzündung des
Rückenmarks
zu
Grunde, welche die vordern grauen
Hörner betrifft, welche die Bewegungsnerven beeinflussen; diese Lähmung gehört demnach, wenigstens
in den meisten
Fällen, zu den Speziallähmungen. Die
Ursachen der
Krankheit sind unbekannt, über die Behandlung
kann nur
¶
mehr
nach sorgfältiger Diagnose für jeden einzelnen Fall entschieden werden. Auch bei Erwachsenen kommt eine ähnliche, ebenfalls
mit Fieber, Kopfschmerz, Erbrechen beginnende Lähmung vor, welche Strümpell als akute atrophische Spinallähmung der Erwachsenen
bezeichnet; sie ist ebenfalls durch Rückenmarksentzündung bedingt, kann indessen leicht mit den Symptomen einer Nervenentzündung
verwechselt werden. Verschieden hiervon, aber jedenfalls in naher Beziehung steht die akute aufsteigende
Spinallähmung (Landrysche Paralyse), welche vorwiegend junge Männer von 20-35 Jahren befällt.
Sie beginnt mit allgemeiner Mattigkeit, Appetitmangel, mäßigem Fieber; es folgen alsdann reißende Schmerzen im Rücken und
den Extremitäten, welche zuweilen wochenlang andauern, worauf ziemlich plötzlich sich Lähmung der Beine, alsdann
der Armmuskeln, der Muskeln des Rumpfes, zuweilen der Hals- und Nackenmuskeln einstellt, so daß die Kranken sich nicht mehr
bewegen können. Das Gefühl bleibt erhalten, ebenso die elektrische Erregbarkeit der Muskeln. Sehr oft tritt unter dem Fortschreiten
der auf die Atmungsmuskulatur, besonders des Zwerchfells, der Tod ein und zwar so schnell, daß in den
schlimmen Fällen die Krankheit unter hohem Fieber in 8-14 Tagen abläuft. In leichtern Fällen kehrt allmählich die Brauchbarkeit
der gelähmten Glieder
[* 14] zurück, es kann volle Heilung erfolgen.
Ein Symptomenkomplex, dessen letztes Hauptsymptom auf Lähmung der Bein-, Arm- und besonders der Blasen- und Mastdarmmuskulatur beruht,
ist die Rückenmarksschwindsucht (Tabes dorsalis, s. d.). In gewisser Beziehung dieser chronischen Krankheit
ähnlich ist die 1875 von Erb zuerst bekannt gemachte spastische Spinalparalyse (primäre Seitenstrangsklerose, Tabes dorsal
spasmodique). Diese Form der Lähmung befällt vorwiegend die Beine, beginnt mit den leichtesten Graden der Bewegungsstörung und
ist dadurch ausgezeichnet, daß die Muskeln nicht den Unterschenkel schlaff herabhängen lassen, sondern
durch alle künstlichen Bewegungen, Druck, Klopfen, in einen Reflexkrampf versetzt werden, welcher das Bein in Streckung, den
Fuß in Beugung
[* 15] bringt und jedem Versuch einer passiven Beugung einen Widerstand entgegensetzt.
Meist zieht sich der Krankheitsverlauf über Jahre hin, zuweilen tritt unter geeigneter Behandlung durch
prolongierte warme Bäder und galvanischen Strom Besserung oder gar Heilung ein. Nur ein wissenschaftlich gebildeter Arzt wird
mit Erfolg die Heilung der Lähmung unternehmen können. Den meisten und sichersten Erfolg darf man bei entsprechender Anwendung
des elektrischen Stroms auf die gelähmten Teile erwarten. Außerdem werden Hautreize, Gymnastik, Massage, indifferente Thermen
und innerlich Strychnin und Brucin angewandt (vgl. Bulbärparalyse, Gehirnhautentzündung, Nerven-, Rückenmarkskrankheiten, Schlagfluß).