russ. Gouvernement, grenzt im NW. an das Gouvernement Tschernigow, im N. an Orel, im O. an Woronesh, im S. und SW.
an Charkow und Poltawa und umfaßt 46,454,3 qkm (843,7 QM.).
Kursk bildet eine weite Ebene von 162 m Höhe, welche nach NO. ansteigt und bei Tim (331 m ü. M.) den höchsten
Punkt erreicht. Bis hierher hat sich früher mutmaßlich das Schwarze Meer erstreckt. Die Bodenformation gehört dem Kreide-
und Eocänzeitalter an. Auf einer Schicht von phosphorsaurem Kalk liegt Kreide, dann folgen Mergel, Kalk,
Lehm, Mennige und Wacken, darüber Schwemmland aus Sand und Lehm, mit Geröllen und Quarz, und darüber reiner Humus (Schwarzerde),
der das Gouvernement zu einem der fruchtbarsten macht.
Bewässert wird es von mehr als 400 Flüssen, von denen der bedeutendste der Seim ist, welcher im Gouvernement einen Lauf von 510 km
hat, aber durch Sandbänke unschiffbar gemacht wird. Kursk hat ein kontinentales Klima. Im südlichen Teil
ist die mittlere Jahrestemperatur 5,7° C., während sie in der Stadt Kursk 4,9°
C. beträgt; der kälteste Monat (Januar) hat im Mittel -9,9° C., der wärmste (Juli) 19,4° C. Aufs Jahr kommen 153,8 Regentage
mit einem Niederschlag von 42,85 cm. Die Einwohnerzahl beläuft sich auf (1883) 2,120,250, 45 Menschen auf 1 qkm.
Größtenteils wohnen hier Großrussen, die aber viele Sitten und Gebräuche von den Kleinrussen angenommen haben; auf letztere
kommen 23 Proz., auf Weißrussen 1,4 Proz. Die Zahl der Eheschließungen war 1883:
20,816, die der Gebornen 115,184, der Gestorbenen 87,741. Fast alle bekennen sich zur griechisch-orthodoxen
Kirche;
ca. 2 Proz. sind Raskolniken, außerdem gegen 1000 Zigeuner und neuerdings mehr und mehr Juden.
Vom Areal kommen 74 Proz.
auf Äcker, 12 Proz. auf Wiesen, 10 Proz. auf Wälder, 4 Proz. auf Unland und Gebäude. Die Ernte betrug
1884: 6,2 Mill. hl Hafer, 2 Mill. hl Kartoffeln, 9,3 Mill. hl Roggen, 2 Mill. hl Buchweizen, 1,8 Mill. hl Weizen, wozu noch eine beträchtliche
Menge von Früchten, Gemüsen, Hanf, Hirse und Sonnenblumen kommt. Pro Hektar der betreffenden Ackerfläche erntete man beim Roggen
10, beim Weizen 10,2, beim Hafer 10,8, beim Buchweizen 9,1, bei den Kartoffeln 100 hl. Johannis- und Stachelbeeren
wachsen wild, im südlichen Teil gedeihen Walnüsse und eßbare Kastanien; in guten Jahren reift auch der Wein.
Die früher reiche Fauna ist durch die Kultur vollkommen verdrängt, häufig sind nur Rebhühner und Hasen. Von Nutztieren findet
man reichlich Spanische Fliegen, Kochenille und Blutegel. Die Bienenzucht ist sehr bedeutend; Kursk bringt jährlich
bis 10,000 metr. Ztr. Wachs in den Handel, besonders nach Moskau. Der Viehstand war 1884: 611,500 Pferde, 415,000 Stück Hornvieh,
1,100,000 Schafe und 401,000 Schweine. Das Mineralreich bietet sehr schöne weiße Kreide, phosphorsauren Kalk, gelblichweißen
Tripel, als Trottoirsteine geschätzte Gompholiten (Gompholite Kleng), Lehm und Eisenstein. Die Industrie
ist bedeutend und erreichte 1883 einen Produktionswert von über 18 Mill. Rubel. In erster Linie stehen die Zuckerindustrie
(5,4 Mill. Rub.), Getreidemüllerei (4 Mill. Rub.), Branntweinbrennerei (3,1 Mill. Rub.) und Wollwäscherei (2,3 Mill.
mehr
Rub.); dann folgen die Leder- (584,000 Rub.) und Tabaksindustrie (425,000 Rub.). Die Bauern treiben neben der Landwirtschaft Wagenbau,
fertigen Hanf- und Flechtarbeiten. Etwa 80-100,000 Arbeiter suchen jährlich ihr Brot außerhalb des Gouvernements, die Großrussen
besonders als Frachtfuhrleute, die Kleinrussen als Viehtreiber. Von den vielen Jahrmärkten des Gouvernements ist nur einer
nennenswert, der »Korenajamarkt« (nach Ostern), der in der Regel von 30-40,000 Menschen besucht wird.
Der Wert der mitgebrachten Waren beläuft sich durchschnittlich auf 8 Mill. Rub., der der verkauften auf 5 Mill. Die gangbarsten
Waren sind: Baumwollenstoffe, Seide, Leinen, Wollenstoffe, Leder, Zucker und Thee, in geringern Quantitäten Galanterie-, Kolonial-,
Metallwaren und Pferde. Für 2½-3½ Mill. Rub. führt Kursk jährlich Korn aus. An Lehranstalten besitzt es 520 mit
37,288 Schülern, nämlich 24 Mittelschulen mit 4385 Schülern, 490 Elementarschulen mit 32,127 Schülern, 6 Fachschulen mit 776 Schülern.
Das Gouvernement wird eingeteilt in 15 Kreise: Bjelgorod, Dmitrijew, Fatesch, Graiworon, Korotschansk, Kursk, Lgow, Nowo-Oskol,
Obojan, Putiwil, Rylsk, Schtschigrow, Staro-Oskol, Sudschansk, Tim. Die Hauptstadt an der Mündung des Kur in die Tuskora, 200 m ü. M.,
Knotenpunkt der Eisenbahnen nach Moskau, Charkow und Kiew, hat 18 griechisch-kath. Kirchen und 2 Klöster, eine luther. Kirche,
eine der Altgläubigen, ein Priester- und ein Lehrerseminar, ein Gymnasium für Knaben und eins für Mädchen,
eine Realschule, zwei Pfarrschulen, eine Feldscher- und eine Geometerschule, ein Observatorium, 5 Buchhandlungen, ein Theater,
mehrere Banken, unter denen die Stadtbank 1881 einen Umsatz von 11½ Mill. Rub. aufwies, und (1883) 45,307 Einw. Die Industrie
ist in etwa 100 Fabriken und Anstalten vertreten, mit einem durchschnittlichen Produktionswert von 1½
Mill. Rub. jährlich, wovon über ¼ auf 13 Gerbereien kommt, während sich das übrige auf Fabrikation von Seife, Wachslichten,
Tabak, Grütze, Talg und Spiritusdestillation verteilt. Kursk wird schon im 11. Jahrh. erwähnt.